09.02.2024

Sondernewsletter bAV 2024

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Editorial

Liebe Leser,        

wir freuen uns, Ihnen die erste Ausgabe unseres Sondernewsletters zur betrieblichen Altersversorgung präsentieren zu können.

Zu Beginn möchten wir Sie gerne über bevorstehende Veranstaltungen informieren.

Am 19. März 2024 findet die Jahrestagung zur betrieblichen Altersversorgung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e. V. in Kooperation mit dem Eberbacher Kreis am Frankfurter Standort der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer statt. Neben Vorträgen zu aktuellen bAV-Themen besteht die Möglichkeit, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen und mit den Experten ins Gespräch zu kommen.

Weiterhin veranstalten wir am 7. März 2024 an unserem Luther-Standort in München ein Seminar zum Thema Restrukturierung, das sich an all diejenigen wendet, die für ihr Unternehmen Entscheidungen von wirtschaftlicher Tragweite treffen müssen.

Daran anknüpfend möchten wir Sie gern auf folgendes Thema aufmerksam machen: Basierend auf den jüngsten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Angemessenheit von Vergütungen befasst sich unser Newsletter mit der Frage der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern sowie Versorgungszusagen bei Gesellschaftsformen jedweder Art – vom gemeinnützigen Verein bis hin zur börsennotierten Aktiengesellschaft – dessen Fehlhandhabung nicht nur steuer-, sondern auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen können. Einen kurzen Überblick gibt Ihnen Jan Hansen aus unserem Kölner Büro.

Zudem möchten wir Ihnen gerne die wesentlichen Entscheidungen der Rechtsprechung zur betrieblichen Altersversorgung aus dem vergangenen Jahr vorstellen, die unseres Erachtens elementare Praxishinweise für eine faire und angemessene Altersversorgung sowohl aus Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmersicht beinhalten.

Zuletzt erhalten Sie von Sara Zeck aus unserem Frankfurter Büro einige Hinweise, was es bei der Durchführung von Fusionen von Unternehmen gerade im Hinblick auf die betriebliche Altersversorgung zu beachten gilt und wie man vorgehen sollte.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!

Herzliche Grüße

Dr. Marco Arteaga & Dr. Annekatrin Veit

Veranstaltungsankündigungen

I. Jahrestagung bAV 2024 des Eberbacher Kreises, Frankfurt am Main (19. März 2024)

Am 19. März 2024 veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) erneut in Kooperation mit dem Eberbacher Kreis die diesjährige Jahrestagung „Betriebliche Altersversorgung 2024“. 

Die Veranstaltung findet ganztägig, in den Räumen von Freshfields Bruckhaus Deringer, Bockenheimer Anlage 44, 60322 Frankfurt am Main, statt.

Im Fokus werden unter anderem folgende Themen stehen:

  • Was hat sich geändert und ist jetzt bei Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und individualrechtlichen Vereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) zu beachten?
  • Können laufende Leistungen zur Beseitigung des Rentenanpassungsrisikos auf Kapitalleistungen umgestellt werden?
  • Was ist mit Blick auf die bAV bei der Vorbereitung und der Umsetzung von M&A-Transaktionen zu berücksichtigen?
  • Was hat sich darüber hinaus für die bAV durch Entwicklungen in der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und in der Verwaltung geändert?
  • Welche Chancen und zusätzliche Fördermaßnahmen kommen mit dem „Betriebsrentenstärkungsgesetz 2024“ voraussichtlich auf die Arbeitgeber zu?

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) bildet neben der gesetzlichen und privaten Rente für viele Arbeitnehmer in Deutschland eine wesentliche Säule ihrer Altersvorsorge. Das Management ebenso wie die Gestaltung dieser Leistungen sind allerdings komplex und fordern die bAV-Verantwortlichen in den Unternehmen auf einer Vielzahl von Feldern. Darüber hinaus verändert sich beständig der rechtliche Rahmen; neue Gestaltungsmöglichkeiten entstehen und in den Unternehmen etablieren sich immer mehr Durchführungswege und Versorgungszusagen. Hier gilt es, den Überblick zu behalten, die aktuellen Entwicklungen zu verstehen und vor allem die Gestaltungsspielräume zu kennen, die die verschiedenen Modelle und der Gesetzgeber bieten.

Diskutieren Sie am 19. März 2024 gemeinsam mit Experten aus Beratung und Praxis über die Entwicklungen und Trends auf dem Feld der bAV.

Nähere Informationen hinsichtlich der Teilnahme sowie der Teilnahmegebühr finden Sie auf der Webseite des Eberbacher Kreises unter www.eberbacher-kreis.de
 

II. Restrukturierungsseminar, München (7. März 2024)

In Zeiten wirtschaftlicher Krisen und Unsicherheiten stehen Unternehmen vor großen Herausforderungen. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen ist nicht nur eine Frage des Geschäftssinns, sondern auch der Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsoptionen.

„Bridge over troubled water ...“ 

In diesem Sinne möchten wir Sie herzlich zu unserem Fachseminar über die Restrukturierung von Unternehmen am 7. März 2024 ab 16:00 Uhran unserem Münchener Standort – Karlstraße 10 - 12 in 80333 München – einladen. Das Seminar richtet sich an Geschäftsführer, Gesellschafter, Aufsichtsräte, Vorstände, Investoren und alle, die Entscheidungen von wirtschaftlicher Tragweite für ihr Unternehmen treffen müssen.

Melden Sie sich zu unserem Seminar an, wenn Sie Antworten auf folgende Fragen suchen:

  • Welche Einsparpotenziale gibt es, um meinem Unternehmen zu einer stabilen wirtschaftlichen Lage zu verhelfen?
  • Welche alternativen Szenarien ergeben sich in der Krise?
  • Welche rechtlichen Fallstricke sind in der Praxis zu beachten?

Unser Ziel ist es, Ihnen ein umfassendes Verständnis für die rechtlichen Herausforderungen der Unternehmensrestrukturierung zu vermitteln und praktische Werkzeuge an die Hand zu geben, um Ihr Unternehmen erfolgreich durch anspruchsvolle Zeiten zu navigieren.

Im Anschluss möchten wir den Tag gern mit Ihnen in entspannter Atmosphäre ausklingen lassen. Deshalb laden wir Sie nach dem Seminar herzlich zu einem Get-together bei Wein und regionalen Spezialitäten ein. Dies ist die perfekte Gelegenheit, um miteinander ins Gespräch zu kommen und Erfahrungen auszutauschen.

