16.01.2025
Angesichts der Herausforderungen, die das aktuelle Computerstrafrecht für die IT-Sicherheitsforschung mit sich bringt, hat die Bundesregierung eine Reform angestoßen. Welche Gedanken sich der Gesetzgeber gemacht hat und inwieweit dies für Unternehmen relevant ist, erläutern wir in diesem Beitrag.
White Hat Hacker und IT-Sicherheitsforschende haben sich zum Ziel gesetzt, Sicherheitslücken in Software, IT-Systemen oder Netzwerken aufzudecken und zu beheben, um deren Sicherheit zu erhöhen. Im Gegensatz zu Black Hat Hackern, die versuchen, Schwachstellen auszunutzen, um Zugang zu unautorisierten Informationen zu erlangen oder Schaden zu verursachen, arbeiten White Hat Hacker häufig im Auftrag von Unternehmen, um Schwachstellen in einem System aufzudecken und zu beheben, um die Sicherheit zu erhöhen.
Das deutsche Computerstrafrecht wurde in den vergangenen Jahren zunehmend als Hemmnis für White Hat Hacking wahrgenommen. Im Fokus stehen hier insbesondere die §§ 202a, 202b, 202c, 303a und 303b StGB. Diese Vorschriften stellen oft auch Tätigkeiten unter Strafe, die aus gesamtgesellschaftlicher Sicht wünschenswert sind – etwa das Aufspüren von Sicherheitslücken durch White Hat Hacker oder IT-Sicherheitsforschende. Im Rahmen ihrer Arbeit stoßen diese regelmäßig auf rechtliche Grenzen, da das bestehende Strafrecht keine klare Differenzierung zwischen kriminellen Absichten und legitimer Sicherheitsforschung vorsieht. Gerade in der Praxis ist es für White Hat Hacker notwendig, auf reale IT-Systeme zuzugreifen und deren Schwachstellen zu testen – oft ohne vorherige Genehmigung der Systembetreiber. Diese Vorgehensweise ist essentiell, um echte Bedrohungsszenarien zu verstehen und abzuwehren. Doch die Sorge vor strafrechtlicher Verfolgung führt dazu, dass viele Sicherheitslücken nicht aufgedeckt oder gemeldet werden.
Der am 04.11.2024 verabschiedete Referentenentwurf markiert einen wichtigen Schritt zur Erneuerung des Computerstrafrechts. Der Referentenentwurf zielt darauf ab, die Arbeit von White Hat Hackern zu erleichtern und zugleich zwischen legalen und illegalen Handlungen klarer zu unterscheiden. Justizminister a.D. Marco Buschmann fasste die Zielsetzung treffend zusammen: „Wer IT-Sicherheitslücken schließt, hat Anerkennung verdient – nicht Post vom Staatsanwalt.“ Angesichts der im Februar 2024 anstehenden Neuwahlen ist jedoch noch offen, ob der Gesetzesentwurf tatsächlich in der kürzlich verabschiedeten Form in Kraft treten wird.
Kern des Entwurfs ist die Änderung von § 202a StGB, der das unbefugte Verschaffen von Zugang zu Daten unter Strafe stellt. Bisher genügte schon der bloße Zugriff auf ein fremdes System, um den Straftatbestand zu erfüllen, ohne dass zwischen kriminellen und legitimen Absichten unterschieden wurde. Der neue Entwurf führt eine sogenannte negative Legaldefinition des Begriffs „unbefugt“ ein. Danach soll das Aufspüren von Sicherheitslücken straflos bleiben, wenn:
Darüber hinaus definiert der Entwurf Regelbeispiele für schwere Fälle des strafbewehrten Handelns, etwa bei Angriffen auf kritische Infrastruktur oder bei Handlungen aus Gewinnsucht. Hierdurch soll die Gefährlichkeit und das hohe Schadenspotenzial von Computerdelikten adäquat abgebildet werden.
IT-Sicherheitsforschende werten den Entwurf als Verbesserung, sehen aber auch Schwächen:
Dennoch wird der Entwurf als Kompromiss angesehen, der die rechtliche Stellung von IT-Sicherheitsforschenden verbessert.
Die geplante Reform hat unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen, die IT-Produkte produzieren oder IT-Dienste anbieten:
Die geplante Reform des Computerstrafrechts stellt einen wichtigen Schritt dar, um die effektive Aufdeckung von Sicherheitslücken durch White Hat Hacker in Deutschland zu fördern. Zugleich bleibt die Entwicklung in diesem Bereich dynamisch, sodass sowohl der Gesetzgeber als auch die Praxis weiter gefordert sind, um eine Balance zwischen Sicherheit, Rechtssicherheit und Innovation zu schaffen.
Unternehmen können maßgeblich von der Aufdeckung von Sicherheitslücken durch White Hat Hacking profitieren. Jedoch ist eine stärkere Koordinierung zwischen Unternehmen und White Hat Hackern wichtig, um den freiwilligen Rahmen für die Offenlegung von Schwachstellen attraktiver zu machen. Dazu sollten Unternehmen wirksame Verfahren zur vertraulichen Meldung von Sicherheitslücken einrichten.
Franziska Neugebauer
Senior Associate
Köln
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