27.02.2025
Die Europäische Kommission hat am 26. Februar 2025 den Clean Industrial Deal vorgestellt (Mitteilung der Kommission COM(2025) 85 final), der ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie vorsieht. Gleichzeitig soll der Clean Industrial Deal die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien beschleunigen und Anreize für Investitionen in saubere Technologien schaffen. Ein weiteres zentrales Anliegen des Maßnahmenpakets ist die Verbesserung des Zugangs zu seltenen Rohstoffen. Die vorgeschlagenen und zum Teil schon durch Umsetzungsakte angestoßenen Maßnahmen des Clean Industrial Deal zielen auf eine Verringerung der Energiepreise in der Europäischen Union und eine Stärkung der Nachfrage nach „sauberen“ Technologien. Es sollen öffentliche Mittel für Investitionen in saubere Technologien und für die Dekarbonisierung der Industrie bereitgestellt und Anreize für private Investitionen geschaffen werden. Der Verfügbarkeit seltener Rohstoffe soll durch eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft erreicht werden. Außerdem sieht der Clean Industrial Deal Maßnahmen zur Qualifizierung von Arbeitskräften und weitere arbeitspolitische Maßnahmen für die Transformation der Europäischen Mitgliedstaaten in dekarbonisierte Volkswirtschaften vor.
Die von der Europäischen Kommission im Rahmen des „Clean Industrial Deal“ vorgeschlagenen Maßnahmen lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Ein Kernanliegen ist die Senkung der Energiepreise in der Europäischen Union, vor allem der Strompreise. Ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien wird von der Kommission als zwingend angesehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die bestehenden Dekarbonisierungsziele nur durch eine weitere Elektrifizierung unter anderem von Produktionsprozessen erreichen lassen werden. Mit dem Clean Industrial Deal hat die Kommission deshalb den „Action Plan for Affordable Energy“ vorgestellt, der Maßnahmen zur kurzfristigen Senkung der Energiekosten für Industrie, Unternehmen und Haushalte vorsieht. Ziel ist danach eine „Energy Union“ mit einem vollständig integrierten Elektrizitätsmarkt und einem transparenten und wettbewerbsfähigen Gasmarkt.
a) Senkung der Stromkosten
Zur Senkung der Strompreise soll das im Jahr 2024 beschlossene neuen Strommarktdesign konsequent umgesetzt werden. Ein Fokus der Kommission liegt auf der Förderung des Abschlusses von sog. Power Purchase Agreements (PPAs) sowie von Contracts for Difference (CFDs).
Mit Blick auf PPAs ist eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) vorgesehen, in deren Rahmen ein Pilotprogramm für PPAs mit einem Richtbetrag von EUR 500 Mio. aufgelegt werden soll. Im Rahmen dieses Pilotprojekts soll die EIB unter dem Stichwort „counter-guarantees“ Sicherheiten der von kleinen, mittelgroßen sowie energieintensiven Unternehmen eingegangenen PPAs stellen. Die Forderung langfristiger Bürgschaften oder vergleichbaren Sicherungsmitteln stellt bislang häufig ein erhebliches Hemmnis in PPA-Verhandlungen dar, sodass die geplanten „counter-guarantees“ der EIB insoweit deutliche Erleichterungen bringen könnten. Weitere Instrumente vonseiten der EIB sollen u.a. die Stellung von Sicherheiten für Hersteller von Netzkomponenten sowie die Intensivierung eigener Investitionen der EIB im Energiesektor sein.
