23.02.2018
Vorläufige Einschätzung des Bundeskartellamtes("BKartA"): Facebook missbrauchtseine marktbeherrschende Stellung durchseine Vertragskonditionen, nach denen esberechtigt ist, umfassend Nutzerdaten ausDrittquellen (z.B. über WhatsApp, Instagramoder Internetseiten/Apps anderer Betreiber)zu sammeln und mit dem Facebook-Kontozusammenzuführen.
Im Frühjahr 2016 eröffnete das Bundeskartellamt ein Verwaltungsverfahren gegen Facebook wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung. Zentraler Gegenstand dieses Verfahrens ist der Umstand, dass Facebook Daten seiner Nutzer über konzerneigene Anwendungen wie WhatsApp und Instagram sowie über Internetseiten/Apps anderer Betreiber sammelt und diese mit dem Facebook-Konto der Nutzer zusammenführt. Die Daten fließen Facebook über Schnittstellen von Internetseiten/Apps anderer Betreiber zu, wenn von den jeweiligen Betreibern Facebook-Anwendungen wie den „Gefällt-Mir-Button“, einen „Facebook-Login“ oder das Analysetool „Facebook Analytics“ eingebunden werden. Nutzerdaten werden in diesen Fällen häufig auch dann an Facebook übermittelt, wenn der Nutzer einen „Gefällt-Mir-Button“ gar nicht nutzt oder in seiner Browser-/Geräteeinstellung der Nachverfolgung im Internet ausdrücklich widersprochen hat. Im Dezember 2017 hat das BKartA an Facebook im vorliegenden Verfahren eine vorläufige Einschätzung übersandt und die Inhalte in einer Pressemitteilung inkl. Hintergrundinformationen zusammengefasst.
Facebook habe nach aktueller Auffassung des BKartA eine marktbeherrschende Stellung inne. Der zu betrachtende Markt sei der Markt der sozialen Netzwerke. Dabei seien räumlich nur soziale Netzwerke in Deutschland maßgeblich, da Nutzer diese überwiegend zur Vernetzung mit anderen Nutzern aus dem Inland nutzen würden. Berufsnetzwerke wie LinkedIn und Xing, Messenger-Dienste wie WhatsApp und Snapchat und andere soziale Medien wie Youtube oder Twitter seien nicht Bestandteil des maßgeblichen Markts, da sie einem komplementären Bedarf dienten. Hinsichtlich der Marktbeherrschung stellt das BKartA v.a. auf den hohen Marktanteil von Facebook ab, das in Deutschland 30 Mio. monatliche Nutzer und einen Nutzeranteil in diesem Bereich von 90 % habe. Der Wechsel eines Nutzers zu einem Wettbewerber sei vor diesem Hintergrund deutlich erschwert (sog. Lock-in Effekt). Aufgrund der mit der großen Nutzerzahl von Facebook verbundenen großen Attraktivität des Netzwerks für Werbetreibende sei der Marktzutritt für andere Wettbewerber mit einem werbefinanzierten Produkt schwierig.
Des Weiteren geht das BKartA auch davon aus, dass Facebook diese marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 19 GWB missbrauche. Es liege ein Fall des sog. Konditionenmissbrauchs vor, bei dem das marktbeherrschende Unternehmen unangemessene Konditionen von anderen Marktteilnehmern fordere. Die Unangemessenheit wird vom Bundeskartellamt – v.a. in Anlehnung an die Ausführungen des BGH in der Entscheidung Pechstein (vgl. BGH, 07.06.2016 - KZR 6/15) – anhand einer grundrechtlichen Interessenabwägung geprüft. Ein Missbrauch nach § 19 GWB müsse zur Sicherung von Grundrechten danach dann angenommen werden, wenn ein Vertragspartner die vertragliche Regelungen faktisch diktieren und dabei über grundrechtliche geschützte Positionen verfügen könne. Im Rahmen dieser Interessenabwägung seien dabei die Wertungen der aktuell noch gültigen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG und der ab dem 25.05.2018 gültigen Datenschutzgrundverordnung („DSGVO“) zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund liege ein Konditionenmissbrauch seitens von Facebook vor, da die Nutzung des sozialen Netzwerks voraussetze, dass der Nutzer sich registriere und die – im Hinblick auf die Datenverarbeitung – weitgehenden Nutzungsbedingungen akzeptiere. In den Nutzungsbedingungen lässt sich Facebook namentlich das Recht einräumen, unbegrenzt unterschiedliche Arten von Nutzerdaten aus Drittquellen zu sammeln, diese den Facebook-Konten zuzuordnen und anschließend umfassend zu verarbeiten. Dieses Vorgehen widerspreche dem europäischen Datenschutzrecht. Faktisch werde der Nutzer damit kartellrechtswidrig – ohne Ausweichmöglichkeit auf andere soziale Netzwerke – vor die Wahl gestellt, diese Vertragskonditionen entweder zu akzeptieren oder auf eine Nutzung des Netzwerks zu verzichten.
