03.04.2020
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 23. März 2020 dem Bundeskabinett einen Entwurf für ein Artikelgesetz vorgelegt, welches die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie so weit wie möglich minimieren soll. Das Gesetz zu Abmilderung der Folgen der Covid- 19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Drucksache 19/18110) („Gesetz“) wurde am Mittwoch, den 25. März 2020, im Bundestag angenommen und wurde am Freitag, den 27. März 2020 vom Bundesrat genehmigt. Nachfolgend geben wir einen kurzen Überblick über die wesentlichen Regelungen:
Das Gesetz begründet ein zeitlich befristetes außerordentliches Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmer bezüglich der Verpflichtungen aus wesentlichen Dauerschuldverhältnissen begründen.
Verbraucher sind zur Sicherung ihrer Existenz berechtigt, ihre Verpflichtung aus wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind und die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden, zunächst bis 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn aufgrund von Umständen die auf die Corona- Pandemie zurückzuführen sind andernfalls der Lebensunterhalt von ihnen oder ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährdet wäre. Dies gilt entsprechend auch für Kleinstunternehmern (bis zu 9 Mitarbeiter und 2 Mio. Euro Jahresumsatz oder Bilanzsumme), wenn andernfalls krisenbedingt die wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs gefährdet werden. Das vorstehende Leistungsverweigerungsrecht ist nicht anwendbar, wenn dessen Ausübung die wirtschaftliche Grundlage des Erwerbsbetriebes des Gläubigers bzw. dessen angemessenen Lebensunterhalt gefährden würde; in diesem Fall steht dem Schuldner ein Kündigungsrecht zu. Miet- und Pachtverträge sowie Darlehensverträge sind von dieser allgemeinen Regelung ebenso wie Arbeitsverhältnisse vollständig ausgenommen.
Für Miet- und Pachtverträge gilt eine Spezialregelung, die auf alle Mietverhältnisse (Wohnraum- und Geschäftsraummiete) Anwendung findet, und zwar auch soweit der Mieter kein Verbraucher oder Kleinstunternehmer ist. Danach dürfen Vermieter Mietverträge bis zum 30. Juni 2022 nicht wegen Ausbleiben der Miete in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 (außerordentlich oder ordentlich) kündigen, soweit die Nichtleistung aus den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht. Ein Leistungsverweigerungsrecht des Mieters wird durch das Gesetz nicht begründet. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt bestehen, hinsichtlich Fälligkeit und Verzug bleiben die allgemeinen Regelungen des BGB anwendbar.
Spezielle Regelungen gelten auch für Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden. Die jeweils fälligen Zins- und Tilgungsleistungen werden in der Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 für drei Monate gestundet, sofern aufgrund der Corona-Pandemie Einnahmeausfälle hat, die ihm die Leistung der Raten wirtschaftlich unzumutbar machen. Eine Kündigung durch den Gläubiger wegen Zahlungsverzuges und Verschlechterung der Vermögensverhältnisse ist während des Stundungszeitraumes ausgeschlossen.
Ist eine beschränkt haftende Gesellschaft überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb von drei Wochen den Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einzureichen. § 1 des Art. 1 des Gesetzes setzt die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und § 42 BGB bis zum 30. September 2020 aus. Diese Regelung gilt nur dann nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf der Corona-Pandemie beruht (wobei die Beweislast nicht bei dem Unternehmen liegt, sondern bei demjenigen, der die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages geltend macht) oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
Bei eingetretener Insolvenzreife besteht grundsätzlich das Risiko, dass Vertragspartner des Schuldners Leistungen und Zahlungen infolge späterer Insolvenzanfechtungen seitens des Insolvenzverwalters wieder herausgeben müssen. Dies könnte Geschäftspartner von Leistungen und insbesondere auch Zahlungen oder Zahlungserleichterungen abhalten und somit die betroffenen Unternehmen zusätzlich gefährden. Aus diesem Grund sollen nunmehr Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser zu Recht beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar sein, sofern dem Vertragspartner nicht bekannt war, dass die Sanierungsbemühungen des Schuldners zur Beseitigung einer eingetreten Zahlungsunfähigkeit nicht geeignet waren.
Über die weitere Entwicklung halten wir Sie informiert und stehen für Fragen in diesem Zusammenhang gern zur Verfügung.