02.11.2017
Dynamische IP-Adressen sind personenbezogene Daten, die dem Datenschutzrecht unterfallen. Ein Websitebetreiber darf diese auch nach dem Besuch auf seiner Website speichern, wenn dies erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit der Website aufrechtzuerhalten.
Dynamische IP-Adressen sind personenbezogene Daten, die dem Datenschutzrecht unterfallen. Ein Websitebetreiber darf diese auch nach dem Besuch auf seiner Website speichern, wenn dies erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit der Website aufrechtzuerhalten.
Wenn eine Verbindung mit dem Internet hergestellt wird, weist der Internet Service Provider (ISP) dem sich verbindenden Gerät (z.B. dem Modem) eine Internet Protokoll-Adresse (IP-Adresse) zu, um den Anschluss im Internet eindeutig identifizieren zu können. Insbesondere bei privaten Anschlüssen trennt der ISP die Verbindung einmal täglich kurz (meist in der Nacht) und weist dem Anschluss eine neue IP-Adresse zu. Man spricht von einer dynamischen IP-Adresse im Gegensatz zu einer statischen IP-Adresse, die immer dem gleichen Anschluss zugewiesen ist.
In der Rechtswissenschaft ist seit langem umstritten, ob dynamische IP-Adressen personenbezogene Daten sind, die dem Datenschutzrecht unterfallen. Aus einer dynamischen IP-Adresse lässt sich nämlich nicht ohne weiteres auf den Anschlussinhaber schließen. Nur der ISP hat das nötige Zusatzwissen, um die IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt einem Anschluss zuzuordnen. Diese Information löscht der ISP aber nach einer gewissen Zeit (meist 7 bis 14 Tage).
Der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Patrick Breyer verklagte die Bundesrepublik Deutschland, es zu unterlassen, seine IP-Adresse beim Besuch der Websites von Bundesbehörden zu speichern. Er hatte die Website des Bundesministeriums der Justiz und für den Verbraucherschutz (BMJV) besucht und der Server des BMJV hatte seine IP-Adresse ohne seine Einwilligung für 14 Tage gespeichert. Der Kläger argumentierte, dass das BMJV seine dynamische IP-Adresse nur mit seiner Einwilligung oder aufgrund eines gesetzlichen Erlaubnistatbestands speichern durfte. Die Bundesrepublik stützte sich darauf, die IP-Adresse speichern zu müssen, um die Funktionsfähigkeit der Website aufrechtzuerhalten. Sie müsse die IP-Adressen insbesondere speichern, um etwaige Cyber-Angriffe im Nachhinein aufklären zu können.
Als die Klage in der Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängig war, legte dieser dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen der Vorabentscheidung zwei Fragen vor. Erstens wollte er wissen, ob die dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum im Sinne der Datenschutz-Richtlinie ist, und zweitens, ob der Websitebetreiber die IP-Adresse von Besuchern speichern darf, um die Funktionsfähigkeit seiner Website aufrechtzuerhalten. Die Vorlage an den EuGH war erforderlich, weil das deutsche Datenschutzrecht in weiten Teilen die europäische Datenschutz-Richtlinie (Richtlinie 95/46/EG) umsetzt. Bei der Umsetzung einer Richtlinie hat der nationale Gesetzgeber zwar einen gewissen Spielraum, darf den von der Richtlinie vorgegebenen Mindeststandard aber nicht unterschreiten.
Die Entscheidung des EuGH (Urteil vom 19.10.2016, Az.: C-582/14) diente dem BGH als Grundlage für sein Urteil vom 16. Mai 2017.
Der EuGH entschied die erste Vorlagefrage dahingehend, dass eine dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum sein kann, wenn der Websitebetreiber eine rechtliche Möglichkeit hat, den Anschlussinhaber mithilfe des Zusatzwissens des ISP zu ermitteln. Da das BMJV die rechtliche Möglichkeit hat (z.B. wenn der Verdacht eines Cyberangriffs vorliegt), den Anschlussinhaber einer bestimmten IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt beim ISP zu erfragen, entschied der BGH, dass die dynamische IP-Adresse für das BMJV ein personenbezogenes Datum darstelle.
