20.12.2022
Liebe Leserinnen und Leser,
nur noch wenige Tage bis zum Weihnachtsfest. Vielerorts zeigt sich bereits eine weiße Winterlandschaft. Wir freuen uns daher auf ein fröhliches und besinnliches Weihnachtsfest. Rechtzeitig zu diesem können wir Ihnen unseren Newsletter als Lektüre unter den Christbaum legen.
Vor wenigen Monaten hatten wir noch hochsommerliche Temperaturen und konnten unseren Urlaub nach der langen Pandemiepause wieder am Meer oder in den Bergen genießen. Die Planungen des kommenden Sommerurlaubs haben bei vielen schon begonnen. Was liegt für uns Arbeitsrechtler in diesem Zusammenhang näher, als sich mit dem Thema „workation“, also der Verbindung zwischen Arbeit („work“) und Urlaub („vacation“), zu beschäftigen. In seinem Beitrag beleuchtet Prof. Dr. Robert von Steinau-Steinrück die rechtlichen Rahmenbedingungen, die für Arbeitgeber bei dieser neuen Form der Arbeit zu beachten sind.
Das Thema Arbeitszeiterfassung ist spätestens seit der Entscheidung des BAG vom 13. September 2022 in aller Munde. Die Entscheidungsgründe des Urteils liegen nunmehr vor und beschäftigen Arbeitsrechtler und HR-Verantwortliche. Viele haben schon das Ende der Vertrauensarbeitszeit vorhergesagt. Nina Stephan und Stephan Sura nehmen sich in ihrem Beitrag diesem brandaktuellen Thema an und ordnen die Entscheidung und ihre Folgen für die betriebliche Praxis unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage ein.
In dieser Ausgabe gibt unser Kollege Xavier Drouin von FIDAL in Straßburg erneut Einblicke in das französische Arbeitsrecht und erläutert den rechtlichen Rahmen der „Forfait jour“, einer Alternative zur 35-Stunden-Woche in Frankreich.
Daneben berichten wir ebenfalls wieder über aktuelle Entwicklungen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Ein Thema ist die Harmonisierung betrieblicher Versorgungssystems im Rahmen der Post Merger Integration.
Neben unseren Schwerpunktthemen erhalten Sie auch mit dieser Ausgabe den gewohnten Überblick über aktuelle Entscheidungen der Arbeitsgerichte, die aus unserer Sicht für die Personalarbeit von besonderer Relevanz sind.
Wir wünschen Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit, geruhsame Tage zwischen den Jahren sowie ein glückliches, gesundes und erfolgreiches neues Jahr 2023.
Kommen Sie gut ins neue Jahr!
Ihr
Achim Braner
Mit seinem „Stechuhr“-Urteil entschied der EuGH im Jahr 2019, dass die EU-Mitgliedstaaten Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung verpflichten müssen. Eine entsprechende gesetzliche Umsetzung fehlt indes bis heute – wohl mit ein Grund, weshalb sich die Rechtsprechung mal wieder gezwungen sah, kreativ zu werden. Mitte September 2022 entschied das BAG, dass eine derartige gesetzliche Pflicht bereits jetzt bestehe: sie folge direkt aus dem Arbeitsschutzgesetz. Die Begründung hierzu lieferte das BAG klammheimlich am ersten Adventswochenende. Ob es sich hierbei um einen neuen Geniestreich aus Erfurt handelt, um eine Notlösung mit weitreichenden Folgen oder lediglich um einen weiteren Weckruf an die Gesetzgebung, endlich tätig zu werden? Lassen Sie uns einmal gemeinsam schauen.
I. Der „Grund allen Übels“
Mit einem Paukenschlag entschied der EuGH im Frühjahr 2019, dass die Mitgliedstaaten Arbeitgeber zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit erfasst wird (EuGH von 14. Mai 2019 – C-55/18 [CCOO]). Unklar blieb, ob das Urteil bzw. das zugrunde liegende Unionsrecht (genauer die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Europäischen Grundrechtecharta) bereits direkt eine entsprechende Pflicht für Arbeitgeber bedingt oder, ob es hierzu einer Kodifikation im nationalen Recht bedarf. Am einfachsten wäre es daher gewesen, wenn der deutsche Gesetzgeber – Verpflichtung oder nicht – tätig geworden wäre, doch trotz wiederholter Ankündigungen fehlt es bislang an einem entsprechenden Gesetzesentwurf. Nach aktuellen Aussagen unseres Bundesministeriums für Arbeit und Soziales soll wohl zum Ende des ersten Quartals 2023 mit einem adäquaten, „praxistauglichen“ Gesetzesentwurf zu rechnen sein. Ob, wann und mit welchem Inhalt es diesen geben wird, bleibt abzuwarten. Status quo ist, dass das deutsche Arbeitszeitrecht keine Pflicht zur vollumfänglichen Erfassung der Arbeitszeit kennt; aus § 16 Abs. 2 ArbZG folgt allein die Pflicht zur Erfassung der über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitszeit, sprich von Mehrarbeit.
II. Wenn der Gesetzgeber schläft: „Erfurt“ wird aktiv
Im Herbst 2022 sorgte dann der 1. BAG-Senat gewissermaßen für Klarheit, und das in einem Verfahren, in dem es eigentlich um etwas ganz anderes ging, nämlich um die Frage von erzwingbaren Beteiligungsrechten des Betriebsrats hinsichtlich einer elektronischen Arbeitszeiterfassung. Nach erfolglosen Verhandlungen über die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems wurde seitens des Betriebsrats ein Beschlussverfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle eingeleitet. Während das erstinstanzliche Gericht (ArbG Minden) das Begehren des Betriebsrats zurückwies, gab das LAG Hamm dessen Beschwerde statt. Vor dem BAG hatte wiederum die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers Erfolg.
Das BAG entschied, dass dem Betriebsrat das geltend gemachte Initiativrecht nicht zustehe, weil ein solches nur dort bestehen könne, wo für den Arbeitgeber noch keine bindende gesetzliche Verpflichtung zur Vornahme einer bestimmten betrieblichen Maßnahme existiere. Bestehe hingegen bereits eine gesetzliche Verpflichtung, sei kein Raum mehr für ein entsprechendes Initiativrecht. Dies sei hier der Fall, weil Arbeitgeber kraft Gesetzes verpflichtet seien, ein System einzuführen, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden erfasst werden. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung folge – wie teilweise vermutet – jedoch nicht bereits direkt aus Art. 31 Abs. 2 GRC, der RL 2003/88/EG oder einer analogen Anwendung bzw. unionsrechtskonformen Auslegung von § 16 Abs. 2 ArbZG, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung folgt laut BAG aus
§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG!
Nach dieser Rahmenvorschrift habe der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten für eine „geeignete Organisation“ zu sorgen und die „erforderlichen Mittel“ bereitzustellen, worunter bei unionsrechtskonformem Verständnis auch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung falle. Der Umstand, dass die inhaltlichen Vorgaben zur Arbeitszeit im Arbeitszeitgesetz geregelt seien, schließe eine Verortung der Pflicht im Arbeitsschutzgesetz nicht aus. In Übertragung der Maßstäbe des EuGH konkretisierte das BAG ferner, dass ein Erfassungssystem sich nicht darauf beschränken dürfe, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit lediglich zu erheben – die resultierenden Daten müssten auch erfasst und aufgezeichnet werden. Darüber hinaus beschränke sich die Erfassungspflicht nicht allein darauf, dass den Beschäftigten ein System zur Verfügung zu stellen, vielmehr müsse dieses auch tatsächlich genutzt werden. Die Zeiterfassungspflicht erstrecke sich dabei zumindest auch auf alle Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 1 BetrVG. Ausnahmen von dieser Verpflichtung seien durch Art. 17 Abs. 1 RL 2003/88/EG zwar grundsätzlich durch die Mitgliedstaaten regelbar, der deutsche Gesetzgeber habe davon aber bisher keinen Gebrauch gemacht.
Gleichzeitig entschieden die Erfurter Richter, dass dem Betriebsrat (vorliegend) auch kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung zustehe. Aber Vorsicht: Hiermit hat das BAG –
anders als teilweise angenommen – in keiner Weise zum Ausdruck bringen wollen, Betriebsräten jegliche Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Einführung und Ausgestaltung einer Arbeitszeiterfassung abzusprechen. Vielmehr zeigen die Ausführungen deutlich, dass die Antragsabweisung allein auf den eingeschränkten Antragsgegenstand zurückzuführen ist. Der 1. BAG-Senat betont, dass dem Betriebsrat (solange der Gesetzgeber keine detaillierten gesetzlichen Maßgaben einführt) für das „Wie“ der im Betrieb zu verwendenden Zeiterfassung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG an sich ein Initiativrecht zusteht. Dieses könne aber nicht auf eine Zeiterfassung in elektronischer Form beschränkt werden. Weil § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG einen Ausgestaltungsspielraum hinsichtlich der Form des Zeiterfassungssystems überlasse, müsse diese nicht zwingend ausnahmslos und elektronisch erfolgen; ebenso wenig sei ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber die Aufzeichnung an Arbeitnehmer delegiert.
III. Zu den „Risiken und Nebenwirkungen“ der Entscheidung – Eine Gebrauchsanweisung für die Praxis
Das BAG betont an mehreren Stellen, dass seine Einordnungen unter der Prämisse stehen, dass der Gesetzgeber noch keine konkreten Regelungen zur Zeiterfassungspflicht geschaffen hat. Auch ohne diese lassen sich aus der Entscheidung jedoch bereits jetzt Schlüsse für den Umgang mit der Zeiterfassungspflicht ziehen.
1. Pflicht zur Zeiterfassung und Form
Mit der Entscheidung des BAG ist klar: Alle Arbeitgeber sind – und zwar bereits jetzt – grundsätzlich zur vollumfänglichen Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Ob ein Betriebsrat besteht, ist irrelevant. Eine bestimmte Form schreibt derweil weder das BAG oder der EuGH noch § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG vor – letzterer bildet eben nur eine arbeitsschutzrechtliche Rahmennorm, die keine Determinierungen in Bezug auf die Zeiterfassung oder die Arbeitszeit im Allgemeinen beinhaltet. Folglich besteht insbesondere keine unbedingte Pflicht zu einer elektronischen Zeiterfassung, vielmehr betont das BAG, dass die Zeiterfassung nicht ausnahmslos und zwingend elektronisch erfolgen muss.
Es verbleibt damit zum einen bei den Maßgaben des EuGH, dass ein System objektiv, verlässlich und zugänglich sein muss, zum anderen bei den Klarstellungen des BAG, dass eine Aufzeichnung stattfinden und der Arbeitgeber von dem System tatsächlich Gebrauch machen muss. Das bedeutet: Um dem arbeitsschutzrechtlichen Zweck der Zeiterfassung zu genügen, sind nicht nur Beginn und Ende der Arbeitszeit zu dokumentieren, sondern auch Pausenzeiten. Die Form ist dabei erst einmal irrelevant, soweit Angaben verlässlich prüfbar sind. Letztlich können die Aufzeichnungen damit theoretisch sogar mit Stift und Papier erfolgen. Da der 1. Senat zudem darauf hinweist, dass Besonderheiten der konkreten Tätigkeit oder des Arbeitgebers bei der Implementierung eines Zeiterfassungssystems zu berücksichtigen sind, erscheint es denkbar, dass an sich auch verschiedene Zeiterfassungsformen im selben Betrieb bzw. Unternehmen genutzt werden.
