26.11.2020
Die Frage nach der Sozialversicherungspflicht von Organmitgliedern und Gesellschaftern in Kapitalgesellschaften führt oft zu Verunsicherung. Dieser Beitrag liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen.
GmbH-Geschäftsführer, Aktienvorstände und Gesellschafter von Kapitalgesellschaften sind keine Arbeitnehmer. Damit ist die Frage nach ihrer Sozialversicherungspflicht allerdings noch nicht beantwortet. Ob jemand sozialversicherungspflichtig ist, wird vom Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt. Im Grundsatz gilt: Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt bei Erbringung nichtselbstständiger Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis vor. Wenngleich ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis also meist in einem Arbeitsverhältnis vorliegt, können auch andere Beschäftigungsverhältnisse der Sozialversicherungspflicht unterliegen.
GmbH-Geschäftsführer sind im Grundsatz abhängig beschäftigt. Damit sind sie sozialversicherungspflichtig. Dies gilt für Fremdgeschäftsführer immer, seitdem das Bundessozialgericht (BSG) seine Kopf-und-Seele-Rechtsprechung aufgegeben hat. Danach entfiel die Beschäftigteneigenschaft des Fremdgeschäftsführers, wenn er mit den Gesellschaftern familiär verbunden war und die Geschäfte der GmbH wie ein Alleininhaber führen konnte. Zudem musste gegeben sein, dass er von den Gesellschaftern nicht an der Geschäftsführung gehindert wird. Das Bundessozialgericht hält diese von ihm sogenannte „Schönwetter-Selbstständigkeit“ mittlerweile nicht mehr für vereinbar mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände.
Bei Gesellschafter-Geschäftsführern muss unterschieden werden:
Halten Gesellschafter Anteile einer GmbH, können sie in dieser GmbH abhängig beschäftigt sein. Das gilt allerdings dann nicht, wenn die mitarbeitenden Gesellschafter mehr als die Hälfte der GmbH-Anteile halten. In diesem Fall fehlt es an der persönlichen Abhängigkeit zur GmbH, da sie ihre Unterwerfung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers jederzeit beenden können.
Ob Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft (AG) im Grundsatz als abhängig und damit sozialversicherungspflichtig Beschäftigte anzusehen sind, ist innerhalb des Bundessozialgerichts umstritten. Der Gesetzgeber hat daher klargestellt, dass Aktienvorstände nicht in der gesetzlichen Arbeitslosen- und Rentenversicherung versicherungspflichtig sind. Auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung sah er keinen Handlungsbedarf, weil Vorstandsmitglieder wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze im Normalfall nicht gesetzlich krankenversicherungspflichtig sind.
Halten Gesellschafter Anteile einer AG, können sie in dieser AG abhängig beschäftigt sein. Das gilt allerdings wie bei GmbH-Gesellschaftern dann nicht, wenn sie mehr als die Hälfte des Grundkapitals halten. Auch in dem Fall fehlt es den mitarbeitenden Gesellschaftern an der persönlichen Abhängigkeit zur AG, denn sie können ihre Unterwerfung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers jederzeit beenden.
Für Vorstandsmitglieder einer dualistisch mit Leitungs- und Aufsichtsorgan strukturierten Societas Europaea (SE) gilt dasselbe wie für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts. Sie sind von der gesetzlichen Arbeitslosen- und Rentenversicherung befreit.
Ob dies auch für die Verwaltungsratsmitglieder einer monistisch mit Verwaltungsrat strukturierten SE gilt, ist Gegenstand eines aktuellen Gerichtsverfahrens. Geführt wird es von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Es ist beim Bundessozialgericht anhängig (Revisionsverfahren). Die DRV Bund greift eine Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) an. Das LSG geht davon aus, dass die monistisch strukturierte SE mit einer AG deutschen Rechts gleichzustellen ist. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass auch Verwaltungsratsmitglieder einer monistisch strukturierten SE kraft Gesetzes von der gesetzlichen Arbeitslosen- und Rentenversicherung befreit sind. Sollte das Bundessozialgericht dem LSG nicht folgen, ist ein Verwaltungsratsmitglied auf jeden Fall dann nicht abhängig beschäftigt, wenn es wie der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH eine beherrschende Stellung in der SE hat. Das ist der Fall, wenn es über die Mehrheit des Grundkapitals der SE verfügt. Eine abhängige Beschäftigung liegt in jedem Fall auch dann nicht vor, wenn der Gesellschaftsvertrag dem Verwaltungsratsmitglied eine echte Sperrminorität einräumt.
Auch Gesellschafter können zu der SE, deren Anteile sie halten, in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis treten. Es entsteht allerdings wie bei GmbH-Gesellschaftern und Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft dann nicht, wenn sie mehr als die Hälfte des Grundkapitals halten. In diesem Fall fehlt es den mitarbeitenden Gesellschaftern an der persönlichen Abhängigkeit zur SE, weil sie ihre Unterwerfung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers jederzeit beenden können.
Fehleinschätzungen zur Sozialversicherungspflicht von Beschäftigungsverhältnissen führen regelmäßig zu hohen Nachzahlungen. Wer hier vorbeugen will, lässt Beschäftigungsverhältnisse vorab anwaltlich prüfen: