11.05.2022
Dem Arbeitsmarkt machen schon seit einiger Zeit in vielen Bereichen nicht nur die Veränderungen in der Arbeitswelt zu schaffen, sondern insbesondere auch der mit dem demografischen Wandel einhergehende Fachkräftemangel. Ähnlich verhält es sich mit den kontinuierlich ändernden Wünschen und Vorstellungen der Mitarbeitenden und den aktuellen politischen Entwicklungen.
Der Fachkräftemangel besteht branchenübergreifend. Spätestens nach den „Hilferufen“ aus Großbritannien mit Blick auf leere Supermarktregale im vergangenen Jahr ist offenkundig, dass unter anderem die Logistikbranche mit einer dramatischen Personalnot zu kämpfen hat. Mit Beginn der Pandemie rückte auch die Personalnot in der Gesundheitswirtschaft in den Fokus, die vom demografischen Wandel ohnehin doppelt betroffen ist. Denn einerseits sinken die verfügbaren Arbeitskräfte, gleichzeitig steigt der Bedarf durch die alternde Gesellschaft. Und auch die im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine immer dringlicher werdende Energiewende wird derzeit durch den Fachkräftemangel in der Energiebranche ausgebremst.
Aktuelle demografische Daten lassen vorhersehen, dass sich diese Situation – soweit hier nicht zeitnah effektiv und kreativ gegengesteuert wird – in der Zukunft leider noch deutlich verschärfen wird. Die Abnahme der erwerbsfähigen Bevölkerung wird erst etwa im Jahr 2030 mit dem Ausscheiden des geburtenstärksten Jahrgangs (1964) in Deutschland ihren Höhepunkt erreichen. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend auch danach noch weiter fortsetzt. Modellrechnungen gehen von einem Absinken des Arbeitsangebots um etwa 30 % bis zum Jahr 2060 im Vergleich zum Jahr 2010 aus (vgl. Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Auftrag der Bundesregierung, Mai 2011).
Was können Unternehmen also tun, um mit dem Personal- und Fachkräftemangel effizient und nachhaltig umzugehen?
Insbesondere durch die fortschreitende Digitalisierung und Technologisierung verändern sich die Arbeitsbedingungen kontinuierlich. Aus- und Weiterbildungskonzepte von Arbeitgebenden werden daher weiter an Bedeutung gewinnen. Daneben wird vielfach auch der Einsatz fremden Personals und Outsourcing – national und international – wichtiger, um der Personalnot und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Darüber hinaus wird auch immer mehr der Fokus darauf gelegt werden müssen, wie bewährtes Personal gehalten und Bewerbern attraktive Arbeitsbedingungen geboten werden können. Ein zentraler Punkt, der hier immer weiter in den Vordergrund rückt, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit einhergehend die Frage der Ermöglichung von Flexibilität und Freiräumen.
1. Ausländerbeschäftigung bzw. grenzüberschreitende Beschäftigungen
Als Strategie um dem Personal- und Fachkräftemangel wirksam entgegenzusteuern, kommen insbesondere Konzepte zur Beschäftigung bzw. gezielten Anwerbung von ausländischem Personal in Betracht. Deutschland ist dabei schon seit Jahren bemüht, die Einwanderung von Fachkräften zu fördern. Unter anderem die „Flüchtlingskrise 2015/2016“ hat insoweit noch einmal viel Bewegung in die (Neu-)Regulierung zur Beschäftigung von Ausländern gebracht. Viele Unklarheiten konnten zwischenzeitlich geklärt werden, Verfahren wurden teils neu geregelt. Aktuell wurden zudem für durch den Ukrainekrieg Vertriebene zwischenzeitlich eine Vielzahl von Vereinfachungen und Erleichterungen geschaffen. Dies betriff
u. a. den erleichterten Erhalt einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis über § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Zudem steht derzeit in Rede, dass auch die Anerkennung von Berufsqualifikationen aus der Ukraine erleichtert werden soll.
Trotz der Neuregelungen und Schaffungen von (ggf. auch nur vorübergehenden) Ausnahmen und Erleichterungen lauern jedoch nach wie vor einige rechtliche Fallstricke, u. a. im Zusammenhang mit dem Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Ähnliches gilt auch für die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die rechtlich komplex bleiben werden und vom Arbeitgebenden im Zuge der Anwerbung und Beschäftigung von Personen mit Berufsabschlüssen aus dem Ausland beachtet werden müssen.
2. Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen
Der derzeitige Wandel der Arbeitswelt führt dazu, dass neben der Zuwanderung zur Arbeitsaufnahme weitere spannende Konzepte zur Flexibilisierung mit und ohne Auslandbezug zunehmend in den Fokus rücken und an praktischer Relevanz gewinnen.
