24.02.2025
Die Capital Requirements Regulation III (CRR III) ist am 1. Januar 2025 vollumfänglich in Kraft getreten und setzt die finalen Nachkrisenreformen des Baseler Rahmenwerks in europäisches Recht um. Die neuen Regelungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen von Banken für Beteiligungen an Private-Market-Fonds. Dieser Beitrag konzentriert sich auf die Anlageklasse Private Equity und ihre Behandlung im Standardansatz für das Kreditrisiko (KSA).
Unter den Änderungen durch die CRR III fallen die drastisch erhöhten Risikogewichte für Beteiligungsrisikopositionen ins Auge. Ab dem 1. Januar 2025 steigt das Risikogewicht solcher Positionen schrittweise an, bis es mit Beginn des Jahres 2030 seine Zielgröße von 250 % im Regelfall und 400 % für nicht börsennotierte spekulative Positionen erreicht. Nach Ansicht des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, die sich der EU-Gesetzgeber zu eigen gemacht hat, wurde das Risiko von Eigenkapitalbeteiligungen unter den bisherigen Regelungen nicht angemessen erfasst. Um dieses Problem zu beheben, war das zu geringe Risikogewicht nach oben zu korrigieren. Die Erhöhung des Risikogewichts wirkt sich gleichermaßen auf die Kapitalanforderung für unmittelbare Beteiligungsrisikopositionen der Banken und auf Positionen aus, die von ihnen indirekt über aufsichtlich transparente Fonds gehalten werden.
Auf ihre Anteile an Investmentvermögen (in der Terminologie der CRR „Organismen für gemeinsame Anlagen“ oder „OGA“) sollen Banken grundsätzlich den sogenannten „Transparenz- ansatz“ anwenden. Insoweit die entsprechenden Transparenzvoraussetzungen vorliegen, nimmt die Bank eine Durchschau auf die vom Investmentvermögen gehaltenen Risikopositionen bzw. Vermögenswerte vor, um die risikogewichteten Positionsbeträge dieser Risikopositionen zu ermitteln und sie anschließend zum risikogewichteten Positionsbetrag der Anteile des Investmentvermögens zu aggregieren (vgl. Artikel 132, 132a CRR III).
In Bezug auf die Ermittlung der Kapitalanforderungen für Beteiligungen von Banken an Private-Equity-Fonds sind bei Anwendung des Transparenzansatzes vor allem die folgenden (Neu-)Regelungen der CRR III hervorzuheben.
Im Rahmen einer vollständigen Neufassung der Vorschriften für Beteiligungsrisikopositionen in Artikel 133 CRR III werden umfassende Regelungen hinsichtlich einer Einstufung als Eigenkapitalbeteiligung bzw. als eigenkapitalähnliches Instrument und damit als Beteiligungsrisikoposition getroffen. Zudem werden erhöhte Risikogewichte festgelegt.
1.1.1 Kategorien von Beteiligungsrisikopositionen
Neben „klassischen“ Eigenkapitalbeteiligungen (Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a CRR III) gelten auch Instrumente als Beteiligungsrisikopositionen, die als Posten des harten Kernkapitals eingestuft würden, wenn sie von einem Institut emittiert würden (Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b CRR III). Darüber hinaus umfasst die Definition auch bestimmte eigenkapitalähnliche Fremdkapitalinstrumente, die beispielsweise ein Wandlungsrecht des Emittenten in Eigenkapitalanteile vorsehen können (Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c CRR III).
Auch Schuldtitel und andere Wertpapiere, Derivate oder sonstige Vehikel, die so strukturiert sind, dass sie in ihrer wirtschaftlichen Substanz mit den in Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b oder c CRR III aufgeführten Eigenkapitalbeteiligungen bzw. eigenkapitalähnlichen Instrumenten vergleichbar sind, sind als Beteiligungsrisikopositionen einzustufen (Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe d CRR III). In Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung eines Instruments im Einzelfall könnte diese Variante der Beteiligungsrisikopositionen auch Verpackungsstrukturen erfassen. Eine grundlegende Neuerung ist diese Bestimmung gleichwohl nicht, sah doch schon Artikel 133 Absatz 1 Buchstabe b CRR II vor, dass eigenkapitalähnliche Schuldtitel, Wertpapiere, Partnerschaften, Derivate oder sonstige Instrumente als Beteiligungsrisikopositionen zu erfassen waren.
