04.02.2019

Klimagesetze – verbindliche Flächenvorgaben für Erneuerbare Energieversorger durch den Gesetzgeber in Thüringen

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Hintergrund

04.02.2019

Klimagesetze – verbindliche Flächenvorgaben für Erneuerbare Energieversorger durch den Gesetzgeber in Thüringen
 

Mit Beschluss des Landtags hat Thüringen seit dem 29.12.2018 - als erstes der neuen Bundesländer - ein Klimagesetz (Thüringer Klimagesetzt – ThürKlimaG –). Es vereint Klimaschutz und Klimaanpassung. Es legt das Ziel fest, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2050 schrittweise um bis zu 95 Prozent zu senken.

Dies soll Etappenweise geschehen und bis etwa bis 2030 zunächst eine Treibhausgasreduktion von 70% gegenüber 1990 erreicht werden (§ 2 Abs. 5 ThürKlimaG). Zudem soll auch die Landesverwaltung bis 2030 klimaneutral arbeiten. Außerdem strebt der Freistaat an, bis zum Jahr 2040 seinen Energiebedarf vollständig aus einem Mix aus erneuerbaren Energien zu decken. Bis 2050 wird dann eine Minderung um 95% und eine Klimaneutralität von Gebäuden angestrebt.
 

Verbindliche Flächenausweisung für die Windenergie

Das Gesetz enthält aber auch eine weitere bemerkenswerte Regelung: Gemäß § 4 Abs. 2 ThürKlimaG unterstützt die Landesregierung die Erschließung und Nutzung der Potenziale der erneuerbaren Energien, also der Windenergie, der Photovoltaik und Solarthermie, der Bioenergie, der Wasserkraft und der Geothermie sowie die Nutzung von Umweltwärme. Für die Nutzung der Windenergie wird dazu ausdrücklich ein Prozent der gesamten Landesfläche bereitgestellt. Das ThürKlimaG greift in diesem Punkt die bereits im Windenergieerlass des Freistaates vom 21.06.2016 angestrebte 1%-Zielsetzung auf und verfestigt diese nun in Gestalt einer landesgesetzlichen Aussage.

Die Landesregierung lässt allerdings offen, wie und zu welchem Zeitpunkt die 1 % Vorgabe umgesetzt werden soll. Der Gesetzesentwurf kann so verstanden werden, dass die 1 % für die gesamte Laufzeit des Gesetzes Bestand haben soll. Zudem ist noch unklar, wie genau die Umsetzung der Flächenausweisung geschehen soll. Anhaltspunkte dafür, dass die laufenden Verfahren der Regionalen Planungsgemeinschaften vom Gesetz ausgenommen seien, sind nicht ersichtlich, sodass auf diesem Wege der Anteil der Flächen für die Windenergie zeitnah erhöht werden kann.

Ferner wird der Windenergie bei sich weiter entwickelnder Sektorenkopplung (§ 4 Abs. 3 ThürKlimaG) eine wichtige Rolle beigemessen, insofern sollte die 1 % Vorgabe ein Mindestmaß darstellen, da zum Einen durch die Sektorenkopplung und zu erwartende Steigerungen der Elektromobilität ein deutlich erhöhter Strombedarf entstehen wird und zum Anderen auch Teile der Flächen zur Nutzung der Windenergie aufgrund arten-, und naturschutzrechtlicher Probleme nicht zur Verfügung stehen werden.
 

Klimagesetz Beachtlich bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen

Ob etwa solche arten-, und naturschutzrechtlicher Probleme künftig stets zugunsten der Flächen für die Windenergie entschieden werden, bleibt allerdings auch nach Inkrafttreten des ThürKlimaG abzuwarten. Zwar hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 5 S. 3 ThürKlimaG ausdrücklich geregelt: „Dieses Gesetz ist bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen zu beachten“, dennoch bleibt der genaue Umfang der „Beachtenspflichts“ ungeklärt.

Die Beachtenspflicht könnte aber jedenfalls dazu führen, dass behördliche Entscheidungen, die sich auf die Regional- oder Landesplanung beziehen, einer erneuten Prüfung unterzogen, ob sie die Vorgaben und Ansätze des ThürKlimaG ausreichend beachten. Insofern bestünde jedenfalls ein Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung, deren Leitplanken nun formell-gesetzlich normiert sind.
 

Daher: Genaue Prüfung in Aufstellung befindlicher Regionalpläne für Projektierer lohnenswert

An dieser Stelle wird insbesondere das Verhalten der Regionalen Planungsgemeinschaften in den Fokus der Betrachtung rücken. Die Fortschreibungen der Thüringer Regionalpläne sind noch nicht abgeschlossen und das Klimagesetz muss durch die jeweilige Planungsgemeinschaft berücksichtigt werden.

Durch das Klimagesetz steht damit ein effektives Mittel bereit, um bereits im Aufstellungsverfahren der Planungsgemeinschaften Einfluss für eine größere Ausweisung von Windvorranggebieten zu nehmen. Gleiches gilt im gerichtlichen (Normenkontroll-)Verfahren gegen landesplanerische Festsetzungen.

Auch für Betroffene einer landesplanerischen Untersagungen, welche lediglich aufgrund eines laufenden Regionalplanverfahren ausgesprochen wurde, können Prüfungen der Bescheide erfolgversprechend sein.

 

 

David Anders
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Leipzig
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