20.02.2018
19.02.2018
Klageerhebung durch vollmachtlosen Vertreter – Wer trägt die Kosten?
Der vom Bundesgerichtshof (BGH) am 23. Februar 2017 (Az. III ZB 60/16) entschiedene Sachverhalt offenbart eine Gefahr, derer sich Prozessbevollmächtigte bewusst sein sollten. In der Entscheidung gingen die Bundesrichter der Frage nach, wer die Kosten nach einer Klagerücknahme zu tragen hat – der Kläger oder seine vollmachtlose Vertreterin? Besonderheit des Falles war es, dass der Kläger nicht nur eine Inkassovollmacht erteilte, sondern zudem die Forderungen an die Vertreterin abtrat.
Grundsatz und Ausnahme
Grundsätzlich ist der Kläger nach einer Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO verpflichtet die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, sofern nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Von diesem Grundsatz ist jedoch abzuweichen, wenn der Kläger keinen Anlass für den Prozess gegeben hat. In einem solchen Fall seien die Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen, der sie verursacht hat (BGHZ 121, 397). Wurde der Verfahrensaufwand von jemandem verursacht, der nicht wirksam bevollmächtigt gewesen ist, so können die Prozesskosten grundsätzlich auch ihm auferlegt werden. Der BGH bezeichnet dies als sog. Veranlasserprinzip. Nach Auffassung des BGH sei eine Übertragung des Veranlasserprinzips auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO naheliegend. Der vollmachtlose Vertreter komme als Veranlasser i.d.R. dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kenne (BGHZ 121, 397, 400). In diesem Fall würden die Kosten des Rechtsstreits nicht dem Kläger, sondern dem vollmachtlosen Vertreter auferlegt werden, der Klage im Namen des Klägers erhoben hat (BGH WM 1981, 1332).
Wer ist Veranlasser?
Laut BGH hat der Kläger im vorliegenden Fall den Prozess deshalb veranlasst, da er der Insolvenzschuldnerin eine umfassende Inkassovollmacht zur Einleitung aller Beitreibungsmaßnahmen erteilte. Zu Beitreibungsmaßnahmen gehörte ausdrücklich, für den Kläger in dessen Namen Rechtsanwälte mit dem Betreiben gerichtlicher Verfahren zu beauftragen, die sich aus dem Inkassoauftrag ergeben, somit auch die Einleitung eines Mahnverfahrens und die Erwirkung eines Titels.
Etwas anderes gelte auch dann nicht, wenn der Kläger die beizutreibende Forderung an die Insolvenzschuldnerin abgetreten hat. Zwar erkennen die Bundesrichter einen Widerspruch darin, dass der Kläger nunmehr die Insolvenzschuldnerin zur Beitreibung einer ihm nicht mehr zustehenden Forderung bevollmächtigt hatte. Jedoch müsse auf den objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) abgestellt werden, wenn es um die Beurteilung des Umfangs der Vollmacht gehe. Unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts sei keine einschränkende Auslegung der Inkassovollmacht dahingehend erforderlich, dass der Bevollmächtigte nur unter seinem eigenen Namen die Forderung geltend machen darf. Bei der Auslegung einer in einer Urkunde verlautbarten Vollmacht (§ 172 BGB) könne nicht allein auf den Empfängerhorizont des Vollmachtnehmers abgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr die Verständnismöglichkeit des Geschäftsgegners. Hierbei sei vor allem nur auf Umstände abzustellen, die dem Geschäftsgegner auch wirklich bekannt sind. Vorliegend war daher auf das Verständnis des Mahngerichts als Geschäftsgegner abzustellen, da die spätere Insolvenzschuldnerin die Inkassovollmacht eingesetzt hatte, um das Mahnverfahren einzuleiten. Das Mahngericht durfte somit berechtigterweise die Vollmacht so auslegen, dass die Inkassovollmacht des Klägers auch die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren umfasste. Der BGH ließ sich in seiner Entscheidung auch durch die Zusage der Insolvenzschuldnerin in einem Werbeschreiben an ihre Kunden, in dem garantiert wurde, den Kunden entstünden keine Kosten oder Kostenausgleiche, nicht beeinflussen.
Wer trägt die Kosten bei etwaigem Missbrauch einer Vollmacht?
Auch ein etwaiger Missbrauch der Inkassovollmacht würde nicht dazu führen, dass die Insolvenzschuldnerin statt des Klägers die Kosten des Rechtstreits trägt. Grund dafür sei, dass das prozessuale Kostenrisiko des Missbrauchs der Vollmacht der Vollmachtgeber zu tragen hat. Ausnahmsweise könne die Kostenentscheidung davon abweichend ausfallen, wenn dem Gegner ein Missbrauch der Vollmacht bekannt oder schuldhaft unbekannt war. Allerdings konnte in dem vorliegenden Fall weder dem Mahngericht noch dem Beklagten ein Vorwurf gemacht werden, sodass die Kosten weiterhin vom Kläger zu tragen sind.
Fazit
Dem Beschluss kann die generelle Aussage entnommen werden, dass aufgrund des Veranlasserprinzips auch dem vollmachtlosen Vertreter, und damit auch einem als Prozessbevollmächtigter auftretenden Rechtsanwalt, die Kosten des Rechtsstreits persönlich auferlegt werden können. Dieser hat dann die Gerichtskosten zu tragen und die dem Gegner angefallenen notwendigen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Jeder Verfahrensbeteiligte, insbesondere ein Prozessbevollmächtigter, sollte deshalb darauf achten, dass er für die jeweilige Prozesshandlung genügend bevollmächtigt ist und sicherstellen, dass er im Zweifelsfall durch die Vorlage einer Vollmacht die Bevollmächtigung nachweisen kann (Hansens, ZAP 2017, 705, 716).
Dr. Stephan Bausch, D.U. |