Bitte melden Sie sich bis zum 29. Februar 2024 verbindlich per E-Mail bei assistants.pensions@luther-lawfirm.com an. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

Wir freuen uns auf Sie!

Angemessenheit der Vergütung von Organpersonen und Führungskräften

Die Angemessenheit der Vergütung von Organpersonen, Geschäftsleitern, Betriebsratsmitgliedern und anderen exponierten Funktionsträgern von Unternehmen ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Das Thema betrifft nicht nur große öffentlich-rechtlich organisierte Körperschaften oder Dax-Unternehmen. Auch kleinere Aktiengesellschaften und vor allem gemeinnützige Körperschaften müssen bei der Festlegung der Vergütung ihres Führungspersonals einige Vorgaben beachten. Insbesondere bei der Gestaltung von Versorgungszusagen kann es hierbei zu Fehlern kommen, die zu empfindlichen Konsequenzen für das Unternehmen und die beteiligten Entscheidungsträger u. a. in Form einer rückwirkenden Korrektur durch die Finanzverwaltung führen können.

I. Hintergrund

Gesetzliche Regelungen zur Angemessenheit der Vergütung von Entscheidungsträgern finden sich etwa im Aktiengesetz (AktG) oder der Abgabenordnung (AO). So bestimmt § 87 AktG, dass die Gesamtbezüge der Vorstandsmitglieder „in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen [dürfen]“. Ähnliches gilt nach § 113 AktG für die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder.

Für den Bereich der gemeinnützigen Körperschaften gilt § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO. Danach darf eine gemeinnützige Körperschaft „keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen“.

Zur der Frage, wann eine Vergütung angemessen bzw. unverhältnismäßig ist, verhält sich das Gesetz nicht. Festzuhalten ist damit zunächst, dass es für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen keine festen Regeln gibt. Die obere Grenze für die Angemessenheit der Vergütung ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln, wobei sowohl inner- als auch außerbetriebliche Umstände berücksichtigt werden können.

Zu beachten ist hierbei, dass sich der Bereich der Angemessenheit über eine gewisse Bandbreite erstreckt und nur diejenigen Bezüge als unangemessen angesehen werden können, die diese Bandbreite nach oben deutlich überschreiten (vgl. BFH, Urteile v. 24. August 2011, IR 5/10; v. 15. Dezember 2004, IR 79/04).

II. Angemessenheitsprüfung

Mit Urteil vom 12. März 2020 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zu der Frage Stellung genommen, wie die Unverhältnismäßigkeit der Vergütung eines Geschäftsführers einer gemeinnützigen GmbH im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO zu ermitteln ist (BFH, Urteil v. 12. März 2020, V R 5/17). Hieraus lassen sich verallgemeinerungsfähige Rückschlüsse für den Gang einer Angemessenheitsprüfung ziehen.

Der BFH geht davon aus, dass der unbestimmte Rechtsbegriff „unverhältnismäßig“ im Gemeinnützigkeitsrecht (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) dieselbe Bedeutung hat, wie der von der Rechtsprechung bei der Beurteilung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) im Sinne von § 8 Abs. 3 S. 2 KStG herangezogene Begriff „unangemessen“. Es kann daher für die Prüfung der Angemessenheit einer Vergütung auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur vGA zurückgegriffen werden.

Maßgebliche Bezugsgröße für die Prüfung der Angemessenheit ist die Gesamtausstattung, d. h. alle Vorteile, die der Geschäftsführer von der Gesellschaft oder von Dritten für seine Tätigkeit erhält. Hierunter fallen neben Gehältern, Weihnachts- und Urlaubsgeldern auch vom Arbeitgeber übernommene Versicherungsbeiträge sowie die private Nutzung von PKW und die versprochenen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, insbesondere Pensionszusagen (BFH, Urteil v. 12. März 2020, V R 5/17, Rn. 41, m.w.N.).

Pensionszusagen sind hierbei allerdings nicht mit dem bilanziellen Rückstellungswert in die Gesamtausstattung einzubeziehen. Maßgeblich ist vielmehr eine fiktive Jahresnettoprämie („JNP“) für eine entsprechende Versicherung. Die JNP entspricht dem Jahresbeitrag einer hypothetischen Versicherung bis zum vertraglich vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls ohne Berücksichtigung von Abschluss- und Verwaltungskostenzuschlägen und unter Beachtung der Rechnungsgrundlagen des § 6a EStG, insbesondere dem dort bestimmten Rechnungszinsfuß von 6 % (vgl. BFH, Urteil v. 12. März 2020, V R 5/17, Rn. 41, m.w.N). Just an dieser Stelle werden häufig Fehler gemacht, denn oftmals ist weder die Berechnungsmethode noch die konkrete Höhe der fiktiven Versicherungsprämie bekannt.  Dies führt regelmäßig dazu, dass das finanzielle Ausmaß der Verpflichtung nicht bzw. nicht rechtzeitig erkannt wird. 

Zur Feststellung der Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Geschäftsführers kann diese entweder mit den Entgelten verglichen werden, die Geschäftsführer oder Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (sog. interner Fremdvergleich) oder mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen an Geschäftsführer anderer Unternehmen gezahlt wurden (sog. externer Fremdvergleich, BFH, Urteil v. 12. März 2020, V R 5/17, Rn. 41, m.w.N.). Die für den (externen) Vergleich notwendigen Referenzwerte können nach der Rechtsprechung anhand von Vergütungsstudien ermittelt werden (BFH, Urteil v. 12. März 2020, V R 5/17, Rn. 42, BFH, Urteil v. 10. Juli 2002, I R 37/01, BFH, Beschluss v. 14. Juli 1999 I B 91/98).

III. Folgen unangemessener Vergütung

Erweist sich die Vergütung nach den vorstehenden Grundsätzen als unangemessen hoch, stellt sich die Frage nach den Konsequenzen und etwaigen Abhilfemöglichkeiten.