Auf die zweite Vorlagefrage entschied der EuGH, dass der Websitebetreiber die dynamische IP-Adresse auch nach dem Besuch speichern darf, wenn dies für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Website erforderlich ist. Eine engere nationale Regelung muss dahingehend richtlinienkonform ausgelegt werden, dass dynamische IP-Adressen auch nach dem Besuch der Website gespeichert werden dürfen, wenn es zu diesem Zweck erforderlich ist. Die Verarbeitung von Nutzungsdaten beim Besuch von Websites ist in Deutschland in § 15 TMG geregelt. Diese Norm erlaubt aber lediglich die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Bereitstellung und ggfs. Abrechnung eines Dienstes und muss damit nach der Entscheidung des EuGH im Sinne der Datenschutz-Richtlinie weiter ausgelegt werden, sodass auch die Verarbeitung zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit erlaubt ist.
Weil der Kläger in die Speicherung seiner dynamischen IP-Adresse nicht eingewilligt hatte und auch kein anderer Erlaubnistatbestand eingriff, konnte die Speicherung nur auf § 15 Abs. 1 S. 1 TMG in richtlinienkonformer Auslegung gestützt werden. Für die Anwendbarkeit dieser Norm kommt es nach der Rechtsprechung des EuGH also darauf an, ob die Speicherung erforderlich ist, die Funktionsfähigkeit einer Website aufrechtzuerhalten. Über diese Frage konnte der BGH ohne weitere Sachverhaltsaufklärung – die im Revisionsverfahren nicht vorgenommen wird – nicht entscheiden und verwies den Rechtsstreit deshalb zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über diesen Punkt an das Berufungsgericht zurück.
Zur lange umstrittenen Frage des Personenbezugs von dynamischen IP-Adressen gibt es nunmehr eine höchstrichterliche Entscheidung, welche den Streit allerdings nicht beseitigt, sondern vielmehr weitere Fragen aufwirft. Neben der vom BGH noch nicht entschiedenen Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen die Speicherung der dynamischen IP-Adresse erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit der Website aufrechtzuerhalten, treten bei näherem Betrachten noch weitere Unklarheiten auf. Ist die dynamische IP-Adresse z.B. auch dann ein personenbezogenes Datum, wenn der Besucher einer Website – anders als im vorliegenden Fall – nicht auch der Anschlussinhaber ist, z.B. bei einer mehrköpfigen Familie, einer Wohngemeinschaft, beim Surfen am Arbeitsplatz oder in einem öffentlichen Hot-Spot? Ist die dynamische IP-Adresse auch dann noch ein personenbezogenes Datum, wenn auch der ISP sie nicht mehr einem Anschluss zuweisen kann, weil er die hierfür benötigten Informationen gelöscht hat?
In der Praxis empfiehlt es sich, IP-Adressen uneingeschränkt als personenbezogene Daten zu behandeln. Damit ist es zudem erforderlich, in der Datenschutzerklärung für eine Website nach § 12 Abs. 1 S. 1 TMG über die Verarbeitung dynamischer IP-Adressen aufzuklären. Unter der Geltung der DSGVO entstehen außerdem erhöhte Informations- und Dokumentationspflichten hinsichtlich der Verarbeitung von IP-Adressen, wobei nicht nur die Websitebetreiber betroffen sind. Alle mit dem Internet verbundenen Produkte und Dienste, wie z.B. Apps, Smart Home-Geräte, Cloud-Computing-Anwendungen, Smart Watches und vieles mehr, verarbeiten IP-Adressen, weil sonst die Kommunikation über das Internet nicht möglich wäre.
Das europäische Markenrecht wird vereinfacht: Seit März 2016 ist die vom Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zur Änderung der Gemeinschaftsmarkenverordnung in Kraft. Ihre Umsetzung erfordert allerdings Zeit. Ein Schritt dorthin ist die Änderung des europäischen Markensystems, welche zum 1. Oktober 2017 wirksam wurde.
Das europäische Markenrecht wird vereinfacht: Seit März 2016 ist die vom Europäischen Parlament beschlossene Verordnung zur Änderung der Gemeinschaftsmarkenverordnung in Kraft. Ihre Umsetzung erfordert allerdings Zeit. Ein Schritt dorthin ist die Änderung des europäischen Markensystems, welche zum 1. Oktober 2017 wirksam wurde.
Durch diese Reform soll nach Auffassung des Amtes der Europäischen Union für Geistiges Eigentum („EUIPO“) ein „insgesamt effizienteres, kohärenteres und an das Zeitalter des Internets angepasstes Markensystem geschaffen werden“. Die Änderungen des europäischen Markensystems umfassen im Wesentlichen drei Punkte:
Grundsätzlich alle an einer Markenanmeldung Interessierte. Vor allem solche, für die die neu einzuführenden Markentypen interessant sind, also die Hörmarke, Bewegungsmarke, Multimediamarke, Hologrammmarke und Gewährleistungsmarke.