Bereits vor Beginn der Corona-Pandemie zeigte sich zum Beispiel immer deutlicher, dass auf Seiten der Arbeitnehmenden der Wunsch immer größer wird, möglichst frei darüber entscheiden zu dürfen, „wann“, „wie“ und insbesondere von „wo“ die Arbeitsleistung erbracht werden kann bzw. darf. Während der Pandemie haben Arbeitnehmende zwischenzeitlich sogar überwiegend mobil oder von zu Hause gearbeitet. Hieran möchte ein Großteil der Arbeitnehmerschaft – ggf. auch nur teilweise – weiterhin festhalten, wie sich auch aus einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus November 2021 ergibt. Insofern wird auch die Option zur mobilen Arbeit u. U. verbunden mit Konzepten zur frei(er)en Arbeitszeitgestaltung ggf. auch aus dem Ausland eine spannende Option im Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte sein.
3. Rechtliche Rahmenbedingungen
Insbesondere Konzepte mit Auslandsbezug stellen Arbeitgebende allerdings vor rechtliche Hürden, die bei der Beschäftigung von Ausländern und allgemein bei der Arbeit aus dem Ausland überwunden werden müssten. Denn ansonsten drohen unvorhergesehene Überraschungen – sowohl für den Arbeitgebenden als auch den Arbeitnehmenden selbst.
Neben Fragen der (vertraglichen und inhaltlichen) Ausgestaltung oder der ordnungsgemäßen Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen stellen sich u. a. auch Fragen nach etwaigen sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Auswirkungen.
Flexible Beschäftigungskonzepte können sich aus unterschiedlichen Hintergründen und Interessenlagen ergeben. Aktuell wirft insbesondere der Ukrainekrieg bei vielen (inter-)nationalen Arbeitgebenden die Frage auf, wie Vertriebenen möglichst schnell und insbesondere unbürokratisch in der aktuellen Situation geholfen werden kann, um anzukommen, fußzufassen und wieder ein wenig Freiheit zurückzugewinnen. Dazu zählen neben einer Unterkunft und dem Erhalt von medizinischer Versorgung und Sozialleistungen sicherlich auch der Zugang zum nationalen Arbeitsmarkt und damit die Aufnahme einer Beschäftigung. Auch wenn einige Arbeitgeber während der sog. „Flüchtlingskrise 2015/2016” bereits erste oder vertieftere Erfahrungen mit dem deutschen Aufenthaltsrecht und den verschiedenen Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen sammeln konnten, bestehen nach wie vor erhebliche Unsicherheiten, wann, wie und auf welche Weise ausländische Arbeitskräfte beschäftigt oder durch Subunternehmer eingesetzt werden können und dürfen.
In unserer Beitragsserie zum Themenschwerpunkt „Dem Personal- und Fachkräftemangel effektiv begegnen“ werden wir u. a. die grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen (bspw. Grundvoraussetzungen für eine bzw. bei einer Beschäftigung in Deutschland) aufzeigen, um ein wenig Licht in die Wirrungen des deutschen Aufenthalts- und Arbeitsrechts, einschließlich des Sozialversicherungs- und Steuerrechts, zu bringen. Dabei werden wir praktische Möglichkeiten aufzeigen und Tipps zu geben sowie einen besonderen Fokus auf aktuelle Sonderregelungen bei der Beschäftigung von vertriebenen Ukrainern legen.
Neben diesen grundlegenden Themen werden außerdem Beiträge zu Branchenbesonderheiten (z. B. zur Anerkennung von Berufsqualifikationen reglementierter Berufe im Gesundheitswesen) und Beiträge zu flexiblen (inter-)nationalen Beschäftigungskonzepten folgen. Dabei werden wir uns mit praktischen Handlungsoptionen, Grenzen und Haftungsrisiken rund um die nachfolgenden Fragestellungen befassen:
Die Situation ist allseits bekannt – Personalnot allerorten. Eigenes Personal aufzubauen, fällt schwer, es mangelt an Fachkräften und selbst dort, wo Fachkräfte vorhanden sind, ist eine Beschäftigung zum Tariflohn nicht immer möglich. Die anderen möglichen Personaleinsatzformen wie etwa Leiharbeit und Fremdvergabe von Aufträgen werden durch die Gesetzgebung drastisch erschwert – so jedenfalls die gängige Meinung. Doch ist dies tatsächlich so und welche Möglichkeiten gibt es, sich den derzeitigen Herausforderungen zu stellen und Fachkräfte zu gewinnen?
Die Beschäftigung von eigenem Personal ist aktuell noch die bevorzugte Personaleinsatzform, jedenfalls dort, wo sich noch geeignetes Personal finden und auch halten lässt. Mit zunehmender Personalnot wird beides immer schwieriger. Und insbesondere Letzteres ist zunehmend immer mehr mit der Herausforderung verknüpft, bereits langgedientes Personal an die Gegebenheiten einer sich verändernden Arbeitswelt heranzuführen. Es verwundert daher nicht, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales insbesondere immer wieder auf die Wichtigkeit von Aus- und Weiterbildung von (eigenen) Beschäftigten unter Hinweis auf die Vorteile für die Arbeitnehmer – Erwerb von Kompetenzen und Fähigkeiten, die wichtig für die eigene Karriere sind – wie für die Arbeitgeber – Mittel zu einer besseren Gestaltung der Arbeitsabläufe und Instrument zur Mitarbeiterbindung verweist (vgl. u. a. Forschungsbericht „Personalentwicklung und Weiterbildung, S. 2.
1. Aus- und Weiterbildung von eigenem Personal
Im Bereich der Weiterbildung mangelt es auch nicht an vollmundigen Ankündigungen aus der Politik, umgesetzt wurde aber bisher nichts, was eine aktive Fortbildung der Mitarbeiter erleichtert:
So ist zwar bereits seit dem 1. Januar 2019 das Qualifizierungschancengesetz in Kraft, das unter anderem auch die staatliche Förderung von Aus- und Weiterbildung eigenen Personals bei strukturbedingtem Qualifizierungsbedarf vorsieht. Wohl auch wegen der recht strengen Anforderungen wird hiervon jedoch – soweit ersichtlich – in der Praxis kaum Gebrauch gemacht. Voraussetzung ist nämlich nicht nur, gem. § 82 Abs. 1 S. 1 SGB III, dass
1. Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen,
2. der Erwerb des Berufsabschlusses mindestens vier Jahre zurückliegt,
3. der/die Beschäftigte in den letzten vier Jahren an keiner geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat,
4. es sich um eine arbeitgeberfremde Maßnahme mit einem Stundenvolumen von mind. 120 Stunden handelt und
5. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Nach § 82 Abs. 1 S. 2 SGB ist bei Beschäftigten unter 45 Jahren, die in einem Betrieb mit mind. 250 Beschäftigten tätig sind, zusätzliche Voraussetzung, dass
6. die Ersetzung der (menschlichen) Arbeitskraft droht oder der Arbeitsplatz in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen ist und die Weiterbildung eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen ermöglicht oder
7. es sich um eine Weiterbildung in einem Engpassberuf (werden halbjährlich im Rahmen einer Fachkräfteengpassanalyse durch die Bundesagentur für Arbeit ermittelt) handelt.
Und selbst bei Erfüllung der Voraussetzungen führt dies nicht zwingend zu einem (vollen) Anspruch. Denn es handelt sich hierbei sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch des „Wie“ (Höhe und Dauer des Zuschusses) um eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde (Bundesagentur für Arbeit) (vgl. auch Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, Sozialgesetzbuch III - Arbeitsförderung, SGB III § 82 Rn. 39).
Der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sieht zudem die Schaffung eines sog. Qualifizierungsgelds vor, welches Unternehmen im Strukturwandel zukünftig bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen können sollen. Wie dies tatsächlich ausgestaltet und umgesetzt werden soll, lässt der Koalitionsvertrag jedoch offen, sodass sich noch nicht abgesehen lässt, ob dies möglicherweise ein Schritt in Richtung Problemlösung sein kann.
Es bleibt daher (leider) aktuell erst einmal dabei: Arbeitgeber müssen selbst die Initiativkraft sein.
2. Erprobung von neuem Personal
Neben der Aus- und Weiterbildung eigenen Personals, kann die Erprobung von neuem Personal eine Möglichkeit darstellen. Hier kam in der Vergangenheit insbesondere die Vereinbarung einer Probezeit von maximal sechs Monaten in Betracht, währenddessen die Beschäftigten nicht nur noch keinen Kündigungsschutz genießen und deshalb einfacher gekündigt werden können, sondern das Arbeitsverhältnis auch mit einer kürzeren Kündigungsfrist (zwei Wochen, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart) beendet werden und/oder die Vereinbarung einer Befristung zum Einsatz kommen kann. Letztere unter anderem, um (auch noch nach Ablauf einer Probezeit) sicherzustellen, dass im Bedarfsfall keine aufwändige Trennung mittels Kündigung notwendig wird.
