27.03.2024
Der Deutsche Bundestag hat am 23. Februar 2024 das Cannabisgesetz (CanG) verabschiedet.
Teile des Gesetzes sollen bereits zum 1. April 2024 in Kraft treten.
Im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung steht bislang der Teil des Gesetzes, der eine Teillegalisierung von Besitz, Konsum, privatem Eigenanbau zum Eigenkonsum und gemeinschaftlichem, nicht-gewerblichem Eigenanbau in Anbauvereinigungen für Erwachsene innerhalb bestimmter Mengengrenzen schafft: das Konsumcannabisgesetz (KCanG). Das Cannabisgesetz führt aber auch zu Neuregelungen für medizinisches Cannabis, die im Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) verankert sind. Damit erfolgt auch weiterhin eine rechtlich klare Abgrenzung von Medizinal-Cannabis und Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken.
Mit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes werden Cannabis und nichtsynthetisches THC nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eingestuft.
Besitz, Anbau, Herstellung, Handel, das Ein- und Ausführen, die Abgabe und Weitergabe, das Verschaffen, Erwerben oder Entgegennehmen von Cannabis bleiben auch nach der Neuregelung grundsätzlich verboten. Allerdings sieht das KCanG Ausnahmetatbestände für Erwachsene vor.
Erwachsene dürfen 25 g Cannabis zum Eigenkonsum besitzen und im öffentlichen Raum mit sich führen. Der Besitz von mehr als 25 g und bis zu 30 g stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Der Besitz von 30 g und mehr bleibt strafbar.
Konsumverbote bestehen im Umfeld von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, öffentlichen Sportstätten, auf dem Gelände von Anbauvereinigungen, in Fußgängerzonen zu bestimmten Zeiten und in Bereichen, die nach dem Nichtraucherschutzgesetz oder der Arbeitsstättenverordnung ausgewiesen sind.
Erwachsene, die seit mindestens sechs Monaten in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, dürfen zum Zwecke des Eigenkonsums an ihrem Wohnsitz bis zu drei Cannabispflanzen anbauen und im privaten Raum bis zu 50 g Cannabis besitzen. Die Weitergabe an Dritte ist unzulässig. Es sind geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und vom privaten Eigenanbau dürfen keine unzumutbaren Belästigungen der Nachbarschaft ausgehen. Der Besitz von über 50 g bis zu 60 g im privaten Raum stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Bei Überschreiten dieser Grenze ist der Besitz von Cannabis auch künftig strafbar.
Erlaubnispflichtig ist der gemeinschaftliche nicht-gewerbliche Anbau durch Anbauvereinigungen zum Eigenkonsum ihrer Mitglieder. Das Cannabisgesetz enthält detaillierte Regelungen zum Rechtsstatus der Anbauvereinigungen, ihren Pflichten und Verantwortlichkeiten, die zum 1. Juli 2024 Geltung erlangen sollen. Das Gesetz geht von einem gemeinschaftlichen Anbau durch die Mitglieder aus. Mitglieder, die mit dem gemeinschaftlichen Anbau verbundene Tätigkeiten übernehmen, können geringfügig beschäftigt werden. Die entgeltliche Beschäftigung oder Beauftragung Dritter mit Aufgaben, die den mit dem gemeinschaftlichen Anbau verbundenen Tätigkeiten zuzuordnen sind, ist unzulässig. Ebenfalls unzulässig ist Werbung und jede Form des Sponsorings für Anbauvereinigungen.
Mit der Herausnahme von Cannabis aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes bestand auch für Cannabis zu medizinischen Zwecken und zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken ein Neuregelungsbedarf, dem das Medizinal-Cannabisgesetz Rechnung trägt. Die Neuregelungen, insbesondere zum Anbau, orientieren sich allerdings im Wesentlichen an den bisherigen betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben.