b) Ausbau erneuerbarer Energien und des „clean manufacturing“
Im Rahmen des Clean Industrial Deal sind die Mitgliedstaaten zudem aufgefordert, die nationalen Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Dekarbonisierung der Industrie zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Besondere Erwähnung finden in diesem Zusammenhang die Vorgaben der bereits am 20. November 2023 in Kraft getretenen überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Richtline (Renewable Energies Directive III, kurz: RED III), die bislang aber nur von sieben Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt worden seien. Abhilfe schaffen will die Kommission daher im Wege eines verstärkten Austausches von „best practices“ und Empfehlungen sowie eines verstetigten Dialoges über die Umsetzung von Genehmigungsverfahren. Außerdem kündigt die Kommission einen „Industrial Decarbonisation Accelerator Act“ an, mit dem konkrete Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vorschlagen werden sollen, die auf Erfahrungen im Zusammenhang mit der EU-Notfallverordnung, der RED III, dem „Critical Raw Material Act“ und des „Net-Zero Industry Act“ fußen sollen.
c) Stabilisierung der Erdgasmärkte
Ausgehend von der Erkenntnis, dass importierte fossile Energieträger einen direkten Einfluss auf die europäischen Gas- und Strompreise haben, strebt die EU-Kommission außerdem eine Stabilisierung der Erdgasmärkte an. Dies soll durch eine umfassende Aufsicht erreicht werden, die unter anderem Marktmanipulationen und Preisverzerrungen verhindern und die Transparenz im Gasmarkt erhöhen soll.
Zudem sollen Änderungen der Regeln auf den Finanz- und Energiemärkten (MiFID und REMIT) im Rahmen eines breit angelegten Prozesses zur Konsultation gestellt werden. Insbesondere zielt die EU-Kommission auf eine Vereinfachung und Reduzierung der (administrativen) Vorgaben für im Energiehandel tätige Unternehmen ab; einschließlich, aber nicht nur bezogen auf die viel diskutierte sog. „Nebentätigkeitsausnahme“ (ancillary activity excemption) in der MiFID II. Eine Beteiligung im Konsultationsprozess zur weiteren Verbesserung der praktischen Handhabbarkeit der Marktregeln dürfte sich nicht zuletzt für betroffene Unternehmen anbieten.
Ein weiteres Ziel des Clean Industrial Deal ist die Schaffung grüner Leitmärkte für klimafreundlich in der Europäischen Union hergestellte Produkte in bestimmten Schlüsselsektoren.
a) Öffentliche Auftragsvergabe
Eine zentrale Rolle bei der Schaffung grüner Leitmärkte spielt das öffentliche Auftragswesen, da gezielte Vergabestrategien einen maßgeblichen Beitrag zum Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Industrie leisten können.
Die Kommission plant deshalb, die Vergaberichtlinien zu überarbeiten, um Nachhaltigkeitskriterien noch stärker in Vergabeverfahren zu etablieren. Der Clean Industrial Deal soll insbesondere CO₂-reduzierte Produktionsverfahren fördern, indem nicht-preisbezogene Kriterien wie der CO₂-Fußabdruck über den gesamten Produktlebenszyklus als qualitative Zuschlagskriterien bei der Wertung im Vergabeverfahren berücksichtigt werden. Unternehmen sollen durch CO₂-Labels motiviert werden, in Dekarbonisierung zu investieren.
Für öffentliche Auftraggeber bedeutet dies, dass Nachhaltigkeitsaspekte in der Vorbereitung von Vergabeverfahren berücksichtigt und strategisch in Vergabeverfahren integriert werden müssen. Hierzu gehören unter anderem eine systematische Markterkundung, um realistische Nachhaltigkeitsvorgaben zu definieren, die Verankerung von Umweltaspekten in der Leistungsbeschreibung sowie die Nutzung verpflichtender CO₂-Nachweise. Zudem empfiehlt sich eine Bewertung der Angebote nach Lebenszykluskosten (Life Cycle Costing (LCC)) statt einer Bewertung der reinen Anschaffungskosten. So werden langfristige Einsparungen durch energieeffiziente Lösungen in der Bewertung interessengerecht berücksichtigt.