Beide Mittel sind – auch wenn immer mal wieder Gerüchte eines Befristungsverbots laut werden – weiterhin in den gesetzlichen Grenzen möglich, auch wenn die Personalnot die Befristungspraxis zum Teil verändert, da viele Bewerber schlicht nicht mehr zum Abschluss befristeter Verträge bereit sind. Nach unseren Beobachtungen hat diese Veränderung jedoch hauptsächlich beherrschbare Konsequenzen. Denn insbesondere in den Branchen mit Personalmangel findet sich regelmäßig schnell eine Anschlussbeschäftigung, was eine erforderliche Trennung von einem Mitarbeiter vereinfacht. Gleichzeitig gewinnt die veränderte Beschäftigungssituation auch aus wirtschaftlicher Sicht an Bedeutung: Denn grundsätzlich trifft einen gekündigten Mitarbeiter bereits während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses die Verpflichtung, eine angemessene Ersatzbeschäftigung aufzunehmen und vorbehaltlich anderslautender Vereinbarung die hieraus erzielten Entgelte auf das vom Arbeitgeber zu zahlende Entgelt anzurechnen. Das heißt, selbst wenn eine einvernehmliche Trennung nicht möglich sein sollte, führt der Verweis auf eine alternative Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen der Branche vielfach zu einer drastischen Senkung des Annahmeverzugslohnrisikos.
Bei der Befristung selbst ist grundsätzlich zwischen der sog. Sachgrundbefristung und der Befristungen ohne Sachgrund zu unterscheiden:
Bei der sachgrundlosen Befristung bestehen die praktischen Probleme aus unserer Sicht in erster Linie in Bezug auf die einzuhaltenden Formalitäten. Hier gilt es nach wie vor zu beachten, dass
Eine Sachgrundbefristung, die im Übrigen auch schriftlich vereinbart werden muss, kommt nach wie vor grds. in den folgenden Fällen in Betracht:
Hieran soll sich in naher Zukunft – jedenfalls im nichtöffentlichen Sektor – auch nichts ändern. Die einzige „Veränderung“, die der aktuelle Koalitionsvertrag vorsieht, ist, dass sog. Kettenbefristungen eingeschränkt werden sollen. Dies, indem mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf eine Dauer von sechs Jahren begrenzt werden sollen. Parallel zeigt sich jedoch in der Praxis, dass die Rechtsprechung zur Befristung infolge eines befristeten Mehrbedarfs zusehends restriktiver wird. Insbesondere die unteren Instanzen neigen dazu, die Darlegungsvoraussetzung bzgl. des vorübergehenden Personalmehrbedarfs und damit auch bzgl. der Personal(bedarfs)planung zu überspannen. So verlangt die Rechtsprechung bei Sachgrundbefristungen wegen befristeten Mehrbedarfs grds. die Erstellung einer Prognose über den vorübergehenden Mehrbedarf, die auf konkreten („verständlichen“) Anhaltspunkten basieren muss. Häufig reicht den Gerichten hierfür jedoch allein die Darlegung von Auftrags- und/oder Umsatzzahlen nicht mehr aus, um einen lediglich vorrübergehenden Mehrbedarf nachzuweisen. Vielmehr wird die Annahme getroffen, dass dies jedenfalls auch das Ergebnis der Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs im Unternehmen sein könne, weswegen die Befristung unwirksam sei. Denn eine bloße Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs reiche für eine Sachgrundbefristung zur Abdeckung vorübergehenden Mehrbedarfs nicht aus.
Bisher kamen neben der Beschäftigung von eigenem Personal verschiedene Formen des Fremdpersonaleinsatzes in Betracht. Doch ist dies auch weiterhin eine Option und falls ja, in welcher Form?
1. Arbeitnehmerüberlassung
Auch das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung ist nach wie vor möglich, auch wenn sich in der Praxis das Gerücht hält, dass sich der Entleih von Arbeitnehmern rechtlich nicht mehr in zulässiger Weise umsetzen lasse. Sie ist allerdings an strenge Voraussetzungen und Pflichten geknüpft, deren Verletzung teilweise empfindliche Strafen nach sich ziehen:
So setzt eine wirksame Entleihung von Arbeitnehmern grundsätzlich
voraus.
Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass (derselbe) Leiharbeitnehmer vorbehaltlich einer tariflichen Verlängerungsmöglichkeit nicht länger als maximal 18 Monate am Stück entliehen werden darf. Unterbrechungen von mehr als drei Monaten lassen jedoch den 18-Monats-Frist von neuem beginnen, so dass in der Praxis oft auf Rondell-Modelle zurückgegriffen wird. Eine zeitliche Begrenzung der Besetzung eines Arbeitsplatzes durch Leiharbeitnehmer gibt es indes nicht. Dies hat zuletzt auch nochmals der EuGH (vgl. Urteil vom 17. März 2022, Az. C-232/20) bestätigt. Ein weiterer Punkt, der immer mal wieder übersehen wird, ist, dass auch im Bereich Arbeitnehmerüberlassung spätestens ab dem 10. Entleihmonats der „Equal Pay-Grundsatz“ greift. D.h. der Verleiher ist – so das BAG (vgl. BAG, Urteil vom 16. Oktober 2019 – 4 AZR 66/18) – grundsätzlich verpflichtet, einem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt. Auch hier gilt grundsätzlich die Möglichkeit der Abweichung durch Tarifvertrag. Ob bzw. inwieweit dies auch zukünftig möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2020 – Az. 5 AZR 143/19 (beim EuGH geführt unter dem Az. C-311/21) hat das BAG den EuGH um Klärung gebeten, ob bzw. inwieweit die Tariföffnung den europarechtlichen Vorgaben entspricht. Die Entscheidung des EuGH steht derzeit noch aus.
Bei Verstoß gegen die vorstehenden Voraussetzungen droht nicht nur die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer. Darüber hinaus kann eine Geldbuße von bis zu EUR 30.000,00 bzw. bei Einsatz eines ausländischen Mitarbeiters, der über keine den Einsatz umfassende Arbeitserlaubnis verfügt, von bis zu
EUR 500.000,00 verhängt werden (bei mehr als fünf ausländischen Arbeitnehmern in dieser Situation droht sogar Freiheitsstrafe).
2. Fremdvergabe von Aufgaben/Outsourcing
Anstelle der Arbeitnehmerüberlassung können dort, wo abgeschlossene Teilleistungen insgesamt durch ein anderes Unternehmen erbracht werden können, Werkverträge geschlossen werden. Auch hieran hat sich – entgegen vieler Stimmen – nach wie vor nichts geändert.
Die Frage einer wirksamen Fremdvergabe von Aufträgen/Dienstleistungen durch Abschluss von Dienst- oder Werkverträgen hängt wiederum im Wesentlichen davon ab, ob der Subunternehmer
Für die Frage, ob der Fremdpersonaleinsatz als Arbeitnehmerüberlassung oder Fremdvergabe von Aufträgen/Dienstleistungen einzuordnen ist, bedarf es einer „Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles“. Maßgebend ist die „gelebte Praxis“. D.h. weicht die (schriftliche) Vereinbarung von dem tatsächlich „gelebten Vertragsverhältnis“ ab, geht die „gelebte Vertragsbeziehung“ vor.
In der Praxis ist an den Abschluss von Werkverträgen insbesondere dort zu denken, wo abgrenzbare Teilleistungen vollständig fremdvergeben werden können. Gut erkennen lassen sich diese insbesondere daran, wenn sich Übergabepunkte identifizieren lassen, an denen der Werkunternehmer die Haftung für die betroffene Ware übernimmt.
Sind die Anforderungen an eine wirksame Fremdvergabe von Aufträgen/Dienstleistungen nicht erfüllt, stellt die Erbringung der Dienstleistungen regelmäßig eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung – da bereits nicht als solche gekennzeichnet – dar, mit den zuvor bezeichneten Rechtsfolgen. Und selbst wenn die Fremdvergabe von Aufträgen/Dienstleistungen als solche zu qualifizieren ist, drohen Strafen. Denn nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, nicht nur für Einhaltung der geltenden Mindestlohnregelungen und die Abführung der entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge. Es darf darüber hinaus ein ausländischer Auftragnehmer nur dann mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen in Deutschland beauftragt werden, soweit er über alle zur Erbringung der Dienst- oder Werkleistungen erforderlichen Erlaubnisse verfügt, andernfalls droht ein Bußgeld von bis zu EUR 500.000,00.
3. Einsatz von sog. „Expats“
Eine weitere Form des „Fremdpersonaleinsatzes“ ist der Einsatz von Expatriaten bzw. besser bekannt unter der Bezeichnung „Expats“ und damit der grenzüberschreitende Einsatz von (ausländischen) Fachkräften.
