07.02.2025
Der Bundesgerichtshof hat sich in insgesamt vier Urteilen vom 4. Februar 2025 (XI ZR 61/23; XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23) mit den von einigen Kreditinstituten während der Niedrigzinsphase erhobenen Verwahrentgelten für Guthaben auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten befasst. Die Entscheidungen waren mit Spannung erwartet worden und haben breite mediale Aufmerksamkeit erlangt. Bislang ist nur eine Pressemitteilung veröffentlicht; die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Wir fassen die wesentlichen Aussagen für Sie zusammen.
Die positive Nachricht für die Kreditinstitute ist, dass Verwahrentgelte auf Girokonten grundsätzlich zulässig sind.
1. Keine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle
Die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten stelle, so der BGH, neben der Erbringung von Zahlungsdiensten eine den Girovertrag prägende Leistung und damit eine Hauptleistung dar. Folglich unterliege eine Klausel zu Verwahrentgelten bei Girokonten auch nicht einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.
2. Aber: Transparenzgebot
Freilich müssen diese Klauseln, auch wenn sie eine Hauptleistungspflicht betreffen, dem Transparenzgebot standhalten, also klar und verständlich sein (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2, 307 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dies war nach Ansicht des BGH bei den in den konkreten Fällen zu beurteilenden Klauseln nicht der Fall. Konkret bemängelt wurde, dass der Verbraucher die mit den Klauseln verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht hinreichend erkennen könne, weil unklar blieb
Klauseln zu Verwahrentgelten bei Tagesgeld- und Sparkonten hingegen sollen nach Ansicht des BGH einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern würden.
Als aufmerksamer Beobachter reibt man sich etwas verwundert die Augen, hatte der BGH doch zu Prämiensparverträgen ausgeführt, bei einem unregelmäßigen Verwahrungsvertrag – was der Vertrag über das Tagesgeld bzw. der Sparvertrag ja ist – komme es „dem Hinterleger“, also dem Sparer, in erster Linie auf eine sichere Aufbewahrung der überlassenen Sache an (BGH, Ur. v. 25.07.2023 – XI ZR 221/22). Wieso dann – anders als beim Girovertrag (siehe oben) – nun bei Tagesgeld- bzw. Sparkonten die Verwahrung keine Hauptleistung (mehr) sein soll, erschließt sich nicht. Es bleibt abzuwarten, ob die noch nicht veröffentlichten Urteilsgründe etwas Licht ins Dunkel bringen.
Nach Auffassung des BGH sind Verwahrentgelte bei Tagesgeldkonten und Sparverträgen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und den Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen: Tagesgeldkonten würden ihren Spar- und Anlagezweck verlieren bzw. der Charakter des Sparvertrages würde verändert, da das laufzeitabhängige Verwahrentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren sei. Der Umstand, dass Kreditinstitute ihrerseits auf bestimmte Einlagen Negativzinsen zu zahlen hatten, rechtfertige es nicht, von den Verbrauchern bei Tagesgeld- und Sparverträgen Verwahrentgelte als AGB zu verlangen.
Dass Kreditinstitute die erhobenen Verwahrentgelte tatsächlich auch zurückzahlen müssen, hat der BGH nicht entschieden. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls könnte einem Rückzahlungsverlangen insbesondere die Einrede der Verjährung entgegenstehen. Der BGH hat auch nicht entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen er Klauseln zu Verwahrentgelten gegenüber Unternehmenskunden als unzulässig ansieht. Hier bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.
Es ist freilich damit zu rechnen, dass Banken mit Rückzahlungsverlangen in erheblicher Zahl konfrontiert werden. Darauf sollten Sie sich vorbereiten. Wir unterstützen Sie dabei gern, siehe hierzu unseren Newsflash Strategische und rechtliche Beratung nach den BGH-Urteilen zu Verwahrentgelten
Daniel Latta
Partner
Berlin
daniel.latta@luther-lawfirm.com
+49 30 52133 27480