Insofern sind vor allem folgende Rechtsbereiche von Interesse:

1. Gemeinnützigkeit

Eine unangemessen hohe Vergütung stellt regelmäßig einen Verstoß gegen das Drittbegünstigungsverbot des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO dar. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen droht die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Dies kann in der Praxis  aufgrund des rückwirkenden Wegfalls der Körperschafts- und Gewerbesteuerbefreiung regelmäßig zu einer rückwirkenden Steuerfestsetzung führen, die je nach Art und Umfang der wirtschaftlichen Aktivität der betroffenen Organisation existenzgefährdend sein kann. Hinzu kommt – neben Reputationsschäden – häufig der Wegfall von Einnahmen aus Spenden oder Subventionen.

2. Schadenersatzansprüche & Rückabwicklung

In der Regel entsteht der betroffenen Organisation durch die überhöhte Vergütung ein Vermögensschaden. Häufig lassen sich diese auf Sorgfaltspflichtverletzungen der an der Vergütungsentscheidung beteiligten Personen/Gremien zurückführen. Das gilt insbesondere dann, wenn trotz fehlender eigener Sachkunde auf die Einholung eines externen Rates verzichtet wurde. Eine Schadenersatzpflicht der handelnden Personen kann sich dann insbesondere aus dem jeweiligen Anstellungsvertrag i.V.m. § 280 BGB ergeben.

Beruht die Vergütungsentscheidung gar auf einem kollusiven Zusammenwirken des Gewährenden mit dem Begünstigten, d. h. einer bewussten Schädigung der betroffenen Gesellschaft, sind auch gegen den Begünstigten selbst Ansprüche, etwa unter dem Gesichtspunkt der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB), denkbar. In diesen Fällen ist auch eine Nichtigkeit der zugrunde liegenden Vereinbarungen (Anstellungsvertrag, Versorgungszusage) nach den §§ 134, 138 BGB nicht ausgeschlossen. Es droht dann eine teilweise oder sogar vollständige Rückforderung aller geleisteten Zahlungen.

3. Strafrechtliche Konsequenzen

Wird durch die Gewährung unangemessen hoher Bezüge im Einzelfall die Grenze zur Strafbarkeit überschritten, kommen zudem Ansprüche gegen die handelnden Personen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. mit dem jeweiligen Straftatbestand in Betracht. Häufig stellt eine deutlich übersetzte Vergütungsabrede für den Gewährenden einen Verstoß gegen dessen (regelmäßig gegebene) Vermögensbetreuungspflicht dar, der im Ergebnis den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) verwirklichen kann. Sofern die Mitwirkung des Begünstigten im Einzelfall über ein (grundsätzlich zulässiges) Verhandeln in eigenen Angelegenheit bzw. ein bloßes „Sich-Gewähren-Lassen“ hinausgeht, kommt auch für diesen eine strafrechtlich relevante Teilnahme bzw. Täterschaft in Betracht.

Neben einer strafrechtlichen Verurteilung droht in diesen Fällen auch die Einziehung der aufgrund der fehlerhaften Gewährung erlangten Vermögenswerte.  

4. Schadenkompensation durch Versicherungen

Häufig bestehen bei betroffenen Unternehmen Versicherungsverträge, aus denen im Einzelfall eine zumindest teilweise Schadenkompensation erlangt werden kann. Neben einer zugunsten der Entscheidungsträger abgeschlossenen D&O-Versicherung kommen hier die Vermögensschadenhaftpflicht- sowie die Vertrauensschaden-Haftpflichtversicherung in Betracht. Mündet der Streit über die Vergütung in einem gerichtlichen Verfahren, können auch Ansprüche aus einer Rechtsschutzversicherung bestehen.

Namentlich bei gravierenden Verstößen und drohenden strafrechtlichen Implikationen greifen allerdings häufig Ausschlussgründe („wissentliche Pflichtverletzung“). Unabhängig davon empfiehlt es sich, etwaige Versicherungsfälle möglichst frühzeitig gegenüber dem Versicherer anzuzeigen. Das gilt insbesondere dann, wenn eine vergleichsweise Einigung mit den Betroffenen erwogen wird, da hierdurch Regressansprüche des Versicherers abgeschnitten werden könnten und ihn deshalb von seiner Einstandspflicht befreien.

IV. Wie können wir Sie unterstützen?

Aus unserer Sicht empfiehlt es sich, bereits im Vorfeld einer beabsichtigten Vergütungsentscheidung einen unabhängigen Rat einzuholen. Denn einerseits können so kostspielige und – namentlich im Bereich der Altersversorgung – langwierige Konsequenzen vermieden werden. Andererseits wird hierdurch auch das persönliche Haftungsrisiko der beteiligten Entscheider gemindert. Regelmäßig bedarf es hierzu im ersten Schritt keiner umfassenden Begutachtung. Problematische Gestaltungen lassen sich häufig bereits im Rahmen eines „Quick Checks“ zuverlässig identifizieren und abstellen.

Selbstverständlich begutachten wir auch bereits laufende Vergütungen und unterstützen Sie im Hinblick auf etwaige Folgefragen. Melden Sie sich bitte bei jan.hansen@luther-lawfirm.com

Autor

Jan Hansen, Rechtsanwalt, Senior Associate, Köln

Bedeutsame Urteile aus dem Jahr 2023

I. Umstellung von Rente auf Kapital

1. Teilweise Umstellung laufender Renten auf Kapitalzahlung

BAG, Urt. v. 20.06.2023 – 3 AZR 231/22

a) Sachverhalt

Der Kläger arbeitete seit 1988 bei der Beklagten, seit 1992 als leitender Angestellter. Im Jahr 1995 wurde eine Sprecherausschussvereinbarung über Versorgungsleistungen für leitende Angestellte geschlossen. Diese sah ein Entstehen des Anspruchs auf Versorgungsleistungen nach zehn Jahren Dienstzeit sowie mit Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die Zahlung eines Ruhegelds vor. Das Ruhegeld bestand aus einer Festrente und einer variablen Rente und einem zusätzlichen Weihnachtsgeld. Im Jahre 1999 übersandte der Arbeitgeber dem Kläger die Versorgungszusage mitsamt dem seit 1995 geltenden Leistungsplan. 2004 vereinbarte der Arbeitgeber zusammen mit dem Sprecherausschuss eine Sprecherausschussvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung (SAV 2004), womit die Altzusagen durch neue Vereinbarungen abgelöst wurden. Infolgedessen erhielt der Kläger anstelle eines monatlichen Ruhegeldes von EUR 2.628  brutto ein monatliches Ruhegeld in Höhe von EUR 1.945,82 brutto + Einmalzahlung i.H.v. EUR 110.727 zzgl. einer Überschussbeteiligung i.H.v. EUR 44.000.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass der Arbeitgeber zur Erbringung des Ruhegelds auf Basis der Zusage aus 1995 aufgrund der ungerechtfertigten Verschlechterung seiner Versorgungszusagen verpflichtet sei. Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben und das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

