06.12.2019
Gründer und Business Angels bilden in Startups eine Symbiose, die den Erfolg des Unternehmens vor allem in der Frühphase bestimmt und zu großen Teilen dessen Weiterentwicklung prägt. Allerdings nimmt die Bedeutung der Beziehung zum Business Angel mit fortschreitender Entwicklung des Startups immer mehr ab, während die Wichtigkeit von Finanzinvestoren stetig zunimmt. Nach einer gewissen Zeit spricht in einem Startup daher regelmäßig Vieles für eine Trennung vom Business Angel. Dieser Beitrag beleuchtet das rechtlich oft komplizierte Ausscheiden und gibt Ratschläge zur potentiellen Gestaltung.
Business Angels sind für Gründer nicht nur (Schutz-)Engel, sondern mit ihrem Start- und „Smart Capital“ auch Geburtshelfer, die dafür sorgen, dass sich aus einem erfolgversprechenden Geschäftsmodell ein erfolgreiches Unternehmen entwickeln kann. Sie agieren als Business Coaches, Mentoren, Branchenkenner, externe Berater, Türöffner und Seed-Kapitalgeber und erhoffen sich dafür – nach einer gewissen Zeit – einen angemessenen Return-on-Invest. Sehr viele Business Angels haben dabei die Motivation, diesen Return-on-Invest schon relativ bald zu erzielen, um wiederum in weitere Startups investieren zu können.
Doch je erfolgreicher das Startup ist, desto mehr haben auf der anderen Seite die Gründer ein Interesse daran, das Startup nicht schon nach 2-3 Jahren zu verkaufen, sondern es mithilfe von weiteren (Finanz-)Investoren langfristig aufzubauen. Durch den Einstieg dieser Investoren, der in der Regel durch Kapitalerhöhungen realisiert wird, werden die Anteile des Business Angels aber lediglich verwässert und gerade kein Gewinn realisiert. Hinzu kommt, dass mit jedem weiteren Investor und den typischen Regelungen zur Auszahlung von Verkaufserlösen beim Exit (Stichwort: Waterfall) der Ausstieg und die Erzielung eines Gewinns aus dem Investment für den Business Angel schwieriger wird.
Um dieses Dilemma zu lösen, haben sich in den USA sogenannte „Secondary (Direct) Deals“ oder kurz „Secondaries“ etabliert. Unter einem Secondary versteht man den Verkauf von Anteilen eines Gesellschafters (z.B. eines Business Angels) an einen Dritten, der außerhalb einer Finanzierungsrunde stattfindet – da der Anteil mit dem Verkauf einen „zweiten“, neuen Inhaber haben wird, wird dieser Vorgang „Secondary“ genannt.
Für diese Secondaries haben sich in den USA eigene Marktplätze etabliert, auf denen die privat gehaltenen und nicht börsennotierten Anteile gehandelt werden. In Europa sind ebenfalls erste zaghafte Versuche entsprechender Online-Plattformen zu sehen.
Während klar ist, dass Business Angels ein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Anteile gewinnbringend zu verkaufen, macht der Secondary Markt in den USA auch deutlich, wo Probleme in der Umsetzung liegen können. Während sich online Secondary-Marktplätze an eine Vielzahl an potentiellen Käufern richten, sind die bestehenden Gesellschafter eines Startups, das gerade (noch) nicht börsennotiert ist, berechtigterweise daran interessiert, sich ihre Mitgesellschafter sehr genau auszusuchen. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass mit einem Secondary niedrigere Bewertungen erzielt werden, als von dem Startup in der nächsten Finanzierungsrunde angestrebt werden. Somit können Secondaries auch die Finanzierung des Startups nachhaltig beeinträchtigen.
Deshalb sind die Verträge zwischen den Gesellschaftern typischerweise so ausgestaltet, dass Anteilsübertragungen nur mit Zustimmung der anderen Gesellschafter oder aber jedenfalls erst nach einem vorherigen Angebot an die anderen Gesellschafter möglich sind. Außerdem wird ein Erwerber oft erwarten, dass eine Due Diligence durchgeführt wird, bevor er das Investment tätigt. Auch hierfür ist die Zustimmung der anderen Gesellschafter notwendig.
Eine sinnvolle Gestaltung von Secondaries muss also berücksichtigen, dass ein solcher Verkauf nur dann Sinn ergibt, wenn auch die übrigen Gesellschafter an Bord sind. Das kann dadurch gelingen, dass es sich auch für die anderen Gesellschafter lohnen kann, statt des Business Angels den richtigen Erwerber an Bord zu holen. So kann der Erwerber neue Kontakte und Impulse für die Gesellschaft bringen und die Gesellschaft attraktiver für Investoren erscheinen lassen. Außerdem entsteht in den weiteren Finanzierungsrunden keine Unruhe durch eine Bewertungsdiskussion, wenn ein Business Angel seine Anteile (anlässlich einer solchen Runde) verkaufen möchte oder die Chance nutzt, seinen Einfluss bzw. seine Verhandlungsposition für die Realisierung eines Verkaufs einzusetzen.
Ein Secondary muss daher sicherstellen, dass dem Business Angel durch ein faires und offenes Verfahren ermöglicht wird, seine Anteile zu verwerten und auf der anderen Seite, dass der Erwerber der Anteile durch die anderen Gesellschafter passgenau ausgesucht, überprüft und integriert werden kann ohne das Gefüge/Finanzierungsrunden zu beeinträchtigen.
Wie immer gilt es deshalb auch hier, dass bereits zu Beginn an das potentielle Ende einer jeden Beteiligung zu denken ist. Das gilt nicht nur für die Gründer selbst, sondern auch für ihre Business Angels. Es lohnt sich, deren Interessen in der Gestaltung der Vertragsdokumente ausreichend zu berücksichtigen und dadurch sicherzustellen, dass der Business Angel dann, wenn er dem Startup nicht mehr weiterhelfen kann, zu angemessenen Konditionen aussteigen kann. Solange durch ausreichend klare und vorausschauende Vertragsgestaltung sichergestellt ist, dass ein Secondary, das Startup weiterbringt, ist ein Secondary nicht nur kein Problem, sondern kann für beide Seiten äußerst sinnvoll sein.
Michael Ströbel, LL.M. (University of Auckland)
Partner
Stuttgart
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