Wegfall der grafischen Darstellbarkeit
Seit dem 1. Oktober 2017 ist es nicht mehr zwingend erforderlich, bei der Anmeldung einer neuen Marke diese auch grafisch wiederzugeben. Vielmehr muss die Wiedergabe in einer geeigneten Form unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologien erfolgen. Voraussetzung ist allein, dass die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.
Durch den Wegfall der grafischen Darstellbarkeit der Marke im Rahmen des Anmeldeprozesses wird der Weg für neue Markenformen geebnet. Durch die Auflockerung der Anmeldevoraussetzungen besteht künftig die Möglichkeit, neben den konventionellen Marken (Wort, Bild, Form etc.) auch neue Markenformen leichter eintragen und für sich schützen zu lassen. Das betrifft insbesondere solche Markenformen, deren Eintragung in der Vergangenheit an der Hürde der „grafischen Darstellbarkeit“ entweder gescheitert oder noch gar nicht möglich war, wie z.B. bei
Praxistipp: Künftig ist es möglich, zur Anmeldung einer dieser neuen Markenformen geeignete Dateiformate (z.B. MP3, MP4, JPEG etc.) an das EUIPO zu übermitteln.
Einführung einer Unionsgewährleistungsmarke
Neu in das europäische Markensystem eingeführt wurde die Gewährleistungsmarke. Hierunter wird eine Marke verstanden, die geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen, für die der Inhaber der Marke das Material, die Art und Weise der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung, die Qualität, Genauigkeit oder andere Eigenschaften – mit Ausnahme der geografischen Herkunft – gewährleistet, von solchen zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht.
Mit der Gewährleistungsmarke soll ein gewisser Qualitätsstandard sichergestellt werden. Der Inhaber einer Gewährleistungsmarke gibt gewisse Standards vor und kontrolliert deren Einhaltung. Diese Standards werden in einer sogenannten Markensatzung festgelegt, welche bei der Anmeldung bzw. zwei Monate nach Anmeldung beim EUIPO eingereicht werden muss. Dabei muss die Markensatzung enthalten:
Hinweis für die Praxis: Zu berücksichtigen ist bei der neuen Gewährleistungsmarke, dass der Inhaber der Gewährleistungsmarke, also derjenige, der für die Einhaltung der vorgegeben Standards die Gewährleistung übernimmt, von der eigenen Benutzung der Marke für Waren und Dienstleistungen ausgeschlossen ist.
Verfahrensänderungen
Zum 1. Oktober 2017 kam es zudem zu weiteren Änderungen bei den Verfahren zur Anmeldung von Marken. Diese Änderungen sollen unter anderem dazu dienen, die Verfahren zu straffen, um den Verwaltungsaufwand bei der Einreichung und Bearbeitung von Prioritäts- und Zeitrangansprüchen zu verringern.
Die Erleichterung bei der Anmeldung neuer Markenformen ist zu begrüßen. Ermöglicht dies doch einen noch breiteren Schutz der eigenen Corporate Identity. So können über die einfachere Eintragung von Hörmarken eigens designte Klänge und Sounds für bestimmte Produkte (bspw. Motorenlaute, der Sound beim Öffnen bzw. Schließen von Autotüren etc.) über eine Unionsmarke einfacher geschützt werden als zuvor, sofern diese die nötige Unterscheidungskraft besitzen. Sound Branding wird daher bei der Markenführung und dem Aufbau des eigenen Markenportfolios weiter an Bedeutung zunehmen. Auch mit der neuen Multimediamarke können künftig Leistungen über ein Kennzeichenrecht geschützt werden, welche derzeit nur schwer oder jedenfalls nicht in ihrer Gesamtheit geschützt sind (z.B. bestimmte Werbemaßnahmen).
Aufzeichnungen von Armaturenbrett-Kameras im Pkw, sog. Dashcams, können zur Beweisführung nach Verkehrsunfällen im Zivilprozess verwendet werden. Das Interesse des Beweisführers an einem effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör überwiegt dem Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht insbesondere dann, wenn andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.
Aufzeichnungen von Armaturenbrett-Kameras im Pkw, sog. Dashcams, können zur Beweisführung nach Verkehrsunfällen im Zivilprozess verwendet werden. Das Interesse des Beweisführers an einem effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör überwiegt dem Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht insbesondere dann, wenn andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stehen.
Der Kläger fuhr mit seinem PKW auf der A5 in Höhe Karlsruhe, als der LKW des Beklagten dem klägerischen PKW heckseitig links auffuhr, wodurch das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde. In dem LKW des Beklagten befand sich eine sog. Dashcam, mit der das Unfallgeschehen aufgezeichnet wurde. Der Kläger machte vor dem LG Regensburg Schadensersatz in Höhe von EUR 14.941,77 nebst Zinsen geltend. Der Unfallhergang war zwischen den Parteien streitig.
