17.10.2023

Cannabis – „Legalisierung mit Hürden“

Hintergrund

Der globale Wandel im Umgang mit Konsumcannabis ist seit Jahren im Gange. Was in Deutschland derzeit noch unter Strafe gestellt wird, ist in Teilen der USA, Kanada und anderen Ländern bereits legal. Doch auch Deutschland will umdenken.

Den Grundbaustein für einen liberaleren Umgang mit Konsumcannabis, der Erschließung eines neuen Wirtschaftszweigs und einer Drogenpolitik, die Cannabis-Konsumenten nicht mehr als Kriminelle stigmatisiert, legte die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag im Jahre 2021. In diesem heißt es plakativ „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.“ 

Im August 2023 nahm dieses Vorhaben Gestalt an. Doch die Freude war für die potentiellen Marktteilnehmer nur von kurzer Dauer, als klar wurde, dass der Gesetzesentwurf weit hinter den Versprechungen des Koalitionsvertrags zurückblieb. Eine Entkriminalisierung ist zwar immer noch in Vorbereitung, jedoch sollen nun anstelle von lizensierten Geschäften, „Anbauvereinigungen“ das exklusive Recht zur Abgabe von Cannabis erhalten. Nachfolgend finden Sie Informationen über den Begriff der Anbauvereinigung und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine solche zu gründen.

Entkriminalisierung

Bisher und immer noch wird der Besitz von Cannabis strafrechtlich verfolgt. Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, dass zukünftig Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, bis zu 25 Gramm Konsumcannabis zum Eigenkonsum besitzen dürfen. Überdies ist angedacht den Besitz von bis zu drei Cannabispflanzen zum Anbau für den Eigenkonsum oder den gemeinsamen Anbau durch eine Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung zu erlauben.

Allgemeines über Anbauvereinigungen

Grundsätzlich ermöglicht der Gesetzesentwurf den kontrollierten und gemeinschaftlichen Anbau und die kontrollierte Abgabe von Cannabis durch eine Anbauvereinigung an Vereinsmitglieder zum freizeitmäßigen Eigenkonsum. Bis zu 500 Mitglieder sollen zukünftig pro Anbauvereinigung gemeinschaftlich Konsumcannabis zum Eigengebrauch anbauen können. Ein Mitglied kann monatlich bis zu 50 Gramm Konsumcannabis bei seiner Anbauvereinigung erwerben. Dabei sollen die Mitglieder den Anbau nicht nur durch Entrichtung des Mitgliederbeitrags fördern, sondern grade durch persönliche Beteiligung in Form von aktiver Mitwirkung am Anbau. So wird der gemeinsame Zweck nicht nur wirtschaftlich, sondern hauptsächlich durch personelle Beteiligung gemeinschaftlich gefördert.

Gründungsanforderungen

Eine Anbauvereinigung kann entweder durch einen nicht wirtschaftlichen Verein, oder durch eine eingetragene Genossenschaft gegründet werden. Zur Gründung eines nicht wirtschaftlichen Vereins müssen mindestens zwei unbeschränkt geschäftsfähige Personen zusammentreffen, die den selben nicht wirtschaftlichen Zweck durch einen Verein verfolgen. Ob ein Verein nicht wirtschaftlicher Art ist, hängt davon ab, ob der Verein seinen ideellen Zweck zum erheblichen Teil durch nicht unternehmerische Tätigkeiten fördert und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dem Hauptzweck deutlich untergeordnet ist. Die Anbauvereinigung kann auch in Form einer eingetragenen Genossenschaft entstehen, so lange der Eigenanbau nicht gewerblich ist. Die Genossenschaft entsteht durch Satzungsunterzeichnung und erreicht Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Genossenschaftsregister. Eine Mindestanzahl von drei Mitgliedern ist vorgegeben. Genossenschaften verfolgen einen bestimmten Förderzweck. Die Mitglieder verpflichten sich, deren soziale und kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Wenn die geplante Anbautätigkeit der Genossenschaft nicht gewerblicher Art ist, kann die Genossenschaft unter Berücksichtigung der Gesetzesvoraussetzung eine erlaubte Anbauvereinigung werden. Der Zweck und die Gründungsanforderungen an den nicht wirtschaftlichen Verein und an die eingetragene Genossenschaft zum Anbau von Konsumcannabis werden durch das CanG-E konkretisiert. Zweck einer Anbauvereinigung ist nach dem CanG-E der gemeinschaftliche Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis und Vermehrungsmaterial zum Eigenkonsum. Auch die Gründungsanforderungen werden spezifiziert. Die Satzung einer Anbauvereinigung muss neben dem oben genannten Zweck zwingend beinhalten, dass eine Mindestdauer der Mitgliedschaft von drei Monaten vorgesehen ist, dass die Mitglieder das 18. Lebensjahr vollendet und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und, dass die Mitgliedschaft an den Wohnsitz geknüpft ist.

