17.05.2023

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ChatGPT – Rechtlich relevante Gesichtspunkte bei Nutzung des KI-Sprachmodells

Hintergrund

ChatGPT, ein generatives KI-Sprachmodell von OpenAI, bewegt die Welt seit Ende letzten Jahres. Es ist auf dem besten Wege, der Google-Suchmaschine, die ebenfalls mithilfe von Machine Learning und Natural Language Processing angetrieben wird, nachhaltig Konkurrenz zu machen. Microsoft hat kürzlich ein Milliarden-Investment in die Firma OpenAI bekanntgegeben und plant, ChatGPT in Microsofts Suchmaschine Bing zu integrieren.

ChatGPT basiert auf einem Deep-Learning-Modell (GPT 3.5). Das Deep-Learning-Modell wurde anhand von 175 Mrd. Datenpunkten mit einem sehr großen Datensatz trainiert. Die Daten stammen aus Webscraping, Büchern, Wikipedia und anderen Textquellen. ChatGPT ist nicht direkt mit dem Internet verbunden. Damit kann es nicht auf externe Informationen, sondern nur auf seine eigenen Trainingsdaten zurückgreifen. Das Modell wurde mit dem Ziel trainiert, jeweils das nächste Wort vorherzusagen. Damit beruhen die Wörter, die ChatGPT aneinanderreiht, letztlich auf Wahrscheinlichkeiten, die das Deep-Learning Modell ausrechnet.

Bei der webbasierten Anwendung von ChatGPT können Nutzer ihre Fragen oder Befehle an die KI in ein Suchfeld eintragen. Solche Anfragen an ChatGPT nennt man „Prompts“. Ein Prompt kann beispielsweise die Aufforderung beinhalten, eine E-Mail vorzubereiten, einen Newsletter zu schreiben oder einen vorgegebenen Text in eine andere Sprache zu übersetzen. Basierend auf den Prompts liefert ChatGPT einen entsprechenden Output, der im Wesentlichen aus Text besteht. Allerdings ist ChatGPT auch in der Lage, mehrere Zeilen eines Softwarecodes zu schreiben, den die Nutzer kopieren und für die eigene Softwareentwicklung nutzen können. Sind die Nutzer mit dem Output nicht zufrieden, stellt ChatGPT eine Funktionalität bereit, mit der die Anfrage erneut gestellt werden kann, sodass ChatGPT einen abweichenden Output generieren kann.

ChatGPT ist nicht nur für private Angelegenheiten interessant, sondern insbesondere, um im geschäftlichen Kontext genutzt zu werden. Eine Nutzung im geschäftlichen Kontext kann etwa darin bestehen, ChatGPT als integrierten Kunden-Support Chatbot auf der eigenen Website oder als Recherchetool zu verwenden. Nutzt ein Unternehmen ChatGPT, müssen bestimmte Aspekte beachtet werden, auf die wir im Folgenden näher eingehen:

ChatGPT und der Datenschutz

Werden in den Prompts Angaben gemacht, die auf eine Person direkt oder indirekt schließen lassen, werden über ChatGPT personenbezogene Daten verarbeitet. Datenschutzrechtlich problematisch wird die Nutzung von ChatGPT, wenn Unternehmen diese in ihre Website integrieren oder basierend auf der Sprachmodell-Technologie eigene Applikationen bauen und diese gegenüber ihren Kunden anbieten. In diesem Fall müssen entsprechende datenschutzrechtliche Vereinbarungen wie eine Auftragsverarbeitungsvereinbarung (AVV) abgeschlossen werden. Der Abschluss einer AVV ist jedoch keineswegs ausreichend. Es müssen aufgrund des US-Datentransfers zusätzlich die EU-Standardvertragsklauseln abgeschlossen werden. Unternehmen sollten darauf achten, ob zusätzliche Sicherungsmaßnahmen beschrieben sind und müssen aufgrund des US-Transfers nach den Vorgaben der EU-Standardvertragsklauseln ein Transfer Impact Assessment durchführen.

Die Mitarbeiter von Unternehmen sollten sensibilisiert werden, keine Prompts bei ChatGPT einzutragen, die personenbezogenen Daten von einem ihrer Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner oder Arbeitskollegen enthalten. Dies könnte beispielsweise neben dem Namen auch eine Telefonnummer der betreffenden Person sein. Schließlich ergibt sich aus den Terms and Conditions von OpenAI, dass ChatGPT die Prompts nutzt, um darauf aufbauend das KI-Sprachmodell weiterzuentwickeln. Es kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass von den Nutzern eingegebene personenbezogene Daten als Output bei einem anderen Nutzer von ChatGPT erscheinen. Dadurch besteht die Gefahr eines Datenschutzverstoßes. Es sollte außerdem beobachtet werden, wie sich die Datenschutzaufsichtsbehörden zu generativen KI-Sprachmodellen wie ChatGPT äußern werden.