b) Entscheidung

Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das LAG. Dabei rügte es, dass das LAG die erforderliche Interessenabwägung, die bei teilweiser Umstellung von laufenden Leistungen in eine einmalige Kapitalzahlung durchzuführen sei, rechtsfehlerhaft vorgenommen habe. So habe das LAG die für die Interessenabwägung relevanten Umstände nicht vollständig berücksichtigt, mithin offengelassen, ob die Neuregelung zu einem Eingriff in die dienstzeitabhängigen künftigen Zuwächse führe. Eine Interessenabwägung bei Umstellung von laufenden Renten auf eine Kapitalzahlung könne – und dürfe – jedoch erst dann erfolgen, wenn feststehe, ob die Neuregelung die Versorgungsleistungen verschlechtert, was wiederum erst nach Eintritt des Versorgungsfalls rechtsfehlerfrei möglich ist. Insbesondere knüpfte das LAG beim Begriff „Anwartschaft“ an einen fehlerhaften technischen Begriff. Vielmehr – so das BAG – wird unter einer Anwartschaft die Aussicht auf eine künftige Versorgung verstanden. Dafür müsse darauf abgestellt werden, ob eine Versorgungszusage tatsächlich erteilt wurde.

Darüber hinaus ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass bei dem Wechsel von einer laufenden Rente zu einem Kapitalversprechen nachteilige Folgen für den Versorgungsempfänger eintreten. Diese äußern sich zum einen durch eine höhere Steuerlast aufgrund von Progression, zum anderen durch einen Wechsel des Pfändungsschutzes von § 850c ZPO zu § 850i ZPO.

Letztlich könne eine Interessenabwägung erst dann durchgeführt werden, wenn feststehe, welche Leistungen gegenüberzustellen seien. Insofern seien zum einen die Alt-Leistungen, zum anderen die Neu-Leistungen im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls zu ermitteln.

c) Unser Kommentar

Das BAG hat in seiner Entscheidung offen gelassen, ob die Klage begründet ist. Ob eine Umstellung von laufenden Rentenleistungen auf eine einmalige Kapitalleistung eine Verschlechterung darstellt, könne regelmäßig erst erfolgen, wenn feststeht, ob die Neuregelung die Versorgungsleistungen verschlechtere, im Streitfall also erst mit dem Eintritt des Versorgungsfalls.

Dies bedeutet für Arbeitgeber, dass sie unter Umständen für viele Jahre (bis zum Eintritt des Versorgungsfalls) eine Unsicherheit darüber haben, ob die Ablösung der Versorgungsregelung wirksam war. Arbeitgeber, die auf Rentenzahlungen lautende Versorgungsregelungen auf Kapital umstellen wollen, sind also gut beraten, alle Unterlagen vorzuhalten, um bei Eintritt des Versorgungsfalls Vergleichsberechnungen zwischen abgelöster und neuer Versorgungsregelung vornehmen zu können. Im Hinblick auf die vom BAG vorgenommene Interessenabwägung kann es erwägenswert sein, von vornherein eine Kapitalleistung zuzusagen, die den Barwert der nach den bisherigen Regelungen ermittelten Rentenleistung übersteigt, denn dies kann die Nachteile, die ein Arbeitnehmer wegen der Umstellung erleidet, aufheben.


2. Kapitalwahlrecht zugunsten des Versorgungsschuldners

BAG, Urt. v. 17.01.2023 – 3 AZR 220/22

a) Sachverhalt

Die beklagte Arbeitnehmerin war von 1994 bis 2019 beim Kläger (Pflegedienstbetreiber) als Krankenpflegehelferin beschäftigt. Im Jahr 2000 erhielt die Beklagte ein Schreiben einer Gruppen-Unterstützungseinrichtung, in dem dieser eine betriebliche Altersvorsorge sowie der darin enthaltene Umfang aufgeführt wurde. Grundsätzlich erhielt ein Begünstigter ab dem 65. Lebensjahr eine monatliche Rente. Allerdings behielt sich die Versorgungskasse vor, anstelle einer laufenden Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen. Die beklagte Arbeitnehmerin beantragte im Jahr 2021 ihre betriebliche Altersrente. Die monatliche Altersrente betrug EUR 1.030 brutto, der zehnfache Jahresbetrag EUR 123.600 brutto. Der zehnfache Jahresbetrag war jedoch im Ergebnis niedriger als der versicherungsmathematische Barwert der monatlichen Altersrente. Der Arbeitgeber teilte der Arbeitnehmerin mit, er beabsichtigte die Auszahlung der Rente durch die Zahlung der zehnfachen Jahresrente abzugelten, diese lehnte die angekündigte Kapitalzahlung hingegen ab und verlangte eine monatliche Rentenzahlung. Der Arbeitgeber zahlte die Einmalzahlung an die Arbeitnehmerin aus, diese erstattete den Betrag jedoch umgehend an den Arbeitgeber zurück. Infolgedessen beantragte der Kläger die Feststellung, dass er durch Erbringung der einmaligen Kapitalzahlung den Anspruch der Arbeitnehmerin aus der Versorgungszusage erfüllt habe. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen und das Landesarbeitsgericht die dagegen erhobene Berufung zurückgewiesen. Die Revision hatte keinen Erfolg.

b) Entscheidung

Das BAG urteilte, dass das LAG die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen habe. Bei der sich aus dem Leistungsplan der Gruppen-Unterstützungseinrichtung ergebenden Ersetzungsbefugnis, anstelle einer laufenden Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu erbringen – handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Diese sind an der Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB zu messen. Hier war ein Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB gegeben, der eine Abwägung zwischen dem Interesse des Klauselverwenders, seine Leistung zu ändern und dem Interesse des anderen Vertragsteils an deren Unveränderlichkeit fordert. Indem der Versorgungsempfänger jedoch keine gleichwertige, sondern eine für ihn geringwertigere und damit nachteilige Änderung der Kapitalleistung erfahren sollte, der Arbeitgeber hingegen keine überwiegenden Interessen an der Abänderung der Kapitalhöhe vorweisen konnte, äußerte sich die im Leistungsplan enthaltene Klausel als unzumutbar, mithin mangels Wertgleichheit der Kapitalleistung, als unwirksam.

c) Unser Kommentar

Der Entscheidung des BAG ist nachvollziehbar: Wenn sich der Versorgungsschuldner ein einseitiges Recht dahingehend vorbehält, statt der zugesagten Rente eine Kapitalleistung zu erbringen und diese aber niedriger als der Barwert der laufenden Rente ist, ist der Versorgungsberechtigte benachteiligt. Das BAG ließ die entsprechende Klausel an AGB-Grundsätzen scheitern.


