02.08.2024

Large Language Models vs. Vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung: Eine Analyse für Rechtsanwälte

Hintergrund

In der modernen Rechtspraxis ist der Einsatz von Technologie unverzichtbar geworden, um mit den steigenden Anforderungen und dem Wettbewerbsdruck Schritt zu halten. Dabei spielen sogenannte Legal Tech Tools am Rechtsmarkt nicht nur bei Verbraucherschutzkanzleien eine immer wichtigere Rolle. Zwei der führenden Technologien in diesem Bereich sind vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierungen sowie auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen beruhende Large Language Models (LLMs).

Large Language Models vs. Vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung

Large Language Models (LLMs)

Solche LLMs wie Google Gemini, OpenAI's GPT-4o oder die europäischen Modelle Mixtral oder Luminous-Explore von Aleph-Alpha haben die Fähigkeit, menschenähnliche Texte zu generieren, indem sie natürliche Sprache sowie den Textaufbau Wort für Wort analysieren und darauf mit einer Wahrscheinlichkeitsberechnung reagieren. Sie sind in der Lage, aus großen Datenmengen Wahrscheinlichkeitsmuster zu erkennen und somit komplexe Zusammenhänge zu erfassen. Im Rechtsbereich können LLMs sowohl für die automatisierte Dokumentenanalyse, als auch für die Erstellung von Verträgen, Gutachten oder rechtlichen Schriftsätzen eingesetzt werden. Sie können Rechtsanwälte auch bei der allgemeinen Recherche unterstützen sowie bei Vorliegen einer qualitativhochwertigen Datenmenge Vorhersagen zu rechtlichen Ergebnissen treffen.

Vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung

Die vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung beruht hingegen auf einem strukturierten Ansatz, bei dem Rechtsanwälte Vorlagen für häufig vorkommende juristische Dokumente wie Schriftsätze oder Verträge selbst zusammenstellen bzw. bereits vorliegende Vorlagen verwendet werden. Diese smarten Vorlagen enthalten Platzhalter für variable Daten, die dann durch die Software mit konkreten Informationen gefüllt werden, um maßgeschneiderte Dokumente zu generieren. Die Informationen können durch Beantwortung eines Fragebogens oder durch Verknüpfung mit einer Datenbank gewonnen werden. Die Daten werden durch verknüpfende Wenn-Dann-Logiken um einzelne Textabschnitte gelegt, so dass einzelne Passagen z.B. zur Aktivlegitimation oder einzelnen Anträgen nur im fertigen Dokument erscheinen, wenn alle Bedingungen erfüllt sind. Dieser Ansatz ermöglicht eine hohe Genauigkeit und Standardisierung bei der Erstellung von juristischen Dokumenten.

Vergleich und Analyse

Beide geschilderten Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung bietet eine klare Struktur und Kontrolle über den generierten Inhalt. Sie eignet sich besonders gut für standardisierte Dokumente und wiederkehrende Aufgaben mit bis zu mittleren Komplexität. Die Verwendung von Vorlagen ermöglicht es Rechtsanwälten, effizient zu arbeiten und Fehler zu minimieren. Allerdings kann diese Methode an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei sehr komplexen oder sich ständig ändernden Anforderungen mangeln und in diesen Fällen häufig zu einem hohen Pflegebedarf bei den digitalen Vorlagen führen.

Vortrainierte LLMs hingegen bieten eine große Flexibilität und die Fähigkeit, natürliche Sprache in Kontext zu setzen, durch Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu analysieren und neue Texte ohne Vorlage in Bezug auf den gegeben Input zu generieren. Sie können komplexe Zusammenhänge erfassen und menschenähnliche Texte innerhalb kürzester Zeit produzieren. Dies macht sie ideal für unstrukturierte Aufgaben und individuelle Anforderungen. Allerdings erfordern LLMs oft eine umfangreichere Datenbasis und können in ihrer Genauigkeit abhängig von der genauen Aufgabenstellung sowie Datenqualität- und -integrität stark variieren.

Fazit

Die Entscheidung zwischen LLMs und vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art der Aufgaben, die individuellen Anforderungen des Projekts sowie die vorliegenden Ressourcen und Fähigkeiten in der jeweiligen Kanzlei. In vielen Fällen kann eine Kombination aus beiden Ansätzen die optimale Lösung darstellen. Vorlagenbasierte Dokumentenautomatisierung eignet sich gut für standardisierte Aufgaben und häufig vorkommende Dokumente, während LLMs für komplexe oder individuelle Anforderungen eingesetzt werden können. Beide Technologien bedürfen einer vorgeschalteten Prozessanalyse und genauen Planung hinsichtlich der Implementierung der Legal Tech Tools sowie einen Prozess für Qualitätsmanagement und -sicherung der automatisierten Dokumente.

Durch die geschickte Integration von Legal Tech Tools können sowohl Rechtsabteilungen als auch Kanzleien ihre Effizienz steigern, Kosten senken und die Qualität ihrer Dienstleistungen verbessern. Es ist wichtig, die Möglichkeiten und Grenzen jeder Technologie zu verstehen und sie entsprechend einzusetzen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Abschließendes Ziel ist es, die technologischen Fortschritte zur Verbesserung der Effizienz und Zugänglichkeit rechtlicher Dienstleistungen zu nutzen, um den relevanten Interessengruppen die Möglichkeit zu bieten, auf der Grundlage hochwertiger Informationen strategisch fundierte Entscheidungen zu treffen.

Autor/in
Tobias-Michael Fuchs

Tobias-Michael Fuchs
Senior Consultant
Hamburg
tobias.michael.fuchs@luther-lawfirm.com
+49 40 18067 12185