2. Vertrauensarbeitszeit und Delegation
Keine Angst: Weder der EuGH noch das BAG machen der Arbeitswelt flexible Arbeitsformen streitig, um die wir insbesondere aus Österreich sehr häufig beneidet werden. Auch nach den Entscheidungen ist die Nutzung von Vertrauensarbeitszeitmodellen weiterhin im bisherigen Rahmen möglich, solange die ordnungsrechtlichen (das heißt insbesondere arbeitszeitrechtlichen) Vorgaben eingehalten werden. Die Zeiterfassungspflicht führt jedoch ggfs. zu einem Änderungsbedarf bei der Dokumentation der Arbeitszeit. Insbesondere bei Vertrauensarbeitszeit, wo der Arbeitgeber die Entscheidung darüber, wann der Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitszeitgrenzen arbeitet in dessen Hände legt, wird mutmaßlich noch mehr als zuvor die Delegationsmöglichkeit an die Beschäftigten relevant, die das BAG explizit als zulässig einordnet. Eine Delegation der Aufzeichnungspflicht macht daneben auch originär bei Dienstreisen und Bereitschaftsdienstzeiten Sinn. Im Übrigen muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass er kurzfristig auf die Dokumentation zugreifen kann. Jedoch nicht vergessen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Es muss jedenfalls sichergestellt sein, dass der Arbeitgeber jederzeit an die Aufzeichnungen gelangen kann, sonst fehlt es für diesen bzw. die Ordnungsbehörde an der Zugänglichkeit des Systems!
3. Leitende Angestellte
Anders als das Arbeitszeitgesetz schließt das Arbeitsschutzgesetz leitende Angestellte nicht aus seinem Anwendungsbereich aus, weshalb zu klären ist, auf welche Arbeitnehmer sich die Zeiterfassungspflicht nunmehr bezieht. Das BAG hat diese Frage nicht abschließend beantwortet, sondern lediglich konstatiert, dass die Verpflichtung jedenfalls auch für Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 1 BetrVG gilt und – jedenfalls bezogen auf den vorliegenden Fall – die in §§ 18-21 ArbZG geregelten Ausnahmen nicht einschlägig seien. Ob dies bedeuten soll, dass die § 18-21 ArbZG nur aufgrund des hiesigen Verfahrensgegenstands nicht anwendbar sein sollen (da sich die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aufgrund von § 5 Abs. 3 BetrVG nicht auf leitende Angestellte beziehen können) oder gänzlich keine Anwendung auf die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG finden sollen, lässt sich der Entscheidung des BAG indes nicht entnehmen. Dies, obwohl insbesondere an dieser Stelle eine Klarstellung wünschenswert gewesen wäre. Für den Fall, dass das BAG die Anwendbarkeit des § 18 ArbZG – und damit die Ausnahme von leitenden Angestellten aus dem Arbeitszeitgesetz – auf die Pflichten aus dem Arbeitsschutzgesetz tatsächlich gänzlich verneinen wollte, würde dies wohl bedeuten, dass ohne Gesetzesänderung auch die Arbeitszeit von leitenden Angestellten im selben Maße erfasst werden müsste. Denn das Arbeitsschutzgesetz selbst enthält keine dem § 18 ArbZG entsprechende Ausnahmeregelung und Art. 17 Abs. 1 RL 2003/88/EG, welcher dem nationalen Gesetzgeber grundsätzlich die Möglichkeit einräumt, abweichende nationale Regelungen zu treffen, kommt selbst – wie auch das BAG ausdrücklich klargestellt hat – nicht als Ausnahmetatbestand in Betracht. Gerade an dieser Stelle ist daher auf die Schaffung einer klarstellenden Norm durch den Gesetzgeber oder zumindest auf eine Klarstellung durch die Rechtsprechung zu hoffen. Selbst im Falle des aufgezeigten „Worst-Case-Szenarios“ sind die Folgen jedoch aktuell überschaubar. Denn leitende Angestellte fallen weder in den Zuständigkeitsbereich der Betriebsräte noch existieren für sie (bisher) etwaige Sanktionierungsmöglichkeiten.
4. Mitbestimmung des Betriebsrats
Ein wenig in den Hintergrund gerückt ist die Frage, ob und welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen. Die Entscheidung des BAG darf nicht dahin gehend falsch verstanden werden, dass das Gericht den Betriebsräten jegliche Mitbestimmungsrechte im Zusammenhang mit der Einführung und Ausgestaltung einer betrieblichen Arbeitszeiterfassung abspricht. Aufgrund der nun etablierten gesetzlichen Pflicht hat der Betriebsrat lediglich kein Initiativecht hinsichtlich der generellen Einführung einer Arbeitszeiterfassung. Bei der konkreten Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems, also dem „Wie“, können dem Betriebsrat nach wie vor verschiedenste Mitbestimmungsrechte zustehen. Insoweit kommt nicht nur § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (Stichwort: Ausgestaltung und Umsetzung von Arbeitsschutzvorgaben) in Betracht, sondern auch eine Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 6 BetrVG. Der Betriebsrat hat damit auch künftig ein Initiativrecht in Bezug auf die Mitbestimmung bei der Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems; was er hingegen nicht verlangen kann, ist die Anschaffung eines bestimmten, z. B. elektronischen Systems – auch deshalb nicht, weil er damit auch in die allein dem Arbeitgeber zustehende Betriebsmitteldisposition eingreifen würde.
5. Ein Bonbon am Rande
Jedenfalls derzeit sind die sich durch die Entscheidung des BAG für die Praxis ergebenden Folgen mit denen vergleichbar, die bei einem dritten Pasch bei dem Gesellschaftsspiel „Monopoly“ drohen, wenn man gleichzeitig im Besitz der „Du kommst aus dem Gefängnis frei“-Karte ist. Das Risiko eines unmittelbaren Bußgeldes oder gar einer Strafbarkeit bei Verstößen besteht nach derzeitiger Rechtslage nämlich nicht. Zwar unterliegt die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes der aufsichtsbehördlichen Überwachung, ein Verstoß gegen die Pflichten aus § 3 Abs. 2 ArbSchG ist aber nach gültiger Rechtslage nicht bußgeldbewehrt. Es bedarf hierfür jedoch zuvor zumindest einer Anordnung durch die zuständige Ordnungsbehörde, bevor Sanktionen bei Nichteinhaltung drohen. Sofern der Gesetzgeber die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausdrücklich gesetzlich regelt, wird er indes wahrscheinlich auch Sanktionen für Verstöße festlegen.
IV. Zusammenfassung
Mit der Verortung einer Pflicht zur Arbeitszeiterfassung im Arbeitsschutzgesetz kam das BAG dem Gesetzgeber gewissermaßen zuvor, auch, wenn gesetzliche Modifikationen damit in der Zukunft nicht ausgeschlossen, sondern gar wünschenswert sind und auch vom BAG an vielen Stellen zumindest angesprochen (oder wohl eher: empfohlen) werden. Daneben wird um die Entscheidung mehr Lärm gemacht als nötig: Sofern Arbeitgeber bereits eine Zeiterfassungssystem unterhalten, wird dies den Anforderungen in der Regel genügen. Auch die Aufklärungs-, Hinweis- und Kontrollpflichten bei Delegation der Erfassungspflicht sind keine neue Erfindung, sondern sollten eigentlich seit Jahren gelebte Praxis sein. Diejenigen, die noch über kein bzw. über lediglich einem § 16 Abs. 2 ArbZG entsprechenden Arbeitszeiterfassungssystem verfügen, sollten sich von nun an – wenn auch mit der gebotenen Besonnenheit – mit der Implementierung eines den vorstehenden Vorgaben entsprechenden Systems auseinandersetzen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass (auch) der Gesetzgeber und/oder die Ordnungsbehörden vom Fingerzeig des BAG wachgerüttelt wurden.
Die Digitalisierung unseres Lebens löst die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben immer weiter auf. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Homeoffice. Arbeitgeber begegnen aber auch zahlreichen weiteren Trends in diesem Zusammenhang. Dazu gehören „workation“, also die Verbindung zwischen Arbeit („work“) und Urlaub („vacation“), ebenso wie „bleisure“, d. h. die Verbindung von Dienstreisen („business“) und Urlaub („leisure“). Den bei diesen neuen Formen der Mobilarbeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen möchten wir gerne nachgehen.
Workation
Die zunehmende Digitalisierung und ihr großer Anschub durch die Corona-Pandemie haben die Gestaltungen der Telearbeit, darunter die mobile Arbeit und das Homeoffice, fast schon zu einem Standard neben der herkömmlichen Arbeit im Betrieb gemacht. Von dieser Ausgangslage ist es nicht weit zur sog. workation, d. h. der Verbindung von Arbeit (work) und Urlaub (vacation). In der Praxis sieht dies so aus, dass Arbeitnehmer den Wunsch äußern, aus oder nach dem Urlaub ihre Arbeit (aus dem Ausland) zu erbringen. Mit anderen Worten verlagern sie ihr Homeoffice einfach in ihr Urlaubsdomizil im sonnigen Süden oder anderswo. Damit stellt sich die Frage, welche rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Zusammenhang zu beachten sind. Bei workation handelt es sich um eine Kombination von Telearbeit – i.d.R. aus dem Ausland – mit Urlaub. Es liegt auf der Hand, dass dabei eine ganze Reihe von Rechtsfragen zu bedenken sind. Arbeitsrechtlich wäre zunächst zu klären, ob deutsches Recht Anwendung findet, und außerdem, welche Punkte arbeitsvertraglich zu regeln sind. Ferner stellen sich – ebenso wie bspw. bei Entsendungen – sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragen.
Ein nur vorübergehendes Homeoffice im Ausland, etwa im Anschluss an einen Urlaub, hat keinen Einfluss auf den gewöhnlichen Beschäftigungsort und damit das anwendbare Recht. Dies kann aber anders sein, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft oder überwiegend aus dem Ausland tätig werden möchte. Einschlägig ist die Rom-I-VO. Zu empfehlen ist in jedem Fall eine klare Rechtswahl. Fehlt sie, kommt es nach Art. 8 II Rom-I-VO auf den gewöhnlichen Arbeitsort an. Entscheidend wäre danach, an welchem Ort sich das Homeoffice befindet, vor allem aber, ob es sich dabei um den gewöhnlichen Tätigkeitsort handelt. Hier besteht somit schon einmal Regelungsbedarf. Arbeitsvertraglich ist aber noch mehr zu regeln. Dies ergibt sich für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung länger als einen Monat außerhalb Deutschlands erbringt, schon aus § 2 II NachwG. Danach sind die Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit, die Gehaltsabrechnung und Vergütung sowie auch die Bedingungen der Rückkehr festzulegen. Zusätzlich liegt es nahe, den Arbeitsort wie auch die Dauer der Arbeitsperioden im Wohnsitzland und im Ausland zur Dokumentation der Arbeitstage zu regeln. Des Weiteren sind die arbeitsrechtlichen Themen zu regeln (vorzugsweise kollektivrechtlich), die auch beim „normalen“ inländischen Homeoffice anfallen. Dazu zählen etwa die Festlegung des Kreises der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer, die Bedingungen sowohl für die Inanspruchnahme als auch für die Beendigung, ferner die Dokumentation der Arbeitszeit, der Arbeits- und der Datenschutz.
Neben diesen arbeitsrechtlichen Themen gibt es aber auch sozialversicherungs- und steuerrechtliche Implikationen, die nicht übersehen werden sollten. Das anwendbare Sozialversicherungsrecht hängt u. a. davon ab, ob sich der Urlaubsort inner- oder außerhalb Europas befindet und in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer von dort tätig wird. Einschlägig ist hier Art. 13 der VO (EG) Nr. 883/2004. Danach müsste, damit das deutsche Sozialversicherungsrecht weiterhin Anwendung findet, der Arbeitnehmer mindestens 25 % seiner Arbeitszeit in Deutschland erbringen, sofern er einen Wohnsitz in Deutschland hat und auch der Arbeitgeber in Deutschland ansässig ist. Bei einer Tätigkeit von weniger als 25 % in Deutschland müsste der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland und der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland haben. Bei allen Erscheinungsformen der workation müssen die Arbeitsvertragsparteien außerdem das Erfordernis der A1-Bescheinigung bedenken. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass einige EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften deutlich verschärft haben und zwingend eine A1-Bescheinigung vor Beginn einer Tätigkeit des Arbeitnehmers in ihrem Land verlangen. Liegt das Homeoffice dagegen außerhalb der EU, kommt es hinsichtlich des anwendbaren Sozialversicherungsrechts auf das jeweilige Abkommen zwischen den beteiligten Staaten an.