Ein von der Kommission angekündigter Industrial Decarbonisation Accelerator Act (IDAA) soll nach dem Vorbild des Net Zero Industry Acts (NZIA) aus 2024, verbindliche Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien für Beschaffungen in energieintensiven Sektoren vorsehen. Diese werden nicht nur für die öffentliche Hand gelten, sondern auch ausdrücklich dann, wenn EU-Fördermittel in der Privatwirtschaft verwendet werden. Der NZIA ist zwar formal schon in Kraft, wesentliche vergaberechtliche Regelungen finden allerdings aufgrund von Übergangsfristen noch keine Anwendung. Durchführungsrechtsakte, die die Nachhaltigkeits- und Resilienzanforderungen des NZIA noch mit Leben füllen müssen, sind noch für dieses Jahr angekündigt. Der IDAA soll Ende 2025 kommen.
Noch sind nicht alle Maßnahmen auf EU-Ebene verbindlich geregelt. Es zeichnet sich jedoch ab, dass nachhaltige Vergabestandards zunehmend verpflichtend werden. Für öffentliche Auftraggeber bedeutet dies, dass sie zukünftig in der Planung, Vorbereitung und Realisierung ihrer Beschaffungen ein noch größeres Augenmerk auf Nachhaltigkeitsaspekte legen müssen. Unternehmen sollten sich frühzeitig auf weitere Nachhaltigkeitsanforderungen in Vergabeverfahren einstellen, um sich im Wettbewerb um öffentliche Aufträge gut positionieren zu können.
b) Wasserstoffhochlauf
Als weiterer wesentlicher Faktor für die Dekarbonisierung der Industrie wird außerdem ein zügiger Wasserstoffhochlauf gesehen, insbesondere in Sektoren, in denen sich Produktionsprozesse noch nicht ohne weiteres elektrifizieren lassen. In diesem Zusammenhang kündigt die Kommission noch im ersten Quartal 2025 einen delegierten Rechtsakt mit konkreten Vorgaben für die klimaneutrale Herstellung von Wasserstoff an, der Rechtssicherheit für Investoren schaffen soll.
Zudem ist der Start des sog. Wasserstoffmechanismus im Rahmen der Europäischen Wasserstoffbank geplant, um Lieferanten und Abnehmer mit Marktteilnehmern, etwa aus dem Bereich Finanzierung, zu verbinden. Dies soll insbesondere die Nachfrage nach Wasserstoff und aus Wasserstoff gewonnenen Kraftstoffen von Abnehmern aus schwer zu dekarbonisierenden Industriesektoren und dem Transport, z.B. dem Schiff- und Flugsektor, bündeln. Auch ein weiterer (dritter) Aufruf im Rahmen der Wasserstoffbank mit einem Budget von EUR 1 Mrd. ist geplant. Die Mitgliedstaaten sollen insofern ermutigt werden, die “auctions-as-a-service”-Plattform der Kommission zu nutzen.
Für die geplante Transformation der europäischen Industrie sind außerdem erhebliche Investitionen in den Bereichen Energie, Industrie und Infrastruktur erforderlich.
Der zusätzliche Bedarf an Investitionen wird im Vergleich zum vorangegangenen Jahrzehnt auf EUR 480 Mrd. geschätzt. Der CID setzt auf finanzielle Hebel aus öffentlichem und privatem Kapital, um diesen Investitionsbedarf zu decken. Ein wesentlicher Anteil der Finanzmittel soll über den kommenden mehrjährigen Finanzierungsrahmen (Multi-annual Financial Framework – MFF) und den geplanten Wettbewerbsfähigkeitsfonds (Competitiveness Fund) bereitgestellt werden.
Ein weiteres Finanzierungsmittel ist der Innovationsfonds, der die Herstellung grüner Technologien fördert, insbesondere solche, die mit einem STEP-Siegel privilegiert sind. Um die Umsetzung solcher Technologien zu beschleunigen, schlägt der CID vor, die Finanzierungskriterien dieses Fonds sowie die Gewährung staatlicher Beihilfen zu harmonisieren. Zur Förderung der Dekarbonisierung sollen zudem weitere finanzielle Mittel aus dem Europäischen Emissionshandelssystem (EU Emissions Trading System – ETS) bereitgestellt werden.