ChatGPT und das Urheberrecht

Urheberrechtliche geschützte Werke setzen eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers voraus. Eine solche persönliche geistige Schöpfung kann nur auf eine menschliche Leistung zurückgehen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz. Mit anderen Worten: Ergebnisse, die KI-basierte Anwendungen wie ChatGPT erstellt, sind grds. nicht urheberrechtlich geschützt. ChatGPT kann daher nicht Urheber des vom KI-Sprachmodell erzeugten Outputs sein. Entsprechend kann ChatGPT den Nutzern auch keine (kommerziellen) Nutzungs- und Verwertungsrechte einräumen. Die Texte können stattdessen grds. frei von dem Nutzer von ChatGPT verwendet werden.

Ohne nähere Einblicke in die Trainingsdaten ist es unmöglich zu beurteilen, wem die Urheberrechte an dem Output von ChatGPT tatsächlich zustehen. Unklar ist auch, ob die Nutzer, die mit ihrem Prompt den Text-Output veranlassen, als Urheber angesehen werden können. Aus Ziffer 3 (a) der Terms and Conditions von OpenAI mit Stand vom 13. Dezember 2022 ergibt sich lediglich, dass dem Nutzer alle Rechte an dem Output zustehen („OpenAI hereby assigns to you all its right, title and interest in and to Output“, vgl. https://openai.com/terms/). Welche Rechte dies im Einzelnen umfassen soll, bleibt jedoch offen.

ChatGPT und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

Die Nutzung von ChatGPT kann sich auch auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auswirken. So ist es nicht auszuschließen, dass sich Nutzer zu einer Erwähnung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in den Prompts verleiten lassen. Die Motivation hierfür kann darin liegen, dass der Nutzer die Qualität des Outputs erhöhen will. Ein Nutzer könnte beispielsweise ein Geschäftsgeheimnis erwähnen, um Anregungen für weitere Produktideen oder Ideen für neue Dienstleistungen zu bekommen. Ein Risiko für den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen folgt aus dem Umstand, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse möglicherweise in falsche Hände gelangen könnten. Denn ChatGPT verwendet möglicherweise den Prompt und Output für die Entwicklung oder Verbesserung seiner Dienste. Darauf deuten die Terms and Conditions von ChatGPT hin. Darin heißt es in Ziffer 3 (c) „One of the main benefits of machine learning models is that they can be improved over time. To help OpenAI provide and maintain the Services, you agree and instruct that we may use Content to develop and improve the Services.

Unternehmen sollten daher ihre Mitarbeiter sensibilisieren, keine geschäftskritischen Informationen als Prompt gegenüber ChatGPT preiszugeben. Anderenfalls könnten diese Informationen in die Hände konkurrierender Unternehmen gelangen und das eigene Geschäftsgeheimnisschutzkonzept des Unternehmens umgehen.

Unser Kommentar

Das Thema Künstliche Intelligenz wird das Jahr 2023 maßgeblich prägen, denn ChatGPT ist keineswegs die einzige KI-Anwendung, die kürzlich erschienen oder zumindest ihren Durchbruch feiern kann. Hierzu gehört beispielsweise DALL-E oder Midjourney für KI-generierte Bilder, KI-generierte Kunst mit Stable Fusion, KI-generierte Text mit Jasper oder KI-generierte Videos mit Synthesia. Auch Google hat kürzlich bekanntgegeben, noch in diesem Jahr seine Suchmaschine mit Chatbot-Funktionen auszustatten. Bei der Nutzung dieser KI-Anwendungen sollten Unternehmen darauf achten,

welche Rechte sich die Anbieter der KI-Anwendungen an dem Input bzw. den Prompts einräumen lassen,

welche datenschutzrechtlichen Vereinbarungen abgeschlossen werden müssen, um Datentransfers in unsichere Drittländer zu legitimieren und

wie es sich mit der kommerziellen Verwertung des Outputs verhält.

Unternehmen, die KI-Anwendungen entwickeln oder KI-Anwendungen in ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen integrieren, sollten die Entwicklungen des Europäischen Gesetzgebers zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz aufmerksam verfolgen. Hierzu zählt allen voran die geplante Verordnung zur künstlichen Intelligenz sowie die Vorschläge der EU-Kommission für eine Überarbeitung der Produkthaftungsrichtlinie und einer neuen Richtlinie über KI-Haftung.

Marken- und Urheberrechte – Was gilt im Metaverse?

Auf den Punkt.