Schließlich ist steuerrechtlich insbesondere zu klären, ob sich an der Pflicht des Arbeitgebers zum Lohnsteuerabzug generell oder der Höhe nach etwas durch die workation aus dem Ausland ändert. Im Ergebnis bleibt es bei der Versteuerung in Deutschland, wenn der in Deutschland ansässige und bei einem deutschen Arbeitgeber angestellte Arbeitnehmer sich nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhält. Ein weiteres für Arbeitgeber unbedingt zu vermeidendes steuerliches Risiko ist dasjenige der Begründung einer Betriebsstätte im Ausland, die entsprechende Steuerpflichten im jeweiligen Ausland zur Folge hätte; des Weiteren können sich Auswirkungen auf die Firmenwagenbesteuerung ergeben.
In sozialen Netzwerken wird Arbeitnehmern zum Thema workation zur Umgehung der aufgezeigten Probleme zum Teil nahegelegt, sich „doch selbstständig zu machen“ und dann aus dem Ausland unbesorgt arbeiten zu können. Wenn ein Arbeitnehmer für das (deutsche) Unternehmen als freier Mitarbeiter vom Ausland aus tätig werden möchte, besteht jedoch das Risiko einer Scheinselbstständigkeit, also einer verdeckten abhängigen Beschäftigung. Diese Gefahr kann sich vor allem realisieren, wenn das bisherige Unternehmen der einzige Auftraggeber ist, unverändert Zugriff auf alle Systeme des Arbeitgebers besteht oder feste Arbeitszeiten vorgegeben werden. Insbesondere die Vereinbarung fester Arbeitszeiten ist wegen derer häufigen Notwendigkeit aufgrund von Zeitverschiebung etc. ein heikler Punkt, auf den geachtet werden sollte.
Wenn sich die Gefahr einer in Wahrheit bestehenden abhängigen Beschäftigung verwirklichen sollte, kann dies die rückwirkende Anwendbarkeit ausländischen Sozialversicherungsrechts zur Folge haben. Zudem können die Arbeitgeber beträchtliche Kosten für Sozialversicherungsbeiträge und ggf. Bußgelder im In- und Ausland treffen. Hinzu kommt ein enormes Risiko der Entstehung einer Betriebsstätte im Ausland. Je nach Landesrecht wird das Vorliegen einer solchen Betriebsstätte unterschiedlich beurteilt. Ist diese einmal gegeben, folgen daraus erhebliche steuerliche Risiken sowie zusätzliche Kosten und Verpflichtungen für Arbeitgeber.
Bleisure
Auch bei den Erscheinungsformen des sog. bleisure Travel vermischen sich private und dienstliche Zusammenhänge. Hier sehen die Fallgestaltungen in der Praxis so aus, dass Dienstreisen mit Urlaub oder Freizeit kombiniert werden. Arbeitnehmer hängen an die Dienstreise noch ein paar Tage an, reisen früher an oder nehmen ihre Partnerin oder ihren Partner einfach mit. Auch bei diesen Fallgestaltungen stellen sich arbeits- sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragen.
Für alle rechtlichen Zusammenhänge ist bei den Fallgestaltungen des bleisure Travel die Abgrenzung zwischen der dienstlichen Veranlassung und dem privaten Teil wichtig. Soweit es sich dabei um Dienstreisezeit handelt, ist sie als Arbeitszeit zu vergüten. Davon wären neben Pausen, Ruhens- und Schlafenszeiten auch die sonstigen Freizeiten, also die „leisure“-Anteile abzuziehen. Neben der vergütungspflichtigen Arbeitszeit ist auch zu regeln, wie die Kosten des dienstlichen und des privaten Anteils abzugrenzen sind und wer die jeweiligen Kostenanteile trägt. Denkbar wäre bspw. bei den Flugkosten eine Regelung, dass der Arbeitgeber die Flugkosten in der Höhe trägt, in der sie bei der reinen Dienstreise angefallen wären. Steigen die Kosten, weil der Arbeitnehmer noch einige Tage an den dienstlichen Aufenthalt dranhängt, trägt er die entsprechenden Mehrkosten. Sozialversicherungsrechtlich ist zu bedenken, dass der Versicherungsschutz in der Kranken- und Unfallversicherung im Zweifel nur für den dienstlichen Reiseteil gewährleistet ist. So besteht in der Unfallversicherung kein Versicherungsschutz, wenn sich der versicherte Arbeitnehmer auf der Dienstreise rein persönlichen, von der grundsätzlich versicherten Tätigkeit nicht mehr beeinflussbaren Belangen widmet (BSG NJW 2017, 2858). Entsprechend müssen die Arbeitsvertragsparteien sicherstellen, dass hier weder unnötige Streitpotenziale noch Risiken entstehen. Auch in steuerrechtlicher Hinsicht ist schließlich die Abgrenzung zwischen dem beruflich und dem privat veranlassten Teil des bleisure-Reisen bedeutsam. Berücksichtigungsfähig sind nur die dienstlich veranlassten Fahrt-, Übernachtungs- und sonstigen Kosten. Gleiches gilt für die Frage, ob die Reisekostenerstattung des Arbeitgebers steuerpflichtiger Arbeitslohn ist. Bei einer Dienstreise mit anschließendem Urlaub sind die An- und Rückreisekosten entsprechend aufzuteilen (BFH NJW 2010, 891).
Fazit
1. Damit workation und bleisure nicht in streitigen Auseinandersetzungen enden, mit Bußgeldern belegt oder zu sonstigen unliebsamen rechtlichen Überraschungen der Beteiligten führen, müssen sich die Arbeitsvertragsparteien in erster Linie die rechtlichen Zusammenhänge bewusst machen. An diesem Bewusstsein fehlt es in der Praxis erstaunlich häufig. Ist es dagegen vorhanden, wird den Arbeitsvertragsparteien schnell deutlich, dass z. B. bei bleisure-Dienstreisen Transparenz darüber, was betrieblich und was privat veranlasst ist, oberste Priorität hat.
2. In der Regel wird an der Abfassung allgemeiner Regelwerke wie etwa einer Betriebsvereinbarung zu Homeoffice und workation oder einer Reisekostenrichtlinie wenig vorbeiführen. Mit solchen Regelwerken können die genannten Risiken eingehegt und zugleich die Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden. Letztere wird angesichts der Arbeitsmärkte zunehmend wichtiger, zumal der Trend zu workation und bleisure eher zu- als abnehmen wird.
Für eine Arbeitnehmerüberlassung bedarf es der Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn Arbeitnehmer aus dem EU-Ausland nach Deutschland überlassen werden. Fehlt es an einer deutschen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, so handelt es sich um eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung. Im Fall einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung aus dem EU-Ausland kommt kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher im Inland zustande, wenn das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaats unterliegt.
BAG, Urteil vom 26.4.2022 – 9 AZR 228/21
Der Fall
Die Klägerin wurde im Oktober 2014 in einem französischen Beratungskonzern mit Schwerpunkt Technologieberatung als Ingenieurin/Fachberaterin eingestellt. Sie selbst ist französische Staatsangehörige und wohnte auch in Frankreich. Auf das Arbeitsverhältnis fand laut Arbeitsvertrag französisches Recht Anwendung. Von 2014 bis 2016 wurde sie in einem Betrieb eines Kunden ihres Arbeitgebers in Karlsruhe als Beraterin tätig. Ihr Arbeitgeber war nicht in Besitz einer deutschen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis im Jahr 2019. Daraufhin klagte die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe und machte geltend, dass seit 2014 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzunternehmen in Karlsruhe bestünde. Sie berief sich darauf, dass sie im Rahmen einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung in Karlsruhe im Einsatzunternehmen tätig gewesen sei. Ihr Arbeitsvertrag mit ihrem französischen Arbeitgeber sei aufgrund der fehlenden Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis unwirksam. Die Klägerin hatte in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht gab der Berufung der Klägerin statt.
Die Entscheidung
Die zulässige Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das BAG stellte fest, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen dem deutschen Einsatzunternehmen und der Klägerin zustande gekommen ist. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer im Fall einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung setze voraus, dass der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer gemäß § 9 Nr.1 AÜG a.F. unwirksam sei. Wenn aber nach dem anwendbaren Recht kein unwirksames Arbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer vorliege, könnte auch kein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher fingiert werden. Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass das zwischen dem Verleiher und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis französischem Recht unterlag. Die von den Parteien getroffene Rechtswahl sei zulässig.
Weder das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz noch das Arbeitnehmerentsendegesetz (AentG) ordneten an, dass
§ 9 Nr.1 AÜG a.F. gegenüberüber dem ausländischen Recht Vorrang habe. § 9 Nr. 1 AÜG a.F. sei keine Eingriffsnorm i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO. Daher gewähre das AÜG den Leiharbeitnehmern, die aus einem anderen Mitgliedsstaat der europäischen Union ins Inland überlassen werden, keinen über § 2 AentG aF und n.F. hinausgehenden Schutz. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung von § 1 Abs.1 Satz 1 AÜG a.F. sei dadurch ausreichend gesichert, dass die fehlende Genehmigung gemäß § 16 Abs. 1 Nr.1 und Abs. 2 AÜG a.F. als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werde. Aufgrund des nach französischem Recht wirksamen Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber werde daher kein weiteres Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher im Inland begründet. Ein Nebeneinander von Leiharbeitsvertrag und fingiertem Arbeitsverhältnis sei ausgeschlossen.
Unser Kommentar
Die Entscheidung des BAG ist von hoher Praxisrelevanz, da die Fälle einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland in Zeiten einer sich dynamisch verändernden globalisierten Arbeitswelt zunehmen. Kommt es zu einem Einsatz von Arbeitnehmern eines Dritten im Unternehmen ist regelmäßig mit Blick auf das Risiko einer nach deutschem Recht unzulässigen verdeckten Arbeitnehmerüberlassung äußerste Vorsicht geboten. Dies gilt auch für die Fälle, in welchen Arbeitnehmer aus dem Ausland für Unternehmen in Deutschland tätig werden. Auch in diesen Fällen kann es je nach der Gestaltung des Einsatzes der Arbeitnehmer zu einer unzulässig verdeckten Arbeitnehmerüberlassung kommen. Maßgeblich ist hierbei nicht der Vertragsinhalt, den die Parteien vereinbart haben, sondern die gelebte Vertragspraxis. Arbeitgeber sollten daher den Vertragsinhalt und die geplante Durchführung des Vertragsverhältnisses im Vorfeld des Einsatzes sorgfältig prüfen. Auch im laufenden Vertragsverhältnis sollte die gelebte Vertragspraxis regelmäßig einer Prüfung unterzogen werden, um die Risiken einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung auszuschließen. Die überzeugend und ausführlich begründete Entscheidung des BAG ist somit aufgrund der weitreichenden Folgen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu begrüßen. Mit seiner Entscheidung hat das BAG für die Fälle, in denen ein nach dem ausländischen Recht wirksames Arbeitsverhältnis besteht, etwas Entwarnung gegeben. In diesen Fällen wird trotz des Vorliegens einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zumindest kein Arbeitsverhältnis mit dem inländischen Entleihunternehmen fingiert. Dennoch bleibt es auch in diesen Fällen bei einer unzulässigen verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, bei welcher vor allem hohe Bußgelder drohen. Die Entscheidung gilt – auch wenn sie sich noch auf die alte Rechtslage des AÜG in seiner bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung bezieht, auch für die aktuelle Rechtslage.
Das Verbot des sichtbaren Tragens religiöser Zeichen in Unternehmen ist nicht ohne Weiteres rechtswidrig.
EuGH, Entscheidung vom 13.10.2022 – C-344/20 (Rechtssache SCRL)
Der Fall
Die Klägerin, die muslimischen Glaubens ist und ein Kopftuch trägt, bewarb sich im Rahmen ihrer Berufsausbildung im März 2018 bei der Beklagten, die Sozialwohnungen in Belgien verwaltet, um dort ein Praktikum zu absolvieren.
Nach einem Vorstellungsgespräch teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass man ihre Bewerbung als positiv bewerte, verwies aber zugleich auf die unternehmensinternen Neutralitätsregeln, wonach alle Arbeitnehmer darauf zu achten haben, ihre religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugungen weder durch Worte, Kleidung oder auf andere Weise zum Ausdruck zu bringen. Die Klägerin erklärte sich nicht einverstanden, ihr Kopftuch in den Geschäftsräumen der Beklagten abzulegen, um diese Neutralitätsregeln einzuhalten und erhielt daraufhin eine Absage.
