22.02.2021
Mittlerweile weitgehend bekannt ist, dass das Ankaufen von Likes und Bewertungen für Social Media Auftritte von Unternehmen rechtswidrig ist. Es gibt jedoch auch Fallkonstellationen, in denen nicht direkt ersichtlich ist, dass ein „Gefällt mir“ unlauter gewonnen wurde. Wichtig ist, dass Likes und Bewertungen für das auf einer Social Media Seite werbende Unternehmen, freiwillig und ohne eine Belohnung des Nutzers abgegeben werden.
Likes und Bewertungen auf Social Media gewinnen für das Marketing von Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Sie sind ein Maßstab für die Bekanntheit und Beliebtheit eines Unternehmens bzw. dessen Produkte und steigern die Reichweite der dort veröffentlichten Beiträge. Kein Wunder also, dass viel getan wird, um hohe Interaktions- und Bewertungs-Zahlen zu erreichen.
Bei Empfehlungen in der Werbung gehen die Nutzer regelmäßig davon aus, dass diese von neutralen Dritten abgegeben wurden, aus den Gründen, die in der Empfehlung genannt sind. Der gleiche Maßstab ist bei Social Media Seiten und deren Likes und Bewertungen zu berücksichtigen. Weichen diese von den genannten Nutzererwartungen ab, so kann es sich um eine unlautere und damit rechtswidrige Irreführung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handeln. Diese Rahmenbedingungen werden in den folgenden zwei Beispielen aus der Rechtsprechung näher erläutert.
„Wie du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht deine Gewinnchance“ – so warb ein Unternehmen für sein Gewinnspiel und unterlag damit in einem darauffolgenden Rechtsstreit (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.08.2020 – 6 U 270/19). Das OLG Frankfurt bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass die Werbung mit den aus solch einer Aktion resultierenden Bewertungen eine Fehlvorstellung über die Beliebtheit des Unternehmens hervorrufen kann und somit eine Irreführung darstelle. Das Gericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass die Bewertungen durch die Gewinnspielteilnahme beeinflusst werden und dadurch gegebenenfalls positiver ausfallen. Die Besonderheit zu anderen Verfahren ist, dass für die Bewertungen keine direkte Gegenleistung (z. B. durch Gutscheine, Rabatte) geleistet wurde. Bereits die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel wurde durch das Gericht als „Gegenleistung“ gewertet.
Nach Auffassung des OLG Frankfurt musste der Kläger nicht alle Bewertungen aufzählen, die auf der Irreführung basieren. Es genügte bereits, dass die Klägerin dies für zwei Bewertungen nachwies. Dann treffe den Seitenbetreiber die Pflicht, darzulegen, dass keine weiteren Bewertungen auf das Gewinnspiel zurückzuführen seien.
Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass Likes und Bewertungen für das Unternehmen bzw. die Produkte abgegeben wurden, die auf der Social Media Seite genannt sind. So entschied die Rechtsprechung, dass ursprünglich für ein Burger-Restaurant abgegebene Likes nicht für ein, am gleichen Standort eröffnetes, neues Restaurant weiterverwendet werden dürfen (OLG Frankfurt, Urteil vom 14.06.2018 – 6 U 23/17). Der Grund: Dies erwecke die Fehlvorstellung, dass die Likes für das Essen und den Service im neuen Restaurant abgegeben wurden. Denn Facebook bietet die Möglichkeit, eine Seite umzubenennen, ohne dass die für die Seite vorhandenen Likes verloren gehen. Dies hatte die Beklagte getan und so die „alten“ Likes weiter für das neue Unternehmen genutzt.
Allein der Vortrag, die Likes könnten nicht einzeln gelöscht werden, führe nicht zu einer anderen Bewertung, so das OLG Frankfurt. Es wies darauf hin, dass es der Beklagten auch zuzumuten sei, die Seite zu löschen und eine eigene, neue Seite zu erstellen, auch wenn hierdurch Likes verloren gehen, die redlich für das neue Restaurant abgegeben wurden.
Da ein Unternehmen mit Likes und Bewertungen auf dem Markt wirbt, kann eine irreführende Verwendung zu Abmahnungen von Mitbewerbern oder Verbraucherverbänden führen. Auf Social Media Seiten sind solche Informationen öffentlich einsehbar, sodass ein Verstoß leicht nachgewiesen werden kann und das Risiko einer Abmahnung steigt. Bei Facebook beispielsweise lässt sich über die Rubrik „Seitentransparenz“ nachverfolgen, ob die Seite zwischendurch umbenannt wurde. Hinzu kommt die Beweiserleichterung, die das OLG Frankfurt aufführt.
Bei Gewinnspielen ist auf die Formulierung zu achten. Eine Kopplung der Abgabe einer Bewertung mit einer Gewinnspielteilnahme sollte unterbleiben. Die bloße Bitte an die Teilnehmer, eine Seite zu bewerten, wird hingegen regelmäßig zulässig sein. Dabei ist aber darauf zu achten, dass dies nicht insofern missverstanden werden kann, dass hierdurch die Gewinnchancen beeinflusst würden.
Das zweite Beispiel wird in der Praxis häufig relevant bei dem Verkauf von Social Media Accounts. Bei Unternehmen der Digitalbranche sind Social Media Kanäle mit hohen Reichweiten wichtige Assets. Insofern ist Vorsicht geboten, wenn hierfür hohe Summen gezahlt werden und dann unter Umständen nicht ohne Weiteres mit den Likes des Vorgängers weiter geworben werden darf, da sich das Unternehmen oder der Unternehmensgegenstand geändert hat.
Die Entscheidungen sind weitgehend auch auf andere Social Media Portale übertragbar, die ebenfalls mit Bewertungssystemen arbeiten. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Beseitigung rechtswidrig erlangter Likes und Bewertungen durchaus Schwierigkeiten bereiten kann. Je nach Social Media Anbieter können solche Inhalte nicht vom Seitenbetreiber direkt gelöscht werden. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass eine gänzlich neue Social Media Präsenz eröffnet werden muss, wodurch weitere Inhalte verloren gehen. Umso wichtiger ist es, beim Betrieb von Social Media Präsenzen von Beginn an die aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe zu bedenken.
Laura Hoffmann, LL.M. (Dresden/London)
Senior Associate
Frankfurt a.M.
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