Wer Medizinal-Cannabis anbauen, herstellen, mit ihm Handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in der Verkehr bringen, sich verschaffen oder erwerben will, bedarf nach § 4 MedCanG auch künftig einer Erlaubnis des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Auch die Anforderungen an den Antrag entsprechen den bisher geltenden Regelungen. Insbesondere ist weiterhin eine verantwortliche Person zu benennen, die über die gesetzlich geforderte Sachkunde verfügt. Das bisherige europaweite Ausschreibungsverfahren durch die Cannabisagentur entfällt. Medizinisches Cannabis anbauende Unternehmen unterliegen der Überwachung des BfArM und der zuständigen Landesbehörden.
Festgehalten wird am staatlich kontrollierten Anbau von Medizinal-Cannabis in standardisierter Qualität entsprechend der Anforderungen der GACP, der relevanten Monografien und Leitlinien und sonstigen arzneimittelrechtlichen Vorgaben. Abgabe und Erwerb darf nur zwischen befugten Teilnehmern am Verkehr mit Cannabis zu medizinischen Zwecken erfolgen.
Die Einfuhr und Ausfuhr von Medizinal-Cannabis bedarf neben der Erlaubnis nach § 4 MedCanG der Genehmigung des BfArM. Die Durchfuhr darf weiterhin nur unter zollamtlicher Überwachung erfolgen. Die Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung findet entsprechende Anwendung. Bei der Ein- und Ausfuhr sind zudem die arzneimittelrechtlichen Vorgaben zu beachten.
Das BfArM nimmt damit weiterhin die Aufgaben einer staatlichen Stelle nach dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe wahr.
Medizinal-Cannabis darf weiterhin an Patienten nur durch Apotheken gegen Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Eine Erleichterung ergibt sich insoweit, als künftig kein Betäubungsmittel-Rezept mehr erforderlich ist.
Trotz der langen und kontroversen Diskussion über das Für und Wider der Teillegalisierung, die der Verabschiedung des Cannabisgesetzes vorausging, ist zu erwarten, dass auch dessen Umsetzung noch zahlreiche rechtliche Fragestellungen aufwerfen wird.
Zu erwarten ist eine unterschiedliche Umsetzung der Neuregelungen durch die Bundesländer. Rechtsverordnungen, mit denen die Zahl der Anbauvereinigungen in einer Region begrenzt werden kann, stehen noch aus.
Vorhersehbar sind Konflikte zwischen Cannabis-Konsumenten, die von den neuen Möglichkeiten des legalen Konsums Gebrauch machen wollen, und Nicht-Konsumenten, die sich in ihren schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt sehen. Ob die durch das Cannabisgesetz vorgesehenen Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz, im Nichtraucherschutzgesetz und in der Arbeitsstättenverordnung ausreichend sind, wird sich in der Praxis noch erweisen müssen.
Auch der Eigenanbau im privaten Raum, der ohne unzumutbare Belästigungen und Störungen der Nachbarschaft erfolgen soll, könnte noch die Gerichte befassen.
Die Grenzwerte für THC bei der Teilnahme am Straßenverkehr sind noch in der Bearbeitung.
Arbeitgeber, insbesondere in sicherheitsrelevanten Bereichen, müssen sich angesichts der Neuregelungen mit der Frage auseinandersetzen, wie sie ihren Verpflichtungen zu Gewährleistung von Sicherheit und ihren Fürsorgepflichten als Arbeitgeber gerecht werden können, denn ein gesetzliches Verbot von Cannabis am Arbeitsplatz besteht nicht. Hier dürften Maßnahmen im Rahmen des Weisungs- und Direktionsrechts, aber auch vertragliche Vereinbarungen und Betriebsvereinbarungen in Erwägung zu ziehen sein. Auch Regelungen zum Konsum außerhalb der Arbeitszeit, der sich nachteilig auf das Arbeitsverhalten auswirken kann, dürften unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen sein. Eine ungeprüfte Übernahme der bislang zum Alkoholkonsum getroffenen Regelungen dürfte angesichts der komplexeren Dosis-Wirkbeziehung von Cannabis gegenüber Alkohol und der größeren Streubreite in der individuellen Verstoffwechselung von Cannabis nicht zu empfehlen sein.
Cornelia Yzer
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