Einen Monat später bewarb sich die Klägerin erneut um ein Praktikum bei der Beklagten und schlug vor, anstelle des Kopftuchs eine andere Kopfbedeckung zu tragen. Auch diese Bewerbung lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass in ihren Geschäftsräumen keinerlei Kopfbedeckung erlaubt sei. Daraufhin zeigte die Klägerin die Beklagte bei der Antidiskriminierungsstelle an und klagte vor dem französischsprachigen Arbeitsgericht in Brüssel auf Unterlassung, welches ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV beim EuGH einleitete.
Die Entscheidung
Mit der Entscheidung vom 13. Oktober 2022 bestätigt das Gericht seine Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Das Gericht stellt (erneut) fest, dass unternehmensinterne Neutralitätsregeln, die es den Arbeitnehmern verbieten, durch Worte, Kleidung oder auf andere Weise ihre religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, keine unmittelbare Diskriminierung darstellen, wenn diese Regeln allgemein sowie unterschiedslos formuliert und angewandt werden.
Zudem befasste sich das Gericht sodann mit der Frage, ob derartige Neutralitätsregeln eine mittelbare Diskriminierung darstellen: Auch dies verneinte der EuGH, solange die Ungleichbehandlung durch einen legitimen Zweck sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich sowie angemessen sind. Das Gericht erkennt, dass das Bestreben des Arbeitgebers, in der Außenwahrnehmung Neutralität zum Ausdruck zu bringen – als Teil der geschützten unternehmerischen Freiheit (Art. 16 GRCh) – einen rechtmäßigen Zweck darstellen kann. Darüber hinaus sei es jedoch erforderlich, dass der Arbeitgeber über ein tatsächliches Interesse an der Neutralitätspolitik verfüge, dessen Vorliegen er zu beweisen hat.
Nach Auffassung des Gerichts ist zur Feststellung, ob eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, eine einzelfallbezogene Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hierbei kann der Religion oder Weltanschauung im Einzelfall größere Bedeutung beigemessen werden als der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers, soweit sich dies aus dem nationalen Recht ergibt. Nationale Verfassungsvorschriften, welche die Religionsfreiheit schützen, dürfen also bei der Abwägung als günstigere Vorschriften iSd. Art. 8 Abs. 1 RL 2000/78 berücksichtigt werden. Das Gericht stellt somit fest, dass den Mitgliedstaaten diesbezüglich ein gewisser Wertungsspielraum eingeräumt wird. Dieser reicht allerdings nicht so weit, dass die in Art. 1 RL 2000/78 aufgeführten Diskriminierungsgründe „Religion oder Weltanschauung“ in zwei verschiedene Diskriminierungsgründe aufgespalten werden können. Vielmehr handelt es sich nach Auffassung der Richterinnen und Richter um einen einzigen Diskriminierungsgrund, der sowohl religiöse als auch weltanschauliche und spirituelle Überzeugungen umfasst. Andernfalls würden der Wortlaut, Kontext und Zweck des Diskriminierungsgrundes in Frage gestellt und die Wirksamkeit des allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf beeinträchtigt werden.
Unser Kommentar
Der EuGH bleibt mit dieser Entscheidung seiner bisherigen Rechtsprechung im Zusammenhang mit Kopftuchverboten treu, trifft allerdings keine Kernaussagen, die nicht schon an einer anderen Stelle getroffen wurden. Bei der Lektüre drängt sich die Frage auf, weshalb das vorlegende Gericht überhaupt Anlass nahm, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten. Den Hintergrund erläutert der EuGH selbst: Das vorlegende Gericht war der Meinung, die bisherigen Urteile des EuGH zu diesen Fragen würden „ernsthafte Fragen“ aufwerfen, wie im Rahmen der Schlechterstellung der Vergleichsmaßstab zu bilden sei. Wenn – wie der EuGH bereits in der Rechtssache WABE (EuGH 15. Juli 2021 – C-804/18 und C-341/19, Rn. 47) betont – Religion und Weltanschauung zwei „Facetten“ derselben Medaille im Sinn desselben geschützten Merkmals seien, würde dies zu einer erheblichen Einschränkung des Bereichs führen, innerhalb dessen eine Vergleichsperson gefunden werden könne.
Der EuGH sieht die vom vorlegenden Gericht herausgearbeiteten Probleme indes nicht (Rn. 59 ff.): „[D]as Vorliegen eines einzigen Kriteriums, das die Religion und die Weltanschauung umfasst, [steht] weder Vergleichen zwischen Arbeitnehmern mit religiösen Überzeugungen und Arbeitnehmern mit anderen Überzeugungen noch solchen zwischen Arbeitnehmern mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen entgegen.“ Entscheidend sei vielmehr nur, dass die Schlechterstellung in Abhängigkeit von Religion oder Weltanschauung erfolge – im Wortlaut der Richtlinie also „wegen“ der Merkmals.
Auswirkungen dieses Urteils auf die deutsche Rechtsprechungspraxis sind nicht zu erwarten – das BAG verlangt bereits nicht nur den Nachweis, dass ein rechtmäßiges Ziel durch das Verbot verfolgt wird, sondern auch, dass eine konkrete Gefahr für dieses Ziel bestand oder gegenwärtig besteht. Nennenswerte Auswirkungen sind indes in jenen Mitgliedsstaaten zu erwarten, in denen der Laizismus eine deutliche größere – und teils sogar verfassungsrechtlich abgesicherte – Position einnimmt (bspw. Frankreich und Portugal).
Soll ein schwerbehinderter bzw. einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellter Arbeitnehmer gekündigt werden, bedarf dies der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Wird diese nicht eingeholt, kann dies die Vermutung begründen, dass die Benachteiligung, die der schwerbehinderte / gleichgestellte Arbeitnehmer durch die Kündigung erfahren hat, wegen der Schwerbehinderung erfolgt ist, und Entschädigungsansprüche nach sich ziehen.
BAG, Urteil vom 2.6.2022 – 8 AZR 191/21
Der Fall
Die Parteien haben über die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers in Höhe von mindestens EUR 3.500,00 zahlen zu müssen, gestritten. Dem Streit vorausgegangen war eine Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Integrationsamts und ohne vorherige Durchführung eines Präventionsverfahrens. Die behördliche Anerkennung der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers war zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs weder beantragt noch erfolgt. Der Arbeitnehmer hat sich insoweit jedoch auf die Offensichtlichkeit des Vorliegens einer Schwerbehinderung berufen und dementsprechend eine Diskriminierung wegen seiner – im Fortgang tatsächlich noch anerkannten – Schwerbehinderung geltend gemacht.
Die Entscheidung
Die Klage war in allen Instanzen erfolglos. Das BAG hat letztinstanzlich bestätigt, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG hat.
Der Arbeitnehmer sei nach Auffassung der Bundesrichter durch den Kündigungsausspruch zwar benachteiligt worden. Diese Benachteiligung habe er jedoch nicht wegen seiner Schwerbehinderung erfahren. Der Arbeitnehmer habe keine hinreichenden Indizien vorgetragen bzw. unter Beweis gestellt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten ließen. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei weder die Eigenschaft des Klägers als schwerbehinderter/gleichgestellter Mensch festgestellt noch sei die Schwerbehinderung offensichtlich bzw. offenkundig gewesen. Der § 168 SGB IX, aus dem sich die Notwendigkeit der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts zu einer beabsichtigten Kündigung ergibt, habe demnach keine Anwendung gefunden. Auch sei ein Entschädigungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen die etwa bestehende Verpflichtung, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen, laut BAG nicht erkennbar, da der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht über eine bestehende festgestellte oder offenkundige Schwerbehinderung informiert habe. Die Schwerbehinderung habe dementsprechend nicht „Bestandteil des Motivbündels“, das die Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers (mit)beeinflusst habe, sein können. Schließlich handele es sich nach Auffassung des BAG bei § 167 Abs. 2 SGB IX (betriebliches Eingliederungsmanagement) nicht um eine Vorschrift, die die Vermutung begründen könne, dass eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung erfolgt ist. Da auch weitere vom Arbeitnehmer angeführte Umstände keine Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung begründet haben, ist die Klage schließlich abgewiesen worden.
Unser Kommentar
Das BAG führt seine bisherige Rechtsprechung fort und baut diese weiter aus. Nach ständiger Rechtsprechung begründet der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung. Diese Pflichtverletzungen sind nach Ansicht des BAG nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein.
Mit der vorliegenden Entscheidung stellt das BAG zumindest klar, dass auch das Zustimmungserfordernis nach § 168 SGB IX eine Verfahrens- und/oder Förderpflicht in vorgenanntem Sinne darstellt. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts lässt somit eine Benachteiligung vermuten und kann entsprechende Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG nach sich ziehen. Dass die Entschädigungsklage vorliegend dennoch abgewiesen worden ist, ist den Umständen des Einzelfalls geschuldet, die nicht verallgemeinerbar sind.
Neben der per se gegebenen Unwirksamkeit einer ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts ausgesprochenen Kündigung eines schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Arbeitnehmers besteht somit auch das Risiko, dass sich Arbeitgeber, die sich pflichtwidrig verhalten, mit entsprechenden Entschädigungsansprüchen konfrontiert sehen. Dies gilt es zu beachten, wohl auch in Konstellationen, in denen sich die Arbeitsvertragsparteien über die „einvernehmliche“ Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Kündigungswege und unter Außerachtlassung des § 168 SGB IX eigentlich einig sind.
Vor diesem Hintergrund ergänzend auch der Hinweis auf eine vergleichbare Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. August 2022 im Beschlusswege (Az. 16 TaBV 191/21). Hier wurde festgestellt, dass es eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 3 BetrVG darstellen kann, wenn Kündigungen ohne notwendige vorherige Anhörung des im Betrieb gebildeten Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG ausgesprochen werden. Rechtsfolge insoweit ist ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, der u. U. von einem Ordnungsgeld in Höhe von bis zu EUR 10.000,00 flankiert werden kann.
Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn er einem Arbeitnehmer, der aus einem SARS-CoV-2-Risikogebiet zurückkehrt, ein 14-tägiges Betretungsverbot für das Betriebsgelände erteilt, obwohl dieser gemäß den verordnungsrechtlichen Vorgaben bei der Einreise aufgrund der Vorlage eines aktuellen negativen PCR-Tests und eines ärztlichen Attests über Symptomfreiheit keiner Absonderungspflicht (Quarantäne) unterliegt. Der Arbeitgeber schuldet dann gem. §§ 615 Satz 1, 611a Absatz 2 BGB grundsätzlich Fortzahlung der Vergütung.
BAG, Urteil vom 10.8.2022 – 5 AZR 154/22
Der Fall
Die Parteien stritten über die Vergütung wegen Annahmeverzugs für den Zeitraum vom 17. bis zum 28. August 2020.
In diesem Zeitraum galt im Betrieb der Beklagten ein Hygienekonzept. Das Konzept sah vor, dass Rückkehrer aus einem Risikogebiet das Betriebsgelände für vierzehn Tage nicht betreten dürfen. Ähnliches regelte die SARS-CoV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin vom 16. Juni 2020. Danach bestand für Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet grundsätzlich eine vierzehntägige Quarantänepflicht. Hiervon ausgenommen waren Personen, die höchstens 48 Stunden vor der Einreise nach Deutschland einen negativen PCR-Test vorweisen konnten und keine Symptome aufwiesen. Bundesgesetzliche Vorgaben zur Einhaltung einer Quarantäne nach Reiserückkehr bestanden nicht.
Der Kläger war vom 11. bis zum 15. August 2020 urlaubsbedingt in der Türkei. Die Türkei war in diesem Zeitraum vom Robert-Koch-Institut als Corona-Risikogebiet eingestuft. Vor der Ausreise, am 13. August, sowie unmittelbar nach seiner Ankunft in Deutschland machte er einen PCR-Test, der jeweils einen negativen Befund aufwies. Darüber hinaus konnte er mithilfe eines ärztlichen Attests seine Symptomfreiheit nachweisen.