Das LG Regensburg hatte zur Rekonstruktion des Unfalls ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige kam durch Auswertung der Dashcam-Aufzeichnungen zu dem Ergebnis, dass die Schilderungen des Beklagten zutreffend sind. Ohne Verwertung der Aufnahmen der Dashcam könne er jedoch nicht feststellen, welche Unfallversion richtig sei. Das LG Regensburg wies die Klage ab. Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein, weil die Dashcam-Aufzeichnungen wegen des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht nicht verwertet werden dürften. Nach dem Hinweisbeschluss des OLG Nürnberg nahm der Kläger die Berufung zurück.
Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass Aufzeichnungen von Dashcams in einem Zivilprozess zur Sachverhaltsaufklärung verwertet werden dürfen. Das Interesse des Beweisführers an einem effektiven Rechtsschutz und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör überwiege dem Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht, insbesondere dann, wenn andere zuverlässige Beweismittel nicht zur Verfügung stünden.
Nach Auffassung des OLG ist die Frage der Verwertbarkeit von Dashcam-Aufzeichnungen im Rahmen einer Interessen- und Güterabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu klären. Ein Beweisverwertungsverbot ergebe sich hier weder aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, noch aus datenschutzrechtlichen Normen oder aus dem Kunsturheberrecht.
Durch die Aufzeichnung werde nicht in die Intim- oder Privatsphäre des Klägers eingegriffen, sondern lediglich in die Individualsphäre. In der Abwägung sei dem persönlichkeitsrechtlichen Interesse des Klägers, dass sein stattfindendes Verkehrsverhalten nicht (auch nicht für einen sehr kurzen Zeitraum) dokumentiert wird, kein hohes Gewicht beizumessen. Er werde durch die Aufzeichnungen weder zur Schau gestellt, noch in irgendeiner Weise herabgewürdigt, als Person sei er überhaupt nicht erkennbar, es werde lediglich sein Fahrverhalten als solches aufgezeichnet. Dem gegenüber stehe das Interesse des Beklagten, für den konkreten Unfall die Aufzeichnungen als Beweismittel zur Hand zu haben und verwerten zu können. Diesem Interesse sei ein besonderes Gewicht beizumessen, insbesondere dann, wenn keine anderen Beweismittel zur Verfügung stünden.
Auch die Tatsache, dass die Dashcam Fahrzeuge Dritter aufzeichnet, führe nicht zu einem Verwertungsverbot. Im Zivilprozess gehe es ausschließlich um die Verwertung der relevanten Sequenz zum Unfallhergang und nicht um die Beurteilung von Sequenzen, die damit nicht in Zusammenhang stehen. Selbst wenn man die Interessen unbeteiligter Dritter mit einbeziehe, würden diese aufgrund der sehr geringen Betroffenheit zu keinem anderen Abwägungsergebnis führen. Die Aufnahmen richteten sich nicht gezielt gegen einzelne Personen, wie es etwa bei der Videoüberwachung oder Telefonmitschnitten der Fall sei.
Auch datenschutzrechtliche Erwägungen stünden einer Verwertung nicht entgegen, da es auf die gleiche Interessenabwägung ankomme, welche zugunsten des Beklagten ausfalle. Ein Verwertungsverbot ergebe sich auch nicht aus dem Kunsturhebergesetz. Es fehle bereits an einem „Bildnis“, da die Person des Klägers allenfalls nur schemenhaft auf den Aufnahmen zu sehen sei.
Bei dem Hinweisbeschluss handelt es sich um die erste Entscheidung eines Oberlandesgerichts zu dieser Frage. Datenschutzrechtlich ist der Einsatz von Dashcams stark umstritten, da sie den Verkehr permanent aufzeichnen und so eine große Menge an Daten erzeugen. Der Düsseldorfer Kreis (Oberste Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den nicht-öffentlichen Bereich) hatte mit Beschluss vom 26. Februar 2014 den Einsatz von Dashcams noch als datenschutzrechtlich unzulässig angesehen. Der Einsatz verstoße gegen die Vorschriften der § 6b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 BDSG, wonach eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig sei, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich wäre und keine Anhaltspunkte bestünden, dass das schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiege.