Neu ist hingegen, dass auch „echte“ Eigenmittelinstrumente, die jedoch nicht die Merkmale einer Beteiligungsrisikoposition im Sinne von Artikel 133 CRR III aufweisen, immer als aus nachrangigen Schuldtiteln bestehende Risikopositionen einzustufen sind (vgl. Artikel 128 Absatz 1 Buchstabe b CRR III). Diese Instrumente werden bei der Risikogewichtung anders behandelt und haben geringere Eigenkapitalanforderungen.
Der breite Anwendungsbereich des Artikels 133 CRR III führt dazu, dass auf Portfolioebene eines transparenten Private-Equity-Fonds eine sogfältige Analyse erforderlich wird, um festzustellen, ob die gehaltenen Vermögensgegenstände als Beteiligungsrisikopositionen einzustufen sind oder ob sie einer anderen Risikopositionsklasse zugeordnet werden können. Insbesondere mezzanine Instrumente werden auf ihre wirtschaftliche Substanz hin zu untersuchen sein, um jeweils ihre Vergleichbarkeit mit den in Artikel 133 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a, b und c CRR III genannten Instrumenten feststellen oder ablehnen zu können.
1.1.2 Risikogewichte langfristiger und kurzfristiger Beteiligungen
Wenn die Risikoposition eines Investmentvermögens als Beteiligungsrisikoposition eingeordnet wird, ist es weiterhin wichtig zu unterscheiden, ob sie gegenüber einer börsennotierten oder nicht börsennotierten Gesellschaft besteht. Handelt es sich um eine nicht börsennotierte Gesellschaft, muss außerdem geprüft werden, ob es sich um eine langfristige oder kurzfristige Kapitalbeteiligung handelt. Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Bestimmung des anzuwendenden Risikogewichts.
Beteiligungen an nicht börsennotierten Gesellschaften, die (a) mit der Absicht der kurzfristigen Weiterveräußerung oder (b) als Investitionen in Risikokapitalgesellschaften oder ähnliche Investitionen, in der Erwartung erheblicher kurzfristiger Veräußerungsgewinne, getätigt werden, erhalten ein Risikogewicht von 400 % (Artikel 133 Absatz 4 Unterabsatz 1 CRR III). Im Gegensatz dazu wird auf Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften sowie für langfristige Beteiligungen an nicht börsennotierten Gesellschaften ein Risikogewicht von 250 % angewendet (Artikel 133 Absatz 3 CRR III). Diese neuen Risikogewichte stellen eine deutliche Erhöhung im Vergleich zu den Regelungen der CRR II dar, wonach Private Equity zwar als „mit besonders hohem Risiko verbundene Position“ (Artikel 128 Absatz 2 Buchstabe b CRR II) eingestuft wurde, aber nur mit einem Risikogewicht von 150 % belegt war.
Mit dieser neuen Differenzierung dürfte die frühere Auffassung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), dass Private Equity typischerweise als kurzfristig und spekulativ einzustufen sei, nun endgültig überholt sein. Unter dem neuen Regelwerk ist entscheidend, ob eine Anlage als langfristig oder kurzfristig betrachtet wird, was basierend auf der Halteabsicht der investierenden Bank zu beurteilen ist (vgl. Erwägungsgrund 9 der CRR III). Diese Absicht hängt im Einzelfall von der Anlagestrategie der Bank oder des Fonds ab, über den die Beteiligung gehalten wird.
Nach der CRR III gilt eine Kapitalbeteiligung als „langfristig“, wenn die tatsächliche oder beabsichtigte Haltedauer mindestens drei Jahre beträgt (Artikel 133 Absatz 4 Unterabsatz 2 Satz 2 CRR III).
Die CRR III bringt signifikante Änderungen in der Einstufung und Risikogewichtung von Gesellschafterdarlehen mit sich, die an Portfoliogesellschaften vergeben werden.
