26.10.2015
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Der Bundestag hat ein neues Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung beschlossen, das TK-Anbieter u.a. verpflichtet, IP-Adressen und Verbindungsdaten 10 Wochen lang aufzubewahren. Ob das Gesetz auf Dauer Bestand haben wird, hängt von dem Ergebnis der bereits angekündigten Klagen ab.
Am 16. Oktober 2015 hat der Bundestag nach langem Ringen mit erstaunlich großer Mehrheit für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Nach dem neuen Gesetz sollen künftig IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen 10 Wochen lang anlasslos von Telekommunikationsanbietern gespeichert werden. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen 4 Wochen lang gespeichert werden.
Hintergrund der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ist die Intention des Gesetzgebers, strafrechtliche Ermittlungen im Bereich der Bekämpfung von Terrorismus und sonstigen schweren Verbrechen zu erleichtern, indem auf die zunächst anlasslos gespeicherten Daten bei Bedarf zugegriffen werden kann. Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung führen zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes neben der Erforderlichkeit der Vorratsdatenspeicherung aus Gründen der Strafverfolgung an, dass der Eingriff in die Privatsphäre verhältnismäßig gering sei, weil das Gesetz keine Speicherung der Kommunikationsinhalte selbst erlaube.
Kritiker des Gesetzes entgegnen, dass es insbesondere im Bereich der Berufsgeheimnisträger, wie Ärzten oder Anwälten, aufgrund der besonders geschützten Vertrauensbeziehung zum Patienten bzw. Mandanten, gar nicht zu einer Speicherung kommen dürfe. Eine entsprechende Ausnahme sehe das Gesetz indes nicht vor. Zudem sei die vorgenannte Trennung zwischen Verbindungs- und Inhaltdaten nicht eindeutig. So sei bereits bekannt geworden, dass bei SMS-Nachrichten auch die Inhalte der Kurznachrichten bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert würden. Es sei den TK-Anbietern bislang schlicht nicht möglich, die Signalisierungsdaten, die für den Weg durch das Netz erforderlich sind, von den Inhalten zu trennen. Ein Filtersystem zur Trennung der Signale von den Inhalten existiere im Augenblick am Markt nicht und eine solche Trennung sei jedenfalls nicht branchenüblich, selbst wenn ein Filtersystem geschaffen werden könne.
Diesen Bedenken wird wiederum entgegen gehalten, dass Ermittlungsbehörden keinen Zugriff auf ggf. mitgespeicherte Kommunikationsinhalte hätten. Diesen sei nach dem Gesetz nur der Zugriff auf Verkehrsdaten erlaubt. TK-Anbieter würden sich zudem strafbar machen, wenn sie die Inhalte weitergäben. Die Gefahr, dass gespeicherte (Inhalts-) Daten verloren gehen, unberechtigten Dritten in die Hände fallen oder von den berechtigten Personen missbraucht werden, bleibt jedoch in jedem Fall bestehen.
Dass sich der Bundestag mit großer Mehrheit für ein derartiges Gesetz ausgesprochen hat, verwundert. Denn die Vorratsdatenspeicherung wird von vielen Juristen wegen eines möglichen Verstoßes gegen die Grundrechte sehr kritisch gesehen. So hatte das Bundesverfassungsgericht („BVerfG“) im Jahr 2010 ein früheres Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt. Auch auf europäischer Ebene hat der Europäische Gerichtshof („EuGH“) die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (RL 2006/24/EG) wegen Verstoßes gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union für ungültig erklärt. Die EU-Richtlinie bildete den Anlass für das ursprüngliche deutsche Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung, welches vom BVerfG gekippt wurde. Schließlich hat auch der Bundesgerichtshof die Anforderungen an eine anlasslose Speicherung weiter präzisiert: Danach ist in Deutschland eine Vorratsdatenspeicherung für (nur) sieben Tage erlaubt. Nicht erstaunlich ist daher, dass bereits jetzt wieder Klagen gegen das neue Gesetz angekündigt wurden, denn es ist fraglich, ob das neue Gesetz vor dem Hintergrund des vom BVerfG und vom EuGH statuierten Verbots einer anlasslosen Speicherung Bestand haben kann. Das Ergebnis der bereits in Aussicht gestellten Klagen bleibt daher mit Spannung abzuwarten.