Neben öffentlichen Fördermitteln sieht die Kommission die Mobilisierung privaten Kapitals als entscheidenden Faktor für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft. Hierzu dient der InvestEU-Fonds als zentrales Vehikel, über das – in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) – bereits mehr als EUR 280 Mrd. mobilisiert wurden. Um die Finanzierung grüner Technologien breiter zugänglich zu machen, schlägt die Kommission vor, InvestEU mit einer höheren Risikoakzeptanz auszustatten. Künftig soll die EIB in Kooperation mit InvestEU und der Europäischen Kommission eine Vielzahl von Förderprogrammen umsetzen – darunter das TechEU-Programm, das gezielt Clean-Tech-Startups unterstützt. Exemplarisch ist dafür die geplante Cleantech Guarantee Facility, die langfristige Investitionsdarlehen absichern soll.
Zusätzlich zu den EU-weiten Finanzierungsmaßnahmen sollen auch nationale finanzielle Anreize gesetzt werden. Der CID sieht insbesondere steuerliche Erleichterungen vor, etwa verkürzte Abschreibungszeiträume oder Steuervergünstigungen.
Mit diesem Maßnahmenpaket eröffnet der CID vielseitige Möglichkeiten zur Finanzierung von Projekten und Unternehmen, die zur Dekarbonisierung und Modernisierung der europäischen Industrie beitragen. Für Investoren ist es daher entscheidend, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Finanzinstrumente und nationalen Investitionsanreizen auseinanderzusetzen. Dies betrifft die Anforderungen an die Förderkriterien, um Zugang zu den Finanzmitteln zu erhalten, sowie die Strukturierung der Finanzierung unter Berücksichtigung des Kumulationsverbots, das die gleichzeitige Inanspruchnahme mehrerer staatlicher Fördermitteln für dasselbe Finanzierungsvorhaben einschränken kann.
Die Kommission beabsichtigt Erleichterungen im Zusammenhang mit der Genehmigung staatlicher Förderung von Projekten nach dem EU-Beihilferecht.
Will ein EU-Mitgliedstaat einem oder mehreren Unternehmen oder Industriezweigen staatliche Beihilfen gewähren – etwa finanzielle Zuschüsse –, muss er diese vor ihrer Durchführung grundsätzlich bei der Kommission notifizieren. Im Zusammenhang mit dem Clean Industrial Deal beabsichtigt die Kommission, im zweiten Quartal 2025 einen neuen beihilferechtlichen Rahmen vorzulegen, der die Genehmigung von Beihilfen erleichtern und beschleunigen soll. Dazu gehören unter anderem die Anwendung vereinfachter Methoden zur Festlegung von Beihilfehöchstbeträgen anstelle komplexer Einzelbewertungen sowie flexible und überarbeitete Regelungen im Zusammenhang mit produktiven Investitionen im sog. Clean-Tech-Sektor, etwa für die Herstellung von Batterien.
Darüber hinaus plant die Kommission Vereinfachungen bereits bestehender beihilferechtlicher Regelungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung oder bei transnationalen wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse („Important Project of Common European Interest“ – IPCEI). Auch will die Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten neue IPCEI schneller entwickeln und vorantreiben.
Die Schaffung eines vereinfachten beihilferechtlichen Regelungsregimes im Zusammenhang mit dem Clean Industrial Deal sowie die Vereinfachung schon bestehender beihilferechtlicher Regelungen ist uneingeschränkt zu begrüßen. Staatliche Beihilfen können bei Vorliegen eines Marktversagens eine Anreiz- und Hebelwirkung auf private Investitionen ausüben.