Bereits im Juli 2017 hat das OLG Stuttgart (Az. 10 U 41/17) im Verhandlungstermin eines ähnlich gelagerten Falles einen Dashcam-Mitschnitt als Beweismittel herangezogen und betont, dass es diesen aufgrund einer Interessenabwägung „im konkreten Fall tendenziell für verwertbar“ halte. Da dieses Verfahren mit einem Vergleich beendet wurde, kam es hier zu keiner Entscheidung. Mangels richtungsweisender höchstrichterlicher Entscheidung kann davon ausgegangen werden, dass sich die unterinstanzlichen Gerichte an der Entscheidung des OLG orientieren werden. Die Frage, ob Dashcam-Aufzeichnungen und deren Verwertung für Beweiszwecke im Zivilprozess bei Verkehrsunfällen zulässig sind, wird bereits jetzt schon mehrheitlich von den Amts- und Landgerichten bejaht.
Eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500 für jeden vorsätzlichen Vertragsverstoß, der in allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Kaufleuten vereinbart wird, ist unwirksam, wenn die Vertragsstrafe selbst hinsichtlich des geringsten typischerweise erfolgenden Vertragsverstoßes unverhältnismäßig hoch ist und den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500 für jeden vorsätzlichen Vertragsverstoß, der in allgemeinen Geschäftsbedingungen zwischen Kaufleuten vereinbart wird, ist unwirksam, wenn die Vertragsstrafe selbst hinsichtlich des geringsten typischerweise erfolgenden Vertragsverstoßes unverhältnismäßig hoch ist und den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Die Klägerin ist Herausgeberin eines Gutscheinbuchs, des sogenannten „Schlemmerblocks“. Sie bietet Betreibern von Gaststätten an, ihre Anzeigen dort zu veröffentlichen und zugleich den Erwerbern des Schlemmerblocks einen Gutschein zu offerieren. Durch den Gutschein sollen die Erbwerber des Schlemmerblocks angehalten werden, die jeweilige rabattgewährende Gaststätte aufzusuchen und auszuprobieren.
Die Beklagte betreibt eine Gaststätte und inserierte ihre Anzeige im Schlemmerblock. Entsprechend den Vorgaben der Klägerin sollte die Beklagt den Erwerbern des Schlemmerblocks, gegen Vorlage der darin enthaltenen Gutscheine, bei einer Bestellung von mindestens zwei Hauptgerichten einen Preisnachlass von 100% für das günstigere der beiden Hauptgerichte gewähren. Die Anzahl der einzulösenden Gutscheine war hierbei auf 8.000 Stück begrenzt.
Im Rahmen des Vertrages verwendete die Klägerin u.a. die nachfolgende Klausel innerhalb ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen:
Der Gutscheinanbieter verpflichtet sich, bei einem vorsätzlich schuldhaften Verstoß gegen die im vorliegenden Anzeigenvertrag sowie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommenen Pflichten eine Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs an die [Klägerin] zu zahlen. Die Vertragsstrafe beträgt EUR 2.500 für jeden Fall, jedoch maximal insgesamt EUR 15.000 und ist verwirkt, wenn ein Gutscheinnutzer sich über die Nichteinhaltung der im vorliegenden Anzeigenvertrag sowie in den allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommenen Pflichten nachgewiesen berechtigt bei der [Klägerin] beschwert. Unbeschadet der Vertragsstrafe ist die [Klägerin] berechtigt, einen eventuell weitergehenden Schaden geltend zu machen. In diesem Fall wird die Vertragsstrafe auf den geltend gemachten Schadensersatz angerechnet. […] Der Gutscheinanbieter ist berechtigt den Nachweis zu führen, dass die Beschwerde unberechtigt ist.
Nachdem sich im Jahr 2015 mehrere Kunden bei der Klägerin über die Nichteinlösung von Gutscheinen durch die Beklagte beschwerten, die Beklagte sich jedoch weigerte, weitere Gutscheine anzunehmen, forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500 nebst Zinsen auf, die sie sodann auch klageweise geltend machte.
Nachdem das Amtsgericht Worms die Beklagte im Wege des Versäumnisurteils verurteilte und das Landgericht Mainz die Berufung der Beklagten zurückwies, hob der BGH das Berufungsurteil im Revisionsverfahren auf und wies die Klage ab. Dem BGH zufolge sei eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500 für jeden vorsätzlichen Vertragsverstoß des Beklagten gemäß § 307 Abs. 1, S. 1 BGB unwirksam.
