02.11.2020
Normalerweise müssen Airlines die ihnen zugestandenen Start- und Landerechte an Flughäfen zu mindestens 80 Prozent tatsächlich nutzen, um ihr Recht darauf in der Flugplanperiode des Folgejahres wahren zu können. Diese Regelung basiert aus einer Verordnung der EU Kommission.
Da sämtliche Airlines ihre Flüge in den letzten Monaten massiv reduzieren mussten, ist ihnen eine Nutzung in diesem Umfang auf absehbare Zeit nicht möglich. Um ihre Slots behalten zu können, wären die Airlines gezwungen gewesen massenhaft „Geisterflüge“ ohne Passagiere durchzuführen. Davor warnten vor allem Wirtschafts- und Umweltverbände.
Um dies zu verhindern, hatte die EU-Kommission bereits im März beschlossen, die Regelungen der Slot-Verordnung zunächst bis zum 24. Oktober 2020 auszusetzen.
Da das Luftverkehrsaufkommen aber ist nach wie vor gering ist, teilte die EU-Kommission nun mit, die Aussetzung zu verlängern. Um den Airlines weiter Planungssicherheit zu geben, wird es bis zum 27. März 2021 bei der Aussetzung der Slot-Regeln bleiben. Für die Fluggesellschaften bedeutet das, dass sie ihre bisherigen Start- und Landerechte an Flughäfen bis dahin nicht verlieren – ungeachtet dessen, ob sie Flüge durchführen oder nicht. Mit der Verlängerung sollen zudem unnötige Umweltbelastungen verhindert werden, so die Kommission.
In diesem Zusammenhang wies Verkehrskommissarin Adina Valean aber auch auf damit verbundene Probleme hin. Verfügbare Slots würden nicht immer rechtzeitig freigegeben werden und manche Airlines könnten so die Ausnahme missbrauchen, "um ihre Marktpräsenz zu erhöhen". Dem müsse begegnet werden.
Anlässlich des Welttourismustages am 27. September 2020 warnte der Flughafenverband ADV erneut vor den gravierenden Konsequenzen der Corona-Pandemie für deutsche Flughäfen. Die wirtschaftliche Lage spitze sich immer weiter zu. Die deutschen Flughäfen bangen um ihre eigene Existenz und um die ihrer Partner und Dienstleister. ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel spricht von der „schlimmsten Krise seit dem Beginn der zivilen Luftfahrt" und forderte die politischen Entscheidungsträger erneut dazu auf, schnelle Finanzhilfen zu bewilligen. Ohne sie würde zahlreichen Flughäfen die Insolvenz drohen. Um den Betrieb an den deutschen Flughäfen aufrecht zu erhalten, seien diese zwingend auf staatliche Finanzhilfen angewiesen, die ihnen bisher jedoch nicht in ausreichendem Ausmaß gewährt worden sind.
Mit einem Passagiervolumen von nur 20 Prozent befinde sich die Luft- und Reisebranche faktisch in einem zweiten Lockdown. Der erwartete Einnahmerückgang beträgt laut Verband für das laufende und das kommende Jahr zusammen mehr als sechs Milliarden Euro bei einem Gesamtumsatz von 6,5 Milliarden Euro im Vorjahr 2019.
Die flüssigen Mittel reichten an fast allen Standorten nur noch bis ins zweite Halbjahr des nächsten Jahres. Vor allem für die Mitarbeiter der deutschen Flughäfen hat dies dramatische Folgen. Jeder vierte der insgesamt rund 180.000 Arbeitsplätze sei unmittelbar gefährdet. Betroffen wäre damit rund 45.000 Arbeitnehmer.
Bereits Anfang Mai dieses Jahres forderte Ralph Beisel die Regierung dazu auf, den Flughäfen zumindest die Vorhaltekosten in Höhe von rund 740 Millionen Euro zu erstatten, die diese während des ersten Lockdowns benötigt haben, um ihre Infrastruktur aufrecht zu erhalten.
Für den 6. November ist der nächste Luftverkehrsgipfel bei Verkehrsminister Andreas Scheuer geplant. Dieser hat neue Corona-Hilfen für die Luftfahrtbranche angekündigt. Dabei sagte er allen Segmenten der Branche Unterstützung durch ein neues Hilfskonzept zu. Scheuer betonte, dass dabei die gesamte Luftverkehrswirtschaft berücksichtigt werden muss. Es müsse über ein Hilfskonzept beraten werden, welches speziell - aber nicht ausschließlich - für die Flughäfen gedacht sei. Auch Flugzeugbauer Airlines, Flugsicherung, Abfertigungsdienste, Shops in den Flughäfen und Bodenabfertiger seien betroffen und müssen darin bedacht werden.
Das Flugverhalten werde sich auch in Zukunft verändern, so Scheuer. Dies sei in Ordnung, habe aber eben auch seine Folgen, für die Lösungen gefunden werden müssen.