Im Rahmen der kontrovers diskutierten vorläufigen Einschätzung des BKartA ist v.a. überraschend, wie weitgehend dieses Wertungen des Datenschutzrechts für die Prüfung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (hier eines Konditionenmissbrauchs) heranzieht. Dabei betont das BKartA in seiner Einschätzung sogar ausdrücklich, wie intensiv es in diesem Verfahren mit den Datenschutzbehörden zusammenarbeite. Dies könnte ein Fingerzeig sein, dass zukünftig – nicht zuletzt aufgrund der ab dem 25.05.2018 gültigen DSGVO – noch häufiger Kartellverfahren an der Schnittstelle des Kartell- und Datenschutzrechts geführt werden. Die effektive Anwendung und Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Wertungen könnte dadurch deutlich ausgeweitet werden.
Facebook bestreitet öffentlich bereits das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung und hat nun die Möglichkeit, in dem vorliegenden Verwaltungsverfahren Stellung zu nehmen und Rechtfertigungsgründe bzw. Lösungsvorschläge vorzutragen. Eine finale Entscheidung ist nach Angabe des BKartA nicht vor Frühsommer 2018 zu erwarten.
Urteil vom 30.November 2017, Az.: I-4 U 88/17
OLG Hamm: Widersprüchliche Angaben bei Widerrufsbelehrung und Musterwiderrufsformular stellt Wettbewerbsverstoß dar
Werden in der Widerrufsbelehrung und im Musterwiderrufsformular unterschiedliche Unternehmen genannt, gegenüber denen der Verbraucher den Widerruf des Vertrages erklären soll, stellt dies einen Verstoß gegen allgemeine Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr dar. Dieser Verstoß ist auch wettbewerbsrechtlich relevant, weil die widersprüchlichen Angaben die Gefahr begründen, dass der Verbraucher von seinem Recht, einen Vertrag zu widerrufen, keinen Gebrauch machen könnte.
Das Verbraucher-Widerrufsrecht wurde 2014 grundlegend reformiert. Hintergrund war die Umsetzung einer europäischen Richtlinie in nationales Recht mit dem Ziel, europaweit ein einheitliches Schutzniveau für Verbraucher zu schaffen. Um dies zu erreichen, müssen Online-Händler das einheitliche europäische Muster für Widerrufsbelehrungen verwenden. Online-Händler müssen diese Musterbelehrung lediglich an ihre Leistungen und Bedürfnisse anpassen. Neu eingeführt wurde auch ein Musterwiderrufsformular, welches auf der Internetseite des Online-Händlers ebenfalls bereitgehalten werden muss.
Sowohl die Musterbelehrung als auch das Musterformular sehen Platzhalter an der Stelle vor, wo der Online-Händler Name und Adresse des Empfängers der Widerrufserklärung eingetragen muss. Insgesamt zielten diese Regelungen darauf ab, es dem Verbraucher so einfach wie möglich zu machen, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Jede Angabe, die aufgrund ihres irreführenden Charakters geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten, stellt einen Verstoß gegen Art. 246a, § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB dar, wonach Unternehmen in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren müssen. Ungenauigkeiten – gewollt oder ungewollt – gehen dabei zu Lasten des Unternehmens.