Der BGH begründete seine Auffassung insbesondere damit, dass die Vertragsstrafe trotz verschiedenster in Frage kommender Vertragsverstöße jeweils den Pauschalbetrag von EUR 2.500 vorsah. Dabei wurde allerdings nicht nach dem Gewicht des Verstoßes differenziert. Hierin sei ein Verstoß gegen Treu und Glauben zu sehen, sodass die Vertragsstrafe angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes unverhältnismäßig hoch und die Klausel somit insgesamt unangemessen sei. Insbesondere würde die Klausel neben der Zurückweisung der Gutscheine als einen Verstoß gegen eine der Hauptpflichten auch bei weiteren unbedeutenden Verstößen wie beispielsweise die Herausnahme eines einzelnen Hauptgerichts, unfreundlichem Service, dem Anbieten einer kleineren Portion oder dem Angebot von sieben anstatt der als Mindestanzahl vereinbarten acht Hauptgerichte erfolgen.
Mit der vorliegenden Entscheidung führt der BGH seine Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von pauschalen Vertragsstrafen konsequent fort (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016,
Az.: Vlll ZR 26/15). Die Rechtsprechung des BGH ist einerseits zu begrüßen, da sie völlig undifferenzierten und teilweise angesichts der in Betracht kommenden Verstöße unangemessenen Vertragsstrafen „einen Riegel vorschiebt“. Andererseits ist zugleich mit Sorge zu betrachten, wie auch im Rahmen des Geschäftsverkehrs (sprich in B2B-Verhältnissen) die Privatautonomie fortwährend eingeschränkt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Vorliegen von allgemeinen Geschäftsbedingungen nach der Rechtsprechung zum Teil äußerst schnell angenommen wird, ist eine rechtssichere Vertragsgestaltung und eine aus Sicht des Verwenders der AGB erforderliche vertragliche Absicherung nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich. Die Vertragsparteien sind mehr denn je gehalten, etwaige Vertragsverstöße, die eine Vertragsstrafe nach sich ziehen sollen, zu antizipieren und bereits im Vorfeld hinsichtlich der Höhe der Vertragsstrafe entsprechend einzuordnen. Empfehlenswert könnte es an dieser Stelle auch sein, mit dem sogenannten „neuen Hamburger Brauch“ zu operieren. Bei diesem wird die Höhe der Vertragsstrafe zunächst in das Ermessen des jeweiligen Gläubigers gestellt. Bei Zweifeln über die Angemessenheit der Vertragsstrafe kann die Höhe der Vertragsstrafe durch ein Gericht überprüft werden. Auf diese Weise kann jeder Sachverhalt, insbesondere nach der Schwere des Verstoßes, individuell beurteilt werden.
Die Anzeige urheberrechtlich geschützter Fotografien in Form von Vorschaubildern (sog. Thumbnails), die von Suchmaschinen auf frei zugänglichen Internetseiten aufgefunden worden sind, verletzt keine Urheberrechte, es sei denn, der Anbieter der Suchfunktion wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsinhaber zuvor nicht erlaubt hatte, die Werke im Internet zu veröffentlichen.
Die Anzeige urheberrechtlich geschützter Fotografien in Form von Vorschaubildern (sog. Thumbnails), die von Suchmaschinen auf frei zugänglichen Internetseiten aufgefunden worden sind, verletzt keine Urheberrechte, es sei denn, der Anbieter der Suchfunktion wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsinhaber zuvor nicht erlaubt hatte, die Werke im Internet zu veröffentlichen.
Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs beschäftigte sich in diesem Fall mit der Frage, ob die Beklagte, ein Unternehmen, welches auf der Internetseite die kostenfreie Durchführung einer Bilderrecherche anbietet, eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Die Klägerin betreibt eine amerikanische Erotik-Website, auf der sie Fotos von Models kostenpflichtig und durch Passwörter geschützt zum Download anbietet. Ein Teil dieser Fotos tauchte auf anderen frei zugänglichen Websites im Internet auf. Bei Eingabe bestimmter Begriffe in die Suchmaske der Beklagten wurden im Juni 2009 verkleinerte Vorschaubilder der Fotografien der Klägerin angezeigt. Die Beklagte griff für die Durchführung der Bilderrecherche auf Google zurück. Die aufgefundenen Bilder werden in einem automatisierten Verfahren nach Suchbegriffen indexiert. Die Klägerin sah in dem Verhalten der Beklagten eine Verletzung ihrer urheberrechtlichen Nutzungsrechte. Die Klage hatte in keiner Instanz Erfolg.