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Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat nach eigener Aussage sowohl gegen den Verkäufer als auch den Käufer eines Unternehmens „erhebliche“ Bußgelder in fünfstelliger Höhe verhängt. Hintergrund ist die unzulässige Übermittlung von Kundendaten im Rahmen eines Asset Deals und deren spätere Nutzung für werbliche Zwecke. Das BayLDA hat angekündigt, auch in weiteren Fällen dieser Art Verstöße mit Geldbußen zu ahnden. Unternehmen und auch Insolvenzverwalter sind daher gut beraten, vor jedem Deal zu prüfen, ob die geplante Weitergabe und anschließende Nutzung der Daten datenschutzrechtlich erlaubt ist.
Ein Online-Shop wurde im Rahmen eines Asset Deals verkauft. Gegenstand des Verkaufs einzelner Vermögensgegenstände waren u.a. die Daten der Kunden des Online-Shops. Neben Name und Anschrift wurden zudem die E-Mail-Adressen der Kunden veräußert. Der Erwerber wollte diese Daten u.a. für werbliche Zwecke nutzen. Bei den Namen, Anschriften und E-Mail-Adressen der Kunden handelt es sich aber um personenbezogene Daten. Deren Erhebung, Verarbeitung und Übermittlung ist nur zulässig, wenn entweder eine gesetzliche Grundlage den geplanten Umgang mit den Daten erlaubt oder der Kunde seine ausdrückliche vorherige Einwilligung erteilt hat. Gleiches gilt für die werbliche Nutzung. Sowohl das Unternehmen, das die Daten übermittelt, als auch das Unternehmen, das die Daten anschließend erhebt und nutzt, tragen als sogenannte „verantwortliche Stellen“ die Verantwortung für die Zulässigkeit des Umgangs mit den Daten. Ein unzulässiger Umgang kann nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) je nach Sachverhalt als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu EUR 300.000,00 geahndet werden.
Das BayLDA konnte weder für die Übermittlung der Daten durch den Verkäufer noch für die anschließende Erhebung und werbliche Nutzung durch den Käufer eine gesetzliche Grundlage erkennen. Eine Einwilligung der Kunden lag ebenfalls nicht vor. Es verhängte daher gegen beide jeweils ein Bußgeld in fünfstelliger Höhe wegen unzulässigen Umgangs mit personenbezogenen Daten. Es wies darauf hin, dass bei dem BayLDA immer wieder Beschwerden von betroffenen Kunden eingingen, die z. B. E-Mail-Werbung von ihnen unbekannten Unternehmen erhielten. Das BayLDA würde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens häufig zu dem Ergebnis kommen, dass das werbende Unternehmen die Daten im Rahmen eines Verkaufs von Teilen eines Unternehmens erhalten habe. Der Erwerb der Daten erfolge, wie im vorliegenden Fall, häufig unter Verstoß gegen das geltende Datenschutzrecht.
Die Übermittlung von personenbezogenen Daten für Werbezwecke ist z. B. nach § 28 Abs. 3 BDSG ohne Einwilligung des Kunden zulässig, wenn lediglich sein Name und seine Postanschrift übermittelt werden (so genanntes Listenprivileg). Das übermittelnde Unternehmen muss dann aber dokumentieren, an wen es die Daten übermittelt hat und diese Information für zwei Jahre speichern. Für den Empfänger gilt dies entsprechend. Beide müssen dem Kunden auf Anfrage Auskünfte über die Daten etc. erteilen, § 34 Abs. 1a BDSG. Die Übermittlung weiterer Daten, wie z. B. E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Kreditkarteninformationen oder auch Kundenhistorien ist indes nur zulässig, wenn die Kunden vorab ausdrücklich eingewilligt haben oder zumindest im Vorfeld auf die geplante Übermittlung hingewiesen wurden, ihnen ein Widerspruchsrecht eingeräumt wurde und sie nicht widersprochen haben. Damit kann zumindest die Übermittlung legitimiert werden.
