04.10.2018
London – Wie setzen sich Unternehmen aktuell mit dem Brexit auseinander? Eine Umfrage der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft analysiert, inwieweit Unternehmen ihre eigene Betroffenheit sowie die gesamtwirtschaftliche Situation einschätzen. Dabei zeigt sich eine deutliche Diskrepanz in der generellen Folgeabschätzung und der Wahrnehmung der eigenen Situation.
London – Wie setzen sich Unternehmen aktuell mit dem Brexit auseinander? Eine Umfrage der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft analysiert, inwieweit Unternehmen ihre eigene Betroffenheit sowie die gesamtwirtschaftliche Situation einschätzen. Dabei zeigt sich eine deutliche Diskrepanz in der generellen Folgeabschätzung und der Wahrnehmung der eigenen Situation.
„Wir rechnen mit einem weichen Brexit.“, sagt ein Teilnehmer der Umfrage. „Der Brexit kommt nicht und wird abgeblasen.“, konstatiert ein anderer. Diese Einzelstatements fassen das aktuelle Stimmungsbild der deutschen Unternehmen in Hinblick auf den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU gut zusammen. Die meisten Unternehmen sind sich nicht der Konsequenzen bewusst, die ein harter Brexit mit sich bringen könnte. Nur wenige wissen zum Beispiel, dass es im Falle keiner Einigung auch keine Übergangsphase gibt. Vor allem Mittelständler beziehen diesen möglichen Ausgang in ihre Planungen kaum ein, was im Fall der Fälle zu großen Schwierigkeiten führen könnte.
Gestützt wird dieses Bild durch eine Umfrage, welche die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft von Mai bis August 2018 durchgeführt hat. Teilgenommen haben deutsche Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen. Davon pflegen 55 Prozent eine Export- und 31 Prozent eine Importbeziehung zum Vereinigten Königreich. 15 Prozent unterhalten dort eine Zweigstelle oder eine Produktionsstätte.
Optimistisch und nur punktuell vorbereitet
Die Mehrzahl der Unternehmen sieht gravierende wirtschaftliche Probleme in Folge des Brexits. So erwarten 69 Prozent eine zunehmende Verunsicherung bis zur Neuregelung der ökonomisch-politischen Rahmenbedingungen. Mehr als die Hälfte rechnet mit einer Schwächung des europäischen Wirtschaftsraums in seiner Gesamtheit. Als größte Schwierigkeiten für Geschäftsbeziehungen zu Partnern im Vereinigten Königreich werden die Auswirkungen von Zöllen (72 Prozent), Währungsschwankungen (50 Prozent) und Mitarbeiterfreizügigkeit (50 Prozent) gesehen.
In großem Kontrast zu der abstrakteren, gesamtwirtschaftlichen Einschätzung stehen die Vorbereitung und die subjektive Wahrnehmung des eigenen Unternehmens. So bereiten sich 27 Prozent der Unternehmen organisatorisch überhaupt nicht auf den Brexit vor, 65 Prozent führen nur punktuelle Analysen durch. 34 Prozent der Unternehmen haben noch nicht ihre Vertragsbeziehungen zu Geschäftspartnern im Vereinigten Königreich identifiziert. Nur ein knappes Drittel der Unternehmen ist darüber besorgt, ob Produkte, die nur innerhalb der EU zugelassen sind – bzw. Produkte, die spezifisch auf die Regelungen der EU hin ausgelegt wurden (Product Compliance) – auch nach einem Brexit noch ohne weiteres im Vereinigten Königreich in den Verkehr gebracht werden dürfen. Fast zwei Drittel der befragten Unternehmen haben ihre Produkte noch gar nicht daraufhin untersucht. Trotz dieser zurückhaltenden Vorbereitung sieht sich die überwiegende Mehrheit mit 82 Prozent eher gut oder gut gewappnet.
Das Risiko der Zollthematik
„Die Ergebnisse der Umfrage sind beunruhigend.“, sagt York-Alexander von Massenbach, Standortleiter des Londoner Büros der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. „Die Mehrzahl der deutschen Unternehmen glaubt nicht an einen harten Brexit und handelt auch so – das ist das Fatale. Wenn er eintreten sollte – was zum jetzigen Stand der Verhandlungen alles andere als abwegig ist – sind viele Unternehmen nicht angemessen vorbereitet.“
„Ein harter Brexit würde vor allem den Mittelstand in seinem Exportgeschäft hart erwischen.“, prognostiziert Volker Steimle, Leiter der Service Line Commercial bei Luther. „Die Folgen eines No-Deal-Szenarios komplett zu ignorieren birgt große Risiken - zwei Drittel der Unternehmen haben noch nicht einmal geprüft, ob sie ihre Produkte und Dienstleistungen auch nach dem Brexit im Vereinigten Königreich vertreiben dürfen.“, so Steimle. Auch der Umgang mit Zöllen bedarf einer angemessenen Vorbereitung. Immerhin erwarten 12 Prozent derdeutschen Unternehmen ganz erhebliche Auswirkungen bezüglich einer Zollabfertigung. Die Mehrheit rechnet jedoch mit geringen Auswirkungen.
Trotz der negativen Effekte des Brexits rechnen die deutschen Unternehmen auch mit positiven Entwicklungen. 75 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen davon aus, dass die Stadt Frankfurt davon profitieren wird. 46 Prozent erwarten eine Stärkung des Finanzplatzes Deutschland insgesamt.
Dr. Michael Rath
Partner
Köln
michael.rath@luther-lawfirm.com
+49 221 9937 25795
Paul Schreiner
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Köln, Essen
Paul.Schreiner@luther-lawfirm.com
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Volker Steimle
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