Für Bankeninvestoren ist es daher von entscheidender Bedeutung, die Vertragsbedingungen bestehender Gesellschafterdarlehen sorgfältig zu analysieren. Auch bei der Neuvergabe von Gesellschafterdarlehen kann die richtige Ausgestaltung des Darlehensvertrags wichtige Auswirkungen auf die Risikogewichtung haben.
Die Zuordnung eines Gesellschafterdarlehens zu den entsprechenden Risikopositionsklassen beeinflusst maßgeblich das anzuwendende Risikogewicht. Eigenkapitalähnlich ausgestaltete Gesellschafterdarlehen gelten gemäß Artikel 133 CRR III als Beteiligungsrisikopositionen und unterliegen einem Risikogewicht von 250 % oder sogar 400 %, je nach den spezifischen Merkmalen des Darlehens.
Anders verhält es sich bei nachrangigen Gesellschafterdarlehen mit Fremdkapitalcharakter, die ein Risikogewicht von 150 % erhalten (Artikel 128 Absatz 1 CRR III). Für vorrangige Gesellschafterdarlehen liegt das Risikogewicht in der Regel bei 100 %.
In bestimmten Fällen kann es vorteilhaft sein, ein Gesellschafterdarlehen eigenkapitalähnlich zu gestalten, insbesondere wenn es im Rahmen staatlicher Förderprogramme für bestimmte Wirtschaftssektoren vergeben wird. Solche Darlehen können mit behördlicher Erlaubnis ein vorteilhaftes Risikogewicht von 100 % erhalten (Artikel 133 Absatz 5 CRR III). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht für nachrangige Schuldtitel im Sinne von Artikel 128 CRR III.
Für Banken, die in geschlossene Fonds investieren, ist oftmals die Ermittlung des Risikopositionswerts offener Zeichnungszusagen (undrawn commitments) für die Berechnung der entsprechenden Kapitalanforderungen von erheblicher praktischer Bedeutung.
In diesem Zusammenhang sieht Anhang I der CRR III fünf verschiedene Unterklassen (buckets) vor, denen außerbilanzielle Geschäfte – wie offene Zeichnungszusagen – in Abhängigkeit von ihrem Kreditverlustrisiko zugeordnet werden. In Abhängigkeit von der einschlägigen Unterklasse bestimmt sich der auf den Risikopositionswert des jeweiligen außerbilanziellen Geschäfts anzuwendende Konversionsfaktor (10 % bis 100 %).
Unterklasse 1 erfasst die höchste Risikokategorie, bei welcher der Risikopositionswert eines außerbilanziellen Postens generell mit 100 % seines Nominalwerts anzusetzen ist (vgl. Artikel 111 Absatz 2 Buchstabe a CRR III). Unterklasse 3 erfasst außerbilanzielle Posten mittleren Risikos, deren Risikopositionswert generell mit 40 % ihres Nominalwerts anzusetzen ist (vgl. Artikel 111 Absatz 2 Buchstabe c CRR III).
Nach unserer Einschätzung spricht einiges dafür, dass offene Zeichnungszusagen in Bezug auf geschlossene Fonds grundsätzlich der Unterklasse 3 des Anhangs I der CRR III zugeordnet werden. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass offene Zeichnungszusagen keine Kreditgarantien oder Kreditsubstitute im Sinne der Unterklasse 1 darstellen, sodass eines der entscheidenden Merkmale dieser Unterklasse nicht zutrifft. Allerdings könnte eine andere Bewertung erforderlich sein, wenn die offene Zeichnungszusage als Sicherheit für ein Darlehen verpfändet oder abgetreten wurde (z. B. im Rahmen einer subscription secured facility). In diesem Fall könnten sich die Risiken verschieben, was zu einer anderen Zuordnung führen könnte.
Es bleibt zu wünschen, dass die noch ausstehenden technischen Regulierungsstandards der Kommission zu diesem Thema mehr Klarheit schaffen.
Martin Hüwel
Partner
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Erik von Kügelgen, M. Iur.
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