14.09.2023
Die Nutzung einer Marke oder eines Unternehmenszeichens als gebuchtes Keyword bei einer Suchmaschine beinhaltet nicht zwangsläufig die Verletzung von Markenrechten. Dies bestätigte jüngst das OLG Braunschweig, wobei es maßgeblich auf die Sicht des verständigen Internetnutzers abstellt. Dieser müsse anhand der Werbeanzeige erkennen können, dass die angebotenen Waren und Dienstleistungen nicht von der Inhaberin der Marke stammen.
Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG Braunschweig, Urt. v. 9. Februar 2023 – 2 U 1/22 )hatte sich mit der Berufungsklage eines Unternehmens auseinanderzusetzen. Die Berufungsklägerin betreibt ein Vergleichsportal für Kreditvermittlungsangebote im Internet und hatte Werbeanzeigen bei der Suchmaschine Google im Rahmen des Keyword Advertising geschaltet. Beim Keyword-Advertising können Dienstleister bestimmte Begriffe bei dem Betreiber einer Suchmaschine buchen, damit ihre Werbeanzeigen bei Eingabe des Suchbegriffes in der Liste der Suchergebnisse erscheinen. Die Berufungsklägerin hatte als Keyword den Begriff „smava“ eingetragen. Die Werbeanzeigen der Berufungsklägerin, wurden daraufhin in der Liste der Suchergebnisse an zweiter Stelle unter der Anzeige der Smava GmbH gezeigt, welche gleichzeitig Inhaberin der Wortmarke „smava“ ist. Die Smava GmbH, ebenfalls Betreiberin eines Online-Vergleichsportals für Ratenkredite, sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und eine unlautere Werbung. Der Klage auf Unterlassung und Feststellung der Schadenersatzpflicht gab das Landgericht Braunschweig weitestgehend statt.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht Braunschweig wies die Klage mit Urteil vom 9. Februar 2023 ab. Zwar sei eine markenrechtliche Doppelidentität im Sinne des § 14 II 1 Nr. 1 MarkenG, also eine Übereinstimmung sowohl gegenüberstehender Zeichen als auch Waren und Dienstleistungen, durch Nutzung der Marke als Keyword gegeben, die Verletzung einer Marke oder Unternehmenskennzeichnung läge jedoch nur vor, wenn eine der Funktionen der Marke durch die Anzeige beeinträchtigt würde.
Eine solche Beeinträchtigung sei vorliegend nicht gegeben. Anhand der Werbeanzeige könne der verständige Nutzer der Suchmaschine erkennen, dass die beworbene Dienstleistung nicht von der Markeninhaberin stamme. Die Kennzeichnung als „Anzeige“ über dem Text sowie das Fehlen einer Nennung der verteidigten Marke als Begriff reiche hierbei aus, um eine abweichende betriebliche Herkunft der angebotenen Dienstleistung zu verdeutlichen. Eine Verletzung durch Verwendung der bekannten Marke „ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise“ läge ebenfalls nicht vor. Es handele sich bei der Werbung um den Vorschlag einer Alternative zum Angebot der Inhaberin der Marke.
Im Wesentlichen bestätigt die Entscheidung die bisherige Rechtsprechung von BGH und EuGH. Besonderes Augenmerk widmet der BGH der Frage, ob das Keyword-Advertising eine der Funktionen der Marke, insbesondere die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt. In den bislang ergangenen Entscheidungen fand bei dieser Einschätzung regelmäßig Berücksichtigung, inwiefern der verständige Nutzer der Suchmaschine eine Werbeanzeige von einem echten Suchergebnis unterscheiden kann. Nach den Grundsatzentscheidungen des BGH und EuGH wurde die Abgrenzung der Werbeanzeigen durch Darstellung in einem deutlich gekennzeichneten „Werbeblock“ vorausgesetzt. Das OLG lässt nunmehr auch eine Abgrenzung mit hinreichenden grafischen Mitteln ausreichen. Zwangsläufig wird sich mit Gewöhnung des verständigen Internetnutzers an eine übliche Anzeigenstruktur der Anforderungsmaßstab an die Kenntlichmachung als Anzeige im Laufe der Zeit verändern. Es empfiehlt sich somit in jedem Einzelfall individuell die Ausgestaltung der Anzeige zu untersuchen und eine entsprechende Einschätzung zu treffen.
Jonny H. Giessel
Senior Associate
Frankfurt a.M.
jonny.giessel@luther-lawfirm.com
+49 69 27229 24759