Sollen diese Daten im Anschluss für Werbezwecke genutzt werden, ist dies nach Auffassung des BayLDA ohne ausdrückliche vorherige Einwilligung des Kunden nicht zulässig. Neben dem BDSG muss der Käufer nämlich auch die Regelungen des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (UWG) beachten. § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG sehen insoweit vor, dass der Kunde vorab in die werbliche Ansprache eingewilligt haben muss. Das oben genannte Widerspruchsrecht gegen die Übermittlung reicht nicht aus, um dieser Anforderung Genüge zu tun.
Im Rahmen eines Asset Deals werden bestimmte Wirtschaftsgüter eines Unternehmens an den Verkäufer übertragen. Personenbezogene Daten stellen dabei einen erheblichen wirtschaftlichen Wert dar, da sie dem Käufer u.a. eine personalisierte Werbeansprache ermöglichen. Diese Ansprache birgt allerdings, wie das BayLDA zu Recht festgestellt hat, sowohl nach BDSG als auch nach UWG Risiken.
Dabei ist zunächst danach zu differenzieren, ob (1) das zwischen Verkäufer und Kunde bestehende Vertragsverhältnis weitergeführt werden soll oder ob (2) die Daten ohne vertragliche Bindung vom Käufer erhoben wurden. In Fall (1) müssen die Kunden der Übertragung ihrer Vertragsbeziehung ohnehin zustimmen. Bei Zustimmung ist jedenfalls die Übermittlung der Daten zulässig. Die Ansprache dieser Kunden für Werbezwecke per Post kann auf Grundlage des Listenprivilegs legitimiert werden, § 28 Abs. 3 BDSG. Per E-Mail bedarf sie nach UWG und BDSG grundsätzlich einer Einwilligung des Kunden. Allerdings sieht das UWG für die Ansprache von Kunden, die ihre E-Mail-Adresse im Rahmen des Verkaufs einer Ware oder Dienstleistung an ihren Geschäftspartner übermittelt haben, eine Ausnahme vor: Hier muss lediglich bei Erhebung der E-Mail-Adresse und sodann bei jeder Ansprache auf das Recht zum Widerspruch gegen diese Nutzung hingewiesen werden, § 7 Abs. 3 UWG. Da jedoch eigentlich der Verkäufer der Geschäftspartner ist, an den die E-Mail-Adresse übermittelt wurde und zum anderen sichergestellt sein muss, dass durch diesen auch eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht erfolgt ist, ergeben sich bei dieser Lösung gewisse Risiken für den Käufer. Insofern empfiehlt sich auch hier die Einholung einer Einwilligung. Auch die Ansprache per Telefon bedarf jedenfalls einer Einwilligung. In Fall (2) ist ebenfalls eine Einwilligung erforderlich.
Fraglich ist mithin, ob der Käufer eine neue Einwilligung einholen muss oder eine gegenüber dem Verkäufer erklärte Einwilligung auch gegenüber dem Käufer gilt. Die Rechtsprechung hat diesen Fall noch nicht geklärt. Hier kann ggf. argumentiert werden, dass zumindest im Fall der Übernahme des vertraglichen Verhältnisses die Einwilligung ebenfalls übergeht. Rein vorsorglich sollte diese jedoch bei Einholung der Zustimmung zur Übertragung zusätzlich neu eingeholt werden. Besteht zwischen Verkäufer und Kunde kein vertragliches Verhältnis, sollte der Verkäufer den Kunden um seine Einwilligung bitten, die explizit die Bewerbung durch den Käufer umfasst. Alternativ könnte eine über das Listenprivileg legitimierte postalische Ansprache durch den Käufer erfolgen, in der um die Einwilligung für die werbliche Ansprache per E-Mail oder Telefon gebeten wird.