Auch im digitalen Raum spielt der Schutz des geistigen Eigentums eine große Rolle. Das Metaverse bietet jedoch neue, innovative Möglichkeiten, digitale Räume und Produkte zu gestalten und damit zu interagieren. Was bedeutet dies für Rechteinhaber und welche Potenziale, aber auch Risiken, ergeben sich für Marken- und Urheberrechte?

Hintergrund

Zunächst gilt es festzuhalten, dass es das eine „Metaverse“ in dem Sinne noch nicht gibt. Vielmehr bestehen verschiedene Plattformen, die teils offen gestaltet sind und dezentral funktionieren, teils geschlossen auftreten und einem einzelnen Unternehmen gehören. Ihnen gemein ist jedoch, dass sie eine virtuelle Spiegelung bzw. Fortsetzung der realen Welt sein möchten. Insofern wird sich zeigen, welche Form des Metaverse die meisten Nutzer überzeugt und sich durchsetzen wird.

Urheberrechte – Geschützt im Metaverse?

Das Schaffen einer neuen digitalen Welt ist mit kreativer Schöpfung verbunden; jeder Einzelne kann sich im Digitalen neu erschaffen. Auch im Metaverse entstandene Kreationen sind, soweit sie von einem Menschen geschaffen wurden und einen gewissen Grad an Eigentümlichkeit besitzen, in Deutschland durch das Urheberrecht geschützt. Die Echtheit eines solchen digitalen Werks kann zum Beispiel durch eine digitale Signatur nachgewiesen werden, einem sog. Non-Fungible Token (NFT). Im Vordergrund stehen dennoch, wie in der realen Welt, vertragliche Absicherungen über Lizenzen.

Daneben werden viele in der echten Welt entstandene Werke in das Metaverse übertragen. So gab es bereits Live-Konzerte, die mit dem eigenen Avatar besucht werden können. Hier bieten sich neue Chancen, die eigenen Kreationen zu verbreiten und einem großen Publikum zugänglich zu machen. Auch für die Teilnehmer am Metaverse gilt jedoch: Für eine Nutzung von geschützten Inhalten, die andere geschaffen haben, bedarf es in der Regel der Erlaubnis des jeweiligen Rechteinhabers. Nach deutschem Verständnis wäre das Verbreiten von Fremdinhalten auch im Metaverse grundsätzlich als erlaubnispflichtiges Veröffentlichen einzuordnen, wenn es über einen kleinen Kreis persönlich verbundener Personen (oder deren Avatare) hinausgeht.

Eine Herausforderung, vor der große Plattformen des Web 2.0 bereits stehen, wird sich im Metaverse noch verschärfen: Wie können rechtswidrige Nutzungen von urheberrechtlich geschützten Inhalten unterbunden und sinnvolle Lizenzmodelle entwickelt werden? Die rechtliche Entwicklung geht seit einiger Zeit dahin, die eigene Verantwortlichkeit von Plattformen für solche Rechtsverstöße zu verschärfen, um Rechteinhaber besser zu schützen. In einem dezentral organisierten Metaverse wird es jedoch womöglich nicht den einen Anbieter geben, an den man sich für eine Durchsetzung der Urheberrechte und anderer Rechte wenden kann, woraus sich weitergehende Haftungsfragen ergeben können. Insofern kann es relevant werden, Mechanismen oder Instanzen zu schaffen, um das geltende Recht auch dort durchzusetzen.

Marken – Gerüstet für das Metaverse?

Auf der Plattform Decentraland fanden bereits digitale Modeschauen statt. Die Besucher konnten dort nicht nur virtuelle Modeschauen erleben, sondern die digitale Kleidung der Laufsteg-Avatare direkt kaufen und auch digital tragen. Es ist zu erwarten, dass immer mehr Unternehmen Potenziale im Metaverse für sich entdecken. Das Bedürfnis, Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens zu kennzeichnen und die Marken zu schützen, besteht dann gleichermaßen in der virtuellen Welt. Insofern kann es für Markeninhaber sinnvoll sein, den Schutzbereich ihrer Marken für das Metaverse vorausschauend anzupassen. Zahlreiche Unternehmen haben bereits den Markenschutz ausgeweitet, um auch für das Anbieten von Waren und Dienstleistungen in virtuellen Welten ausgestattet zu sein und andere von der Verwendung der Marken abzuhalten. So meldete z. B. das Modeunternehmen „GUCCI“ seine Marke als Unionsmarke neu an u. a. für den Bereich „virtuelle Kleidung“, „authentifiziert durch nicht fungible Token (NFT)“. Das Europäische Markenamt EUIPO hat auf die steigende Anzahl solcher Anmeldungen mit Hinweisen zur Registrierung von Marken für virtuelle Waren reagiert sowie NFTs in der neuen Edition der Klassifikation von Waren und Dienstleistungen (12. Edition der Nizza Klassifikation) aufgenommen. Durch die für deutsche und Unionsmarken geltende Benutzungsschonfrist von fünf Jahren können Unternehmen bereits jetzt Waren und Dienstleistungen in eine Markenanmeldung aufnehmen, die ggf. erst in ein paar Jahren im Metaverse angeboten werden.