Die Beklagte hat das Urheberrecht der Klägerin aus § 15 Abs. 2 UrhG nicht dadurch verletzt, dass sie die von der Suchmaschine aufgefundenen und als Thumbnails gespeicherten Fotos auf ihrer Internetseite zeigte. § 15 Abs. 2 UrhG ist richtlinienkonform auszulegen. § 15 Abs. 2 UrhG setzt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG um. Der BGH hat, wie sich aus der Pressemitteilung ergibt, auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen und die vom EuGH gemachten Vorgaben im Streitfall umgesetzt. Der EuGH hat kürzlich in der Rechtssache entschieden, dass das Setzen eines Links auf eine frei zugängliche Internetseite, auf der urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers eingestellt sind, nur dann eine öffentliche Wiedergabe i.S.d. § 15 UrhG ist, wenn der Verlinkende die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der verlinkten Internetseite kannte bzw. vernünftigerweise kennen konnte. Der EuGH begründet seine Rechtsprechung mit der Erwägung, dass das Internet für die Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit von besonderer Bedeutung ist, Links zum Meinungs- und Informationsaustausch im Internet beitragen und dafür entscheidend sind, dass das Internet gut funktioniert. Er nimmt in dieser Entscheidung weiter an, dass eine widerlegbare Vermutung dahingehend besteht, dass bei Links, welche mit Gewinnerzielungsabsicht zu Internetseiten mit rechtswidrig eingestellten Werken führen, Kenntnis der fehlenden Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers bestand. Diese Vermutung ergebe sich daraus, dass von demjenigen, der Links mit Gewinnerzielungsabsicht setzt, erwartet werden kann, dass er die verlinkte Internetseite auf etwaige Urheberrechtsverletzungen überprüft hat.
Der BGH befasst sich im Streitfall mit den aufgeführten Erwägungen des EuGHs. Er nimmt an, dass diese auch für Suchmaschinen und für Links gelten, die den Internetnutzern den Zugang zu Suchmaschinen verschaffen. Die Beklagte musste allerdings im hiesigen Fall nicht damit rechnen, dass die Fotografien unerlaubt in die von der Suchmaschine aufgefundenen Internetseiten eingestellt wurden. Von dem Anbieter einer Suchfunktion kann nämlich laut BGH nicht erwartet werden, dass er überprüft, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren aufgefundenen Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt wurden, bevor er sie auf seiner Internetseite als Vorschaubilder wiedergibt. In dem Streitfall muss daher (im Gegensatz zu der EuGH-Entscheidung) für die Annahme einer öffentlichen Wiedergabe i.S.d. § 15 Abs. 2 UrhG feststehen, dass der Anbieter der Suchfunktion wusste oder hätte wissen müssen, dass der Rechtsinhaber nicht erlaubt hatte, die Werke im Internet zu veröffentlichen. Die Richter in Karlsruhe sind der Auffassung, dass die vom EuGH angenommene widerlegbare Vermutung wegen der besonderen Bedeutung von Internetsuchdiensten für die Funktionsfähigkeit des Internets daher nicht für Suchmaschinen und für Links gilt, die zu einer Suchmaschine gesetzt werden. Das Berufungsgericht hat daher entsprechend des BGHs im Streitfall rechtsfehlerfrei angenommen, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte bei der Wiedergabe der Fotografien als Vorschaubilder auf ihrer Internetseite damit rechnen musste, dass die Bilder unerlaubt ins frei zugängliche Internet eingestellt worden waren.
Der BGH bestätigt mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung (Vorschaubilder I und Vorschaubilder II), welche gegenüber Anbietern von Suchmaschinen sehr wohlwollend ist. Die Richter in Karlsruhe haben auf eine Vorlage an den EuGH verzichtet und entschieden, dass Anbieter von Suchmaschinen nicht prüfen müssen, ob von der Suchmaschine automatisch aufgefundene Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt wurden. Interessant und mit Spannung abzuwarten ist, wie sich der BGH in seinen Entscheidungsgründen (bisher liegt nur die Pressemitteilung vor) mit der einschlägigen EuGH-Entscheidung im Einzelnen auseinandersetzen wird.
Die Etablierung eines effizienten Compliance-Management-Systems im Unternehmen ist bei der Bemessung finanzieller Sanktionen strafmildernd zu berücksichtigen.
Die Etablierung eines effizienten Compliance-Management-Systems im Unternehmen ist bei der Bemessung finanzieller Sanktionen strafmildernd zu berücksichtigen.
Der Angeklagte war vom erstinstanzlich befassten LG München I (Az.: 7 KLs 565 Js 137335/15) wegen diverser steuerstrafrechtlicher Delikte zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Zugleich wurde gegen die juristische Person, für die der Angeklagte tätig war, als Nebenbeteiligte eine Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG verhängt. Diese Norm dient als Kompensation für den Umstand, dass dem deutschen Strafrecht Kriminalstrafen gegen juristische Personen fremd sind. In diesem Rahmen wurde die Nebenbeteiligte zu einer Geldbuße in Höhe von EUR 175.000 verurteilt.
