02.05.2018
02.05.2018
Unentgeltliche Forderungsabtretung – zu den Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft
Der BGH hatte sich in der Entscheidung vom 24. August 2016 (Az. VIII ZR 182/15) mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Klage zulässig sei, mit der ein vor Rechtshängigkeit unentgeltlich abgetretenes Recht im eigenen Namen geltend gemacht wird.
Der zugrundeliegende Sachverhalt
Der Beklagte stellte im Januar 2012 ein gebrauchtes, mit Fünf-Gang-Getriebe und Kickstarter ausgestattetes Motorrad bei eBay ein. Als Startpreis gab er einen Preis von 1 € an und beschränkte die Internetaktion auf einen Zeitraum von zehn Tagen. Als Artikelmerkmale trug der Beklagte fälschlicherweise „Drei-Gang-Getriebe“ und „Elektrostarter“ ein. Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die dem Zeugen H gestattete, unter ihrem Benutzernamen bei eBay tätig zu werden. H nahm das Angebot des Beklagten unter dem Benutzernamen der Klägerin an. Der Beklagte brach die Auktion vor Ablauf der zehn Tage ab und strich das Angebot der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt die einzige Bieterin war, sodass der Preis noch bei 1 € lag. Anschließend korrigierte der Beklagte die Artikelmerkmale, bot das Motorrad erneut bei eBay an und veräußerte das Motorrad an einen Dritten. Mit ihrer Klage hat die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche in Höhe des Wertes des Motorrads geltend gemacht. Vor Zustellung der Klage trat sie ihre Ansprüche an den Zeugen H unentgeltlich ab.
Kein schutzwürdiges Eigeninteresse der Klägerin
Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger prozessführungsbefugt ist. Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozess im eigenen Namen führen zu dürfen. Die Prozessführungsbefugnis ist unproblematisch gegeben, wenn ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend gemacht wird. Wird hingegen ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend gemacht, ist die Klage nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft erfüllt sind. Aufgrund der zuvor erfolgten Abtretung machte die Klägerin mit der Klage ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend.
Die Vorinstanzen hatten sich nicht mit der Zulässigkeit der Klage beschäftigt. Der BGH entschied nunmehr, die Klage sei als unzulässig abzuweisen, da die erforderliche Prozessführungsbefugnis nicht gegeben sei. § 265 ZPO als gesetzliche Prozessstandschaft greife nicht ein, weil die Klägerin die Ansprüche vor Rechtshängigkeit, also Zustellung der Klage nach §§ 251, 263 ZPO, abgetreten habe. Auch die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft sah der BGH nicht als gegeben an. Die gewillkürte Prozessstandschaft setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Prozessstandschafter zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche durch den Rechtsinhaber ermächtigt worden ist sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an der Rechtsverfolgung besteht. Letzteres wird angenommen, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene, auch wirtschaftliche Rechtslage hat (BGHZ 119, 237, 242 = NJW 1993, 918). Der BGH verneinte ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Prozessführung.
Ein eigenes berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung der abgetretenen Forderung könne z.B. der Verkäufer einer Forderung haben. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Forderungsverkäufer gegenüber dem Käufer für den Bestand der abgetretenen Forderung haftbar sein kann (BGH, NJW 1979, 824). Die unentgeltliche Abtretung an den Zeugen im vorliegenden Fall sei hiermit jedoch nicht vergleichbar. Bei der schenkweisen Abtretung besteht ein Haftungsrisiko allenfalls bei Kenntnis des Schenkers von einem Rechtsmangel, insbesondere bei Arglist. Es besteht aber kein zum Forderungsverkäufer vergleichbares Haftungsrisiko. Ferner sei die in der ersten Instanz geäußerte Bereitschaft der Klägerin zu einem Klägerwechsel nicht ausreichend, um ein schutzwürdiges Eigeninteresse zu begründen. Prozessökonomische Gründe würden keine gewillkürte Prozessstandschaft begründen können, denn die technische Erleichterung der weiteren Prozessführung sei nicht rechtschutzwürdig. Dieses Argument lässt sich damit erklären, dass Gründe der Prozessökonomie keinen Einfluss auf die Rechtsstellung des Klägers haben.
Fazit
Der BGH verdeutlicht in seiner Entscheidung, dass nicht jegliches Interesse ausreicht, um eine gewillkürte Prozessstandschaft begründen zu können. Die bloße Erleichterung der Prozessführung wird als schutzwürdiges Interesse jedenfalls nicht anerkannt. Ferner kann nach Ansicht des BGH eine gewillkürte Prozessstandschaft nur dann vorliegen, sofern die Abtretung entgeltlich erfolgt ist, während die schenkweise Abtretung nicht ausreicht.
Dr. Stephan Bausch, D.U. |
Elin Reiter
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