Mit der Verbreitung von Marken im Metaverse wird auch die Bedeutung von Markenkonflikten in der virtuellen Welt zunehmen. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit Marken im virtuellen Raum verwendet werden können. Es gelten hierbei die gleichen gesetzlichen Regelungen wie offline, sodass die Frage wesentlich von der markenmäßigen Benutzung eines Zeichens abhängt. Eine Markenverletzung liegt demnach nicht vor, wenn der durchschnittliche Verbraucher das Zeichen nur als beschreibend oder dekorativ versteht. Eine solche zulässige Markennennung kann allerdings in eine Verletzung umschlagen, wenn eine Irreführung oder Rufausbeutung damit verbunden ist. Darüber hinaus dürfte die Zulässigkeit der Verwendung einer Marke im Metaverse davon abhängen, ob die Verwendung die geschützten Interessen des Markeninhabers verletzt. Entsteht für den Nutzer im virtuellen Raum etwa der Eindruck, dass zwischen dem Verwender der Marke und dem Markeninhaber eine lizenzrechtliche oder sonstige kommerzielle Verbindung besteht, kann eine Markenverletzung vorliegen. Wird im Metaverse etwa virtuelle Kleidung mit Abbildungen von Marken zur individuellen Gestaltung eines Avatars verkauft, so dürfte dies eine markenmäßige Benutzung sein. Bei der Nutzung der Marke droht dann ggf. eine Abmahnung durch den Markeninhaber. Die Verwendung eines Zeichens könnte erlaubt sein, wenn dieses von den Nutzern lediglich als Mittel zur originalgetreuen Nachbildung verstanden wird. Zum Beispiel könnte dies gelten, wenn die Verwendung nur dazu dient, die wirkliche Welt möglichst detailgetreu abzubilden.

Unser Kommentar

Das Metaverse, in welcher Form auch immer es sich durchsetzen wird, ist kein rechtsfreier Raum für die Verwendung immateriellen Eigentums. Bestehende Gesetze und Rechtsprechung sind anwendbar und werden sich auf die Besonderheiten des Metaverse einstellen. Entsprechend sollten Unternehmen im Auge haben, dass ihre Rechte auch in diesem virtuellen Raum beachtet werden, insbesondere wenn die Nutzerzahlen weiter steigen.

Ein großer ungeklärter Punkt ist allerdings, welches Recht überhaupt je nach Fallgestaltung im Metaverse gilt. Während im Internet bei dieser Frage z. B. im Markenrecht noch mit einem Inlandsbezug des jeweiligen Websiteangebots argumentiert werden kann, könnte sich das Metaverse dahin entwickeln, dass sich kein Bezug zu einer konkreten Rechtsordnung feststellen lässt. Hierfür werden sich neue rechtliche Maßstäbe entwickeln müssen.

Das Metaverse eröffnet für Inhaber von IP-Rechten vielversprechende neue Märkte, ihre Kreationen und Produkte zu präsentieren oder weiterzuentwickeln und Ihre Rechte an Dritte zu lizensieren. Insbesondere lohnt es sich bereits aktuell, für neue Markenanmeldungen Waren und Dienstleistungen in virtuellen Welten im Blick zu behalten.

 

Negative eBay Bewertung

Hintergrund

Rechtliche Streitigkeiten zu vertraglichen Verhältnissen auf eBay sind keine Neuheit. Ungeklärt ist bislang, wann die zugehörige negative Bewertung eines Verkäufers durch den Käufer zu entfernen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage nun zu Gunsten des Käufers höchstrichterlich entschieden.

Sachverhalt

Der Käufer erwarb über die Plattform eBay vier Gelenkholzscheiben von der Verkäuferin. Der Preis für die Gelenkholzscheiben betrug EUR 19,26. Die zusätzlichen Versandkosten betrugen EUR 4,00. Das Vertragsverhältnis schlossen die Parteien unter Einbeziehung der AGB von eBay. Die AGB von eBay regelten folgenden Passus von Relevanz für die anschließende Bewertung:

„Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.“

Nach Abwicklung des Kaufs hinterließ der Käufer folgende Bewertung des Verkäufers auf dessen Benutzerprofil:

„Ware gut, Versandkosten Wucher!“

Der Käufer ist der Ansicht, der Teil der Bewertung „Versandkosten Wucher“ sei unzulässig und erhob Klage hiergegen. Das Amtsgericht hat die Klage zunächst abgewiesen. In seinem Urteil hat es darauf abgestellt, dass ein Werturteil nur in Fällen von Schmähkritik unzulässig ist. Schmähkritik beinhalte die Besonderheit, dass die Äußerung keinen sachlichen Anknüpfungspunkt aufweist. Schmähkritik liege damit erst vor, wenn die Äußerung nicht der sachlichen Auseinandersetzung dient und zum Zweck der Herabwürdigung und Diffamierung erfolgt. Das Amtsgericht wies die Annahme einer Schmähkritik unter Verweis auf den Bezug zu den gegenständlichen Versandkosten zurück, da dieser einen ausreichenden Sachbezug beinhalte.

Hat das zuständige Amtsgericht die Klage noch unter dem Aspekt eines zulässigen Werturteils abgelehnt, gab das Landgericht der Klage auf Unterlassung unter Verweis auf die Verletzung einer Nebenpflicht aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB statt. Dabei stellte es primär auf die oben genannte Passage der AGB von eBay ab, die einen über die Schmähkritik hinausgehenden Schutz beinhalte. Es reiche bereits aus, dass die Bewertung nicht sachlich gehalten sei. Nach Ansicht des Landgerichtes fehlte es der Bewertung bereits an ausreichender Sachlichkeit aufgrund überspitzter Formulierung. Auch sei ein Anknüpfungspunkt für die Bewertung als „Wucher“ für den Leser der Bewertung nicht erkennbar.

Die Verkäuferin begehrte nun mit der Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Entscheidung

Der BGH schließt sich mit seiner Entscheidung vom 28. September 2022 im Ergebnis der Ansicht des Amtsgerichts an. Im Wesentlichen stellt der Kunde wie das Amtsgericht auch auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Grundgesetz ab. Die Freiheit der Meinungsäußerung umfasse nach dem BGH auch Kritik, die einen überzogenes oder überspitztes Ausmaß erreicht. Erst die Schmähkritik setze der Meinungsfreiheit des Käufers eine Grenze. Diese Grenze überschreite der Käufer hier nicht, da er sich mit seiner Äußerung über die Kosten der Lieferung zumindest teilweise mit der Leistung des Verkäufers sachlich auseinandersetzt und eine Diffamierung nicht im Vordergrund stehe. Eine fehlende Begründung dieser Bewertung stehe der Zulässigkeit ebenfalls nicht entgegen, da eine Begründung für eine zulässige Meinungsäußerung nicht erforderlich sei.

Auf den Punkt

Die Entscheidung schafft Klarheit in Bezug auf negative Bewertungen von Händlern durch ihre Kunden auf Online-Plattformen. Der BGH belässt es im Wesentlichen bei den zentralen Anknüpfungspunkten einer unzulässigen Bewertung, indem er weiterhin auf die Grenze der Schmähkritik abstellt. Insbesondere legt er die maßgebliche Regelung der AGB von eBay dahin aus, dass diese keine über die Schmähkritik hinausgehende Grenze enthalten. Diese Einschätzung stützt er auf die Auslegung der AGB, denen sich kein zusätzliches Sachlichkeitsgebot entnehmen lasse. Diese Wertung stützt der BGH auf drei zentrale Punkte:

Die fehlende Definition des Begriffs „sachlich“ in den AGB spreche im Interesse der Parteien dafür, die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Schmähkritik für die Unzulässigkeit einer Bewertung auf einer Onlineplattform heranzuziehen

Der Klausel selbst stelle auf die Schmähkritik als Grenze ab. Bei Bestand eines Sachlichkeitsgebots wäre die Erwähnung der Schmähkritik bedeutungslos.

Es entspreche nicht der Schutzwürdigkeit der Meinungsfreiheit, wenn bereits jegliche herabsetzende Formulierung ausreiche für die Annahme einer unzulässigen Meinungsäußerung.

Erneut nutzt der BGH somit die Möglichkeit, um die Meinungsfreiheit auch von Äußerungen auf Onlineplattformen zu stärken. Die Entscheidung ist insoweit nicht gänzlich überraschend, da bereits zuvor obergerichtliche Rechtsprechung auf die Schmähkritik als Grenze einer zulässigen Bewertung abgestellt hatte. So hatte in der Vergangenheit bereits das OLG Düsseldorf ein Werturteil in einem vergleichbaren Kontext einer Negativbewertung auf eBay unter Verweis auf die fehlende Schmähkritik nicht ausreichen lassen. Es hatte vielmehr darauf abgestellt, dass die hohe Bedeutung der Meinungsfreiheit einen strengen Maßstab bei der Bejahung eines Unterlassungsanspruchs bezogen auf eine negative Bewertung erfordere.

