17.05.2016
Der BGH legt die Frage der Unionsrechtskonformität von intra-EU-Investitionsschiedsklauseln dem EuGH vor Am 10. Mai 2016 veröffentlichte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Pressemitteilung (Nr. 81/2016), nach der er im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorlegt, ob Schiedsklauseln in intra-EU-Investitionsschutzabkommen unionsrechtskonform sind. Den entsprechenden Beschluss vom 3. März 2016 (I ZB 2/15) stellte der BGH einen Tag später online.
Am 10. Mai 2016 veröffentlichte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Pressemitteilung (Nr. 81/2016), nach der er im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorlegt, ob Schiedsklauseln in intra-EU-Investitionsschutzabkommen unionsrechtskonform sind. Den entsprechenden Beschluss vom 3. März 2016 (I ZB 2/15) stellte der BGH einen Tag später online.
Am 10. Mai 2016 veröffentlichte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Pressemitteilung (Nr. 81/2016), nach der er im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorlegt, ob Schiedsklauseln in intra-EU-Investitionsschutzabkommen unionsrechtskonform sind. Den entsprechenden Beschluss vom 3. März 2016 (I ZB 2/15) stellte der BGH einen Tag später online.
Der Vorlage liegt der Aufhebungsantrag der Slowakei bezüglich des Endschiedsspruchs im UNCITRAL-Investitionsschiedsverfahren Achmea (formerly known as Eureko) v. Slovak Republic zugrunde. Auf Basis eines Investitionsschutzvertrages zwischen der Slowakei und den Niederlanden hatte das Finanz- und Versicherungsunternehmen Eureko 2008 gegen die Slowakei eine Klage angestrengt, die bestimmte Maßnahme im dortigen Gesundheitssektor betraf. Das Schiedsverfahren endete mit einem Schiedsspruch i.H.v. 22,1 Mio. € plus Zinsen zugunsten von Eureko (zu dem Zeitpunkt umbenannt in Achmea). Sitz des Schiedsgerichts war Frankfurt.
Bereits 2010 hatte die Slowakei einen Zwischenschiedsspruch, der unter anderem die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bejahte, angegriffen. Die Slowakei argumentierte damals, das Schiedsgericht wäre unzuständig, da die Schiedsklausel des slowakisch-niederländischen Vertrags u.a. gegen Unionsrecht, insbesondere Art. 344, 267, und 18 AEUV, verstieße. Aus denselben Gründen beantragte die Slowakei dann auch später die Aufhebung des Endschiedsspruchs vor dem OLG Frankfurt. Eine Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs würde aus slowakischer Sicht gegen den ordre public verstoßen.
Mit einem Beschluss im Dezember 2014 lehnte das OLG Frankfurt diese Argumente in Gänze ab: Art. 344 AEUV, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der EU-Verträge keinem anderen Streitbeilegungsorgan als einem in den Verträgen genannten vorzulegen, sei nicht verletzt. In den Verträgen sei gerade kein spezifisches gerichtliches Verfahren für Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedsstaat und einer Privatperson vorgesehen. Es fehle mithin an einer Abweichung von dem in den Verträgen vorgesehenen Streitbeilegungssystem im Sinne des Art. 344 AEUV. Mit Bezug zu Art. 267 AEUV stellte das OLG fest, dass z.B. Handelsschiedsgerichte zwar nach damaliger EuGH-Rechtsprechung dem EuGH keine Rechtsfragen vorlegen konnten, der EuGH aber darin dennoch keine Verletzung von Art. 267 AEUV durch Handelsschiedsklauseln erblickte. Auch Art. 18 AUEV (Nichtdiskriminierungsgrundsatz) sah das OLG als nicht verletzt an. Schließlich würde nichts dagegen sprechen, die völkervertragliche Schiedsklausel weit auszulegen und so auch Investoren aus anderen EU-Staaten zu umfassen (anstatt eine ansonsten wirksame Schiedsklausel für unwirksam zu erklären).
Während das OLG Frankfurt noch alle Rechtsfragen als durch EuGH-Rechtsprechung geklärt ansah und so keine Vorlage an den EuGH beschloss, entschied der BGH nun anders. Die speziellen Fragen, ob die Art. 344, 267 und 18 AEUV Schiedsklauseln in intra-EU-Investitionsschutzverträgen entgegenstehen, seien noch nicht durch den EuGH geklärt. Der BGH öffnete so die Tür für den EuGH, Stellung zu dieser für die Investitionsrechtspraxis sehr relevanten Frage zu nehmen.
Die Europäische Kommission unternimmt derzeit verschiedene Anstrengungen, um intra-EU-Investitionsschiedsverfahren abzuschaffen. Schon im Juni 2015 initiierte sie Vertragsverletzungsverfahren gegen fünf Mitgliedstaaten (Österreich, die Niederlande, Rumänien, Schweden und die Slowakei) und forderte diese auf, ihre intra-EU-Investitionsschutzverträge zu kündigen. Sollte die Kommission mit ihren Bemühungen erfolgreich sein, hätte dies einschneidende Auswirkungen: EU-Investoren, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat als ihrem Heimatstaat tätig sind, würde die einzige Möglichkeit genommen, Streitigkeiten mit diesem Mitgliedstaat in einem neutralen Forum auszutragen. Bereits das OLG Frankfurt hatte berechtigterweise darauf verwiesen, dass dem Europarecht ein gerichtliches Verfahren für Streitigkeiten zwischen einem Mitgliedsstaat und einer Privatperson fehlt. Dieses bieten bislang nur die Investitionsschutzverträge.
Im Gegensatz zur Europäischen Kommission hat der BGH glücklicherweise bereits eine Tendenz im seinem Beschluss zum Ausdruck gebracht, der Argumentation des OLG Frankfurt zu folgen. Es bleibt nun aber abzuwarten, ob der EuGH ihn auch lässt.
Sollten Sie sich für weitere Informationen zu dem dargestellten Vorabentscheidungsverfahren oder zu den jüngeren Entwicklungen im innereuropäischen Investitionsschutzrecht interessieren, sprechen Sie uns gerne an:
Dr. Richard Happ |
Georg Scherpf |