13.12.2018

Online-Handel - Personalisierte Preise in der Weihnachtszeit

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Hintergrund

13.12.2018

Online-Handel - Personalisierte Preise in der Weihnachtszeit

Durch die ansteigende Digitalisierung und den wachsenden Einsatz von Big Data, werden Individualisierungsmöglichkeiten von Angeboten auf dem Markt gestärkt. Dies gilt vor allem für den Online Handel. Mittlerweile lassen sich Preise individuell und in Echtzeit an die Preisbereitschaft des Kunden anpassen. Gerade in der jetzigen Weihnachtszeit ist dies für Händler eine große Chance mehr Gewinnpotential abzuschöpfen, indem von Verbrauchern die Maximalpreise abverlangt werden, die sie jeweils bereit sind zu zahlen. Bisher kannte der Verbraucher personalisierte Preise lediglich aus direkten Verhandlungen wie z.B. im Verkaufsgespräch mit dem Gebrauchtwagenhändler. Mittlerweile tauchen jedoch verstärkt individuelle Produktangebote, Gutscheine sowie Mitgliedsvorteile auf, insbesondere im Online Handel. Der vorliegende Beitrag soll die rechtlichen Aspekte des unlauteren Wettbewerbs von personalisierten Preisen für den Verbraucher darstellen.
 

Wettbewerbsrechtlicher Schutz der Verbraucher durch das UWG

Die Markteilnehmer werden durch das Wettbewerbsrecht vor unlauteren geschäftlichen Handlungen geschützt. Nach § 1 UWG besteht ein Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten und fairen Wettbewerb. Aufgrund der personalisierten Preisgestaltung wird die Verhandlungsposition für  Verbraucher enorm geschwächt. Gerade jetzt zur Weihnachtszeit wird die Drucksituation der potentiellen Käufer von Händlern erkannt und ausgenutzt.
 

Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit

Der Handlungsspielraum sowie die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers können durch die personalisierte Preisgestaltung beeinträchtigt werden. Durch den Einsatz von Big Data im Online Handel ist der Händler in der Lage - aufgrund der gesammelten Informationen über den Verbraucher - festzustellen, wo die preisliche „Schmerzgrenze“ des potentiellen Käufers liegt. Somit entsteht eine Machtposition des Händlers gegenüber dem Verbraucher und führt zu seinen Gunsten zu einem generellen Ungleichgewicht. Dies könnte eine unzulässige Beeinflussung durch das Ausnutzen seiner Machtposition gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 3 UWG sein. Jedoch fehlt es hierbei im Ergebnis an einer Handlung des Verkäufers im Online Handel, die auf die Entscheidungsfreiheit des betroffenen Verbrauchers Einfluss nimmt. Für eine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4 a Abs. 1 Nr. 3 UWG mangelt es an der Ausnutzung der eigenen Stellung durch den Händler zur Druckausübung gegenüber dem potentiellen Käufer.
 

Täuschung des Verbrauchers

Der potentielle Käufer geht im Online-Handel davon aus, dass die Preise - die ihm angezeigt werden – für jeden Webseitennutzer gleichermaßen gelten und nicht persönlich auf ihn zugeschnitten sind. Nach § 3, Anhang Nr. 19 zu § 3 UWG sind unwahre Angaben über die Marktbedingungen, um einen Verbraucher dazu zu bewegen, eine Ware oder Dienstleistung zu weniger günstigen Bedingungen als den allgemeinen Marktbedingungen abzunehmen, unlauter. Die fehlende Belehrung über eine Preisdifferenzierung im Online-Shop könnte daher gegen Nr. 19 (Anhang zu § 3 UWG) verstoßen, da der Verbraucher über eine allgemeine Marktbedingung getäuscht wird. Jedoch sagt der personalisierte Preis nichts über das Verhältnis des Durchschnittspreises aus. Der Online-Händler erteilt selbst keine objektiv falsche Information über die Marktbedingungen. Darüber hinaus, fehlt bei einer internen Preisdifferenzierung der Bezug zu einem Mitbewerber. Der Verbraucher unterliegt hierbei keinem Irrtum hinsichtlich der Marktbedingungen zweier Marktteilnehmer, die den Verbraucher zum Vertragsschluss verleiten könnten. Es wird dem Verbraucher bei einer personalisierten Preisangabe kein Preisvorteil vorgespielt, vor allem enthält der angegebene Preis keine Angaben darüber, dass der Online-Händler das Produkt anderen Kunden nicht günstiger oder teurer anbietet.
 

Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens

Ständige Preisänderungen oder die Koppelung an Gerätetypen machen es dem Verbraucher im Online-Handel unmöglich einen vergleichbaren Marktpreis zu bestimmen. Beispielweise ist eine informierte Entscheidung erheblich erschwert, wenn ihm aufgrund von Big Data Analysen ständig die gleichen Geräte von bestimmten Marken angezeigt werden, § 3 Abs. 2 UWG. Dies gilt erst recht, wenn die Online-Händler nur noch auf individuelle Preise setzen. Das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers könnte hierdurch wesentlich beeinflusst werden. Jedoch steht es den Händlern frei, ihre Kunden oder Lieferanten ungleich zu behandeln, indem unterschiedliche Preise angeboten werden. Dies ist ein Teil der Vertragsfreiheit und kann daher kein generelles lauterkeitsrechtliches Verbot nach § 3 Abs. 2 UWG begründen.
 