Ausblick

Es handelt sich um eine Entscheidung mit vordringlicher Relevanz für sämtliche Kunden und Händler auf der Plattform eBay. Darüber hinaus lässt sich auch für andere Online-Plattformen der Schluss ziehen, dass auch hier die Rechte des Kunden auf negative Bewertung eines Händlers weitreichend sind und erst in der Schmähkritik ihre Grenze finden.

Zukünftig dürften die ordentlichen Gerichte bei gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit negativer Bewertungen auf Onlineplattformen dem Verlangen des Händlers erst stattgeben, wenn die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist.

Für Händler auf Onlineplattformen bedeutet die Entscheidung, dass sie sich auch bei negativen Bewertungen diese grundsätzlich hinnehmen müssen, sofern die Äußerung nicht jeglicher sachlichen Auseinandersetzung entbehrt.

Offen bleibt die Frage, inwieweit ein ausdrückliches Sachlichkeitsgebot in den AGB von eBay zu bewerten wäre. Denn der BGH stellt zumindest nach der aktuellen Pressemitteilung darauf ab, dass sich den AGB von eBay ein Sachlichkeitsgebot nicht entnehmen lasse. Insofern bleibt die Frage bestehen, ob ein Sachlichkeitsgebot sich über AGB überhaupt wirksam einbeziehen ließe.

 

OLG Köln: Keine Inanspruchnahme des Lizenz­gebers bei irreführender Werbung mit lizenz­ierten Testsiegeln

Hintergrund

Lizenziert ein Unternehmen im Auftrag eines Testanbieters die Nutzung markenrechtlich geschützter Logos, besteht zwischen dem Unternehmen als Lizenzgeber und den Wettbewerbern der Lizenznehmer ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis. Ansprüche gegen den Lizenzgeber wegen irreführender Werbung mit Testergebnissen durch einen Lizenznehmer sind daraus aber nur schwer abzuleiten. Insbesondere kann von dem Lizenzgeber regelmäßig nicht verlangt werden, eine Lizenz zu kündigen – auch nachdem er auf einen Wettbewerbsverstoß hingewiesen wurde.

Verfahren

Die Beklagte im gegenständlichen Verfahren (OLG Köln, Urteil vom 23. September 2022 – 6 U 70/22 = GRUR-RS 2022, 24865) ist von der Stiftung Warentest ermächtigt, Lizenzen zur Nutzung der „test“-Logos zu erteilen, damit diese für die Werbung mit den Testergebnissen der Stiftung Warentest genutzt werden können. Da die Werbung mit den Testergebnissen als solchen keiner Erlaubnis bedarf, ist die Lizenz im Wesentlichen markenrechtlicher Natur. Die Lizenznehmer bestimmen den Inhalt und damit die Werbeaussage des zu lizenzierenden Logos, das beispielsweise die erteilte Gesamtnote oder das Prädikat „Testsieger“ enthält.

Laut den Vertragsbedingungen der Beklagten ist der Lizenznehmer selbst für die Lauterkeit seiner Werbeanzeige und damit der Verwendung des lizenzierten Testsiegels verantwortlich. Der Lizenznehmer verpflichtet sich zudem gegenüber der Beklagten, bei Verbrauchern keine falschen Vorstellungen über die Beurteilung der getesteten Produkte hervorzurufen. Insbesondere versichert er, dass das Produkt, für dessen Bewerbung die Lizenz beantragt wird, tatsächlich mit dem getesteten Produkt gleich ist. Der Lizenzvertrag erlaubt nach erfolglos abgemahntem Verstoß gegen Vertragspflichten die außerordentliche Kündigung.

Im entschiedenen Fall hatte eine Wettbewerberin der Klägerin zunächst ohne aufklärenden Hinweis mit dem Testergebnis für eine Matratze geworben, obwohl ein anderes – laut der Beklagten baugleiches – und nicht das beworbene Modell getestet wurde. Die Klägerin mahnte daraufhin auch die Beklagte ab und verlangte die Unterlassung der Lizenzierung des „test“-Logos.

Weil die Beklagte die Lizenz nicht kündigte, zog die Klägerin vor Gericht. Sie beantragte sinngemäß, es der Beklagten zu verbieten, das „test“-Logo zwecks Bewerbung der betreffenden Matratze zu lizenzieren. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts schließe der Antrag auf Unterlassung gleichermaßen die Geltendmachung von Beseitigungspflichten – wie den begehrten Ausspruch der Kündigung – mit ein.

Entscheidung

Das Landgericht Bonn hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht wies die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurück.

