16.11.2021
Im Kampf gegen die steigenden Corona-Zahlen haben die potentiellen Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP sich diese Woche auf zahlreiche Änderungen am Infektionsschutzgesetz sowie weiterer Gesetze im Zusammenhang mit der Pandemie geeinigt. Anlass ist die Ende November auslaufende epidemische Lage von nationaler Tragweite.
Insofern dienen die Gesetzesänderungen primär der Erhaltung der Handlungsfähigkeit von Bund und Ländern zum Ergreifen notwendiger Infektionsschutzmaßnahmen. Daneben ist aber auch die Verringerung des Infektionsrisikos am Arbeitsplatz ein erkennbares Vorhaben der Fraktionen. Wir geben einen ersten Überblick über die wichtigsten Regelungen, welche zukünftig am Arbeitsplatz gelten.
Der geplanten Neuregelung zufolge soll am Arbeitsplatz die sog. 3G-Regel gelten. Alle Beschäftigten müssen demnach entweder einen Nachweis über ihren Impf- oder Genesenenstatus vorlegen oder ein negatives Testergebnis. Bei dem Test muss es sich um einen beaufsichtigten Test handeln, d. h. der Test muss bei einer offiziellen Teststelle, einem Arzt oder in dem Betrieb selbst durchgeführt werden. Der Test darf grundsätzlich maximal 24 Stunden alt sein, nur PCR-Tests haben eine Gültigkeit von 48 Stunden. Strengere Regelungen gelten für Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und anderen medizinischen Einrichtungen. Hier besteht auch für geimpfte und genesene Beschäftigte eine regelmäßige Testpflicht.
Grundsätzlich soll die 3G-Regel für alle Beschäftigten unabhängig von der Art der Tätigkeit gelten. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn die Möglichkeit des physischen Kontakts zu anderen Personen nicht gegeben ist. Es kommt dabei nicht darauf an, ob tatsächlich Begegnungen zu anderen Personen stattfinden, sondern bereits die Möglichkeit muss faktisch ausgeschlossen sein. Daneben ist die einzige weitere Ausnahme die Wahrnehmung eines Test- oder Impfangebots des Arbeitgebers. Hierfür dürfen Beschäftigte auch ungetestet die Arbeitsstätte betreten.
Eine ausdrückliche Regelung zur Bereitstellung und Übernahme der Kosten der Tests enthält der Gesetzesentwurf zwar nicht, doch nach der Gesetzesbegründung soll der Beschäftigte für die Bereitstellung des Testzertifikats z. B. durch einen kostenlosen Bürgertest verantwortlich sein. Unabhängig davon muss der Arbeitgeber aber weiterhin den Beschäftigten zweimal die Woche einen kostenlosen Test bereitstellen. Die entsprechende Regelung in § 4 Abs. 1 Corona-ArbSchV wurde bis zum 19. März 2022 verlängert. Bis dahin sind auch alle Nachweise zur Beschaffung und Bereitstellung der Testangebote aufzubewahren.
Die Kontrolle der Impf- und Testnachweise soll nach § 28b Abs. 3 IfSG n.F. der Arbeitgeber übernehmen. Das heißt, der Arbeitgeber ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, von den Mitarbeitern die Vorlage eines Impf- oder Testnachweises zu verlangen. Weigert sich ein Mitarbeiter zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises, muss der Arbeitgeber ihm das Betreten der Arbeitsstätte untersagen und ist – wenn eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich ist – nicht zur Lohnzahlung verpflichtet.
Eine Rückkehr erlebt die Verpflichtung zum Homeoffice. Die Regelung in § 28b Abs. 4 IfSG n.F. ist wortgleich mit den zuvor vom 21. Januar bis zum 30. Juni 2021 geltenden Vorschriften in der Corona-ArbSchV bzw. in § 28b Abs. 7 IfSG a.F.. Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten die Arbeit im Homeoffice anbieten, die Beschäftigten müssen dieses Angebot annehmen. Ausnahmen bestehen bei entgegenstehenden zwingenden betrieblichen Gründen, welche insbesondere vorliegen, wenn die Art der Tätigkeit eine Arbeit im Betrieb notwendig macht (z. B. Annahme von Post oder Waren, Betreuung von Kunden, Reparatur- und Wartungsdienste oder auch Schutz von Betriebsgeheimissen). Technische oder organisatorische Gründe wie fehlende IT-Ausstattung sollen nur vorübergehend als Ausnahme gelten. Zudem können Beschäftigte die Arbeit im Homeoffice ablehnen, wenn ihrerseits Gründe vorliegen, die der Heimarbeit entgegenstehen. In Betracht kommen insbesondere Platzgründe, Störungen durch Dritte oder eine unzureichende Ausstattung.
Die oben genannten Regelungen sind zunächst allesamt bis zum 19. März 2022 befristet. Bußgelder drohen für die Beschäftigten, wenn sie entgegen der 3G-Regel den Betrieb betreten. Für Unternehmen drohen Bußgelder, wenn sie die Einhaltung der Vorschriften nicht ausreichend kontrollieren.
Auf eine Impfpflicht für Beschäftigte in bestimmten Berufsgruppen konnten sich die Fraktionen bisher nicht einigen. Eine solche wird aber weiterhin diskutiert und könnte im Rahmen eines eigenen Gesetzgebungsverfahrens noch verabschiedet werden. Bis dahin verbleibt es dabei, dass die Anordnung von 2G am Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber nicht ohne weiteres möglich ist.
Achim Braner
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