II. Verweisungen auf Versorgungsregelungen

1. Grenzen dynamischer Verweisungen bei Verschlechterungen

BAG, Urt. v. 09.05.2023 – 3 AZR 226/22

a) Sachverhalt

Die Parteien stritten über die von einer Zusatzversorgungskasse gezahlte Betriebsrente hinausgehende zusätzliche Erbringung von Leistungen. Die Klägerin war seit 1986 bei der Beklagten beschäftigt; die wesentlichen Arbeitsbedingungen richteten sich nach dem Arbeitsvertrag für kirchliche Angestellte. 1991 wurde mit einer Treuegeld-Verordnung die Gewährung eines kirchlichen Treuegelds versprochen, sofern der Mitarbeiter zehn Jahre oder länger ununterbrochen als vollbeschäftigter Mitarbeiter im kirchlichen Dienst tätig war. 1993 vereinbarten die Parteien einen neuen Dienstvertrag, der in Fortsetzung zum bisherigen Arbeitsverhältnis galt. Im Übrigen galten das Landeskirchengesetz und die kirchliche Diensteordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung. 1994 löste die VKAV – Verordnung über Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter – die VO 1991 ab. Weiterhin wurde die betriebliche Altersvorsorge durch KAV von 1996 mit Wirkung für 1997 geändert. Von der Änderung war auch der personelle Anwendungsbereich betroffen, sodass die Klägerin diesem nun nicht mehr unterfiel. Die Klägerin schied 2019 aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezieht seitdem ihre Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Nunmehr verlangte sie die Zahlung eines von ihr seit 1996 erdienten, monatlichen Treuegelds. Schließlich habe – so die Klägerin – in den aus der VKAV 1994 folgenden Anspruch durch das ZVG 1997 nicht eingegriffen werden können. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab; das Landesarbeitsgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurück. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihren Klageantrag weiter, jedoch erfolglos.

b) Entscheidung

Das BAG bestätigte abermals, dass das LAG die Berufung zu Recht zurückgewiesen habe. So wurde – entgegen der Ansicht der Klägerin – die VKAV 1994 durch die KAV 1997 abgelöst, woraus für die Klägerin eine höhere betriebliche Altersversorgung resultierte. Grund dafür war die im Dienstvertrag der Klägerin enthaltene dynamische Klausel, welche konform auf die jeweils beim Arbeitgeber für die betriebliche Altersversorgung geltende Bestimmung verwies. Mit Inkrafttreten der KAV 1997 erhielten die unter § 1 II KAV fallenden Mitarbeiter eine zusätzliche Altersversorgung, die nicht erfassten Mitglieder wurden hingegen bei der Zusatzkasse versichert. Dem stand auch kein Einwand seitens § 308 Nr. 4 oder § 307 I 1 BGB entgegen. Zudem hielt die Ablösung dem vom BAG entwickelten dreistufigen Prüfungsschema stand und verstieß nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Dies war nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die Klägerin durch die neue Versorgungsordnung höher bezifferte Ansprüche erhielt.

c) Unser Kommentar

Das BAG äußert sich in diesem Urteil zu den Themen Jeweiligkeitsklausel und Drei-Stufen-Theorie. Hierbei weicht das BAG nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab.


2. Behandlung unvollständiger oder fehlerhafter Verweisungen

LAG Hamm, Urt. v. 27.09.2023 – 4 Sa 163/22 (n. rechtskr.)

a) Sachverhalt

Der Kläger trat im Jahr 1986 in die Dienste der  A-AG ein. Gemäß dem Arbeitsvertrag richteten sich die Ansprüche aus der Altersversorgung nach der Pensionsordnung (PO) der A-AG in der jeweils gültigen Fassung (bei Eintritt des Klägers PO 77). Im Jahr 1987 sollte die PO 77 durch eine Pensionsordnung der konzernangehörigen E-AG (PO 87) abgelöst werden, welche niedrigere Versorgungsleistungen vorsah. 1989 wechselte der Kläger zu der ebenfalls konzernangehörigen B-AG. Ob dieser Wechsel im Zuge eines Betriebsübergangs erfolgt ist, war zwischen den Parteien streitig. Entsprechend des Arbeitsvertrags mit der B-AG richteten sich die Versorgungsansprüche nach der „Pensionsordnung der E-AG“. Im Jahr 1997 ging das Arbeitsverhältnis (insofern unstreitig) im Wege eines Betriebsübergangs auf die C-GmbH über. In den Jahren 2014 bis 2020 war der Kläger  in Form eines Altersteilzeit-Arbeitsverhältnisses  bei der D-GmbH beschäftigt. Seit 2020 bezieht der Kläger neben einer gesetzlichen Altersrente von der Beklagten eine betriebliche Altersversorgung.  Zwischen den Parteien war streitig, ob sich die Leistungen nach der PO 77 oder der PO 87 bemessen.

b) Entscheidung

Das LAG entschied, dass die PO 87 die PO 77 zum 1. Januar 1987 wirksam abgelöst habe. Zwar sei im Arbeitsvertrag dem Wortlaut nach lediglich auf die „Pensionsordnung der E-AG“ Bezug genommen worden. Unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln kam das LAG jedoch zu dem Schluss, dass entsprechend des maßgeblichen Willens der Parteien (§§ 133, 157 BGB) die Anwendung der PO 87 gewollt war, mithin eine „falsa demonstratio“ vorliege. Dies habe zur Folge, dass entgegen des Wortlauts das tatsächlich Gewollte gelte. Im Übrigen habe – so das LAG – die PO 87 als zeitlich jüngere Betriebsvereinbarung die ältere PO 77 im Wege des sog. Ablösungsprinzips abgelöst. Eine solche Ablösung ist grundsätzlich auch bei für den Arbeitnehmer ungünstigeren Neuregelungen wirksam möglich, findet jedoch seine Grenze in den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit der vom BAG entwickelten Drei-Stufen-Theorie. Die entsprechende Prüfung ergab jedoch, dass die Ablösung der PO 77 durch die PO 87 von sachlich-proportionalen Gründen getragen sei.