Im Ergebnis sollte vor einem Asset Deal vertieft geprüft werden, ob die Daten, die verkauft werden, tatsächlich werthaltig sind und unter Beachtung des Datenschutzrechts für die geplanten Zwecke genutzt werden können. Für die aufgrund fehlender Einwilligungen unzulässige werbliche Ansprache der Kunden haftet nach dem BDSG und UWG in jedem Fall der Käufer.
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Für Online-Archive gilt, wie bereits für Suchmaschinen, das „Recht auf Vergessenwerden“: Betreiber von Online-Archiven müssen bei veralteten persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichten in den Archiven dafür Sorge tragen, dass die Berichte nicht mehr in Suchmaschinen auffindbar sind.
Dem als Kommunikationsberater tätigen Kläger war aufgrund einer Strafanzeige eines Politikers vorgeworfen worden, diesem beleidigende und verleumderische anonyme Schreiben geschickt zu haben. Die beklagte Verlegerin einer überregionalen Tageszeitung hatte in den Jahren 2010 und 2011 mehrfach, unter Nennung seines Namens des Klägers, über die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger berichtet. Die Berichte über die Einleitung, den Verlauf und die Einstellung des Ermittlungsverfahrens hielt die Beklagte kostenlos in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereit. Auch waren die Berichte nach Einstellung des Verfahrens über Suchmaschinen zu finden, indem der Name des Klägers in die Suchmaske eingegeben wurde.
Mit seiner Klage wandte sich der Kläger zunächst gegen die Veröffentlichung der Berichte unter Nennung seines Namens. Das Landgericht Hamburg wies die Klage mit der Begründung ab, dass eine Löschung oder Änderung des zunächst rechtmäßig verbreiteten Beitrags einen erheblichen Eingriff in die Berichterstattungsfreiheit der Beklagten darstelle. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein und beantragte, die Beklagte zu verurteilen, die identifizierende Veröffentlichung der Berichterstattung insgesamt zu unterlassen und/oder es zu unterlassen, den Verdacht zu verbreiten, er habe dem Politiker anonyme Schreiben geschickt, oder es zu unterlassen, die identifizierende Berichterstattung über das Internet zugänglich zu machen, wenn Suchmaschinen darauf zugreifen können.
Das OLG Hamburg bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung des Landgerichts, gab jedoch dem modifizierten Antrag statt. Nach Ansicht des Gerichts könne der Kläger zwar nicht die Löschung der Beiträge aus dem Online-Archiv verlangen, da die Berichterstattung zum Veröffentlichungszeitpunkt rechtmäßig gewesen sei. Er könne jedoch von der Beklagten verlangen, ihren Internetauftritt mit den betroffenen Beiträgen derart zu ändern, dass der in den Berichten enthaltene Name des Klägers von Internet-Suchmaschinen nicht erfasst werde.
Das Gericht führte aus, dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers in nicht unwesentlichem Maße beeinträchtige werde, indem die identifizierenden Presseveröffentlichungen über das Internet für jeden Internetnutzer ohne einen Aufwand, der über die bloße Eingabe des Namens des Klägers in eine Internet-Suchmaschine hinausginge, dauerhaft auffindbar und abrufbar seien. Eine solche Beeinträchtigung sei zwar hinzunehmen, wenn an den Vorgängen ein starkes öffentliches Interesse bestehe. Wenn aber das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit mit der Zeit abnehme, gewinne das Interesse des Betroffenen daran, dass ihm die Vorwürfe nicht ständig vorgehalten werden, an Gewicht. Das Gericht verwies aber darauf, dass auch das Interesse der Presse, eine einmal rechtmäßig erstellte Berichterstattung nicht nachträglich zu ändern oder dem Zugriff der Öffentlichkeit zu entziehen, nicht ausgeblendet werden dürfe.
