24.11.2020

Kündigen während der Elternzeit: Geht das?

Da es sich wohl um einen Ausnahmefall in der betrieblichen Praxis handelt, taucht immer wieder die Frage auf, ob es möglich ist, ein Arbeitsverhältnis auch während der Elternzeit eines Arbeitnehmers zu kündigen. Die Antwort lautet wie so häufig: Es kommt drauf an! Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein kurzer Überblick:

Kündigungen durch den Arbeitgeber

Arbeitnehmer in einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Elternzeit unterliegen gemäß § 18 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) einem besonderen Kündigungsschutz. Hiernach darf der Arbeitgeber das mit dem Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis – vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen – ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Dieser Sonderkündigungsschutz beginnt allerdings frühestens acht Wochen vor Beginn einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes bzw. frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes. Das Kündigungsverbot umfasst sowohl Beendigungs- als auch Änderungskündigungen und differenziert auch nicht nach dem Kündigungstermin (fristlose bzw. fristgemäße Kündigung) bzw. dem Kündigungsgrund (verhaltens-, personen- oder betriebsbedingte Kündigung). Auch Teilzeitarbeitsverhältnisse werden von dem Sonderkündigungsschutz erfasst, soweit sie nicht bei einem anderen Arbeitgeber i. S. v. § 15 Abs. 4 BEEG bestehen. Insoweit sind die Vorgaben des § 18 Abs. 2 BEEG zu beachten. Der Sonderkündigungsschutz endet mit dem Ende der Elternzeit.

In besonderen Fällen kann die Kündigung eines in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder einer von dieser bestimmten Stelle für zulässig erklärt werden (§ 18 Abs. 1 Sätze 4 und 5 BEEG). Gesetzesdogmatisch handelt es sich bei der Regelung in § 18 BEEG also um ein Kündigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. In der hierzu ergangenen „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit“ der Bundesregierung hat diese Regelfälle definiert, die es gerechtfertigt erscheinen lassen sollen, dass das gesetzlich grundsätzlich als vorrangig angesehene Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen außergewöhnlicher Umstände hinter den Interessen des Arbeitgebers an dessen Beendigung zurücktritt. Beispielhaft sind dies die Betriebs(abteilungs)stilllegung / -verlagerung bei fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb bzw. einer anderen Betriebsabteilung, die Existenzgefährdung von Betrieb oder Arbeitgeber im Falle des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses oder besonders schwere Verstöße des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten / vorsätzliche strafbare Handlungen des Arbeitnehmers, die die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Die Anforderungen an den Kündigungsgrund sind also vergleichsweise hoch und dürften auch die Anforderungen an einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 BGB regelmäßig übersteigen. Das Zustimmungsverfahren nach § 18 BEEG ist neben ggf. weiteren notwendigen Zustimmungsverfahren durchzuführen (z. B. bei schwerbehinderten Arbeitnehmern bzw. Mandatsträgern). Eine ohne die vorherige Zustimmung erklärte Kündigung ist nichtig.

Kündigungen durch den Arbeitnehmer

Im Gegensatz zum Arbeitgeber kann ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis auch während der Elternzeit grundsätzlich und ohne Beachtung weitergehender Vorgaben kündigen. Es geltend insoweit die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere zu der einzuhaltenden Kündigungsfrist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz statuiert allerdings das in § 19 BEEG vorgesehene Sonderkündigungsrecht. Hiernach kann ein Arbeitnehmer während der Elternzeit das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

Zu beachten ist, dass die Regelung in § 19 BEEG nur dann eingreift, wenn das Arbeitsverhältnis zeitgleich mit dem Ende der Elternzeit beendet werden soll. Insoweit stellt § 19 BEEG zwingendes Gesetzesrecht dar, das nicht zur Disposition der Arbeitsvertrags- oder auch Tarifvertragsparteien steht. Anders als zu anderen Beendigungsterminen kann sich der Arbeitnehmer in diesem Fall also nicht auf etwa abweichende arbeitsvertragliche oder gesetzliche Kündigungsfristen berufen. Ob und inwieweit ein Arbeitgeber an einem Arbeitsverhältnis festhalten möchte, das vom Arbeitnehmer in Elternzeit mit zu kurzer Frist beendet werden soll, ist natürlich eine andere Frage und vom jeweiligen Einzelfall abhängig.

Fazit

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist auch während der Elternzeit grundsätzlich möglich, jedoch mitunter mit erheblichen zusätzlichen Anforderungen verbunden. Dies gilt es sowohl arbeitgeber- als auch arbeitnehmerseitig bei entsprechenden Planungen frühzeitig zu beachten. Unabhängig hiervon steht den Arbeitsvertragsparteien zusätzlich natürlich der Abschluss eines Aufhebungsvertrags zur Verfügung, der regelmäßig nicht an weitergehende Voraussetzungen geknüpft ist, dessen Inhalt jedoch maßgeblich auch von den §§ 18, 19 BEEG beeinflusst werden kann.

Autor/in
Thorsten Tilch

Thorsten Tilch
Senior Associate
Leipzig
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