12.01.2023
Lizenziert ein Unternehmen im Auftrag eines Testanbieters die Nutzung markenrechtlich geschützter Logos, besteht zwischen dem Unternehmen als Lizenzgeber und den Wettbewerbern der Lizenznehmer ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis.
Ansprüche gegen den Lizenzgeber wegen irreführender Werbung mit Testergebnissen durch einen Lizenznehmer sind daraus aber nur schwer abzuleiten. Insbesondere kann von dem Lizenzgeber regelmäßig nicht verlangt werden, eine Lizenz zu kündigen – auch nachdem er auf einen Wettbewerbsverstoß hingewiesen wurde.
Die Beklagte im gegenständlichen Verfahren (OLG Köln, Urteil vom 23. September 2022 – 6 U 70/22 = GRUR-RS 2022, 24865) ist von der Stiftung Warentest ermächtigt, Lizenzen zur Nutzung der „test“-Logos zu erteilen, damit diese für die Werbung mit den Testergebnissen der Stiftung Warentest genutzt werden können. Da die Werbung mit den Testergebnissen als solchen keiner Erlaubnis bedarf, ist die Lizenz im Wesentlichen markenrechtlicher Natur. Die Lizenznehmer bestimmen den Inhalt und damit die Werbeaussage des zu lizenzierenden Logos, das beispielsweise die erteilte Gesamtnote oder das Prädikat „Testsieger“ enthält.
Laut den Vertragsbedingungen der Beklagten ist der Lizenznehmer selbst für die Lauterkeit seiner Werbeanzeige und damit der Verwendung des lizenzierten Testsiegels verantwortlich. Der Lizenznehmer verpflichtet sich zudem gegenüber der Beklagten, bei Verbrauchern keine falschen Vorstellungen über die Beurteilung der getesteten Produkte hervorzurufen. Insbesondere versichert er, dass das Produkt, für dessen Bewerbung die Lizenz beantragt wird, tatsächlich mit dem getesteten Produkt gleich ist. Der Lizenzvertrag erlaubt nach erfolglos abgemahntem Verstoß gegen Vertragspflichten die außerordentliche Kündigung.
Im entschiedenen Fall hatte eine Wettbewerberin der Klägerin zunächst ohne aufklärenden Hinweis mit dem Testergebnis für eine Matratze geworben, obwohl ein anderes – laut der Beklagten baugleiches – und nicht das beworbene Modell getestet wurde. Die Klägerin mahnte daraufhin auch die Beklagte ab und verlangte die Unterlassung der Lizenzierung des „test“-Logos.
Weil die Beklagte die Lizenz nicht kündigte, zog die Klägerin vor Gericht. Sie beantragte sinngemäß, es der Beklagten zu verbieten, das „test“-Logo zwecks Bewerbung der betreffenden Matratze zu lizenzieren. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts schließe der Antrag auf Unterlassung gleichermaßen die Geltendmachung von Beseitigungspflichten – wie den begehrten Ausspruch der Kündigung – mit ein.
Das Landgericht Bonn hatte die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht wies die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurück.
a) Bestehen eines mittelbaren Wettbewerbsverhältnisses
Weil die Lizenzierung des „test“-Logos objektiv auf die Förderung des Wettbewerbs eines Dritten ziele, bestehe zwischen der Beklagten und den Mitbewerbern eines Lizenznehmers, wie hier der Klägerin, ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis, an das wettbewerbsrechtliche Ansprüche knüpfen können.
b) Keine Rechtspflicht zur Kündigung
Allerdings hafte die Beklagte nicht für einen Wettbewerbsverstoß ihres Lizenznehmers, weder als Täterin noch als Mittäterin oder Teilnehmerin.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe die Beklagte jedenfalls keine Tatherrschaft gehabt, da das Ob und Wie der Werbung in der Verantwortung des Lizenznehmers liege. Nach Vertragsschluss treffe die Beklagte keine Rechtspflicht, einen von Dritten beanstandeten Wettbewerbsverstoß des Lizenznehmers abzuwenden. Sie war deshalb rechtlich nicht gehalten, die Lizenz zu kündigen.
Laut Gericht liege die eigentliche Irreführung nämlich nicht in der Nutzung der Marke, sondern in der Darstellung des Testergebnisses. Insofern stehe der Klägerin das Vorgehen gegen den unmittelbar werbenden Lizenznehmer offen. Da die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten irreführende Werbung untersagen, sei ihr eine weitergehende Prüfpflicht nicht zumutbar. Ihre Pflichten könnten auch nicht mit denen des Testanbieters gleichgesetzt werden.
Der Lizenzgeber dürfe sich grundsätzlich auf Aussagen der Lizenznehmer über bestimmte Produkteigenschaften – wie etwa die Gleichheit von getesteter und beworbener Matratze – verlassen. Im Übrigen verpflichte auch ein deutlich erkennbarer Verstoß nicht unmittelbar zur Kündigung, da eine lautere Nutzung des Logos weiterhin möglich bleibe.
Das Gericht hat letztlich aus den gleichen Gründen eine Haftung wegen der Verletzung wettbewerblicher Verkehrspflichten abgelehnt. Eine Haftung als Teilnehmer scheiterte jedenfalls am Gehilfenvorsatz. Eine Störerhaftung schied aus, weil kein absolutes Recht verletzt wurde.
Es liegt somit weitgehend im Ermessen des Lizenzgebers, wie er gegen Wettbewerbsverletzungen seiner Lizenznehmer vorgeht. Die – ordentliche wie außerordentliche – Kündigung des Lizenzvertrags dürfte regelmäßig nicht verlangt sein, weil dadurch zugleich die rechtmäßige Nutzung der Marke bzw. des Logos ausgeschlossen würde. Der „vorschnell“ kündigende Lizenzgeber setzt sich damit dem Risiko vertraglicher Ersatzansprüche aus.
Konkrete lauterkeitsrechtliche Handlungspflichten treffen den Lizenzgeber nach der Entscheidung also regelmäßig auch dann nicht, wenn er auf eine Wettbewerbsverletzung hingewiesen wurde oder diese evident ist.
Für Werbende bedeutet die Entscheidung einmal mehr, dass bei Werbung mit Testergebnissen besondere Sorgfalt geboten ist. Insbesondere muss die Übereinstimmung des beworbenen mit dem getesteten Produkt sichergestellt sein und gegebenenfalls ein aufklärender Hinweis erfolgen.
Unabhängig davon, ob der Lizenzgeber die lauterkeitsrechtliche Verantwortung auf den Werbenden abwälzt, sollte der Werbende vorsorglich davon ausgehen, dass das Logo weder vor Lizenzerteilung noch danach vom Lizenzgeber geprüft wird.
Tobias Schneider
Senior Associate
Köln
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