Als der Kläger am ersten Tag nach seinem Urlaub, dem 17. August 2020, den Betrieb aufsuchte, wurde er - unter Hinweis auf das Hygienekonzept – sofort wieder nach Hause geschickt. Mit Schreiben vom 21. August 2020 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er das Werksgelände bis einschließlich zum 29. August 2020 nicht betreten dürfe. In dieser Zeit habe er keinen Vergütungsanspruch, könne die Lohnfortzahlung aber durch Urlaub kompensieren. Das Arbeitszeitkonto des Klägers wies im streitgegenständlichen Zeitraum Abwesenheit wegen Urlaubs auf.
Der Kläger verlangte Vergütung wegen Annahmeverzugs in Höhe von EUR 1.512,47 brutto für den Zeitraum vom 17. bis zum 28. August 2020. Die Klage hatte in der ersten und zweiten Instanz Erfolg.
Die Entscheidung
Das BAG hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger kann für den streitgegenständlichen Zeitraum gem. §§ 615 Satz 1, 611a Absatz 2 i.V.m. §§ 293 ff. BGB Vergütung wegen Annahmeverzugs verlangen.
Der Kläger hat seine Leistung tatsächlich angeboten, indem er am 17. August 2020 persönlich am Betrieb erschienen ist.
Darüber hinaus war der Kläger nicht außerstande, die geschuldete Leistung zu bewirken, § 297 BGB. Er war leistungswillig und leistungsfähig.
Leistungsfähigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich und rechtlich zur geschuldeten Arbeitsleistung in der Lage ist. Ein rechtliches Unvermögen ist etwa gegeben, wenn ein gesetzliches Beschäftigungsverbot besteht. Dies hat das BAG verneint.
Zum einen bestand keine öffentlich-rechtliche Quarantänepflicht, da der Kläger aufgrund der negativen PCR-Tests und seiner Symptomfreiheit von der Regelung der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes Berlin befreit war.
Zum anderen führte das vom Arbeitgeber ausgesprochene Betretungsverbot nicht zu einem Unvermögen im Sinne des § 297 BGB. Denn die Beklagte hat die Ursache für das Unvermögen selbst gesetzt. Fällt die Nichterbringung der Arbeitsleistung in die Sphäre des Arbeitgebers, ist dieser grundsätzlich zur Zahlung der Annahmeverzugsvergütung verpflichtet.
Das BAG führte weiter aus, dass der Beklagten die Annahme der Arbeitsleistung auch nicht ausnahmsweise unzumutbar war. Konkrete betriebliche Umstände, die eine Unzumutbarkeit hätten begründen können, hatte die Beklagte nicht vorgetragen. Vielmehr berief sie sich allein auf das – unabhängig vom Einzelfall – geltende Hygienekonzept. Ziel des Hygienekonzepts war es, das Risiko einer Verbreitung des Virus in dem Betrieb deutlich zu verringern. Dies war nicht geeignet, die Unzumutbarkeit zu begründen. Denn der Beklagten standen zur Erreichung des Ziels andere, mildere Mittel zur Verfügung. So hätte sie ein Betretungsverbot unter Fortzahlung der Vergütung aussprechen können. Auch hätte sie vor der Arbeitsaufnahme die Vorlage eines weiteren aktuellen negativen PCR-Tests verlangen können.
Der Anspruch auf Vergütung ist auch nicht durch Erfüllung erloschen. Zwar hat die Beklagte dem Kläger für den streitigen Zeitraum Urlaubsentgelt nach § 1 BurlG iVm. § 611a Absatz 2 BGB gezahlt. Die Erfüllung des Urlaubsanspruchs setzt jedoch eine Freistellungserklärung des Arbeitgebers voraus, an der es vorliegend fehlte. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht freistellen möchte. Die Mitteilung der Beklagten, der Kläger habe die Möglichkeit, Lohnfortzahlung durch Urlaubstage zu kompensieren, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Unser Kommentar
Die Corona-Pandemie wird die Gerichte noch lange beschäftigen, da sie – insbesondere im Arbeitsrecht – immer wieder neue rechtliche Fragen aufwirft. Die Besonderheit dieses Falles war, dass der Arbeitnehmer nicht etwa aufgrund einer behördlich angeordneten Betriebsschließung, sondern wegen eines Betretungsverbots des Arbeitgebers zur Arbeitsleistung außerstande war. Ein rechtliches Unvermögen war somit nicht gegeben. Dies hat das Gericht lehrbuchartig dargestellt. Das Urteil zeigt deutlich, dass die Organisation des Arbeitsschutzes in die Sphäre des Arbeitgebers fällt und dessen Wirtschafts- bzw. Betriebsrisiko betrifft. Die Angst vor der Verbreitung des Corona-Virus eröffnet nicht die Möglichkeit, alle rechtlichen Grundsätze außer Acht zu lassen. Der Arbeitgeber muss den Infektionsschutz vielmehr unter Beachtung billigen Ermessens und unter Berücksichtigung milderer Mittel umsetzen.
BAG konkretisiert seine bisherige Rechtsprechung
BAG, Urteil vom 25.8.2022 - 8 AZR 453/21
Mit dem Urteil vom 25. August 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass variable Aktienerwerbsrechte durch die Obergesellschaft eines Konzerns bei der Berechnung einer Karenzentschädigung im Fall eines vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer bei einer Tochtergesellschaft angestellt ist. Bei den variablen Aktienerwerbsrechten, die von der Obergesellschaft gewährt werden, handelt es sich um keine vertragsmäßige Leistung des Arbeitgebers. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber selbst ausdrücklich oder konkludent eine (Mit-)Verpflichtung eingegangen ist.
Der Sachverhalt
Von 2012 bis 2020 war der Kläger bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Die Beklagte ist Mitglied einer Unternehmensgruppe, deren Obergesellschaft ein US-amerikanisches Unternehmen ist.
Im Arbeitsvertrag haben die Parteien ein neunmonatiges konzernweit geltendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Im Gegenzug sollte die Beklagte dem Kläger eine Karenzentschädigung schulden, „welche für jedes Jahr des Verbots die Hälfte, der vom Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht“. Zudem sollten die §§ 74 ff. HGB Anwendung finden.
Der Kläger erhielt während seines Arbeitsverhältnisses aufgrund von Vereinbarungen, die jeweils separat mit der US-amerikanischen Obergesellschaft geschlossen wurden, von dieser sogenannte Restricted Stock Units (RSUs). Dabei handelt es sich um beschränkte Aktienerwerbsrechte mit zeitlicher Staffelung der Übertragungszeitpunkte. Die RSUs waren nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages oder einer sonstigen Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten.
Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten endete im Januar 2020. Der Kläger hielt sich an das vereinbarte neunmonatige nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Im Gegenzug erhielt er eine Karenzentschädigung. Die RSUs bezog die Beklagte bei der Berechnung der Karenzentschädigung nicht mit ein. Die ausgezahlte Karenzentschädigung fiel daraufhin deutlich niedriger aus, als die bei Berücksichtigung der RSUs der Fall gewesen wäre. Daraufhin nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung dieser Differenz in Anspruch. Er ließ vortragen, dass es unerheblich sei, ob die Beklagte selbst oder deren Obergesellschaften die RSUs schulde. In jedem Fall konnte die Obergesellschaft Einfluss auf die Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und der Beklagten nehmen.
Nachdem sowohl das Arbeitsgericht Minden (Urteil vom 17. Februar 2021 – 3 Ca 470/20) als auch in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 11. August 2021 – 10 Sa 284/21) die Klage als unbegründet abgewiesen hatten, hatten sich die Erfurter Richter mit der Frage der Einbeziehung der RSUs zu beschäftigen. Denn das LAG Hamm hatte die Revision mit der Begründung zugelassen, es fehle bislang an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung und es selbst weiche mit seiner Entscheidung von einer zuvor ergangenen Entscheidung des LAG Hessen ab (vgl. LAG Hessen, Urteil vom 31. Mai 2017 – 18 Sa 768/16). Das LAG Hessen hatte noch die Auffassung vertreten, dass vieles dafürspreche, die vertragsgemäßen Leistungen nicht auf solche Ansprüche zu beschränken, die der Arbeitnehmer unmittelbar von seinem Arbeitgeber verlangen könne. Bei Arbeitsverhältnissen mit Konzernbezug sei es durchaus üblich, dass ein Teil der leistungsabhängigen Vergütung von einer anderen Konzerngesellschaft als dem Vertragsarbeitgeber gezahlt werde.
Die Entscheidung
Mit dem Urteil vom 25. August 2022 ist der Streit über die Auslegung der einzubeziehenden Vergütung höchstrichterlich in Erfurt entschieden worden. Die Revision des Klägers vor dem Achten Senat des BAG blieb ohne Erfolg. Das BAG schloss sich der Auffassung des LAG Hamm an und verneinte einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der Differenz. Denn bei den RSUs handele es sich nach Auffassung der Erfurter Richter nicht um vertragsgemäße Leistungen, die bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen sind. Die Klausel im Arbeitsvertrag des Klägers greife den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB auf. Sie ist deshalb dahingehend auszulegen, dass die Karenzentschädigung nur solche Leistungen umfasst, die dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit im Gegenzug als Vergütung vom Vertragsarbeitgeber gewährt werden. Dies resultiert aus dem Charakter des Arbeitsvertrages als Austauschverhältnis. Die RSUs seien nicht Gegenstand dieses Austauschverhältnisses, sondern dem Kläger von einem Dritten – der Konzernobergesellschaft – gewährt. Dies bestätige auch, dass nicht die Beklagte, sondern die Konzernobergesellschaft Partei der Vereinbarung über die RSUs sei. Um eine Einbeziehung der RSUs bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu rechtfertigen, bedürfe es einer ausdrücklichen oder zumindest konkludenten (Mit-)Verpflichtung der Beklagten in Bezug auf die Gewährung der RSUs. Allein die Tatsache, dass im Arbeitsvertrag ein konzernweites Wettbewerbsverbot geregelt sei, genügte dieser Anforderung nach Auffassung des BAG nicht. Unterstellt, dass das konzernweite Wettbewerbsverbot nicht durch berechtigte, geschäftliche Interessen der Beklagten gerechtfertigt sei, führe dies nach § 74a Abs. 1 HGB lediglich zu einer Reduzierung der Beschränkung auf die zulässige Reichweite des Verbotes. Dies habe aber nicht zur Konsequenz, dass der Kläger, auch wenn er sich an das konzernweite Wettbewerbsverbot gehalten habe, Anspruch auf eine Karenzentschädigung unter Einbeziehung der RSUs habe.
Das BAG führt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung über die Gewährung von RSUs an Arbeitnehmer fort und konkretisiert sie. Die Erfurter Richter entschieden bereits mehrfach, dass Verträge über die Gewährung von RSUs rechtlich selbstständig neben einem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen, wenn ein Arbeitnehmer mit einer anderen Konzerngesellschaft eine Vereinbarung über die Gewährung dieser RSUs geschlossen hat. Ansprüche aus dieser Vereinbarung können dann grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht werden, die Partei der Vereinbarung ist (vgl. BAG, Urteil vom 12. Februar 2003 – 10 AZR 299/02; BAG Urteil vom 16. Januar 2008 – 7 AZR 887/06).
Praxishinweise
Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Das Gericht führt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung fort und schafft Klarheit über die Einbeziehung von Leistungen bei der Berechnung von Karenzentschädigungen. In der Praxis erhalten Arbeitnehmer, die bei einer Tochtergesellschaft einer Unternehmensgruppe angestellt sind, häufig Leistungen von anderen Konzerngesellschaften. Die Frage, wie sich die Gewährung solcher Leistungen auf die Berechnung der Karenzentschädigung auswirkt, ist deshalb für eine Vielzahl von Arbeitgebern höchst relevant. Darüber hinaus steigt auf dem stark umkämpften Bewerbermarkt die Zahl vertraglicher Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Arbeitsverträgen, um zu verhindern, dass ehemalige Mitarbeiter zu Konkurrenten werden. Eine höchstrichterliche Entscheidung in diesem Kontext war somit insbesondere aus Arbeitgebersicht wünschenswert.