Die Revision der Staatsanwaltschaft richtete sich gegen die Höhe der Geldbuße. Denn die Staatsanwaltschaft hielt angesichts des Unrechtsgehalts der Tat sowie der weiteren Rahmenbedingungen ein höheres Bußgeld für gerechtfertigt.
Der BGH beanstandete die Bemessung des in der Vorinstanz verhängten Bußgeldes, da hierbei rechtsfehlerhaft die Nebenbeteiligte belastende Umstände nicht berücksichtigt worden seien. Insbesondere habe das Landgericht den Unrechtsgehalt der Handlungen der ebenfalls beteiligten Geschäftsführer der Nebenbeteiligten nicht berücksichtigt, welcher sich erhöhend auf die verhängte Geldbuße hätte auswirken müssen.
Für die Neubemessung der Geldbuße verweist der BGH auf den Umstand, dass gemäß §§ 30 Abs. 3, 17 Abs. 4 S. 1 OWiG die verhängte Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen soll, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat. Für die Bemessung sei zudem bedeutsam, ob die Nebenbeteiligte ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt habe. Dabei stellt der BGH erstmals explizit darauf ab, dass hierbei auch ein effizientes Compliance-Management-System, welches auf die Vermeidung von Rechtsverstößen angelegt ist, Berücksichtigung finden muss.
Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass selbst die nachträgliche Anpassung eines Compliance-Management-Systems, die als Reaktion auf das in Rede stehende Verfahren erfolgt ist, noch für die Bemessung der Geldbuße relevant wird. Durch diese Anpassungen müssten Betriebsabläufe jedoch so gestaltet werden, dass vergleichbare Normverletzungen in Zukunft jedenfalls deutlich erschwert würden.
Die Entscheidung verdeutlicht eindrucksvoll die Wichtigkeit eines effektiven Compliance-Management-Systems innerhalb eines Unternehmens. Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung wurde bisher in der Fachliteratur kontrovers diskutiert, ob die Einrichtung eines Compliance-Management-Systems bei der Bemessung von Geldbußen gegen das Unternehmen berücksichtigt werden kann. Diesen Streit hat der BGH nun explizit entschieden.
Besonderes Augenmerk verdient die Tatsache, dass auch eine nachträgliche Anpassung und Optimierung des Compliance-Management-Systems für die Höhe des Bußgelds relevant sein soll. Der BGH verfolgt hiermit erkennbar das Ziel, diejenigen unternehmensinternen Mechanismen zu stärken, die rechtswidrige Handlungen verhindern oder zumindest erschweren sollen. Für Unternehmen ergibt sich hieraus sowohl die Chance als auch die Aufgabe, aus vorherigen Fehlern zu lernen und das Compliance-Management-Systems fortwährend zu optimieren.
Zugleich sollte die Entscheidung des Gerichtshof nicht dahingehend missverstanden werden, dass es fortan genügt, erst nach Entdeckung etwaiger Missstände tätig zu werden. Dies dürfte nicht unter die vom BGH benannten „Optimierungsmaßnahmen“ fallen, da erstmalig Maßnahmen zur „deutlichen Erschwerung“ von missbilligten Handlungen ergriffen würden. Ziel muss vielmehr sein, nachhaltig ein effizientes Compliance-Management-System im Unternehmen zu etablieren, weiterzuentwickeln und angemessen zu dokumentieren sowie fortlaufend zu überprüfen. Nur dann kann sich das Unternehmen im Zweifel darauf berufen, eine punktuelle Sicherheitslücke erst nach Entdeckung eines entsprechenden Missbrauchsfalles geschlossen zu haben.
Die Rechtsprechung des BGHs dürfte auch für andere Rechtsgebiete Signalwirkung entfalten: So können etwa bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften Geldbußen gegen Unternehmen verhängt werden. Insbesondere im Lichte der massiven Erhöhung der Maximalbeträge durch die Datenschutz-Grundverordnung (bis zu EUR 20.000.000 oder 4 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes) erscheint es angebracht, sämtliche zweckmäßigen Maßnahmen zur Erreichung von Datenschutz-Compliance bzw. hilfsweise einer möglichst weitreichenden Reduzierung etwaiger finanzieller Sanktionen umzusetzen. Hier kann ein effizientes Compliance-Management-System einen sinnvollen Beitrag leisten.
Bitte nur ausfüllen, wenn Text auf Startseite erscheinen soll.