Irreführung des Verbrauchers

Dem Online-Händler steht es frei, seine Preise jederzeit zu erhöhen oder zu senken. Dies kennen wir bereits bei Tankstellen, die ihre Preise täglich mehrfach ändern. Jedoch kann eine solch ständige Preisänderung, insbesondere im Online-Handel den Anschein erwecken, dass der Kunde über die wahre Preislage getäuscht wird und somit eine Unsicherheit beim Verbraucher entsteht. Das Irreführungsverbot nach § 5 UWG stellt jedoch kein Hindernis für personalisierte Preise dar. Es handelt sich bei personalisierten Preisen um keine willkürlichen Preisanpassungen, sondern um zugeschnittene personalisierte Preise, die an den Verbraucher und an seine Interessen angepasst werden. Demnach handelt es sich bei personalisierten Preisen bisher nicht um eine unlautere Geschäftspraktik des Händlers nach § 5 UWG.
Denkbar wäre eine Kenntlichmachung von personalisierten Preisen nach § 5a Abs. 2 UWG. Diese Norm dient dazu, den Verbrauchern einen hinreichenden Informationsstand zuzusichern. Nach § 5 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UWG müssen dem Verbraucher unter Verwendung von personalisierten Preisen „wesentliche Informationen“ mitgeteilt werden, d.h. solche, die Voraussetzung für eine geschäftliche Entscheidung sind, die er anderenfalls nicht treffen würde. Jedoch müssen diese wesentlichen Informationen enormes Gewicht für die geschäftliche Entscheidung haben, wobei dies auch für den Online-Händler erkennbar sein muss. Der Verbraucher kann allerdings auch ohne einen entsprechenden Hinweis eine informierte geschäftliche Handlung vornehmen, da er z.B. über Preissuchmaschinen und anderweitige Recherche, den für ihn angemessenen Preis eingrenzen kann. Aber nicht jeder Verbraucher vergleicht Preise, wodurch personalisierte Preise kaum erkennbar sind. Der Preis stellt einen entscheidenden Kauffaktor dar, der klar erkennbar und wahrheitsgemäß sein muss. Die personalisierte Preisgestaltung könnte somit eine „wesentliche Information“ sein, die dem Verbraucher mitgeteilt werden sollte nach § 5 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UWG. Hierbei ist jedoch im Einzelfall abzuwägen, ob bei Kenntnis der verschwiegenen personalisierten Preisberechnung von der geschäftlichen Handlung abgesehen worden wäre. Berücksichtigt man, dass der Kunde aufgrund von Big Data Analyse ausgelesen wurde und dadurch der personalisierte Preis entstand, sollte dieser entsprechend informiert werden. Der Verbraucher hat demnach ein berechtigtes Interesse an dieser wesentlichen Information, ebenso wie an der Erkenntnis, was mit seinen Daten passiert. Ob eine generelle Kennzeichnung von personalisierten Preisen verpflichtend ist, lässt sich dem UWG nicht entnehmen.
 

Ausblick

Das UWG schützt nicht die Möglichkeit die Preise eines Händler zu vergleichen, sondern lediglich den Preisvergleich zwischen den Händlern. Aus Sicht des UWG´s hat der Verbraucher jederzeit die Möglichkeit den „unfairen“ Preis mit den Konditionen von anderen Händlern zu vergleichen.
Eine pauschale Aussage zur Unzulässigkeit der individuellen Preisgestaltung im Internet verbietet sich deshalb. Dies ist zwar insofern überzeugend, als auch in der analogen Welt keine Pflicht zu einer einheitlichen Preiskalkulation besteht. Fragwürdig bleibt aber, ob eine generelle Vergleichbarkeit zur Netzwirklichkeit gegeben ist. Dies dürfte schon allein deshalb zu verneinen sein, da die Händler im Internet durch ihr Datenwissen einen völligen anderen Zugang zur Preiskalkulation haben, den sich die Verfasser des BGB bei der Festlegung auf die Vertragsfreiheit nicht hätten vorstellen können. Da das Thema der individuellen Preisgestaltung auch zunehmend in das öffentliche Bewusstsein gerät und der Online-Handel immer häufiger der Kritik ausgesetzt ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Gesetzgeber hierauf reagiert.

 

 

Sebastian Laoutoumai, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Senior Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Essen
Telefon +49 201 9220 24810
sebastian.laoutoumai@luther-lawfirm.com

 

Sandra Saling
Wirtschaftsjuristin
Associate
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Essen
Telefon +49 201 9220 24677
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