Die Beklagte ist Betreiberin eines Online-Shops auf der Plattform „Amazon“. Dort bietet sie unter anderem Sonnenschirme und entsprechendes Zubehör zum Verkauf an. Auf einer entsprechenden Unterseite bietet die Beklagte eine „Widerrufsbelehrung“ an. Im Rahmen dieser Widerrufsbelehrung macht die Beklagte Angaben zum Widerrufsrecht. Zudem enthielt die Widerrufsbelehrung das gesetzlich vorgesehene Musterwiderrufsformular. Sowohl bei den Angaben zum Widerrufsrecht als auch im Musterwiderrufsformular macht die Beklagte Angaben dazu, an wen der Widerruf zu richten sei. Allerdings wurde bei den Angaben zum Widerrufsrecht auf die A GmbH hingewiesen, während das Musterwiderrufsformular die B GmbH als Empfänger der Widerrufserklärung enthielt.
Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen dieser widersprüchlichen Angaben im Rahmen der Widerrufsbelehrung erfolglos ab. Mit Urteil vom 22.06.2017 gab das Landgericht Arnsberg der entsprechenden Klage auf Unterlassung statt. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrung mache für den Verbraucher ganz deutlich, dass dieser sein Widerrufsrecht nach seiner Wahl entweder ihr, der Beklagten, gegenüber oder gegenüber der B GmbH ausüben könne.
Mit Urteil vom 30.11.2017 wies das OLG Hamm die Berufung der Beklagten zurück. Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 EGBGB müsse der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren. Hiergegen verstoße die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung, denn aus ihr sei nicht ersichtlich, dass der Verbraucher nach seiner Wahl den Widerruf entweder gegenüber der Beklagten selbst oder gegenüber der B GmbH erklären könne. Vielmehr seien die Angaben im Rahmen der Widerrufsbelehrung widersprüchlich und damit weder klar noch verständlich.
Das OLG Hamm bekräftigte darüber hinaus seine Rechtsprechung, dass ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die auf einer unionsrechtlichen Regelung beruhe, immer auch spürbar im Sinne des § 3a UWG sei. Das Spürbarkeitserfordernis sei in diesem Fall aber auch deswegen erfüllt, da die Gefahr bestünde, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Verbrauchern angesichts der widersprüchlichen Angaben in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung von der Ausübung des Widerrufsrechts absähen, weil diese Verbraucher entweder durch die Widersprüchlichkeit der Angaben nachhaltig verwirrt seien, weil sie angesichts der widersprüchlichen Angaben befürchteten, die Beklagte und die B GmbH seien nicht hinreichend professionell organisiert, um einen Widerruf korrekt bearbeiten zu können, oder weil sie davon ausgehen, der Widerruf müsse, um wirksam zu werden, gegenüber beiden angegebenen Empfängern abgegeben werden, und den hiermit verbundenen Aufwand scheuten.
Der Argumentation der Beklagten, der Verbraucher könne bei der Ausübung zwischen der A GmbH und der B GmbH wählen, konnte das OLG Hamm zu Recht nicht folgen, denn hierfür enthielten die Angaben in der Widerrufsbelehrung gerade keinen Anhalt. Die Beklagte gab im Rahmen ihres Hinweises zum Widerrufsrecht lediglich die A GmbH an und im Rahmen des Musterwiderrufsformulars allein die B GmbH. Für den Verbraucher wird dadurch nicht ersichtlich, an wen er seinen Widerruf nun tatsächlich richten soll. Nach der gesetzlichen Vorgabe ist es nicht Aufgabe des Verbrauchers, unklare Formulierungen zu deuten. Vielmehr ist es Aufgabe des Unternehmens, eine klare Formulierung zu wählen, die keine Zweifel über den Adressaten einer Widerrufserklärung aufkommen lässt. Möchte der Unternehmer regeln, dass ein anderes Unternehmen aufgrund des Widerrufs die Abwicklung von Retouren übernimmt, muss sich dies ausdrücklich und eindeutig aus den Informationen an den Verbraucher ergeben.