Bestehen eines mittelbaren Wettbewerbsverhältnisses

Weil die Lizenzierung des „test“-Logos objektiv auf die Förderung des Wettbewerbs eines Dritten ziele, bestehe zwischen der Beklagten und den Mitbewerbern eines Lizenznehmers, wie hier der Klägerin, ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis, an das wettbewerbsrechtliche Ansprüche knüpfen können.

Keine Rechtspflicht zur Kündigung

Allerdings hafte die Beklagte nicht für einen Wettbewerbsverstoß ihres Lizenznehmers, weder als Täterin noch als Mittäterin oder Teilnehmerin.

Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe die Beklagte jedenfalls keine Tatherrschaft gehabt, da das Ob und Wie der Werbung in der Verantwortung des Lizenznehmers liege. Nach Vertragsschluss treffe die Beklagte keine Rechtspflicht, einen von Dritten beanstandeten Wettbewerbsverstoß des Lizenznehmers abzuwenden. Sie war deshalb rechtlich nicht gehalten, die Lizenz zu kündigen.

Laut Gericht liege die eigentliche Irreführung nämlich nicht in der Nutzung der Marke, sondern in der Darstellung des Testergebnisses. Insofern stehe der Klägerin das Vorgehen gegen den unmittelbar werbenden Lizenznehmer offen. Da die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten irreführende Werbung untersagen, sei ihr eine weitergehende Prüfpflicht nicht zumutbar. Ihre Pflichten könnten auch nicht mit denen des Testanbieters gleichgesetzt werden.

Der Lizenzgeber dürfe sich grundsätzlich auf Aussagen der Lizenznehmer über bestimmte Produkteigenschaften – wie etwa die Gleichheit von getesteter und beworbener Matratze – verlassen. Im Übrigen verpflichte auch ein deutlich erkennbarer Verstoß nicht unmittelbar zur Kündigung, da eine lautere Nutzung des Logos weiterhin möglich bleibe.

Das Gericht hat letztlich aus den gleichen Gründen eine Haftung wegen der Verletzung wettbewerblicher Verkehrspflichten abgelehnt. Eine Haftung als Teilnehmer scheiterte jedenfalls am Gehilfenvorsatz. Eine Störerhaftung schied aus, weil kein absolutes Recht verletzt wurde.

Ergebnis

Es liegt somit weitgehend im Ermessen des Lizenzgebers, wie er gegen Wettbewerbsverletzungen seiner Lizenznehmer vorgeht. Die – ordentliche wie außerordentliche – Kündigung des Lizenzvertrags dürfte regelmäßig nicht verlangt sein, weil dadurch zugleich die rechtmäßige Nutzung der Marke bzw. des Logos ausgeschlossen würde. Der „vorschnell“ kündigende Lizenzgeber setzt sich damit dem Risiko vertraglicher Ersatzansprüche aus.

Konkrete lauterkeitsrechtliche Handlungspflichten treffen den Lizenzgeber nach der Entscheidung also regelmäßig auch dann nicht, wenn er auf eine Wettbewerbsverletzung hingewiesen wurde oder diese evident ist.

Hinweis für die Praxis

Für Werbende bedeutet die Entscheidung einmal mehr, dass bei Werbung mit Testergebnissen besondere Sorgfalt geboten ist. Insbesondere muss die Übereinstimmung des beworbenen mit dem getesteten Produkt sichergestellt sein und gegebenenfalls ein aufklärender Hinweis erfolgen.

Unabhängig davon, ob der Lizenzgeber die lauterkeitsrechtliche Verantwortung auf den Werbenden abwälzt, sollte der Werbende vorsorglich davon ausgehen, dass das Logo weder vor Lizenzerteilung noch danach überprüft vom Lizenzgeber geprüft wird.

Tagesspiegel gegen Bundeskanzleramt: Wie weit geht der Auskunftsanspruch des Informations­freiheitsgesetzes?

Hintergrund

Jedermann genießt im Grundsatz einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Behörden des Bundes über § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Erfasst sind hiervon auch jegliche Bundesorgane und -einrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Eine eigene Betroffenheit – rechtlich oder tatsächlich – wird nicht verlangt. Einschränkungen erfährt der Auskunftsanspruch insbesondere durch öffentliche und private Belange, welche in den §§ 3 bis 6 IFG geregelt sind. Diese Ausnahmegründe muss die Behörde darlegen.

Sachverhalt

Ab März 2020 fanden im Bundeskanzleramt Bund-Länder-Konferenzen statt, um die Corona-Pandemie zu bewältigen. Der Tagesspiegel beantragte im Dezember 2020 beim Bundeskanzleramt unter Berufung auf den Auskunftsanspruch aus dem IFG, ihm Zugang zu den Kurzprotokollen der Konferenzen zu gewähren. Denn nach Ansicht des Tagesspiegels seien die Protokolle der Corona-Gipfel aus den Anfangszeiten der Pandemie bereits jetzt historische Dokumente und es gebe ein erhebliches öffentliches Interesse daran, wie sich die Regierungschefs in den damaligen Verhandlungen positioniert hätten.