Nach Ansicht des OLG Hamburg lasse sich dieser Interessenskonflikt dadurch angemessen zum Ausgleich bringen, dass dem Betreiber des Online-Archivs aufgegeben werde, die älteren Beiträge derart zu modifizieren, dass sie nicht mehr durch bloße Eingabe des Namens des Klägers in eine Suchmaschine auffindbar seien. Hierdurch werde bei nur geringfügiger Beeinträchtigung der Interessen der Presse, die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers aufgrund der steten Gefahr einer ständigen Aktualisierung vergangener Vorgänge erheblich gemildert.
Das Gericht führte weiter aus, dass die Beklagte als Störer (durch Einstellen der Beiträge in das Online-Archiv) verpflichtet sei, sicherzustellen, dass ein unmittelbarer Zugriff auf die Beiträge durch ihre Auffindbarkeit über die bloße Eingabe des Namens des Betroffenen in eine Suchmaschine verhindert werde. In seiner Begründung verwies es auf die EuGH-Rechtsprechung zur Haftung von Suchmaschinenbetreibern und führte aus, dass, wenn schon der Betreiber einer Suchmaschine dazu angehalten werden könne, die Erreichbarkeit von Internetbeiträgen durch bloße Eingabe des Namens der von diesen Beiträgen betroffenen Personen zu unterbinden, dies erst Recht für die Urheber betreffender Beiträge gelte. Diese seien daher verpflichtet, Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass solche Beiträge zu einer stetig fließenden Quelle von Beeinträchtigungen persönlichkeitsrechtlicher Belange des Betroffenen werden. Entsprechend der Rechtslage gegenüber den Betreibern von Internetforen seien aber auch die Betreiber von Online-Archiven nicht zu einer Vorab-Überprüfung der in ihrem Archiv gesammelten Beiträge verpflichtet. Eine solche Verpflichtung entstehe erst dann, wenn der Betreiber des Archivs durch einen qualifizierten Hinweis des Betroffenen darauf aufmerksam gemacht werde, dass die fortdauernde Auffindbarkeit des Beitrags durch Namenssuche sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletze und Vorkehrungen gegen diese Verletzung zu treffen seien.
Das OLG Hamburg knüpft mit dieser Entscheidung an das „Google“-Urteil des EuGH an (EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014, GRUR 2014, 895 ff.) und stellt klar, dass das Recht auf Vergessenwerden auch für Online-Archive gilt. Wie zuvor der EuGH hat das OLG Hamburg in seinem Urteil zugunsten der betroffenen Personen und gegen das öffentliche Informationsinteresse entschieden. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das Urteil Bestand haben wird, da das OLG Hamburg im Hinblick auf die bisher ungeklärte Frage der Angemessenheit des vorgenommenen Interessenausgleichs ausdrücklich die Revision zugelassen hat.
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Bietet ein Online-Dienstleister als einzige unentgeltliche Bezahlmethode die „Sofortüberweisung“ der Sofort AG an, verstößt er damit gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB, da der Kunde gezwungen wird, mit einem Dritten zu kontrahieren und diesem hochsensible Daten zu übermitteln.
