29.11.2018
29.11.2018
Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter machen die Wettbewerbsfähigkeit eines jeden Unternehmens aus – erst recht, wenn ein Unternehmen nur wenige Mitarbeiter hat, die das Unternehmen prägen (können), oder es sogar nur aus einem kleinen Gründerteam besteht. Für Investoren ist es daher besonders wichtig, diese Mitarbeiter an das Zielunternehmen zu binden, z.B. mit Hilfe eines sog. Founder Vesting. Doch dies ist für beide Seiten mit einigen Tücken verbunden.
Es kommt nicht selten vor, dass ein Investor seine Beteiligung an einem Startup eher als ein „invest in the team“ versteht und daher vor der Investitionsentscheidung vor allem das Gründerteam genau unter die Lupe nimmt. Die aktive Mitarbeit der Gründer über einen längeren Zeitraum hinweg ist oftmals der auschlaggebende Wertfaktor eines Startups und insofern für den Investor von entscheidender Bedeutung.
Um Gründer an ein Unternehmen zu binden, wählen viele Investoren den Weg des Founder Vestings. Founder Vesting bedeutet abstrakt, dass der Gründer die Verpflichtung eingeht, für eine bestimmte Dauer (in der Regel zwischen zwei und fünf Jahre) für das Unternehmen tätig zu sein oder anderenfalls seine Anteile an dem Unternehmen aufzugeben. Je länger er bei dem Unternehmen verbleibt und somit – im Idealfall – den Unternehmenswert mitsteigert, desto mehr seiner Anteile werden „frei“ und stehen dem Gründer uneingeschränkt zur freien Verfügung.
In der Regel wird dabei pro Jahr, in dem der Gründer für das Unternehmen arbeitet, ein bestimmter Prozentsatz der Anteile frei. Sollte der Gründer sich hingegen entscheiden, das Unternehmen ohne besondere triftige Gründe (als so genannter „Bad Leaver“) zu verlassen und nicht mehr im Unternehmen zu arbeiten, ist der Gründer jedoch nach den Regelungen des Founder Vestings verpflichtet, dem Investor oder der Gesellschaft sämtliche, auch die bereits gevesteten Anteile zu einem sehr geringen Preis anzubieten und auf diese(n) zu übertragen.
Die Laufzeit
Ganz offensichtlich ist es für alle Parteien besonders wichtig, eine passende Laufzeit des Vestings zu finden. Dabei muss die Abhängigkeit der Geschäftsidee von Einsatz, Netzwerk und Person der Gründer (spricht für eine lange Laufzeit) mit dem Interesse der Gründer, Ihre Arbeit (den Gegenwert ihrer Anteile) zu verwerten (spricht für eine kurze Laufzeit) gegenübergestellt werden. Da es sich hier um einen ergebnisoffenen Prozess handelt, kommt es immer auf die Verhandlungsposition (und ggf. auf die Kompetenz der Berater) an, was für ein Kompromiss schließlich vereinbart wird.
Bei vielen Startups kann es sogar angemessen sein, dass das graduelle Vesting erst nach einer bestimmten Zeit beginnt. Erst wenn diese Phase (das sog. „Cliff“) überschritten und die für das Startup besonders kritische Klippe umschifft ist, erhält der Gründer erstmals einen bestimmten Anteil seiner Geschäftsanteile. Danach beginnt dann das graduelle Vesting bzgl. der restlichen Anteile.
Schließlich kann der Gründer in einer neuen Finanzierungsrunde auch mit der Situation konfrontiert werden, dass der neue Investor – ebenso wie in der Runde zuvor der alte Investor – auf einem Vesting besteht (sog. „erneutes Vesting“). Ein Gründerteam kann so über mehrere Jahre hinweg einem erneuten Vesting unterworfen werden.
Die Good-Leaver Klausel
Jede Vesting-Klausel sollte dringend auch eine Regelung für den Fall enthalten, dass der Gründer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen aus der Gesellschaft ausscheiden muss (z.B. schwere Krankheit, Abberufung als Geschäftsführer, Kündigung des Arbeitsvertrages). In diesen Fällen ist der Gründer ein sog. „Good Leaver“, d.h. die bereits gevesteten Anteile sind dem Gründer sicher - anders als im Bad Leaver Fall.
Auf die genaue Definition des Bad Leaver und des Good Leaver Falls kommt es vor diesem Hintergrund für den Gründer ganz entscheidend an.
Der gemeinsame Exit
Außerdem sollte in jedem Fall eine Regelung getroffen werden, wie mit einem (gemeinsamen) Exit umgegangen wird. In der Regel ist bei einem gemeinsamen Verkauf ein vorgezogenes Vesting aller Anteile (so genanntes „Accelerated Vesting“) angebracht. Allerdings kann der Verkaufserlös wesentlich davon abhängen, ob das Gründerteam weiter im Unternehmen bleibt und arbeitet. Deshalb sind auch Verpflichtungen der Gründer, bei einem Exit ihre weitere Tätigkeit im Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum anzubieten, nicht unüblich.
Founder Vesting kann eine Möglichkeit sein, einen Investor an Bord zu holen und ihm die nötigen Sicherheit für sein Investment zu geben. Dazu stehen Gründern und Investoren eine Vielzahl von Abstufungen und Justierungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Bei jeder wirtschaftlichen Einigung ist es aber immer geraten, die Regelung auch rechtlich prüfen zu lassen. Founder Vesting Klauseln sind, insbesondere im Hinblick auf die Berechnung der Werte für die nicht gevesteten Anteile, rechtlich sehr anfällig. Die hieraus entstehenden Probleme können bedeutende wirtschaftliche Schäden für alle Beteiligten auslösen. Auch die umsichtige und an den jeweiligen Einzelfall angepasste Definition von Bad Leaver und Good Leaver ist für alle Parteien von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Michael Ströbel, LL.M. (University of Auckland)
Partner
Stuttgart
michael.stroebel@luther-lawfirm.com
+49 711 9338 19158