Neben der richtigen Rechtsform und den Vorgaben an die Satzung, muss die Anbauvereinigung auch eine Erlaubnis der zuständigen Behörde innehaben. Diese wird auf Antrag erteilt, wenn alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind. Alle Vorstandsmitglieder und vertretungsberechtigten Personen der Anbauvereinigung müssen unbeschränkt geschäftsfähig sein und die für den Umgang mit Cannabis erforderliche Zuverlässigkeit besitzen. Diese wird durch Vorlage der Führungszeugnisse belegt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt eine Person nicht, wenn sie in den letzten fünf Jahren rechtskräftig wegen Erpressung, Unterschlagung, Betrug, Untreue, Hehlerei oder Geldwäsche verurteilt worden ist oder ein Vergehen nach dem Betäubungsmittelgesetz begangen hat oder die Annahme besteht, dass die betreffende Person missbräuchlichen Konsum von Cannabis durch andere Personen Vorschub leistet oder leisten wird. Zudem hat jede Anbauvereinigung einen geschulten und geeigneten Präventionsbeauftragten zu ernennen. Wird keiner ernannt oder sind seine Kenntnisse nicht nachweisbar, ist die Erlaubnis zu versagen. Im Übrigen muss die Anbauvereinigung über ein befriedetes Besitztum verfügen, in welchem das Cannabis dann angebaut, gelagert und verteilt wird. Dieses befriedete Besitztum darf sich nicht innerhalb einer privaten Wohnung befinden, muss den Sicherheitsanforderungen des CanG-E entsprechen, darf nicht im Umkreis von 200 Metern zu Eingängen von Schulen und anderen schutzwürdigen Einrichtungen sein und muss von außen gegen Einsicht geschützt sein. Im Antrag für die Erlaubnis sind außerdem das Gesundheits- und Jugendschutzkonzept und die Sicherungs- und Schutzmaßnahmen darzulegen, welche sich nach den Anforderungen des Gesetzes richten müssen.

Fazit

Insgesamt bleibt der Gesetzesentwurf weit hinter den Erwartungen zurück. Anders als erwartet, lässt Konsumcannabis mit einem „Made in Germany“ Siegel nun doch auf sich warten. Die Wirtschaft wird von diesem Gesetzesentwurf nicht profitieren, denn der CanG-E zielt in erster Linie darauf ab, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen sowie die Aufklärung und Prävention zu stärken und den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen. Die Anforderungen an die Gründung einer Anbauvereinigung sind vergleichsweise komplex und streng.

Sollten Sie eine Gründung einer Anbauvereinigung in Betracht ziehen, empfehlen wir Ihnen eine Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen durch Luther.

Ausblick

Eine komplette Legalisierung ist erstmal vom Tisch. Der Gesetzesentwurf soll allerdings nur der erste Schritt von zweien sein, denn die Bundesrepublik möchte ihr Vorhaben in einem zwei-Stufen-Modell realisieren. Geplant ist, einen weiteren Gesetzesentwurf auf den Weg zu bringen. Dieser soll zeitlich und regional begrenzte Modellvorhaben zur gewerblichen Produktion und dem gewerblichen Vertrieb von Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken in kommerziellen Lieferketten erproben. Bereits 35 deutsche Städte haben ihr Interesse an der Teilnahme an solch einem Pilotprojekt bekundet. Wie groß die Bereitschaft für Investitionen in einen Aufbau einer zeitlich begrenzten Pilot-Anbauanlage sein wird, bleibt noch fraglich.

Weiterführende Informationen

Weitere Informationen rund um das Thema Legalisierung von Cannabis in Deutschland und weltweit finden Sie auf unserer Themenseite Cannabis.

Autor/in
Christoph Schnoor

Christoph Schnoor
Senior Associate
Hamburg
christoph.schnoor@luther-lawfirm.com
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