Das Bundeskanzleramt lehnte den Informationszugangsanspruch jedoch mit der Begründung ab, dass die behördlichen Beratungen als Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zu schützen seien und die Veröffentlichung der Kurzprotokolle den künftigen freien und offenen Meinungsaustausch innerhalb der Bund-Länder-Konferenz beeinträchtigen könne. Eine anschließende Berichterstattung bringe eine neue und ungewollte Dynamik in die weiteren Beratungen zur Pandemiebekämpfung und könne sich einengend auf künftige Beratungen auswirken.

Indem sich das Bundeskanzleramt darauf berief, dass die Veröffentlichung der Kurzprotokolle zu einer Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden führen würde, berief es sich auf den Ausnahmetatbestand des Schutzes öffentlicher Belange gem. § 3 Nr. 3b IFG.

Auf den Punkt – Die Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG Berlin) hat mit Urteil vom 30. Juni 2022 entschieden, dass das Bundeskanzleramt die Kurzprotokolle nach § 1 Abs. 1 IFG herausgeben muss. Insbesondere lehnte es den Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 3b IFG ab. Danach besteht ein Informationszugangsanspruch nicht, wenn und solange er Beratungen von Behörden beeinträchtigt.

So ordnete die Kammer die Kurzprotokolle als amtliche Informationen ein, die dem Informationszugangsanspruch nach § 1 Abs. 1 IFG im Gegensatz zu Notizen und Entwürfen unterfallen. Bei den Kurzprotokollen handele es sich nämlich um eine endgültige Aufzeichnung des Bundeskanzleramtes. Auch sah die Kammer zwar im Grundsatz die Bund-Länder-Konferenzen als „Beratungen von Behörden“ im Sinne von § 3 Nr. 3b des IFG an. Im Kontext von § 3 Nr. 3b IFG sei aber nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung umfasst und nicht die Ergebnisse und Grundlagen der Entscheidung. Das Bundeskanzleramt habe hier seiner Darlegungspflicht nicht entsprochen, indem es sich auf die Bezeichnung der Kurzprotokolle als „Beratung“ beschränkt habe. Vielmehr hätte das Bundeskanzleramt diejenigen Passagen in den jeweiligen Kurzprotokollen bezeichnen müssen, die zumindest Rückschlüsse auf die Meinungsbildung zulassen.

Ebenfalls habe das Bundeskanzleramt nicht darlegen können, inwieweit die Veröffentlichung den Beratungsprozess gefährde. So sei schon nicht ersichtlich, inwieweit hier noch ein fortdauernder Beratungsprozess vorliege. Allein die andauernde Pandemielage begründe einen „Dauer-Beratungsprozess“ bei erneuten Bund-Länder-Konferenzen nicht. Auch seien diese Bund-Länder-Konferenzen bereits eingestellt worden und ein Bezug zu gegenwärtigen Beratungen vom Bundeskanzleramt nicht dargetan. Im Übrigen stehe auch die Änderung des Infektionsschutzgesetz (IfSG) der Einordnung als „Dauer-Beratungsprozess“ entgegen. Die Änderung des IfSG habe die Lage geändert und sei gleichbedeutend mit einer „rechtlichen Zäsur“.

In Anknüpfung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts führt die Kammer aus, dass für den Ausschlussgrund schlagwortartige Ausführungen im Hinblick auf die einengende Wirkung für zukünftige Beratungsprozesse ebenfalls nicht ausreichen. Erforderlich sei eine Darlegung der Umstände des Einzelfalles, die einen konkreten Bezug der Entscheidungsfindungsprozesse in den Kurzprotokollen zu künftigen Beratungen herstellen.

Einen Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Bundeskanzleramt mittlerweile zurückgezogen. 

Unser Kommentar

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin stärkt den Auskunftsanspruch aus § 1 Abs. 1 IFG, was grundsätzlich als positiv zu bewerten ist. Ebenfalls wird durch das Urteil deutlich, dass der Nachweis der Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände aus §§ 3-6 IFG der Darlegung konkreter Nachweise bedarf. Die Behörde hat dazu diejenigen Passagen zu bezeichnen, die der behördlichen Willensbildung angehören. Die bloße Behauptung der einengenden Wirkung für zukünftige Willensbildungsprozesse einer Behörde genügt hingegen nicht. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie lehnt die Rechtsprechung es damit ab, Beratungen zwischen Bund und Ländern pauschal dem Anspruch auf Informationszugang zu entziehen.