Der EU-Binnenmarkt – ihn soll das EU-Beihilferecht vor einem Subventionswettlauf der EU-Mitgliedstaaten schützen – steht zunehmend im Wettbewerb mit außereuropäischen Wirtschaftsräumen, die keine dem EU-Beihilferecht vergleichbare Beihilfenkontrolle kennen und in denen staatliche Subventionen großzügig und strategisch gewährt werden. Das EU-Beihilferecht muss diesem Umstand Rechnung tragen und zur Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Binnenmarkts und der europäischen Industrie dadurch beitragen, dass beihilferechtliche Regelungen anwendungsfreundlicher und das Genehmigungsverfahren beschleunigt sowie vereinfacht werden.
Die Kommission ergreift außerdem als Kernbestandteil ihrer Dekarbonisierungsstrategie Maßnahmen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft, vor allem im Bereich der kritischen Rohstoffe.
Die geplanten Maßnahmen bauen auf den Critical Raw Materials Act auf, der unter anderem Recyclingquoten für kritische Rohstoffe in Höhe von mindestens 25 % des jährlichen Verbrauchs der Union vorsieht. In einem weiteren Schritt möchte die Kommission den europäischen Markt für Sekundärrohstoffe durch einen Circular Economy Act bis 2026 stärken, um insbesondere einen freien Verkehr von Kreislaufprodukten, Sekundärrohstoffen und Abfällen innerhalb der Europäischen Union zu ermöglichen. Diese soll unter anderem die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Elektroschrott stärken. Ferner sind einheitliche Kriterien zur Bestimmung des „Endes der Abfalleigenschaft“ geplant, um eine sichere Abgrenzung von Sekundärrohstoffen und Abfälle zu ermöglichen. Hinzu kommen geplante Vereinfachungen bei der erweiterten Herstellerverantwortlichkeit und öffentlichen Auftragsvergaben sowie eine Pflicht zur Nutzung von recycelten Rohstoffen.
Die Kommission möchte außerdem die Zusammenarbeit von Wirtschaftsakteuren und Mitgliedstaaten durch den Aufbau von „Trans-Regional Circularity Hubs“ verbessern. Darüber hinaus erwägt die Kommission steuerrechtliche Anpassungen, um die Kreislaufwirtschaft mit Blick auf kritische Rohstoffe innerhalb der Europäischen Union zu stärken.
Die Ziele des Clean Industrial Deal können nicht ohne globale Partnerschaften realisiert werden. Der wirtschaftliche Erfolg der Europäischen Union ist bedingt durch offenen und regelbasierten Handel sowie den Zugang zu Drittmärkten. Die Kommission erkennt allerdings auch die Gefahren, die von Exportgütern aus nationalen Überproduktionen mit stark reduzierten Preisen ausgehen.
Aus diesem Grund sollen Freihandelsabkommen abgeschlossen, unterzeichnet und vollständig umgesetzt werden. Ergänzt wird diese Maßnahme durch „Clean Trade and Investment Partnerships“ (CTIPs), die einen flexibleren und individuelleren Ansatz bieten und ermöglichen, gemeinsam mit den Partner strategische und saubere Wertschöpfungsketten zu entwickeln. Im Rahmen der CTIPs plant die Kommission gemeinsam mit den Partnern, Investitionen für konkrete Projekte zu mobilisieren, durch Vereinbarungen Möglichkeiten für europäische Unternehmen zu schaffen, um auf ausländischen Märkten gleichberechtigt agieren sowie gemeinsame Standards für grüne Technologien, Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft schaffen zu können.