Kläger war der Dachverband der Verbraucherzentralen und -organisationen in Deutschland. Er wandte sich gegen die Zahlungsbestimmungen der Deutsche Bahn Tochter DB Vertrieb. Die Beklagte bietet Verbrauchern unter ihrem Reiseportal www.start.de u.a. Flugbeförderungsleistungen an. Bei der Buchung eines Inlandsflugs konnte der Verbraucher zwischen der Bezahlung „mit Kreditkarte“ gegen zusätzliches Entgelt in Höhe von 12,90 EUR und der entgeltfreien Bezahlung mittels „Sofortüberweisung“ wählen. Bei Nutzung des Dienstes „Sofortüberweisung“ erfolgt die Zahlung an die Beklagte unter Zwischenschaltung eines Dienstleisters, der Sofort AG. Der Verbraucher gibt dazu seine Kontodaten einschließlich PIN und TAN in die Eingabemaske der Sofort AG ein. Anschließend werden automatisiert bei der kontoführenden Bank die Validität der angegebenen Daten, der aktuelle Kontostand, die Umsätze der letzten 30 Tage und der Kreditrahmen für den Dispokredit abgefragt sowie das Vorhandensein weiterer Konten geprüft und deren Bestände erfasst. In den AGBs der meisten kontoführenden Banken in Deutschland ist jedoch die Weitergabe von PIN und TAN durch eine auf gemeinsamen Absprachen der Deutschen Kreditwirtschaft beruhende AGB-Klausel untersagt. Gegen diese Klausel führt das Bundeskartellamt wegen des Verstoßes gegen das Kartell- und Missbrauchsverbot ein Verfahren gegen die Deutsche Kreditwirtschaft.
Der Kläger vertrat die Auffassung, die Beklagte verstoße mit den beschriebenen Handlungen gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB, da sie als unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit ausschließlich die „Sofortüberweisung“ anbiete, bei der es sich nicht um eine gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit handele. Gemäß § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB ist eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, unwirksam, wenn für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht. Die Übermittlung der PIN und TAN verstoße in aller Regel gegen die AGB der Banken und es sei deshalb unzumutbar, die Zugangsdaten für ein Bankkonto an Dritte zu übermitteln und eine weitgehende Datenabfrage zuzulassen.
Der Kläger verlangte von der Beklagten es zu unterlassen, im Rahmen ihrer geschäftlichen Handlungen unter der Adresse www.start.de bei der Buchung von Flugbeförderungsleistungen Verbrauchern als kostenlose Bezahlmethode ausschließlich die Zahlungsweise „Sofortüberweisung“, bei der der Verbraucher seine PIN und TAN an die Sofort AG übermitteln muss, anzubieten.
Das LG Frankfurt gab der Klage statt und untersagte der Beklagten bei der Buchung auf ihrer Internetseite als unentgeltliche Bezahlmethode ausschließlich die „Sofortüberweisung“ der Sofort AG anzubieten. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB. Der Verbraucher müsse zumindest eine zumutbare Möglichkeit haben, die er kostenlos nutzen könne. Die Zahlungsmöglichkeit der „Sofortüberweisung“ sei für den Verbraucher unzumutbar, da er hierzu nicht nur mit einem Dritten in vertragliche Beziehungen treten, sondern diesem Dritten auch noch Kontozugangsdaten mitteilen und in den Abruf von Kontodaten einwilligen müsse. Die Übermittlung dieser besonders sensiblen Finanzdaten berge ein erhebliches Missbrauchsrisiko.
Bereits das OLG Dresden hatte zuvor entschieden, dass Visa electron sowie eine unternehmensbezogene MasterCard Gold keine gängigen und zumutbaren unentgeltlichen Zahlungsmöglichkeiten darstellen (Urteil vom 03. Februar 2015, Az.: 14 U 1489/14). Diese Rechtsprechung hat das LG Frankfurt nun in Bezug auf die „Sofortüberweisung“ fortgesetzt. Unberührt bleibt indes die Möglichkeit der Online-Dienstleister, die vorgenannten Zahlungsmethoden neben einer weiteren unentgeltlichen Zahlungsmöglichkeit anzubieten und, so das LG Frankfurt, auf diese Art zu versuchen, die Kunden von der Qualität dieser alternativen Zahlungsmethoden zu überzeugen. Unbeantwortet blieb die, da für die Entscheidung nicht relevante, aber dennoch thematisierte Frage, ob die AGB-Klauseln der Banken, die die Nutzung der Dienste der Sofort AG untersagen, kartellrechtswidrig und somit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV i.V.m. § 134 BGB nichtig sind.