Amazon haftet weder als Mittäter, Teilnehmer noch Störer für Markenverletzungen seiner Marketplace-Verkäufer, sofern keine Prüfpflichten wegen bestehender Anhaltspunkte für eine Verletzung missachtet werden.
Die Klägerin in dem Verfahren vor dem OLG München vertreibt als Lizenznehmerin unter anderem Parfüme der Marken „Davidoff“ und „Marc Jacobs“. Sie wendet sich gegen verschiedene zu Amazon gehörende Gesellschaften wegen Markenverletzungen, die über den Amazon-Marketplace stattgefunden haben. Verkäufer können im Amazon-Marketplace ihre Ware über die Website anbieten und dabei die von Amazon angebotenen Dienstleistungen zur Lagerung, Transport- und Zahlungsabwicklung nutzen. Konkret wendet sich die Klägerin gegen Markenverletzungen von verschiedenen Verkäufern, die über den Marketplace reimportierte Parfümflaschen sowie nicht-erschöpfte Markenware verkauft haben und durch Amazon verschicken ließen. Die Klägerin macht gegenüber Amazon Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Herausgabe und Kostenerstattung geltend. Das Landgericht München hat die Klage in erster Instanz ursprünglich abgewiesen.
Das OLG München hat eine Haftung von Amazon unter den Gesichtspunkten der Täterschaft und Teilnahme verneint. Das bloße Verwahren und Versenden der markenverletzenden Ware für einen Dritten stellt regelmäßig keine markenverletzende Handlung dar, da es sich dabei nicht um ein „Besitzen zum Zwecke des Inverkehrbringens“ im Sinne von Art. 9 Abs. 3 UMV handelt und die Verwendungsabsicht des Verkäufers nicht Amazon zugerechnet werden kann.
Auch eine Haftung von Amazon als Störer lehnte das Gericht ab, da es einem Unternehmen, das für seine Kunden eine Vielzahl von Waren einlagert, nicht zugemutet werden kann, anlasslos jede Ware auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Eine Haftung kommt nach Ansicht des Gerichts aber – wie bei den Betreibern von Internetplattformen – in Betracht, wenn das Unternehmen auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen wird. In diesem Fall muss es nicht nur den Vertrieb der Ware einstellen, sondern auch Vorsorgemaßnahmen treffen, um zukünftige Markenverletzungen dieser Art zu verhindern.
Eine anlasslose Prüfpflicht für Unternehmen wie Amazon würde es schier unmöglich machen, einen Online-Marketplace und zugehörige Lager- und Versanddienstleistungen für Dritte bereitzustellen. Die Rechtedurchsetzung wird für die Markeninhaber mit der Entscheidung zwar erschwert, ihnen bleibt es aber unbenommen, Amazon über eine Markenverletzung in Kenntnis zu setzen und damit Prüf- und Beseitigungspflichten auszulösen. Ein eigens dafür vorgesehenes Online-Formular ist auf der Website von Amazon abrufbar.
Der Dienst von Uber stellt eine Verkehrsdienstleistung dar und kann damit von den Mitgliedsstaaten der EU als solche reguliert werden.
Seit der Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit in Deutschland und in Europa befand sich Uber im Konflikt mit den Aufsichtsbehörden und insbesondere mit Taxiunternehmern. Im Kern ging es jeweils um die Frage, ob Uber einen Dienst anbietet, der als Personenbeförderungsdienst reguliert werden kann (so die Argumentation von Ubers Gegnern). Uber hielt dem entgegen, dass man lediglich eine Kommunikationsplattform anbiete, um private Fahrer und Mitfahrinteressenten zusammenzubringen und private Mitfahrgelegenheiten zu vermitteln.
