25.09.2019
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Bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen geht es in aller Regel um sensible Themen. Daher hat die eine oder andere Seite oft ein Interesse daran, dass dies nicht in die Öffentlichkeit gelangt durch ein staatliches Gerichtsverfahren, weshalb häufig Schiedsvereinbarungen getroffen werden. Eine solche legt fest, dass über auftretende Streitigkeiten nicht ein staatliches Gericht, sondern ein nicht öffentliches Schiedsgericht entscheidet. Doch bindet die Schiedsvereinbarung des Unternehmens mit einem Dritten automatisch auch den Geschäftsführer des Unternehmens persönlich? Nein, hat das OLG München kürzlich entschieden.
Der Beklagte schloss am 01.02.2012 als Geschäftsführer der a. GmbH einen „Vertrag über den Kauf und die Abtretung von Geschäftsanteilen an der G.g. GmbH und G.g. SL GmbH“. Der Kläger war Gesellschafter beider an dem Vertrag beteiligter Unternehmen.
Der Kaufvertrag zwischen den Parteien enthielt in § 22 Abs. 2 folgende Schiedsklausel:
„Alle Rechtsstreitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder Maßnahmen betreffend seine Durchführung, einschließlich Streitigkeiten betreffend die Wirksamkeit dieses Vertrages oder dieser Schiedsklausel, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. („DIS“) entschieden (…)“
Ebenfalls am 01.02.2012 schlossen der Kläger und die a. GmbH einen „Beratervertrag“.
Mit Wirkung zum 08.02.2012 schied der Beklagte als Geschäftsführer der a. GmbH aus.
Zwischen den Parteien entstanden Unstimmigkeiten, die darin mündeten, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gerichtlich geltend machte. Im Rahmen dieses Klageverfahrens stellte sich unter anderem die Frage, ob der Beklagte als Geschäftsführer vom subjektiven Anwendungsbereich der Schiedsabrede in § 22 Abs. 2 des Kaufvertrages umfasst sei.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 23.03.2018, Az. 41 O 11047/16, die Klage abgewiesen, da sie aufgrund der im Kaufvertrag vom 01.02.2012 getroffenen Schiedsabrede unzulässig sei. Der Beklagte sei nämlich vom subjektiven Anwendungsbereich der Schiedsabrede umfasst. Im Übrigen sei die Klage aber auch unbegründet, da der Kläger einen Betrugsvorsatz des Beklagten nicht habe nachweisen können.
Das OLG München kommt zu dem Ergebnis, dass die Berufung des Klägers zurückzuweisen sei, da die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet ist. Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanz kommt das OLG München zu dem Ergebnis, dass die Klage zulässig ist, da der Beklagte trotz seiner Funktion als Geschäftsführer der a. GmbH zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht von der in § 22 Abs. 2 des Kaufvertrages enthaltenen Schiedsklausel erfasst wird. Daher kann der Kläger gegen den Beklagten durch Inanspruchnahme der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorgehen.
Der Senat vertritt die Ansicht, dass ein Organwalter einer juristischen Person (hier der Beklagte als Geschäftsführer) einer von der juristischen Person (die a. GmbH) geschlossenen Schiedsabrede nur unterworfen sei, wenn er selbst bei Abschluss der Vereinbarung für die juristische Person tätig geworden sei und eine Auslegung der Schiedsklausel ergebe, dass letztere auch den Geschäftsführer selbst binden solle.
Eine Erstreckung der Schiedsklausel komme nur in Betracht, wenn der Geschäftsführer beim Abschluss der Schiedsvereinbarung für die von ihm vertretene juristische Person (hier die a. GmbH) mitwirkte und der Schiedsvereinbarung (gegebenenfalls durch Auslegung) zu entnehmen sei, dass er in den subjektiven Anwendungsbereich einbezogen werden sollte. Hierfür liegen nach Ansicht des OLG München im konkreten Fall keine Anhaltspunkte vor.
Eine Schiedsvereinbarung führt grundsätzlich dazu, dass der subjektiv von ihr Erfasste sich nicht mehr an ein staatliches Gericht wenden kann, soweit der sachliche Anwendungsbereich der Schiedsabrede reicht. Die Partei einer Schiedsabrede verzichtet damit durch einen Prozessvertrag gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei auf ihren Justizgewährungsanspruch. Bei subjektiver Erstreckung einer Schiedsklausel auf einen Geschäftsführer einer GmbH, der nicht selbst Vertragspartei ist, würde die Schiedsklausel damit zu einem Rechtsverlust des Geschäftsführers führen, obwohl der Geschäftsführer gerade nicht Vertragspartei ist. Eine solche Schiedsvereinbarung zu Lasten Dritter, hier des Geschäftsführers, ist nach Meinung des OLG München jedoch nicht zulässig.
Mit dieser Entscheidung erfolgt eine Rechtsprechungsänderung des OLG München. Im Urteil vom 13.02.1997, Az. 29 U 4891/96, Rn. 6, hatte das OLG München noch die Ansicht vertreten, dass derjenige der am Abschluss der Schiedsvereinbarung beteiligt gewesen sei, sich auch darauf berufen könne. Da juristische Personen jedoch ausschließlich durch ihre gesetzlichen Vertreter handeln, sei der Geschäftsführer unmittelbar in die Vereinbarung eingebunden. Es ist zu begrüßen, dass das OLG nun die Berufung auf die Schiedsklausel einschränkt und fordert, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, die die Einbeziehung des Geschäftsführers begründen. In § 1029 Abs. 1 ZPO wird die Schiedsvereinbarung legal definiert. Der Schwerpunkt der Definition liegt auf der „Vereinbarung“. Zentrales Element der Schiedsgerichtsbarkeit ist die Privatautonomie der Parteien, die sich darauf einigen die staatlichen Gerichte außen vor zu lassen. Der Geschäftsführer handelt jedoch gerade im Namen der GmbH und nicht als Privatperson. Der BGH hat sich bisher noch nicht zu dieser Frage geäußert. Nun bleibt abzuwarten, ob sich der BGH der Ansicht des OLG Münchens anschließen oder einen anderen Weg einschlagen wird. Es bleibt die spannende Frage, ob die neue Rechtsprechung des OLG München für die obergerichtliche Rechtsprechung der nächsten Jahre wegweisend sein wird.
Prof. Dr. Notker Polley
Rechtsanwalt
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Bettina Neugebauer
Rechtsanwältin
Associate
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