Insbesondere beim Einsatz von Expats in Deutschland kommen regelmäßig als Ausgestaltungsformen die sog. Arbeitnehmerentsendung oder die grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung in Betracht. Das wesentliche Abgrenzungskriterium ist auch hier – ähnlich wie bei der Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung und Fremdvergabe von Aufträgen – die Frage der Eingliederung des Expats in den deutschen Betrieb und wem die Weisungsbefugnis zusteht. Und auch hier gilt: maßgeblich ist die gelebte Praxis, mit den vorgenannten finanziellen und (straf-)rechtlichen Risiken. Denn grundsätzlich gilt bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung - neben etwaigen sozial- und steuerrechtlichen Besonderheiten - nichts anderes als bei einer inländischen Überlassung. D.h., das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz („AÜG“) mit seinen Vorgaben findet auch dann Anwendung, wenn der aus dem Ausland „überlassene“ Expat in den deutschen Betrieb eingegliedert wird und seine Weisungen vom deutschen Unternehmen erhält, solange nicht ausnahmsweise das sog. Konzernprivileg nach § 1 Abs. 3 Nr.2 AÜG greift. Letzteres macht nämlich (ebenfalls) nicht an der deutschen Grenze halt. Zu beachten ist jedoch, dass die Privilegierung (keine Anwendung des AÜG mit Ausnahme Verbots der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe) nur dann greift, wenn
Hauptanwendungsfall der Arbeitnehmerentsendung ist daher der Einsatz von ausländischen Auftraggebern und damit eine grenzüberschreitende Fremdvergabe von Aufträgen sowie der Fall, ein ausländischer Arbeitgeber seinen Mitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum zu einer ausländischen Tochtergesellschaft „schickt“, um dort auf dessen Weisungen Dienstleistungen für die ausländische Tochtergesellschaft zu erbringen.
Jedes Unternehmen, das Mitarbeiter beschäftigt und/oder Dienstleistungen für sich erbringen lässt, muss sich zwingend die Frage stellen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beschäftigung von (ausländischen) Mitarbeitern ohne erhebliche Geldbußen oder andere, ggf. sogar die Existenz gefährdende Strafen möglich ist. Denn insbesondere im öffentlichen Sektor droht bei einer illegalen Beschäftigung schnell auch der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen. Um das Risiko einer illegalen Beschäftigung so gering wie möglich zu halten, gelten bei Aufnahme der Beschäftigung folgende formale Voraussetzungen, deren Fortbestehen regelmäßig zu überprüfen sind:
Die Einhaltung der Vorgaben ist auch im Interesse des/der Beschäftigten selbst, denn auch dem/der Beschäftigten droht bei Verstößen eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe.
Daneben gilt es auch die zwingenden Arbeitsbedingungen einzuhalten. Denn auch Verstöße hiergegen können zu den angesprochenen wirtschaftlichen wie strafrechtlichen Konsequenzen führen. Folglich ist ebenfalls sicherzustellen (auch in Bezug auf etwaige beauftragte Subunternehmer):
Der Vollständigkeit halber sei ergänzend auch kurz auf die weiteren Mindestarbeitsbedingungen in Deutschland hingewiesen. Dies nicht zuletzt, um auch den ausländischen Kräften selbst einen groben Überblick zu geben, nachdem – selbst innerhalb der EU – die Arbeitsbedingungen stark variieren:
Eine Möglichkeit, die vorstehenden Vorgaben weitestgehend in eine vertragliche Form zu gießen und zugleich die sich aus dem Nachweisgesetz ergebenden (Dokumentations-)Pflichten zu erfüllen, zeigt das bilinguale (deutsch/ukrainisches) Arbeitsvertragsmuster auf. Insoweit bitten wir zu beachten: Der Mustervertrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt, erhebt aber keinen Anspruch auf Richtig- und Vollständigkeit. Vielmehr soll das Vertragsformular nur Anregungen geben, wie ein Arbeitsvertrag (nach deutschem Recht) aussehen könnte.
Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist in aller Munde und ein längst bekanntes Problem. Insbesondere die Corona-Pandemie hat die deutlichen Missstände und Versorgungslücken gezeigt. Neben der Frage der Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems ist eine immer wieder diskutierte Frage in ambulanten und stationären Einrichtungen, wie ausländische Ärzte und Pflegekräfte rekrutiert werden können.
Eine solche Zuwanderung von Gesundheitsfachkräften wird vom Gesetzgeber grundsätzlich unterstützt, hat aber seine tatsächlichen und rechtlichen Tücken. Denn aufgrund der strengen Reglementierungen ist eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis allein nicht für die Beschäftigung ausreichend. Vielmehr müssen im Ausland erworbene Abschlüsse in Deutschland erst anerkannt werden und Deutschkenntnisse nachgewiesen werden, was mitunter sehr aufwendig und langwierig sein kann und damit einer praktikablen Umsetzung entgegensteht. Das bedeutet z. B. für die aktuelle Ukraine-Krise, dass Ukrainer zwar derzeit unbürokratisch in Deutschland eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten, aber dennoch bei der Ausübung eines reglementierten Gesundheitsberufes eine gesonderte Berufserlaubnis benötigen. Erfolgt eine Beschäftigung ohne eine Berufserlaubnis, drohen nicht nur empfindliche Strafen, sondern im Bereich des Krankenhaushaus- und Vertragsarztrechts auch Vergütungsregresse.