Nun ist abschließend geklärt, dass ein anderes Tochterunternehmen arbeitsrechtlich nicht dafür einzustehen hat, wenn RSUs von der Obergesellschaft des Konzerns gewährt werden. Allein aus dem Umstand, dass diese wegen des bestehenden Arbeitsverhältnisses gewährt werden, kann nicht geschlussfolgert werden, dass es sich deshalb automatisch um Vergütungsbestandteile handelt. Es ist nur konsequent, diese Differenzierung ebenfalls im Rahmen der Berechnung der Karenzentschädigung anzuwenden. In diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich darauf an, ob sich der Arbeitgeber als Mitglied einer Unternehmensgruppe hinsichtlich der Gewährung der RSUs zumindest (mit-)verpflichtet hat. Um den Eindruck einer derartigen (Mit-)Verpflichtung des Arbeitgebers zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei Vertragsabschlüssen streng darauf zu achten, dass etwaige RSUs, die einem bei einer Tochtergesellschaft angestellten Arbeitnehmer eingeräumt werden, allein von der Obergesellschaft des Konzerns zugesagt und gewährt werden. Vereinbarung über RSUs und Arbeitsverhältnis sollten streng voneinander getrennt werden. Aus diesem Grund sollte weder der Arbeitsvertrag, noch ein möglicher Aufhebungsvertrag Referenzen auf die RSUs enthalten. In einem Aufhebungsvertrag sollte allenfalls die Klarstellung aufgenommen werden, dass diese von der Vereinbarung unberührt bleiben. Um den Eindruck zu vermeiden, dass sich Tochtergesellschaften als Vertragsarbeitgeber hinsichtlich der RSUs vertraglich verpflichten, sollte auch die diesbezügliche Korrespondenz ausschließlich zwischen der Obergesellschaft und den jeweiligen Arbeitnehmern geführt werden.
Arbeitnehmer, die während der Ausführung ihrer Tätigkeit eine vorgeschriebene Atemschutzmaske als persönliche Schutzausrüstung tragen, haben Anspruch auf einen Erschwerniszuschlag nach § 10 Nr. 1.2 des Rahmentarifvertrags für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung. Eine medizinische Gesichtsmaske (sog. OP-Maske) erfüllt diese Anforderungen nicht.
BAG, Urteil vom 20.7.2022 – 10 AZR 41/22
Der Fall
Der Kläger ist bei der Beklagten als Reinigungskraft angestellt. Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien die Regelungen des Rahmentarifvertrags für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 31. Oktober 2019 (RTV). § 10 Nr. 1.2 RTV sieht einen Erschwerniszuschlag unter anderem für Arbeiten vor, bei denen eine vorgeschriebene Atemschutzmaske verwendet wird. Der Kläger trug coronabedingt auf Anweisung der Beklagten in der Zeit von August 2020 bis Mai 2021 bei den Reinigungsarbeiten eine medizinische Gesichtsmaske. Hierfür verlangte er auf Grundlage der einschlägigen tariflichen Bestimmung einen tariflichen Erschwerniszuschlag in Höhe von 10 % seines Stundenlohns. Er vertrat die Auffassung, auch das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske bei der Arbeit stelle eine Erschwernis dar, die durch den Erschwerniszuschlag abgegolten werden solle. Bei der medizinischen Gesichtsmaske handele es sich um eine Atemschutzmaske i.S.d. § 10 Nr. 1.2 RTV, weil sie auch die Gefahr der eigenen Ansteckung verringere. Das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wiesen die Klage ab. Mit der Revision verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.
Die Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Das BAG entschied, dass eine medizinische Gesichtsmaske nicht die Anforderungen erfüllt, die § 10 Nr. 1.2 RTV an eine Atemschutzmaske stellt. Das ergebe die Auslegung der Tarifnorm. Dem geltend gemachten Anspruch stehe bereits der Wortlaut entgegen. Die tarifliche Bestimmung knüpft an die maßgeblichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts – § 618 BGB, §§ 3 ff. ArbSchG – an. § 3 Abs. 1 ArbSchG regelt, dass der Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern verpflichtet ist. Nach den einschlägigen Ausführungsverordnungen fällt unter den Begriff der Atemschutzmaske daher nur eine solche Maske, die vorrangig die Beschäftigten vor einer Gefährdung für ihre Sicherheit und Gesundheit schützt und zu den sog. Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) gehört.
Diese Anforderungen erfüllen medizinische Gesichtsmasken nicht. Sie dienen nach ihrer Einordnung nach den die PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) konkretisierenden Vorschriften, namentlich den arbeitsmedizinischen Regeln, der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel, der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung und der DGUV Regel 112-190, vorrangig dem Fremd- und nicht dem Eigenschutz. Das Auslegungsergebnis wird nach Auffassung des BAG von der Tarifsystematik bestätigt. Nach § 10 Satz 1 RTV bestehe Anspruch auf den Erschwerniszuschlag nur, wenn die einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien solle nicht jede Erschwernis ausgeglichen werden, sondern nur eine solche, die das Maß der Arbeiten mit einer Atemschutzmaske erreiche. Ein Anspruch auf den tariflichen Erschwerniszuschlag nach dem RTV besteht deshalb beim Tragen einer medizinischen Maske nicht.
Unser Kommentar
In der Corona-Pandemie war das Tragen einer Mund-Nasen-Schutzmaske zeitweilig gesetzlich auch am Arbeitsplatz verpflichtend. Das BAG befasste sich nun mit der Frage, ob Arbeitnehmern für das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske (sog. OP-Maske) in der Arbeitszeit die Zahlung eines tariflichen Erschwerniszuschlags zusteht, der für das Arbeiten mit einer Atemschutzmaske vorgesehen ist. Dies ist nach Ansicht des BAG jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die tarifliche Regelung an die Normen des Arbeitsschutzrechts anknüpft.
Die Entscheidung des BAG schafft eine erfreuliche Klarstellung in der Praxis und bestätigt mit seiner Rechtsprechung auch andere instanzgerichtliche Entscheidungen, die bereits zu entsprechenden Ergebnissen gekommen waren, wie z. B. das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Urteil vom 10. November 2021 – 6 Sa 102/21). In dem vom LAG Schleswig-Holstein entschiedenen Fall sah der einschlägige Tarifvertrag die Zahlung eines Erschwerniszuschlags für das Tragen einer vorgegebenen Atemschutzmaske vor. Auch das LAG Schleswig-Holstein war der Auffassung, eine solche Atemschutzmaske zeichne sich immer durch einen Eigenschutz der Beschäftigten vor dem Einatmen von durch die Arbeiten ausgelöste giftige Gase, Staubpartikel o. ä. aus. Da eine medizinische Maske diesem Zweck nicht dient, lehnte das LAG den Anspruch auf einen Erschwerniszuschlag ab.
Das BAG hat sich jedoch nicht zu der Frage geäußert, ob für das Tragen einer FFP2-Maske eine Erschwerniszulage zu zahlen ist. Die FFP2-Maske bietet als gut angepasste, eng anliegende Maske einen geeigneten Eigenschutz vor infektiösen Aerosolen. Zudem wird die Atmung im Gegensatz zur OP-Maske deutlich belastet. Eine erste Einschätzung hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 15. Mai 2022 – 12 Sa 91/21) dazu getroffen. Danach diene das Tragen einer FFP2-Maske aus Gründen des Infektionsschutzes primär dem Schutz anderer Personen und lediglich mittelbar auch dem des Trägers, während die tarifvertraglichen Regelungen ausschließlich den Schutz des Arbeitnehmers selbst bezwecken. Das Tragen einer FFP2-Maske im Hinblick auf die Ansteckungsgefahren durch das Corona-Virus begründe daher im Anwendungsbereich der landesbezirklichen Regelungen keine zuschlagspflichtige Erschwernis. Abzuwarten bleibt, ob und wie sich das höchste deutsche Arbeitsgericht zu dieser Frage positionieren wird.
Anteilige Gewährung einer bereits zugesagten Jahrestantieme beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers
LAG Köln, Urteil vom 7.7.2022 – 6 Sa 112/22
Eine vereinbarte Jahrestantieme, die von der Leistung des Arbeitnehmers im ganzen Jahr abhängig gemacht wird, ist beim Ausscheiden vor Ende des Bezugsjahres anteilig zu kürzen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer das Jahresziel bereits zum Zeitpunkt seines Ausschiedens vollständig erreicht hat.
Entscheidungsgründe
Die Parteien streiten über die Zahlung einer variablen Vergütung. Der Kläger war im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Juli 2021 bei der Beklagten beschäftigt. In der zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unterzeichneten Arbeitsvertragsurkunde wurde die Zahlung einer variablen Tantieme, deren Höhe die Gesellschaft bestimmte, geregelt. Die Tantieme hatte reinen Entgeltcharakter und es handelte sich dabei nicht um eine Gratifikation, die unabhängig von einem Ergebnis gezahlt wird. Im Arbeitsvertrag war auch geregelt, dass nach Ausspruch einer Kündigung die Ansprüche einer variablen Tantieme nur für die Zeit vor Zugang der Kündigungserklärung bestünden. Dabei kam es nicht darauf an, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst oder von der Gesellschaft veranlasst wurde. Die Zielvereinbarung, nach deren Erreichung die streitige Tantieme gezahlt werden sollte, schlossen die Parteien im März 2021. In der Vereinbarung wurden gesondert zwei Zielvereinbarungen getroffen in dem Zielerreichungszeitraum vom 1. Januar 2021 bis spätestens zum 31. Juli 2021, mit dem Ausscheidedatum des Klägers. Die individuellen Ziele erfüllte der Kläger zu 120 %. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er für das Jahr 2021 die Leistungskomponente anteilig für sieben Monate erhalte.
Der Kläger forderte im Klagewege die volle Jahrestantieme für das Jahr 2021 zu erhalten, da er der Ansicht war, dass die Tantieme-Zahlungen für die erreichten Ziele geleistet würden und nicht für einen bestimmten Zeitraum.
Das LAG Köln teilte seine Rechtsauffassung nicht. Es entschied, dass die Jahrestantieme um 5/12 des vollen Anspruchs anteilig zu kürzen sei. Zur Begründung teilte es mit, dass Vergütungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis gem. § 611a Abs. 2 BGB ein bestehendes Arbeitsverhältnis und die Fälligkeit der Vergütung gem. § 614 Satz 2 BGB voraussetzen. Aus dem Austauschcharakter des Arbeitsverhältnisses ergebe sich, dass der Vergütungsanspruch entfiele, wenn der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringe. Sobald das Arbeitsverhältnis beendet sei, können keine Vergütungsansprüche mehr entstehen. Der Anspruch sei um die Monate zu kürzen, in denen er nicht mehr gearbeitet habe. Dass die gesetzten Ziele bis zum vereinbarten Zeitraum bereits erreicht wurden, sei nur eine (notwendige) Voraussetzung.
Keine AGB-Kontrolle bei tariflichen Bestimmungen, die auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden
Findet ein Tarifvertrag auf ein Arbeitsverhältnis aufgrund einer Globalverweisung im Arbeitsvertrag Anwendung, findet eine Kontrolle der tariflichen Bestimmungen anhand der §§ 305 ff. BGB nicht statt, wenn der Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis in seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich erfasst.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.8.2022 -
10 Sa 94/21
Die Parteien streiten um Schadensersatzzahlungen wegen „Mobbings“. Die Klägerin war bei der Beklagten als Sekretärin/Assistentin des Vorstandes angestellt. Auf ihren Arbeitsvertrag war der „Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern“ (MTV) anzuwenden. Nach § 18 MTV galt eine Ausschlussfrist, nach der Ansprüche auf Zuschläge binnen zwei Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen sind. Alle anderen Ansprüche sind innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitnehmerin schied zum 31. März 2019 aus dem Arbeitsverhältnis aus und machte anschließend eine Schmerzensgeldforderung wegen angeblichen Mobbings durch ihren Vorgesetzten geltend. Die von der Klägerin erhobene Klage wurde der Beklagten am 26. Mai 2021 zugestellt. Sie trug vor, dass die dauerhaften Konflikte mit dem Vorgesetzten zu einem verzögerten Auftreten einer Anpassungsstörung mit depressiven Symptomen bei ihr geführt hätten. Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht und ihre Gesundheit seien dadurch verletzt. Das zuständige Arbeitsgericht wies die Klage ab, da die Klägerin nicht geltend gemacht hatte, dass sie durch den Vorstand der Beklagten als deren Organ, sondern durch Arbeitnehmer der Beklagten geschädigt worden sei. Darüber hinaus wurde die tarifliche Ausschlussfrist nicht eingehalten. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Rechtsauffassung. Die Ausschlussfristenregelung erfasse hier auch Ansprüche aus der Haftung wegen Vorsatzes. Die letzte von der Klägerin behauptete Mobbinghandlung, sei spätestens mit Ausspruch der Kündigung vom 19. November 2018 erfolgt. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2019 sei der Anspruch entstanden sowie fällig geworden. Die Frist endete damit am 30. Juni 2019. Zwar könne nach § 202 Abs.1 BGB die Verjährung bei der Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Dies gelte aber nur bei vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen, die dann nichtig seien. Normativ geltenden Tarifregelungen stehe § 202 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Eine AGB-Kontrolle anhand der §§ 305 ff. BGB finde auch nicht statt. Gem. § 310 Abs. 4 Satz BGB seien Tarifverträge von einer AGB-Kontrolle ausgenommen. Daraus folge, dass die Ausschlussfrist nur teilweise gegen höherrangiges Recht verstoße und im Übrigen wirksam bleibe.
Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes bei Vertrauensarbeitszeit: Anspruch des Betriebsrats auf Auskunft über Arbeitszeiten von Außendienstmitarbeitern
Ein örtlicher Betriebsrat hat einen Anspruch darauf, vom Arbeitgeber bestimmte Auskünfte über die Arbeitszeiten von Außendienstmitarbeitern in Vertrauensarbeitszeit zu erhalten. Vertrauensarbeitszeit ermöglicht flexible Arbeitszeiten. Jedoch nur im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes.
LAG München, Urteil 11.7.2022 - 4 Ta BV 9/22
In dem Verfahren vor dem LAG München stritten die Beteiligten über Auskunftsansprüche. In dem Teilbetrieb der Beklagten, welches ein Mobilfunk- und Telefonfestnetz betrieb, arbeiteten von den fast 500 Beschäftigten zahlreiche Beschäftigte im Außendienst. Die Betriebsvereinbarung legte seit 2009 für die Außendienstmitarbeiter fest, dass sie auf einem Vertrauensarbeitszeitmodell arbeiteten, wodurch sie ihre Arbeitszeit selbst erfassen konnten und der Arbeitgeber keine Zeiterfassung vornahm. Die Außendienstarbeitnehmer waren angehalten, betriebliche Belange zu beachten und Abweichungen von der Soll-Arbeitszeit eigenverantwortlich auszugleichen. Ebenso sollten sie die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes einhalten und eigenverantwortlich durchführen. Außerdem sollten sie alle Arbeitstage aufschreiben, an denen sie mehr als acht Stunden – exkl. Pausen – gearbeitet hatten. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass er der Forderung des Betriebsrats, die Informationen über die genauen Arbeitszeiten herauszugeben, nicht entsprechen konnte. Bei Vertrauensarbeitszeit gäbe es keine Aufzeichnungen und dadurch keine Informationen, die herausgegeben werden könnten.
Das Landesarbeitsgericht München teilte die Rechtsauffassung des Arbeitgebers nicht und gab dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats statt. Das Vertrauensarbeitszeitmodell stünde der Informationsherausgabe zur Arbeitszeiterfassung nicht entgegen. Der Betriebsrat habe das Recht dazu aus seiner Überwachungsaufgabe gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, wonach er darüber zu wachen habe, ob die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze eingehalten werden. Das
Arbeitszeitgesetz gehöre mit dazu. Zu den Auskunftsinformationen, die mitzuteilen sind, gehören die Informationen über den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, die Über- und Unterstunden gegenüber der wöchentlichen Arbeitszeit sowie Sonn- und Feiertagsstunden. Um die vorgegebenen Ruhezeiten nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitszeitgesetz kontrollieren zu können, muss der Beginn und das Ende der Arbeitszeit an den Betriebsrat übermittelt werden. Der Anspruch des Betriebsrats auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung ergebe sich aus § 80 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Selbst, dass die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer nicht erfasst würden, steht dem Auskunftsanspruch nicht entgegen. Das ergebe sich daraus, dass hier der Arbeitgeber die Daten nur deshalb nicht habe, weil er sie nicht erheben möchte. Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeiterfassung widersprächen sich nicht.
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Matrixstruktur im Unternehmensverbund
Für die Klage eines Arbeitnehmers gegen seine Vertragsarbeitgeberin sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann zuständig, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Matrixstruktur eines Unternehmensverbundes zum Geschäftsführer von zwei anderen dem Unternehmensverbund angehörenden Gesellschaften bestellt wurde.
LAG Köln, Urteil vom 14.7.2022 - 9 Ta 68/22
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung. Der Kläger war im Oktober 1998 als Leiter des Instituts für Verkehrssicherheit in die Dienste der Beklagten eingetreten. Im Jahr 2011 wurde der Kläger durch die Neugestaltung der Matrix-Organisation der T Group zum Leiter des globalen Geschäftsfeldes M.04 Entwicklung/Typprüfung befördert. Der Kläger war als Leiter des Geschäftsfeldes für die Führung der entsprechenden Teams in Europa sowie großer Teams in China, Japan, Korea und Nordkorea verantwortlich. Seit September 2013 übernahm er zusätzlich die Aufgabe als Globaler Geschäftsfeldleiter M.04 die Geschäftsführung der Gesellschaft in Luxemburg und Berlin. Er erhielt zuletzt eine monatliche Gesamtvergütung von EUR 18.586. Die Beklagte kündigte am 14. Dezember 2021 das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2022. Daraufhin legte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage bei dem Arbeitsgericht Köln ein und machte die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Er verlangte die Weiterbeschäftigung im Arbeitsverhältnis.
Die Beklagte hingegen rügte die Zulässigkeit des Rechtswegs. Dazu hat sie vorgetragen, dass ein einheitliches Dienstverhältnis begründet worden war. Der Kläger habe die Befugnisse eines Leitungsorgans einer juristischen Person ausgeübt und erhielt eine einheitliche Vergütung. Die Arbeitnehmereigenschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, die für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten maßgeblich sei, sei daher nicht gegeben gewesen. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes hat das LAG als unbegründet zurückgewiesen.
Die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers liege vor. Daraus ergebe sich die Zulässigkeit des Rechtsstreits aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und b ArbGG ohne, dass es darauf ankäme, ob es sich bei den Klageanträgen um einen sog. Sic-non-Fall handele. Da in einem solchen Fall der geltend gemachte Anspruch nur auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, die eindeutig in die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte fällt, reiche die substantiierte Behauptung des Klägers aus, er sei Arbeitnehmer. Die Bestellung zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft habe an der Arbeitnehmereigenschaft nichts geändert. Der Kläger arbeitete weiterhin bei der Beklagten als Leiter des globalen Geschäftsfeldes. Der originäre Arbeitsvertrag war die Grundlage für die Bestellung zur Geschäftsführung, was die Beklagte ausdrücklich klargestellt hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG werden Geschäftsführer zwar in der Regel im Rahmen eines freien Dienstvertrages tätig. Die unternehmensübergreifende Zusammenfassung von Arbeitnehmer- und Geschäftsführeraufgaben führe auch nicht zu einem einheitlichen Dienstverhältnis. Die Einbindung des Klägers und seiner Aufgaben in einer Matrix-Struktur würden daran auch nichts ändern.
Unwirksame Kündigung trotz grober Beleidigung
Trotz grober Beleidigung gegenüber den Vorgesetzten sowie Kolleginnen und Kollegen kann die darauffolgende Kündigung unwirksam sein, weil eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Eine Abmahnung muss vorher ausgesprochen werden, wenn sie nicht von vornherein aussichtslos und daher nicht entbehrlich ist. Das ist der Fall, wenn der Blick der Arbeitnehmerin aufgrund von menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen für die Bedeutung ihrer Äußerungen verstellt gewesen sein könnte.
LAG Thüringen, Urteil vom 29.6.2022 - 4 Sa 212/21
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, wogegen die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage erhoben hatte.
Die Kündigung erging am 29. November 2019. Zu diesem Zeitpunkt war das Arbeitsverhältnis bereits ordentlich gekündigt und hätte drei Monate später zum 29. Februar geendet. Aus betrieblichen Gründen kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis bereits schon am 24. November 2016. Die Kündigung wurde im April 2019 vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig für unwirksam erklärt. Im weiteren Verlauf kam es zu weiteren Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien über verschiedene Zahlungsansprüche.
Als die Arbeitnehmerin nach der Beendigung des Rechtsstreits wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollte, wurde sie mit Archivierungsarbeiten in einem Keller mit Schimmel, Mäusen, Mäusekot und Mäusedreck bei einer Temperatur von 11 °C beauftragt. Später wurde ihr ein Büro zugewiesen, von wo aus sie aus über den Hof zum Archiv gehen und schwere Akten transportieren musste. Dabei wurde sie von ihren Kolleginnen und Kollegen beobachtet.
Die Arbeitnehmerin telefonierte mit einer ehemaligen Arbeitskollegin und ließ sich in beleidigenden Worten über ihren Geschäftsführer und andere Kolleginnen aus. Das Gespräch nahm der Geschäftsführer zum Anlass die außerordentliche Kündigung gegenüber der Arbeitnehmerin auszusprechen. Er war der Ansicht, dass die Arbeitnehmerin ihm zugunsten eines Wettbewerbers wirtschaftlichen Schaden zugefügt habe und sich wegen der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses strafbar gemacht habe. Für die Vorwürfe sah der Arbeitgeber keine Anhaltspunkte.
Bezüglich der Beleidigungen sahen beide Gerichte eine Abmahnung als erforderlich an, da die besonderen Umstände zu berücksichtigen seien. Die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmerin stellten keine Rechtfertigung für ihre Beleidigungen dar, aber eine erhebliche Zumutung für sie. Entsprechend erhöhe sich das Maß an Zumutbaren, das der Arbeitgeber hinzunehmen habe. Die Arbeitseinsetzung im Keller habe zur Folge, dass die Unzufriedenheit im Arbeitsverhältnis besonders groß sei. Daher sei es zwar nicht sanktionslos hinzunehmen, wenn die Grenzen des Anstandes überschritten werden, eine außerordentliche Kündigung sei dennoch nicht gerechtfertigt. Der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis ohnehin in drei Monaten geendet wäre, sei nicht ausschlaggebend.
Bei Bewerbung über Chatfunktion gilt das AGG
Bei einer Bewerbung auf eine Stellenausschreibung über das Internetportal „eBay-Kleinanzeigen“ erfüllt der Interessent den Bewerberbegriff des § 6 Abs. 2 AGG. Das mehrfache Nachfragen eines Interessenten, ob die Gegenseite wirklich nur eine Frau suche, führe nicht dazu, dass sich die Arbeitgeberseite auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs berufen kann.
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.6.2022,
Az. 2 Sa 21/22
Die Parteien streiten um eine Entschädigungszahlung wegen einer geschlechterdiskriminierenden Stellenausschreibung. Die Beklagte ist ein familiengeführter Kleinbetrieb mit weniger als zehn Arbeitnehmern, der eine Werkstatt unterhält und Gebrauchtfahrzeuge veräußert. Im Namen der Beklagten veröffentlichte der im Werkstattbereich tätige Bruder des Geschäftsführers eine Anzeige auf dem Internetportal EBay-Kleinanzeigen. Der Wortlaut der Anzeige lautete „Sekretärin gesucht! Wir suchen eine Sekretärin ab sofort.“ Auf die Anzeige meldete sich der Kläger als Interessent mit abgeschlossener kaufmännischen Ausbildung als Industriekaufmann mit der Nachfrage, ob „denn nur eine Frau“ gesucht werde. Die Bewerbung wurde abgelehnt und dem Bewerber mitgeteilt, dass eine „Dame als Sekretärin“ gesucht werde. Eine telefonische Beschwerde und die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches gegenüber dem Beklagten blieben erfolglos. Mit seiner Klage begehrte der Kläger eine Entschädigung i. H. v. EUR 7.800, da ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliege.