Die Kommission möchte zudem den Markt für abgeschiedenes CO2 weiter ausbauen. Ferner hat sich die Kommission vorgenommen, den CO2-Grenzausgleichmechanismus (CBAM) zu vereinfachen und für die zweite Hälfte des Jahres 2025 ausgiebig zu bewerten und auf dieser Basis einen Vorschlag für eine Erweiterung auch auf andere Industrien zu erarbeiten. Diese Maßnahmen bieten Potenzial gesetzgeberische Fehltritte wie die oben bezeichnete Verordnung zu korrigieren und das Emissionshandelsrecht endlich innovationsoffen zu gestalten. Es schadet auch hier sicherlich nicht, etwa über Verbände, der Kommission durch konkrete Gesetzesvorschläge konstruktiven Input zu geben und die Entwicklungen kritisch zu verfolgen.
Im Rahmen des Clean Industrial Deal sind unterstützende Maßnahmen zur Qualifizierung von Arbeitskräften und weitere arbeitspolitische Maßnahmen geplant.
Die im Rahmen des Clean Industrial Deal relevanten Kompetenzen sollen durch Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte sowie durch vereinfachte und digitalisierte Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen erreicht werden. Insbesondere plant die Kommission die Schaffung einer „Union der Kompetenzen“, wodurch sichergestellt werden soll, dass Arbeitgeber auf Fachwissen zugreifen können, das sie für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft benötigen. So sollen verschiedene Fördermodelle bspw. für Akademien und „Centres of Vocational Excellence“ überprüft werden, um die Qualifikationsstärkung zu optimieren. In den Fokus sollen unter anderem die Erwachsenenbildung und die Integration qualifizierter Talente aus Drittländern gestellt werden.
Infolge der aufkommenden Veränderungen durch Umstrukturierungsprozesse sollen die Arbeitnehmer unterstützt werden. Dies soll durch Investitionen in den Einkommensschutz sowie aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erfolgen. Dazu zählen insbesondere der Aufbau von Arbeitsvermittlungsdiensten, Schulungs- und Umschulungsmöglichkeiten sowie die Unterstützung von Unternehmen und schutzbedürftigen Gruppen.
Zur Information und Unterstützung der betroffenen Arbeitnehmer soll eine sog. „European Fair Transition Observatory“ eingerichtet werden. Diese soll den sozialen und gerechten Übergang der Arbeitnehmer in die veränderte Arbeitswelt sicherstellen. Dazu soll unter anderem ein erleichterter Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Beteiligten und Institutionen erfolgen. Es ist zudem geplant, Subventionsvorschriften zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um verstärkte Anreize für Investitionen in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern zu schaffen.
Darüber hinaus soll für elektrisch betriebene Fahrzeuge, Wärmepumpen und andere sog. „clean products“ das Modell des „social leasing“ entwickelt werden. Dadurch soll Bürgern durch die Gewährung finanzieller Hilfen der Zugang zu derartigen Gütern erleichtert werden.
Mit dem Clean Industrial Deal hat die Europäische Kommission ein umfassendes wirtschaftspolitisches Programm aufgelegt, das neben den europäischen Klimazielen nunmehr auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften in den Vordergrund stellt. Damit reagiert die Kommission auf die vor allem infolge des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Energiekosten, die insbesondere energieintensive Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen.
Der Clean Industrial Deal enthält einen umfangreichen Katalog an Maßnahmen auf zentralen politischen Handlungsfeldern, die die Transformation der europäischen Wirtschaft beschleunigen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Schlüsselindustrien sicherstellen sollen. Zur Umsetzung des Clean Industrial Deal hat die Kommission eine Vielzahl weiterer Rechtsakte in den kommenden Jahren angekündigt. Der Erfolg des Clean Industrial Deal wird von der Umsetzung der Rechtsakte durch die Mitgliedstaaten abhängen. Diese müssen von den Unternehmen engmaschig verfolgt werden, um sicherzustellen, dass der Clean Industrial Deal tatsächlich zu einer Entlastung von Unternehmen und Bürgern führt. Damit die angestrebte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erreicht wird, müssen die Unternehmen der Industrie die Umsetzungsschritte eng und kritisch begleiten.
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