Im Jahr 2014 hat ein Berufsverband von Taxifahrern aus Barcelona gegen Uber eine Klage beim Handelsgericht Nr. 3 von Barcelona erhoben, in welcher er der spanischen Tochtergesellschaft des amerikanischen Unternehmens unlautere Geschäftspraktiken vorwirft: Weder Uber noch die Fahrer haben Taxi-Lizenzen oder andere behördliche Genehmigungen, obwohl sie aus der Sicht des Berufsverbandes einen Taxidienst erbringen.
Die Uber-App, über welche die Mitfahrten vermittelt werden, wird nicht von der spanischen, sondern von der niederländischen Uber-Tochtergesellschaft betrieben. Wegen dieses grenzüberschreitenden Sachverhalts musste das Handelsgericht Nr. 3 von Barcelona auch das Europarecht und insbesondere die Dienstleistungsfreiheit beachten. Das Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die zentrale Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Uber eine Verkehrsdienstleistung anbietet (wie die Gegner von Uber seit längerem argumentieren) oder ob es sich bei der Vermittlung von Fahrten um einen Dienst der Informationsgesellschaft handelt (so die Argumentation von Uber). Dienste der Informationsgesellschaft können nach der EU-Richtlinie 2006/123 nur unter strengen Voraussetzungen von den Mitgliedsstaaten reguliert werden, weshalb Uber die Argumentation bevorzugt. Verkehrsdienstleistungen sind hingegen vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, so dass die Mitgliedsstaaten diese stärker regulieren und z.B. behördliche Genehmigungen als Voraussetzung für das Erbringen solcher Dienste verlangen können.
In seiner Entscheidung führt der EuGH zunächst aus, dass der von Uber über die App erbrachte Vermittlungsdienst zwar keinen physischen Transport von Personen im innerstädtischen Verkehr darstelle. Die Uber-App habe jedoch einen größeren Leistungsumfang als die reine Vermittlung von Fahrten. So bestimme Uber einerseits die Bedingungen, unter denen die Fahrer ihre jeweiligen Leistungen erbringen würden: Uber bestimmt nämlich den Fahrpreis, zieht den Preis vom Fahrgast ein und überweist dem Fahrer den Fahrpreis abzüglich einer Gebühr. Zum anderen übt Uber eine gewisse Qualitätskontrolle über Fahrer und Fahrgäste aus, welche äußerstenfalls sogar zum Ausschluss von Fahrern von der Plattform führen kann. Dadurch sei die Uber-App ein so integraler Bestandteil der eigentlichen Beförderungsleistung, dass sie von der Gesamtdienstleistung nicht zu trennen sei. Weil eine Trennung zwischen Vermittlungs- und weiteren Leistungen auf der einen Seite und der reinen physischen Beförderungsleistung auf der anderen Seite damit unmöglich sei, liege insgesamt eine Verkehrsdienstleistung vor, welche die Mitgliedsstaaten regulieren könnten.
Für den Ausgangsfall vor dem Handelsgericht Nr. 3 von Barcelona bedeutet dies, dass die Regulierung von Uber als Taxidienst grundsätzlich möglich ist. Das spanische Gericht wird nun entscheiden, ob Uber diese Regelungen umgangen und damit unlautere Geschäftspraktiken begangen hat.
Der EuGH beendet die seit längerem ungeklärte Frage, ob Uber eine Verkehrsdienstleistung oder lediglich eine Vermittlungsplattform anbietet. In Deutschland wird diese Entscheidung keine übermäßig großen Auswirkungen haben, weil Uber hier aufgrund der vergleichsweise strengen Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ohnehin bisher schwer Fuß fassen konnte. Vereinfacht gesagt kommen nach dem PBefG für die innerstädtische Beförderung von Personen mit Pkw nur zwei Möglichkeiten in Betracht, nämlich Taxis und Mietwagen mit Fahrer. Uber ist in Deutschland derzeit nur in Berlin und München aktiv und vermittelt dort diese beiden Dienste unter den Namen UberTaxi und UberX. Das eigentliche und weltweit erfolgreiche Geschäftsmodell von Uber ist in Deutschland verboten: innerstädtische Fahrten mit privaten, also nicht berufsmäßigen Fahrern zu vermitteln. Doch auch UberX (Mietwagen mit Fahrer) ist in Deutschland streng reglementiert. Zum einen muss der Fahrer nach jeder Fahrt zurück zur Zentrale (seinem Geschäftssitz) fahren und darf dabei keine neue Fahrt annehmen. Der UberX-Fahrer darf also nicht – ähnlich wie ein Taxi – in der Innenstadt oder in der Nähe eines Großereignisses auf eine neue Fahrt warten. Zum anderen kann ein Mietwagen mit Fahrer immer nur „im Ganzen“ gemietet werden, sodass Fahrgemeinschaften verschiedener Kunden ebenfalls nicht zulässig sind. Ohne eine Änderung des PBefG wird Uber es hierzulande auch weiterhin schwer haben.