c) Unser Kommentar

Die Entscheidung zeigt, dass bei Ablösungsvorgängen gerade bei historisch gewachsenen und vielschichtigen Versorgungssystemen besonderes Augenmerk auf die „saubere“ Gestaltung und Formulierung der entsprechenden Vertragsdokumente gelegt werden muss, um konfliktträchtigen Missverständnissen vorzubeugen.


III. Endgehaltsbezogene Versorgungszusagen

1. Endgehaltsbezogene Zusage im Betriebsübergang

BAG, Urt. v. 09.05.2023 – 3 AZR 174/22

a) Sachverhalt

Der Kläger war seit 1988 zunächst bei einer Rechtsvorgängerin der späteren Beklagten beschäftigt. Im Jahr 1990 erhielt er eine Versorgungszusage. Grundlage für die Berechnung der Altersrente war hiernach „das zuletzt bezogene Bruttogehalt.“ In der Folge wurde die Zusage um ein sog. „Rentnerweihnachtsgeld“ in Gestalt einer 13. Monatsrente erweitert. In aktiven Zeiten erhielt der Kläger bis 1998 ein 13. Monatsgehalt, das ab 1999 anteilig auf die 12 regulären Monatsgehälter umgelegt wurde. Ab 2011 erhöhte sich das Einkommen des Klägers durch eine Bonusumwandlung („Bonusswap“). Das 13. Monatsgehalt sowie der Bonusswap sollten bei der Berechnung der Versorgungsleistungen außer Betracht bleiben (sog. „Schattengehalt“). Im Jahr 2017 ging das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Aus Anlass des Betriebsübergangs vereinbarten die Beklagten und die Vorarbeitgeberin, dass das bisherige Vergütungssystem in das System der Beklagten überführt werden sollte. Zum Ausgleich der im neuen System nicht mehr gewährten Sonderzahlungen (13. Gehalt und Bonusswap) erhielt der Kläger ein höheres Bruttogehalt. Mit Eintritt des Versorgungsfalls setzte die Beklagte die Leistungen aus der Versorgungszusage sowie das von ihr geleistete monatliche Bruttogehalt ins Verhältnis und kürzte die Versorgungsleistungen zudem um den auf das Rentnerweihnachtsgeld entfallenden Teil.    

Der Kläger begehrte daraufhin die Zahlung einer höheren Betriebsrente in Gestalt von 13 Monatsrenten auf Basis des nach dem Betriebsübergang gewährten monatlichen Bruttogehalts.

b) Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LAG der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.

Ausgehend vom Wortlaut der Versorgungszusage hat der Dritte Senat des BAG „das zuletzt bezogene Bruttogehalt“ als Berechnungsgrundlage für die Altersrente angesehen. Der Betriebsübergang habe nicht zu einem „Einfrieren“ der endgehaltsbezogenen Leistungen geführt. Die bei der Vorarbeitgeberin praktizierte Regelung zum Schattengehalt liefe mangels Entsprechung im Vergütungssystem der Beklagten leer, sodass eine Kürzung des rentenfähigen Gehalts nicht erfolgen könne. Hierzu hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Auch nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage ergebe sich nichts anderes. Insofern fehle es bereits an einer Lücke in der Versorgungszusage, da eine Berechnung auf Grundlage der ursprünglichen Leistungsformel weiterhin möglich sei. 

c) Unser Kommentar

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Das BAG bestätigt erneut, dass der Erwerber beim Betriebsübergang nicht in die Versorgungszusage eintritt „wie sie steht und liegt“, sondern wie sie zugesagt ist. Häufig wird dieser Grundsatz bei der Übernahme von Versorgungsverpflichtungen in der Praxis jedoch übersehen. Dies führt insbesondere bei endgehaltsbezogenen Zusagen zu mitunter gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen, wenn das nach dem Betriebsübergang gewährte Gehalt nicht mehr zu der ursprünglichen Zusage passt. Vor diesem Hintergrund sollte bei Harmonisierungsprozessen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang stets eine besonderes Augenmerk auf die bAV gelegt werden.   


2. Ebenfalls: Endgehaltsbezogene Zusage

ArbG Freiburg, Urt. v. 13.11.2023 – 8 Ca 196/23 (n. rechtskr.)

a) Sachverhalt

Der Kläger war seit 1991 für die Beklagte tätig und trat im Jahr 2023 in den Ruhestand. Zu Beginn seiner Tätigkeit wurde der Kläger in eine bei der Beklagten seinerzeit bestehende endgehaltsbezogene Versorgungsordnung einbezogen. Diese Versorgungsordnung wurde im Jahr 1999 abgelöst. Das neue Versorgungswerk sah keine endgehaltsbezogenen Leistungen mehr vor. Im Ergebnis führte dies für den Kläger zu einer um ca. EUR 400 verringerten Monatsrente.

Der Kläger war der Auffassung, dass die Ablösung wegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes ihm gegenüber unwirksam sei und begehrte die Zahlung einer höheren Betriebsrente nach Maßgabe der ursprünglichen Versorgungszusage – zu Recht, wie das ArbG Freiburg entschieden hat.

b) Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat der Klage weit überwiegend stattgeben und die Berufung zugelassen.