Die Gesundheitsminister der Länder haben zwar auf der Gesundheitsministerkonferenz im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsminister am 11. April 2022 eine schnelle Anerkennung von Berufsqualifikationen in Gesundheitsberufen von aus der Ukraine Geflüchteten beschlossen, Details zu erforderlichen Gesetzesänderungen sind aber noch nicht veröffentlicht.
Eine ausdrückliche rechtliche Auflistung der Gesundheitsberufe existiert nicht. Im Rahmen der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2005/36/EG) werden reglementierte Berufe umschrieben als
„eine berufliche Tätigkeit […], bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen.“
Im Wesentlichen werden staatlich reglementierte Berufe wie Arzt, Apotheker, Zahnarzt, Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergo-/Physiotherapeut, Medizinisch-Technischer Assistent, Hebamme usw. darunter verstanden. Daneben existieren Gesundheitshandwerke wie Hörgeräteakustiker und Augenoptiker. Nicht reglementierte Gesundheitsberufe sind z. B. Ernährungsberater, Wellness-Therapeuten oder die Tätigkeit als ungelernte Hilfskraft.
Unterschieden wird weiter zwischen Berufen mit Studienabschlüssen, Berufen mit Staatsexamina, Meisterberufen sowie Berufen mit Staatsprüfungen ohne vorheriges Studium; allen reglementierten Berufen ist indes gemein, dass der Berufszugang staatlich über ein spezielles Berufsgesetz (z. B. Bundesärzteordnung, Altenpflegegesetz, Gesundheitsfachberufegesetz NRW, Masseur- und Physiotherapeutengesetz) reguliert wird. Es muss also erst eine bundes- oder landesrechtlich geregelte (akademische) Ausbildung durchlaufen und erfolgreich abgeschlossen werden, bevor der Beruf in Deutschland ausgeübt werden darf. Liegt eine solche staatliche Erlaubnis, also die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung, nicht vor, machen sich Beschäftigte und auch Arbeitgeber in der Regel strafbar.
Da in Deutschland nur nach erfolgreichem Abschluss eines Gesundheitsfachberufs eine Tätigkeit ausgeübt werden darf, können potentielle Beschäftigte aus dem Ausland in Deutschland nur einen heilkundlichen bzw. Gesundheitsfachberuf ausüben, wenn sie zuvor eine anerkannte, äquivalente Berufsausbildung im Heimatland abgeschlossen haben oder nochmals eine Berufsausbildung in Deutschland abschließen und somit eine staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung haben. Begründet wird dies u. a. mit dem Patientenschutz.
Wie eingangs erwähnt, können Ukrainer derzeit unbürokratisch in Deutschland eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten. Wenn sie aber in einem reglementierten Gesundheitsberuf tätig werden wollen, gelten für sie als Angehörige eines Drittstaats Besonderheiten. Es muss erst eine Gleichwertigkeit der im Drittstaat absolvierten Ausbildung festgestellt werden, weil keine automatischen Anerkennungsverfahren gelten. Werden Unterschiede zwischen der hiesigen und der ausländischen Ausbildung festgestellt, folgen in der Regel sowohl eine Eignungs- als auch eine Kenntnisprüfung.
Bevor eine Gesundheitsfachkraft, die im Ausland ihren Beruf erlernt hat, in Deutschland den Beruf ausüben kann, muss eine Anerkennung der Ausbildung erfolgen. Die Anerkennung muss dabei für solche Gesundheitsfachberufe erfolgen, die in Deutschland staatlich reglementiert sind. Zu nennen sind u. a. Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergo-/Physiotherapeut, Medizinisch-Technischer Assistent usw. Nicht darunter fallen z. B. ungelernte Hilfskräfte, Ernährungsberater, Wellness-Therapeuten usw. Die Besonderheiten beim Berufszugang für akademische Heilberufe wie Arzt werden gesondert dargestellt.