Der BGH hat entschieden, dass in dem Fall, dass ein Gericht in seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag unter Zugrundelegung eines anderen Klagegrundes entscheidet, als der, mit dem der Klageantrag begründet wurde, ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO darstellt.
Nach § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was diese nicht beantragt hat. Das Urteil des Gerichts muss sich an den mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die Rechtsfolge herleitet.
Ein Verein von Psychologen, dessen Vereinszweck die Wahrung der beruflichen Interessen seiner Mitglieder ist, hat eine Einrichtung für Weiterbildungen, die im Internet eine einjährige Weiterbildung bewarb, auf Unterlassung verklagt. Konkret ging es um Angebote der Beklagten, nach deren Abschluss die Absolventen ein Hochschul-Zertifikat mit den Titeln „Betriebspsychologe“, „Organisationspsychologe“ und „Kommunikationspsychologe“ erwerben konnten. Diese Weiterbildungsangebote wurden auch Interessenten ohne abgeschlossenes Psychologiestudium angeboten. Die Klage wurde auf das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG gestützt und damit begründet, dass die Beklagte mit ihrer Werbung den Eindruck erwecke, die Absolventen ihrer Kurse dürften die Berufsbezeichnungen auch ohne vorheriges abgeschlossenes Psychologiestudium führen.
Das OLG Schleswig hat als Vorinstanz das Vorliegen einer Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG bejaht und der Klage stattgegeben. Der BGH hat jedoch das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die angenommene Irreführung sei von dem OLG bei den späteren Kunden der Lehrgangsabsolventen gesehen worden. Durch die Benutzung der durch die Weiterbildung erlangten Berufsbezeichnung von den nicht akademisch ausgebildeten Absolventen der Weiterbildungen gegenüber der Öffentlichkeit, sei diese getäuscht worden.
Mit dieser Begründung stütze sich das Urteil des OLG jedoch nicht auf die Irreführung der Werbung der Beklagten gegenüber den Weiterbildungsinteressenten. Das OLG sei somit bei der rechtlichen Bewertung des Falles von einer personell, sachlich und zeitlich anderen Täuschungshandlung ausgegangen, als in der Klagebegründung angegeben.
Das OLG habe damit dem Kläger etwas zugesprochen, was dieser nicht beantragt hat, weshalb ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO vorliege.
Die Entscheidung des BGH macht deutlich, wie wichtig die exakte Differenzierung der einzelnen Klageanträge und -gründe ist. In dem hier dargestellten Fall liegt die, nicht selten gegebene Situation vor, dass das wettbewerbliche Irreführungsverbot an zwei unterschiedliche Aspekte anknüpft und durch diese verwirklicht worden sein könnte. Wird in dem Klageantrag und in der Klagebegründung nur eine dieser Alternativen genannt, so darf das Gericht nicht über die andere entscheiden. Somit ist es ratsam, vor Einreichung einer Klage nochmals zu prüfen, welches Verhalten genau das wettbewerbswidrige Verhalten eines Beklagten darstellt und somit geltend gemacht werden soll.
Die bisherige Praxis der Verarbeitung von Telefon-Metadaten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) stellt – mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage – eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 GG dar.
