01.06.2023
Die Gründung ist abgeschlossen. Erstes Geld wurde im Wege von Wandeldarlehen von Family und Friends und auch schon von Business Angels eingesammelt. Nun soll endlich die erste Finanzierungsrunde folgen. Diese wird in einer sog. Beteiligungsvereinbarung (auch Investment Agreement genannt) vereinbart. Bevor man jedoch in die Verhandlungen einsteigt, sollte man wissen, was die Bestandteile einer solchen Vereinbarung sind und worauf man als Gründer achten muss.
Start-up-Finanzierungsrunden (auch Beteiligungsrunden genannt) mit privaten oder öffentlichen Venture Capital Investoren folgen immer denselben Regeln (siehe dazu hier). Zentraler Bestandteil ist hierbei die Beteiligungsvereinbarung. Diese bündelt alle Vereinbarungen zwischen Start-up, Gründern, Alt-Gesellschaftern und Investoren, die das konkrete Investment und dessen Umsetzung betreffen.
In einer Finanzierungsrunde erhält (vereinfacht) der Investor neue Geschäftsanteile an dem betreffenden Start-up und leistet im Gegenzug sein Investment an die Gesellschaft. Dieser Ablauf, die technische Umsetzung und die wechselseitigen Verpflichtungen der Parteien sind der wichtigste Bestandteil einer Beteiligungsvereinbarung. So wird sichergestellt, dass der Investor erst zahlt, wenn er auch sicher Geschäftsanteile erhält. In einer guten Beteiligungsvereinbarung wird jedoch auch geregelt, was passiert, wenn der Investor nicht oder zu spät zahlt.
Ein zweiter sehr wichtiger Bestandteil der Beteiligungsvereinbarung sind die sog. „Garantien“. Hier machen die Gründer und/oder die Gesellschaft (sowie ggf. die Altgesellschafter) bestimmte Zusagen gegenüber den Investoren, die relevant für die Bewertung des Start-ups sind. Die Investoren sichern sich damit gegen verdeckte Risiken in ihrem Investment ab. Für den Fall, dass sich die Garantien im Nachhinein als falsch erweisen, haften die Garantiegeber entsprechend auf Schadensersatz.
Häufig schließt direkt an die Beteiligungsvereinbarung eine Gesellschaftervereinbarung an, in der weitere Regelungen zum späteren „Zusammenleben“ der Alt-Gesellschafter und der Investoren in dem dann gemeinsamen Start-up getroffen werden. Inhaltlich sollte man diese beiden Vereinbarungen jedoch nicht vermischen.
Die Beteiligungsvereinbarung gliedert sich klassischer Weise in die folgenden Bestandteile:
Präambel: Hier wird einiges zum Hintergrund des Start-ups und des geplanten Investments ausgeführt.
Verpflichtung zur Kapitalerhöhung:Im Rahmen der Finanzierungsrunde müssen neue Geschäftsanteile ausgegeben werden. Hier verpflichten sich die Gründer und Alt-Gesellschafter dazu, das Stammkapital der Gesellschaft um einen bestimmten Betrag zu erhöhen und die Investoren zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile zuzulassen.
Verpflichtung zur Zuzahlung bzw. Wandlung von Darlehen: Im Gegenzug verpflichten sich die Investoren, aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister, ihr Investment an die Gesellschaft zu leisten. Wichtig ist hierbei, dass zum Schutz des Investors vor einer zwischenzeitlichen Insolvenz des Start-ups diese Zahlungspflicht nur gegenüber den Gründern und Alt-Gesellschaftern besteht und nicht gegenüber dem Start-up selbst. Sofern Darlehen gewandelt werden sollen, so treten an dieser Stelle die Wandeldarlehensgeber, ebenfalls aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister, ihre Darlehen an das Start-up ab.
Regelung zum Ausfall des Investors (Investor Default): Für den Fall, dass ein Investor seine Zuzahlung nicht fristgerecht leistet, sollte dringend vereinbart werden, dass in diesem Fall die neu zugeteilten Geschäftsanteile wieder eingezogen werden dürfen. Leider wird diese Regelung häufig übersehen.
Meilensteine und/oder Second Closing: Je nach Ausgestaltung des Investments können in der Beteiligungsvereinbarung Meilensteine vorgesehen werden. Die Investoren zahlen dann einen Teil ihres Investments erst, wenn bestimmte Ereignisse eingetreten sind oder bestimmte Ziele erreicht wurden. Auch kann ein sog. Second Closing (mehr dazu hier und hier) vereinbart werden. Man vereinbart also die Schaffung eines genehmigten Kapitals, welches für einen bestimmten Zeitraum nach der Finanzierungsunde ausgeübt werden kann, um im Nachgang noch weitere Investoren zu denselben Bedingungen dieser Finanzierungsrunde an dem Start-up zu beteiligen.
Garantien: Hier wird der sog. Garantiekatalog aufgenommen, also eine Aufzählung sämtlicher von den Gründern abzugebenden Garantien. Diese sollten von den Gründern genau geprüft werden und nur abgegeben werden, wenn sie absolut korrekt sind. Diskrepanzen sollten offen gegenüber den Investoren angesprochen werden und Missstände auf keinen Fall verheimlicht werden. Oftmals wird der von den Investoren geforderte Garantiekatalog sehr weit gefasst sein. Hier ist viel Verhandlungsspielraum für die Gründer, der auch ausgenutzt werden sollte. Teilweise können Garantien auch dahingehend eingeschränkt werden, dass diese nur nach „bestem Wissen und Gewissen“ abgegeben werden, also z.B. fahrlässige Unkenntnis der Gründer von bestimmten Tatsachen nicht zur Unrichtigkeit von Garantien führt.
Rechtsfolgen: Sollte es zum Garantiebruch kommen, so werden für diesen Fall gewisse Rechtsfolgen vereinbart. Zunächst verpflichten sich die Gründer, den Zustand herzustellen, der bei Richtigkeit der Garantie vorgelegen hätte (sog. Naturalrestitution). Sollte dies nicht möglich sein, schulden die Gründer Schadensersatz. Hier ist wichtig, dass man gewisse Aufgreifschwellen vereinbart sowie auch einen maximalen Haftungsbetrag (Cap). Häufig vereinbart man auch, dass die Investoren ein Recht auf eine kompensierende Kapitalerhöhung erhalten, sie also weitere Geschäftsanteile übernehmen dürfen, um ihren Schaden auszugleichen.
Schlussbestimmungen: In den Schlussbestimmungen finden sich gewöhnlich Regelungen zu Geheimhaltung, Pressemitteilungen, Kostentragung, Kontaktdaten, Gerichtsstand und anzuwendendes Recht, salvatorische Klausel.
Sei es aus Unkenntnis oder falscher Zurückhaltung: Gründer verschenken in der Beteiligungsvereinbarung oft wichtige Punkte. Im besten Fall bleibt dies ohne Folge, im schlimmsten gefährdet es die Existenz des Start-ups oder die Finanzen der Gründer. Mindestens sollten sich Gründer also vertieft mit ihrer Beteiligungsvereinbarung auseinandersetzen, bevor sie diese unterzeichnen. In aller Regel aber, sollten sie sich professionelle Unterstützung holen, um „Waffengleichheit“ mit den Investoren herzustellen.
Dr. Moritz Mentzel
Counsel
Berlin
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