Im Ausgangspunkt folgt das ArbG der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach eine neue kollektive Regelung eine ältere Regelung auch dann ablöst, wenn dies für den Arbeitnehmer ungünstig ist (sog. Ablöseprinzip), wobei allerdings stets die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit anhand des durch das BAG entwickelten Drei-Stufen-Schemas zu berücksichtigen sind. Die Prüfung, ob ein an diesen Grundätzen zu messender Nachteil vorliegt, könne – so das Arbeitsgericht – bei endgehaltsbezogenen Zusagen allerdings erst bei Eintritt des Versorgungsfalls erfolgen, da erst dann feststünde, ob die Leistungen aus dem neuen System hinter dem Niveau des alten Systems zurückbleiben. Der Nachteil sei nämlich durch Gegenüberstellung der hypothetischen Ansprüche aus der ursprünglichen Versorgungszusage und den tatsächlichen Leistungen aus der ablösenden Zusage zu ermitteln. 

c) Unser Kommentar

Aus Sicht des betroffenen Arbeitnehmers mag die Entscheidung durchaus begrüßenswert erscheinen. Allerdings birgt die Entscheidung über den konkreten Fall hinaus erhebliche Risiken bei der Ablösung von Versorgungsordnungen und erscheint dogmatisch zumindest zweifelhaft. Denn die Verlagerung des Prüfungszeitraums auf den Eintritt des Versorgungsfalls führt dazu, dass sich u. U. lange zurückliegende Ablösungsvorgänge im Nachhinein als nicht mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes vereinbar erweisen können und der Arbeitgeber somit fürchten muss, weiterhin auf Grundlage der alten (vermeintlich) abgelösten Regelung leisten zu müssen.  


IV. Verschlechternde Eingriffe

1. Relevanz der wirtschaftlichen Lage des Konzerns

Fortsetzung: LAG Hamm, Urt. v. 27.09.2023 – 4 Sa 163/22 (n. rechtskr.)

a) Sachverhalt

Die Parteien streiten nach Eintritt des Klägers in den Ruhestand über die Höhe der ihm zustehenden betrieblichen Altersvorsorge. Der Kläger erhält von der Beklagten eine Betriebsrente, dessen Höhe sich aus einer auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Pensionsordnung aus dem Jahre 1987 (PO 87) errechnet. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm eine höhere Betriebsrente aus der PO 77 zustünde, denn diese sei durch die PO 87 nicht wirksam abgelöst worden. Auf Basis der Drei-Stufen-Theorie läge ein Eingriff in die erdiente Dynamik (zweite Stufe) ohne triftigen Grund vor. Die Beklagte hielt demgegenüber die Drei-Stufen-Theorie für auf Sachverhalte nicht anwendbar, die mehr als 30 Jahre zurückliegen. Jedenfalls könne sie in der Wartezeit des § 1 KSchG keine Geltung beanspruchen. Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folge, läge bei Anwendung der Drei-Stufen-Theorie lediglich ein Eingriff auf dritter und nicht auf zweiter Stufe vor, welcher bereits durch sachlich-proportionale Gründe zu rechtfertigen sei.

b) Entscheidung

Das LAG sieht keine Gründe, die Drei-Stufen-Theorie des BAG im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Insbesondere bestehe kein Wertungswiderspruch zum Kündigungsschutz. In der Wartezeit des § 1 KSchG sei der Arbeitgeber bereits durch die Unverfallbarkeitsfristen des BetrAVG hinreichend geschützt, wenn er keine abweichende Vereinbarung trifft. Bei Anwendung der Drei-Stufen-Theorie liegt lediglich ein Eingriff in die dritte Stufe vor, der durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt werden könne. Im Rahmen dessen ist dem Konzernsachverhalt Rechnung zu tragen. Bei einem verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Versorgungszusage ist ungeachtet der Person des Versorgungsschuldners regelmäßig die wirtschaftliche Lage des Konzerns maßgeblich. Auch ein außergewöhnlich hoher Rückstellungsbedarf für künftige Versorgungsansprüche kann als „sachlich-proportionaler Grund“ im Sinne des dreistufigen Prüfungsschemas des BAG einen verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhenden Versorgungszusage rechtfertigen.

c) Unser Kommentar

Die noch nicht rechtskräftige Entscheidung des LAG stellt in Abkehr zur bisherigen Rechtsprechung den Konzernbezug für auf Konzernbetriebsvereinbarungen beruhende Versorgungszusagen in den Fokus. In Abkehr zur früheren Rechtsprechung sei insbesondere in Ablösungssachverhalten auf eine konzernweite Betrachtungsweise abzustellen. Ausschlaggebend sei somit die wirtschaftliche Lage des Konzerns und nicht lediglich des Vertragsarbeitgebers. Zudem können bilanzielle Erwägungen, wie im vorliegenden Fall ein außergewöhnlich hoher Rückstellungsbedarf einen „sachlich-proportionalen Grund“ für einen verschlechternden Eingriff in eine auf einer Konzernbetriebsvereinbarung beruhende Versorgungszusage darstellen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Urteil auch vor dem BAG Bestand haben wird.


2. Einstandspflicht des ArbG bei Leistungskürzungen der Pensionskasse

BAG, Urt. v. 14.03.2023 – 3 AZR 197/22

a) Sachverhalt

Die Klägerin war seit 1970 für die Beklagte und deren Rechtsvorgängerinnen tätig. Die Klägerin trat 2014 in den Ruhestand. 2019 teilte die Pensionskasse Caritas der Klägerin mit, dass sich ihre monatlichen Rentenansprüche um ein Viertel reduzieren. Infolgedessen forderte die Klägerin von der Beklagten, für die Leistungskürzungen der Pensionskasse auf Basis ihrer Zusage zur Erbringung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzustehen. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gegenüber der Klägerin für Leistungskürzungen der Pensionskasse der Caritas einzustehen hat. Die Klägerin stützte ihren Anspruch auf § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Dagegen wendete sich der Arbeitgeber. Zu seiner Verteidigung brachte er im Wesentlichen zwei Argumente vor: Einerseits vertrat er die Auffassung, durch die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas sei lediglich eine reine Beitragszusage begründet worden. Zum anderen bestimme die in Bezug genommene Anlage 8 der AVR, dass sich Ansprüche der Versicherten nach der Satzung der Caritas Pensionskasse richteten. Die Satzung sehe die Möglichkeit zu Leistungskürzungen jedoch ausdrücklich vor. Mehr als das satzungsmäßig Geschuldete habe er auch nicht zusagen wollen.