Das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) schützt den Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände. Hierzu gehört nach der Rechtsprechung des BVerfG auch der Schutz von Metadaten. Dies sind Rahmendaten der Kommunikation, welche umfangreiche Rückschlüsse auf die Beziehungen und die Kommunikation einzelner Personen zulassen. Mit Hilfe seines Verkehrsdatenanalysesystems (genannt „VerAS“) sammelte der BND im Rahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung, der Ausland- Ausland-Fernmeldeaufklärung und des Austausches mit anderen Nachrichtendiensten Kommunikationsdaten von Telefongesprächen mit dem Ausland. Es handelt sich um ein „Verkehrsanalysesystem”. Terrorverdächtige werden in die „erste Ebene” der Datenbank aufgenommen. Und dann werden Personen in weiteren Ebenen erfasst, die mit den Verdächtigen Kontakt hatten – per Telefon, E-Mail oder auf anderem „leitungsgebunden” Wege.
Vorausgegangene, inhaltlich teilweise deckungsgleiche Klagen, waren vom BVerwG mangels feststellungsfähigem Rechtsverhältnisses bzw. persönlicher Betroffenheit für unzulässig erklärt worden. In der jüngsten Entscheidung vom 13.12.2017 haben die Richter die Klage hinsichtlich der Telefonie-Metadaten erstmal für zulässig erachtet und die Datenverarbeitung materiell überprüft.
Das BVerwG gab in seiner Pressemitteilung vom 14.12.2017 bekannt, dass die Überwachung der Telefonie-Metadaten durch den BND in der derzeit praktizierten Form von keiner gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Das Gericht sprach den Klägern daher einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Speicherung und Nutzung ihrer Telefonie-Metadaten zu.
Eine Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses darf gemäß Art. 10 Abs. 2 GG nur auf Grundlage eines Gesetzes angeordnet werden. Das hierauf gerichtete Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G10) führt in § 5 Abs. 1 Tatbestände auf, welche Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis erlauben (z.B. im Falle von terroristischen Anschlägen oder internationaler Verbreitung von Kriegswaffen). Das BVerwG führte in seiner Entscheidung aus, dass die streitgegenständliche Verarbeitung der Telefonie-Metadaten durch den BND von dieser gesetzlichen Grundlage nicht gedeckt sei. Zwar erfolge die Datenerhebung aus Anlass der strategischen Fernmeldeüberwachung, anders als § 5 G10 vorgesehen, habe der BND die Metadaten jedoch nicht erhoben, um sie anhand von förmlich festgelegten inhaltlichen und formalen Suchbegriffen auszuwerten. Hinsichtlich des genauen Umfangs der Verarbeitung darf die Veröffentlichung des Urteils mit Spannung erwartet werden.
Ein bereits vor dem Prozess durch Wikileaks veröffentlichtes Dokument legte offen, dass die Verarbeitung durch VerAS monatlich rund 500 Millionen Metadaten umfasste. Der Vertreter des BND räumte in der Verhandlung ein, dass die gesammelten Informationen durch das VerAS System analysiert und auf mehreren Ebenen miteinander verknüpft worden sei. Dies erlaube nicht nur die Überwachung der Person, gegen die konkrete Verdachtsmomente bestünden, sondern auch von deren Kontakten und wiederum deren Kontakten. Es sei möglich, Personen über bis zu 14 Ebenen hinweg zu überwachen. Damit dürfte faktisch jeder Bundesbürger betroffen sein.
Da das Urteil faktisch jedem die Möglichkeit einräumt, erfolgreich gegen die Telefonie-Metadatenspeicherung durch VerAS vorzugehen, dürfte dies das Ende der Datenbank in ihrer derzeitigen Form darstellen. Abzuwarten bleibt, inwieweit das Urteil, dessen Veröffentlichung weiterhin aussteht, Einblick in das Handeln des Nachrichtendienstes gewährt, der sonst der streng geheimen Kontrolle der „G10 Kommission“ unterliegt. Die Entwicklungen in diesem Themenbereich bleiben auch über das Urteil hinaus spannend. So haben Journalistenverbände jüngst vor dem BVerfG Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz G10 eingereicht.
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