15.03.2019
15.03.2019
Eine geordnete, gut organisierte Geschäftsführung gestaltet sich um so schwieriger, je mehr Geschäftsführer bestellt sind. Denn nach dem Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung handelt für die Gesellschaft die Geschäftsführung als Ganzes, sodass ohne abweichende Bestimmungen stets das Kollegialorgan, nicht der einzelne die Geschäfte führt. Zulässig und in der Praxis unumgänglich ist es daher intern die Geschäftsführungsaufgaben unter den Geschäftsführern aufzuteilen. Der Beitrag befasst sich mit einem Urteil des BGH zu den Haftungsfolgen einer solchen Geschäftsverteilung.
Für die Bewältigung der täglichen Geschäftsführungsaufgaben ist eine interne Arbeitsteilung praktisch unumgänglich. Durch die Geschäftsverteilung in einem kollegialen Geschäftsleitungsorgan wird einzelnen Mitgliedern im Verhältnis zu den anderen und zur Gesellschaft jeweils ein definierter Geschäftsführungsbereich zur alleinigen Verantwortung, sog. Ressorts, zugewiesen, in der Regel vervollständigt mit der Befugnis des ressortverantwortlichen Geschäftsführers, über Angelegenheiten seines Ressorts allein zu entscheiden. Dies betrifft jedoch nur die interne Strukturierung; eine korrespondierende funktional geteilte Einzelvertretungsbefugnis im Außenverhältnis besteht damit nicht.
Typischerweise werden Ressorts funktional verteilt, beispielsweise nach Personal, Produktion, Finanzen oder nach Produkt- oder Dienstleistungssparten. In Betracht kommt aber auch eine örtliche Aufteilung für jeweils sämtliche Angelegenheiten einer bestimmten Betriebsstätte. Die Geschäftsverteilung kann entweder im Gesellschaftsvertrag oder in einer durch Gesellschafterbeschluss erlassenen Geschäftsordnung erfolgen. Häufig ermächtigt der Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung, sich die Geschäftsordnung selbst zu geben. Die Geschäftsordnung der Geschäftsführung wird – anders als der Gesellschaftsvertrag – nicht zum Handelsregister eingereicht.
Die interne Aufteilung der Geschäfte innerhalb der GmbH hat nicht nur praktische Auswirkungen auf die Art, wie die Geschäftsführungsaufgaben wahrgenommen werden, sondern auch für die Haftung der einzelnen Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft wegen Pflichtverletzungen. So stellt sich die Frage welche Pflichten dem Geschäftsführer nach einer Ressortaufteilung gegenüber der Gesellschaft obliegen und unter welchen Voraussetzungen eine Verletzung dieser Pflichten vorliegt. Nach dem Grundsatz der Gesamtverantwortung hat jeder Geschäftsführer für die Einhaltung der ordnungsgemäßen und rechtmäßigen Geschäftsleitung insgesamt einzustehen, sodass eine Pflichtverletzung eines Geschäftsführers auch durch Unterlassen der Gefahrabwendung aus dem Verhalten seiner Kollegen erfolgen kann. Anders ist dies bei einer ordnungsgemäßen Geschäftsaufteilung. Die Pflichten des Geschäftsführers reduzieren sich: In den Zuständigkeitsbereichen der anderen Geschäftsführer ist er nur noch dazu verpflichtet, die Mitgeschäftsführer zu überwachen.
Dass die vom Grundsatz der Gesamtverantwortung abweichende, pflichtenreduzierende Geschäftsverteilung nicht ohne weiteres zum Haftungsausschluss führen kann, liegt auf der Hand. Welche konkreten Voraussetzungen für eine haftungsbeschränkende Geschäftsverteilung zu beachten sind, hat der BGH deutlicher konturiert: Die Geschäftsführungsaufgaben müssen klar und eindeutig abgegrenzt werden und die Aufgabenzuweisung muss von allen Mitgliedern der Geschäftsführung einvernehmlich mitgetragen werden. Außerdem müssen die Geschäftsführer bei der Aufgabenzuweisung sicherstellen, dass die Aufgaben vollständig durch persönlich und fachlich geeignete Personen wahrgenommen werden.
Der BGH stellt insbesondere klar, dass die Aufgaben nicht notwendig schriftlich zugewiesen werden müssen, im Einzelfall genüge selbst eine stillschweigende Übereinkunft, und widerspricht damit einer viel verbreiteten Auffassung, die sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes stützt. Eine sorgfältige Unternehmensorganisation setze keine schriftliche Fixierung voraus, auch wenn sie ein naheliegendes und geeignetes Mittel hierzu sei. Die Rechtsprechung des BFH beschränke sich ausdrücklich auf die dem Geschäftsführer nach § 34 Abs. 1 AO zugewiesenen Aufgaben gegenüber dem Steuergläubiger und damit auf öffentlich-rechtlich geprägte Sonderpflichten.
Für bestimmte nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung bleibt es aber bei einer Gesamtverantwortung der Geschäftsführer. Der jeweils zuständige Geschäftsführer hat daher die Pflicht die anderen Geschäftsführer über wesentliche Angelegenheiten der Gesellschaft aus seinem eigenen Ressort zu informieren, insbesondere wenn die Informationen das Ressort des anderen betreffen. Der BGH ließ für eine Enthaftung nicht genügen, dass die Buchführung insgesamt einem Mitgeschäftsführer übertragen worden war und dieser Informationen über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft den anderen Geschäftsführern bewusst vorenthalten hatte. Der BGH stellt schärfere Anforderungen an die Gesamtverantwortung der Geschäftsführer während einer Unternehmenskrise: sodann hätten alle Geschäftsführer laufend zu prüfen, ob die finanzielle Lage der Gesellschaft einen Insolvenzantrag erfordert.
Es lässt sich festhalten, dass der BGH die Konturen der Geschäftsführerhaftung – hier im Kollegialorgan mit Geschäftsverteilung – weiter schärft, dabei laufend Maßstäbe zur möglichst rechtssicheren Binnenorganisation hervorbring, indem er die Voraussetzungen einer haftungsbefreienden Geschäftsverteilung innerhalb der Geschäftsführung im Einzelfall bewertet. Im Bereich der Pflichten nach §§ 15a InsO, 64 GmbHG wird nach der strengen Rechtsprechung des BGH eine Entlastung durch die Geschäftsführung allerdings seltener erfolgreich sein. Liegen objektiv Anhaltspunkte für eine Insolvenzreife vor, kann sich der Geschäftsführer aufgrund der Gesamtverantwortung gerade nicht darauf berufen, dass diese für ihn aufgrund der Geschäftsverteilung nicht erkennbar war.
Dr. Vittorio Cardano
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Julian Winn |