b) Entscheidung

Das BAG gab der Klägerin Recht. Die in der Satzung einer Pensionskasse vorgesehene Möglichkeit der Leistungskürzung – sogenannte Sanierungsklausel – wird nicht Bestandteil der im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis erteilten Versorgungszusage, sondern regelt nur, ob und in welchem Umfang die Pensionskasse zu einer Abweichung von den ursprünglich für das Durchführungsverhältnis getroffenen Abreden befugt ist. Zwar haftet der Arbeitgeber bei Ansprüchen gegen die Pensionskasse nicht unmittelbar. Senkt jedoch die Pensionskasse die gegen sie gerichteten Ansprüche ab, muss er unmittelbar einstehen. Ein Arbeitnehmer macht diesen Anspruch gegen den Arbeitgeber schlüssig geltend, wenn die Pensionskasse eine entsprechende Absenkung ihrer Leistungen mitgeteilt und/oder vorgenommen hat und der Arbeitgeber der Berechtigung der Leistungskürzung nicht substanziiert entgegentritt.

c) Unser Kommentar

Die Entscheidung verdeutlicht, dass mit der Einbindung eines externen Versorgungsträgers nicht nur Vorteile wie die Auslagerung ungeliebter administrativer Aufgaben einhergehen, sondern auch Risiken verbunden sind. So kann es mitunter vorkommen, dass der Arbeitgeber für Leistungskürzungen der Pensionskasse einzustehen hat, womit er in den wenigsten Fällen gerechnet haben dürfte.


3. Berechtigtes Titulierungsinteresse für zukünftige Leistungen

BAG, Urt. v. 14.03.2023 – 3 AZR 175/22

a) Sachverhalt

Der Kläger schied Ende 2019 aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezog seitdem eine Betriebsrente, die sich aus verschiedenen Versorgungsbestandteilen zusammensetzte, u. a. einer Zusatzrente der Beklagten sowie Leistungen einer Pensionskasse. Der Kläger beantragte die Verurteilung der Beklagten auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente, die Beklagte hielt dem ein fehlendes Rechtschutzbedürfnis des Klägers im Hinblick auf die unstreitigen Ansprüche und ihrer freiwilligen Leistungserbringung entgegen. Aufgrund des fehlenden Titulierungsinteresses sei die Klage unzulässig.

b) Entscheidung

Das BAG wies die Revision der Beklagten als unbegründet zurück. Indem Betriebsrentenansprüche wiederkehrende Leistungen darstellen und von keiner Gegenleistung abhängen, können diese auch im Wege einer Klage auf künftige Entrichtung gemäß § 258 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden. Dabei wird für eine Klage nach § 258 ZPO kein besonderes Rechtschutzinteresse verlangt. Somit können auch unstreitige Ansprüche oder Teile davon als künftige Leistung eingeklagt werden. Zudem bestehe ein schutzwürdiges Titulierungsinteresse auch dann, wenn der Schuldner bisher pünktlich und freiwillig gezahlt hat, sofern der Gläubiger auf die laufende, pünktliche Leistung angewiesen ist, der Schuldner seine freiwillige Leistung jedoch jederzeit einstellen könnte.

c) Unser Kommentar

Das BAG hat in arbeitnehmerfreundlicher Weise entschieden, dass eine Klage auf künftige Zahlung von Betriebsrenten auch dann zulässig ist, wenn der Arbeitgeber bislang anstandslos und pünktlich die laufenden Raten gezahlt hat. Gleichwohl wird das Titulierungsinteresse und die Klagefreundlichkeit durch die Regelungen zur Betriebsrentenanpassung (§ 16 BetrAVG)  beschränkt. Denn durch die gesetzlich vorgesehene Dynamisierung des Rentenanspruchs dürfte der Anspruch schon nach kurzer Zeit höher ausfallen.

Begleitung von Neuordnungen und Fusionen

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist ein essenzieller Bestandteil des Arbeitslebens und gewinnt insbesondere in Zeiten von Neuordnungen, wie beispielsweise bei Fusionen, an Bedeutung. Unternehmen stehen vor vielfältigen Herausforderungen, wenn es darum geht, die bestehende bAV im Zuge solcher Veränderungen angemessen zu gestalten und anzupassen.

Fusionen können erhebliche Auswirkungen auf die bereits bestehenden betrieblichen Altersvorsorgepläne haben. Es bedarf einer sorgfältigen Analyse und Planung, um sicherzustellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen gewahrt werden.

Ein professionelles Angebot zur Unterstützung bei der Neuordnung von Versorgungslandschaften in solchen Phasen ist von großer Bedeutung.

Eine fachkundige Beratung ist maßgeblich, um sicherzustellen, dass sämtliche Neuerungen im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und gesetzlichen Anforderungen stehen. Dies umfasst unter anderem die Überprüfung bestehender Verträge, die Anpassung an neue gesetzliche Regelungen sowie die Einhaltung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer.

Aber nicht nur im Rahmen einer laufenden Fusion ist ein sorgfältiges Monitoring der betrieblichen Versorgungsregelungen wichtig, sondern auch im Nachgang zur Fusion. Fusionen führen typischerweise dazu, dass sich bei den Unternehmen eine ganze „Versorgungslandschaft“ entwickelt. Je vielfältiger die Versorgungslandschaft, umso höher der administrative Aufwand und das rechtliche Risiko, die Regelungen aus Unkenntnis nicht mehr richtig anzuwenden.

Die Unterstützung bei Neuordnungen in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung erfordert ein tiefgreifendes Verständnis für arbeitsrechtliche, steuerliche und finanzielle Aspekte. Ein professioneller Partner mit entsprechender Expertise kann Unternehmen dabei helfen, diesen Prozess reibungslos und im Sinne aller Beteiligten zu gestalten.

Es ist ratsam, frühzeitig in den Prozess einzusteigen, um mögliche Risiken zu minimieren und eine optimale Gestaltung der betrieblichen Altersvorsorge im Kontext von Neuordnungen sicherzustellen.

Für weiterführende Fragen oder spezifische Unterstützung stehen Ihnen unsere kompetenten Experten im Bereich der betrieblichen Altersversorgung zur Verfügung.

Autorin

Sara Zeck, Paralegal, Frankfurt a.M.

Ihr/e Ansprechpartner
Dr. Marco Arteaga

Dr. Marco Arteaga
Partner
Frankfurt a.M.
marco.arteaga@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 27063

Dr. Annekatrin Veit

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Jan Hansen

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Dr. Pia Rademaker, LL.M.

Dr. Pia Rademaker, LL.M.
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