In erster Instanz blieb der Kläger erfolglos. Das Arbeitsgericht war der Ansicht, der persönliche Anwendungsbereich des AGG sei nicht eröffnet, da der Kläger kein Bewerber im Sinne des Gesetzes ist. Das LAG Schleswig-Holstein gab ihm jedoch Recht. Ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen Geschlechterdiskriminierung nach § 15 AGG zu. Der Arbeitgeber ist danach verpflichtet, bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Nicht nur die Beklagte ist Arbeitgeberin i.S.d. § 6 Abs. 2 AGG, sondern der Kläger ist auch „Bewerber“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG. Die Bewerbereigenschaft sei formal danach zu bestimmen, ob ein Bewerbungsschreiben eingegangen und dem Arbeitgeber zugegangen ist. Indem der Kläger die Antwortfunktion auf der Internetplattform eBay-Kleinanzeigen nutzte und sich ausdrücklich auf die Stelle bewarb, erfülle er die Voraussetzungen. Vollständige Bewerberunterlagen seien nicht nötig.
Mit der Aussage, dass die Beklagte nur eine Frau als Sekretärin einstellen wolle, hat die Beklagte den Kläger im Hinblick auf das Diskriminierungsmerkmal „Geschlecht“ iSd § 1 AGG benachteiligt. Das Gericht hielt eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern für angemessen. Es orientierte sich dabei an den laufenden Stellenangebote im Hamburger Umland. Eine in Vollzeit arbeitende Sekretärin erhalte in etwa monatlich ein Bruttogehalt in Höhe von EUR 2.700. Das Gericht verurteilte die Beklagte auf Zahlung von EUR 7.800 Euro.
Die Beklagte machte darüber hinaus geltend, dass es sich um eine rechtsmissbräuchliche Bewerbung handeln würde, da der Kläger nachgefragt habe, ob die Stelle tatsächlich nur für Frauen ausgeschrieben sei. Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass an die Missbräuchlichkeit hohe Anforderungen zu stellen seien und der Arbeitgeber diese nicht hinreichend nachgewiesen hatte.
„Forfait jour“ eine Alternative zur 35-Stunden-Woche in Frankreich
Zwar gilt in Frankreich seit dem zweiten Aubry-Gesetz grundsätzlich die 35-Stunden-Woche, jedoch hat der Gesetzgeber zudem flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeit eingeräumt. Eine dieser Möglichkeiten ist dabei die „Forfait jour“, die jährliche Tagespauschale. Hierbei wird unter gewissen Voraussetzungen erreicht, dass die Arbeitszeit nicht mehr nach Stunden, sondern nach Arbeitstagen abgerechnet wird.
Der „Code du travail“ legt diesbezüglich eine maximale Anzahl von 218 Arbeitstagen fest, wodurch, vor dem Hintergrund der 35-Stunden-Woche, die Zahlung von Überstundengehältern und Überstundenzuschlägen, sowie die täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten, vermieden werden. Diese Regelung betrifft hauptsächlich leitende Angestellte, die ihre Arbeitszeit eigenständig organisieren können und nicht gezwungen sind, sich an kollektive Arbeitszeiten zu halten, sowie Arbeitnehmer, wie beispielsweise Außendienstmitarbeiter, deren Arbeitszeit nicht im Voraus festgelegt werden kann und die über eine echte Autonomie bei der Organisation ihrer Arbeitszeit verfügen.
Daraus resultiert, dass somit eine tägliche Arbeitszeit von zehn bis zwölf Stunden, unter der Bedingung, dass die Anzahl der Urlaubstage erhöht wird, möglich ist. Im Rahmen dieser Pauschale kann der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit völlig frei gestalten, sofern er die gesetzlichen Bestimmungen über die tägliche und wöchentliche Ruhezeit respektiert.
Um die spezielle Regelung der Tagespauschale wirksam anzuwenden, müssen zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein. Zunächst muss die Möglichkeit zur Anwendung der Tagespauschale in den entsprechenden nationalen Tarif oder in Betriebsvereinbarungen vorgesehen sein. Zudem muss die Tagespauschale zwischen den Parteien ausdrücklich vertraglich vereinbart worden sein.
Zu beachten ist, dass die Klausel der jährlichen Tagespauschale als ungültig beurteilt werden kann, wenn der Arbeitgeber keine Maßnahmen ergreift, um die Gesundheit des Arbeitnehmers zu bewahren (Kontrolle der Arbeitstage und der Arbeitsbelastung, etc.).
Trotz der zusätzlichen Urlaubstage, sowie weiterer Maßnahmen zur Überprüfung der Gesundheit der Arbeitnehmer, ist die jährliche Tagespauschale eine in der Praxis weit verbreitete alternative, um Arbeitszeit der leitenden Angestellten anzupassen.
Post Merger Integration – Harmonisierung betrieblicher Versorgungssysteme
Ist eine Unternehmenstransaktion oder Umstrukturierung erfolgreich beendet, stehen für den Erwerber in den meisten Fällen zunächst andere Themen als die betriebliche Altersversorgung (bAV) im Mittelpunkt. Folgende Gründe sprechen aber dafür, der bAV nach der Transaktion dennoch Aufmerksamkeit zu schenken:
Zum einen können nicht fortführbare Rahmenbedingungen eine Anpassung der übernommenen Versorgungsregelungen erforderlich machen.
Beispiele:
Die im Rahmen der Transaktion übernommenen Versorgungsregelungen knüpfen bei den Beiträgen und/oder Leistungen an wirtschaftliche Kennzahlen des Veräußerers und bisherigen Arbeitgebers an.
Der bisher eingeschaltete Versorgungsträger kann vom Erwerber und neuem Arbeitgeber nicht genutzt werden, z. B. weil der Versorgungsträger eine Konzerneinrichtung des Veräußerers und bisherigen Arbeitgebers war.
Zum anderen erhöhen übernommene Versorgungsregelungen die Komplexität und damit Risiken und Verwaltungsaufwand.
Dies kann daraus resultieren, dass diese „neuen“ Versorgungsregelungen einem anderen Leistungsplan oder anderem Durchführungsweg unterliegen oder über einen anderen Versorgungsträger durchgeführt werden.
Auch kann sich das Versorgungsniveau von den Regelungen beim Erwerber unterscheiden. Die Folge ist ein Anstieg der administrativen Kosten, die Gefahr der Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern/innen und dadurch das personalpolitisch zu vermeidende Entstehen einer „Zwei-Klassen-Belegschaft“ in Versorgungsangelegenheiten.
Es empfiehlt sich daher, den Anpassungsbedarf der Versorgungssysteme prüfen zu lassen und gegebenenfalls auf eine Harmonisierung der Versorgungslandschaft hinzuwirken. Für den Erwerber lassen sich auf diese Weise Verwaltungsaufwand und -kosten einsparen und personalpolitisch unerwünschte Nebeneffekte vermeiden. Zudem besteht die Möglichkeit – sollten weitere Unternehmenskäufe anstehen – , die bAV derart neu zu gestalten, dass sich auch künftig zu übernehmende Versorgungsverpflichtungen leichter integrieren lassen. Bei den dafür notwendigen Anpassungen der beim Erwerber bestehenden Versorgung sind bestimmte – insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgereichts definierte – arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten.
Für die Beratung zu diesen rechtlichen Rahmenbedingungen beziehungsweise zu einer Harmonisierung betrieblicher Versorgungssysteme im Zuge einer „pmi“ steht Ihnen das Team Pensions/bAV bei Luther gerne zur Verfügung.
Informationen zum Beratungsangebot und zum Team Pensions/bAV finden sie hier.
bAV – News Flash
ESG und bAV – Der Arbeitgeber entscheidet
Seit dem 2. August 2022 sind Vermittler gemäß Insurance Distribution Directive (IDD, sog. „Vermittlerrichtlinie“) verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen potentieller Kunden für versicherungsbasierte Anlageprodukte (dritte Säule der Altersversorgung) im Rahmen der Beratung abzufragen. Der Vermittler hat dem Kunden die Nachhaltigkeitsmerkmale („ESG“, environmental – social – governance) verständlich zu erklären und mögliche Produktempfehlungen nach dessen Wünschen auszurichten.
Für Produkte der bAV (zweite Säule der Altersversorgung) bleiben die bisherigen Beratungspflichten nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bestehen. Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz ist für Versicherer und Vermittler fakultativ. Wird „grün“ beraten, liegt die Entscheidung über die Nachhaltigkeitspräferenz allein beim Arbeitgeber als demjenigen, der grundsätzlich auch den Durchführungsweg und den Anbieter der bAV auswählt (z. B. Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds; BAG, 29. Juli 2003 – 3 ABR 34/02, NZA 2004, 1344).
Rentenanpassung und Inflation – Wie anpassen?
Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der bAV zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Diese Anpassungsprüfungspflicht gilt nach § 16 Abs. 2 BetrAVG als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland (VPI) oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens.
Wegen der aktuell hohen Inflationsraten kann eine Prüfung dahingehend sinnvoll sein, welche Anpassungsart geringeren Kostenaufwand beim Arbeitgeber verursacht. Aufschluss hierüber gibt eine vergleichende Gegenüberstellung der Rentenanpassung nach der Entwicklung des VPI (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG) und nach der Entwicklung der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG). Fällt die Nettolohnanpassung geringer aus als der Anstieg des VPI und hat sich der Arbeitgeber nicht zur Anpassung nach dem VPI verpflichtet, darf der Arbeitgeber im Sinne billigen Ermessens eine Rentenanpassung nach Nettolohn vornehmen. Im Gegensatz zur Feststellung des VPI, der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird, ist die Feststellung der Entwicklung der Nettolöhne mit hohem Aufwand verbunden und in manchen Fällen auch mit rechtlichen Risiken behaftet, da z. B. die Merkmale zur Bildung von Vergleichsgruppen vom Arbeitgeber definiert werden müssen.
Unterstützungskasse – Rückdeckung steuerlich jetzt auch fondsgebunden möglich
Die Versicherungen, mit denen Unterstützungskassen (U-Kassen) zu gewährende Versorgungsleistungen bei einem Lebensversicherungsunternehmen üblicherweise rückdecken, sind eher „traditionelle“ Garantieprodukte. Für die Nutzung von Chancen des Kapitalmarkts wurde und ist – ausgelöst durch die Niedrigzinsphase – ein Umdenken nötig. Die Nutzung neuer Versicherungsprodukte ohne Garantien, scheint aktuell das Mittel der Wahl. Jedoch unterliegen rückgedeckte U-Kassen dem strengen steuerlichen Reglement des § 4d EStG und des § 5 KStG. Lange Zeit war nicht geklärt, ob Rückdeckungsversicherungen ohne 100 %-ige Garantie der vereinbarten Versorgungsleistungen den normierten steuerlichen Anforderungen genügen. Mit Schreiben vom 31. August 2022 (IV C 6 – S 2144-c/19/10002 :004) nahm das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zur Frage der Zulässigkeit fondsgebundener Rückdeckungsversicherungen zur Absicherung von U-Kassenverpflichtungen nach § 4d EStG Stellung.
Nach dem BMF-Schreiben werden fondsgebundene Rückdeckungsversicherungen als Versicherungen im Sinne des § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c) Satz 1 EStG unter folgenden Voraussetzungen anerkannt:
garantierte Mindestleistung
beitragsorientierte Leistungszusage (BOLZ) gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG
kongruente Rückdeckung
Bei Einhaltung dieser Voraussetzungen sind die Beiträge des Trägerunternehmens an eine rückgedeckte U-Kasse demnach betriebsausgabenabzugsfähig und es besteht keine Überdotierung. Aus steuerlicher Sicht machte das BMF zur Höhe der erforderlichen garantierten Leistung keine Angaben, sodass ein Trägerunternehmen bei entsprechender Wahl des zur Rückdeckung dienenden Versicherungsprodukts grundsätzlich keine Einschränkungen zu befürchten haben dürfte. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sollte jedoch eine gewisse Mindesthöhe der garantierten Leistung nicht unterschritten werden.
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