22.11.2021
Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre zwischen März und Mai statt – turnusmäßig wieder 2022. Grund genug, sich genauer mit den Details der Abstimmung zu beschäftigen. Wir schauen darauf, was passieren kann, wenn der Stimmzettel individuell aufbereitet wird.
Das BAG (Beschluss vom 28.04.2021 – 7 ABR 20/20) hat erst jüngst entschieden, dass ein mit einem Smiley verzierter Stimmzettel im Rahmen der WO zum Drittelbeteiligungsgesetz unwirksam ist. Diese Entscheidung dürfte auch für Betriebsratswahlen interessant werden.
Was war in diesem Fall passiert? Bei der Aufsichtsratswahl in einer Unternehmensgruppe hatten verschiedene Beteiligte kandidiert. Ein Stimmzettel wurde für ungültig erklärt, da er in der linken oberen Ecke außerhalb des für die Stimmabgabe vorgesehenen Feldes einen gezeichneten Smiley mit einem Durchmesser von etwa 1 cm aufwies. Deshalb bestand Stimmengleichheit zwischen zwei Kandidaten. Der daraufhin durchgeführte Losentscheid ging zu Lasten des Kandidaten 1 aus: Kandidat 2 wurde zum Aufsichtsratsmitglied gewählt. Kandidat 1 klagte daraufhin und verlangte die Berücksichtigung des für ungültig erklärten Stimmzettels.
Das BAG stellt in seinen Entscheidungsgründen klar, dass § 13 WODrittelbG, der die Kennzeichnung von Stimmzetteln verbietet, eine wesentliche Wahlvorschrift ist. Diese trägt dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl und des Wahlgeheimnisses als elementare Grundprinzipien dadurch Rechnung, dass sie eine Rückverfolgbarkeit der Stimmabgabe auf einen bestimmten Wähler ausschließt.
Die Möglichkeit des Rückschlusses auf einen bestimmten Wähler ermöglicht auch ein Smiley. Demnach handelt es sich um ein zur Ungültigkeit des Stimmzettels führendes besonderes Merkmal. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass eine konkrete Person tatsächlich feststellbar ist. Es genügt, dass die zusätzliche, über die Stimmabgabe hinausgehende Kennzeichnung des Stimmzettels im Zusammenwirken mit anderen Umständen abstrakt geeignet ist, Rückschlüsse auf die Identität des Abstimmenden zu ziehen. Dies ist im Zweifel immer anzunehmen, wenn der Stimmzettel eine zusätzliche Kennzeichnung enthält.
Die Entscheidung des BAG erfolgte zwar im Rahmen von unternehmerischen Aufsichtsratswahlen, dennoch dürften die getroffenen Grundsätze auch für Betriebsratswahlen gelten. Dafür spricht vor allem der gleichlautende Wortlaut der betrieblichen Vorschrift, nach welchem Stimmzettel, die mit einem besonderen Merkmal versehen sind, als ungültig zu bewerten sind.
Letztlich soll auf unternehmerischer sowie auf betrieblicher Ebene der Grundsatz der Freiheit der Wahl durch das Erfordernis einer geheimen Wahl abgesichert werden. Diesem Grundsatz dient hauptsächlich die vorgegebene Einheitlichkeit des Stimmzettels.
Eine Gefährdung der geheimen Wahl liegt bereits dann vor, wenn die abstrakte Gefahr der Identifizierbarkeit eines bestimmten Wählers besteht. Aus meiner Sicht ist diese stets gegeben, wenn eine wie auch immer geartete zusätzliche Markierung auf dem Stimmzettel zu finden ist. Ist eine solche vorhanden, so ist es letztlich nur eine Frage des Ressourcenaufwands, den Ersteller zu finden. Die Betriebsratswahl ist und bleibt eine ernste Angelegenheit – das sollte der Wahlvorstand im Zuge der Wahlvorbereitungen deutlich hervorheben. Humor und plakative Kommunikation haben Raum im vorgelagerten Wahlkampf. Auf einem Stimmzettel führen sie zu ungültigen Stimmen und können Aufwand und Kosten der Wahl unnötig in die Höhe treiben.
Paul Schreiner
Partner
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