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Der Verbraucher weiß, dass es (derzeit) eine 100%ige Netzabdeckung nicht gibt. Dahingehenden Werbeaussagen wird er vor diesem Hintergrund nicht entnehmen, dass der Werbende eine entsprechende Netzabdeckung bietet. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Aussage in einem humoristischen Kontext getroffen wird.
Die Parteien sind beide Telekommunikationsunternehmen. Die Beklagte warb für ihre an Privatkunden gerichteten Mobil- und Internetprodukte mit dem Slogan „Kein Netz ist keine Ausrede mehr“. Die Klägerin hielt diese Werbeaussage für irreführend, da sie beim Verbraucher den Eindruck vermittelte, er erhalte bei der Beklagten eine vollständige Netzabdeckung überall in der Bundesrepublik Deutschland. Die auf Unterlassung und Kostenerstattung gerichtete Klage wurde vom Landgericht abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb ebenfalls ohne Erfolg. Die angegriffene Werbeaussage sei nach Ansicht des OLG Frankfurt unter keinem Gesichtspunkt irreführend. Eine Werbung der in Rede stehenden Art, auch wenn sie vom Wortsinn her als Hinweis auf eine in jeder Hinsicht lückenlosen Netzabdeckung verstanden werden könne, sei nur dann irreführend, wenn mit ihr aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ernsthaft in Anspruch genommen werden solle, das werbende Unternehmen habe den technischen Durchbruch zu einer solchen vollständigen, d. h. die bisher üblichen und allgemein bekannten Funklöcher vermeidenden Netzabdeckung geschafft. Dieser Eindruck werde durch die angegriffene Werbung unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs jedoch nicht vermittelt. Die Einbettung der Werbeaussage in einen humoristischen Gesamtzusammenhang spreche vielmehr dagegen, dass mit dieser Aussage auf eine besondere Leistung im Sinne eines technischen Durchbruchs hingewiesen werden solle. Auch der Zusatz „in bester D-Netz-Qualität“ könne nicht dazu führen, dass der Verkehr annehme, nun sei ein technischer Durchbruch bei der Beseitigung von sogenannten Funklöchern gelungen. Er verdeutliche vielmehr, dass die dem Verkehr geläufig hohe Qualität und Funkabdeckung des „D-Netzes“ nicht überschritten werde.
Grundsätzlich gilt zwar, dass bei mehrdeutigen Werbeaussagen der Werbende im Zweifel die ungünstige Auslegung gegen sich geltend lassen muss (vgl. BGH, Urt. v. 8. März 2012 - Az.: I ZR 202/10). Eine Werbung ist aber auch unter diesen Voraussetzungen nur dann irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmens hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Eine Fehlvorstellung bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise ist vor allem dann ausgeschlossen, wenn dieser aufgrund eigener Vorkenntnisse in Bezug auf den beworbenen Gegenstand, die an sich mehrdeutige Aussage richtig einordnet.
Zu einer anderen Beurteilung kann es allerdings dann kommen, wenn die betreffende Werbung sich auf eine dem Verbraucher noch nicht bekannte Technik bezieht, wie das OLG Köln mit seiner Entscheidung vom 27. März 2015 (Az.: 6 U 134/14) festgestellt hat. In einer solchen Konstellation fehlen dem Verbraucher die notwendigen Erfahrungswerte zur betreffenden Technik, um die getroffene Werbeaussage einschätzen zu können und er wird die Werbeaussage eher als eine Zusage konkreter Leistungsmerkmale ansehen. Allerdings wird man die etwaige Wettbewerbswidrigkeit einer bestimmten Werbeaussage immer nur im konkreten Einzelfall bewerten können. Hierbei sind nicht nur bereits vorhandene Kenntnisse der angesprochenen Verkehrskreise zu berücksichtigen, sondern auch branchenspezifische Besonderheiten.
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