Die im Ausland erworbene akademische oder berufliche Ausbildung kann in Deutschland anerkannt werden, was im Rahmen von Gleichwertigkeitsprüfungen für Pflege- und Gesundheitsfachberufe erfolgt. Hier werden letztlich der Ausbildungsinhalt der ausländischen Berufsqualifikation mit einem deutschen Referenzberuf (vgl. www.anerkennung-in-deutschland.de/de/interest/finder/profession) verglichen, wobei auch Kenntnisse und Erfahrungen berücksichtigt werden. Eine Gleichwertigkeit besteht, wenn keine wesentlichen Unterschiede zum deutschen Referenzberuf bestehen und die erforderliche persönliche Eignung und/oder deutsche Sprachkenntnisse vorliegen.
Insbesondere für Berufe mit Staatsexamina gelten besondere Reglementierungen. Um als ausländischer Heilberufler (Arzt, Zahnarzt, Apotheker, Psychotherapeut) in Deutschland tätig werden zu können, muss eine Approbation oder eine Berufserlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des heilkundlichen Berufs erteilt werden, die bei der zuständigen Approbationsbehörde (z. B. in Nordrhein-Westfalen seit März 2020 ausschließlich die Bezirksregierung Münster als Zentrale Anerkennungsstelle für Gesundheitsberufe) beantragt werden muss.
Nachfolgend wird lediglich der Berufszugang für Ärzte dargestellt, das Procedere ist für andere heilberuflichen Berufe ähnlich.
Es ist dringend davon abzuraten, Personen ohne Berufserlaubnis zu beschäftigen. So wird z. B. ein Arzt ohne Berufserlaubnis gemäß § 1 Heilpraktikergesetz mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn dieser die Heilkunde ausübt.
Da zudem für die Delegationsfähigkeit von Leistungen vom Arzt auf nachgeordnetes nicht-ärztliches Personal eine Mindestqualifikation erforderlich ist (vgl. Anhang zur Anlage 24 des BMV-Ä Beispielkatalog delegierbarer ärztlicher Leistungen), droht bei Unterschreiten der Qualifikation (z. B. keine MFA bei allgemeinen Laborleistungen wie Blutzuckermessung, Urintest) ein Regress der vertragsärztlichen Vergütung und möglicherweise des Risikos eines (gewerbsmäßigen) Abrechnungsbetruges.
Falls Schäden durch Fehler im Rahmen der Patientenversorgung entstehen, sind außerdem erhebliche zivil- und auch strafrechtliche Haftungsrisiken nicht auszuschließen, da dem Arbeitgeber beim Fehlen gesetzlich vorgeschriebener Qualifikationen ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden kann.
Insbesondere der demografische Wandel, die langen Ausbildungszeiten sowie die teilweise abnehmende Attraktivität eines Gesundheitsfachberufs führen zu besorgniserregende Personalengpässen im Bereich der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung. Hinzu kommen immer weiter steigende Kosten der Versorgung, aber auch des Personals. Um dem Fachkräftemangel in der deutschen Gesundheitslandschaft entgegenzuwirken, kann die Beschäftigung von ausländischen Gesundheitsfachkräften oder Heilberuflern wie Ärzten ein probates Mittel sein. Zwar ist das mitunter sehr komplexe Anerkennungs-/Gleichwertigkeitsverfahren langwierig, dient aber aus Qualitätsgesichtspunkten heraus dem Patientenschutz.
Letztlich empfiehlt es sich bei der Beschäftigung solcher Gesundheitsfachkräfte frühzeitig alle erforderlichen Unterlagen zusammenzustellen und sich an die zuständigen Behörden (Aufenthaltserlaubnis, Arbeitserlaubnis, Berufsausübungserlaubnis) zu wenden, um so einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Dabei können (zukünftige) Arbeitgeber den Bewerbern äußerst wertvolle Hilfe leisten. Insbesondere Verfahren zur Überprüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildung stellen Bewerber regelmäßig vor erhebliche Herausforderungen – neben den inhaltlichen Anforderungen nicht zuletzt auch mit Blick auf das im internationalen Vergleich äußerst streng formalisierte deutsche Verwaltungsverfahren. Darüber hinaus bestehen außerdem auch Möglichkeiten zur arbeitsrechtlichen Gestaltung von Übergangsphasen für die Dauer von Anerkennungsverfahren und zum Erlernen der Fachsprache etc.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist Arbeitgebern beim Abschluss von Arbeitsverträgen anzuraten, eine aufschiebende Bedingung für den Fall der Erteilung einer Berufserlaubnis zu vereinbaren. Sollten Fachkräfte über Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen eingesetzt werden, sollten insbesondere die Überlassungshöchstdauern und die datenschutzrechtlichen Besonderheiten (im Gesundheitswesen) berücksichtigt werden.
Dr. Eva Maria K. Rütz, LL.M.
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Katharina Gorontzi, LL.M.