04.02.2025
2025 – noch fünf Jahre bleiben, um das ambitionierte Ziel der Europäischen Union zu erreichen und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken. Vor diesem Hintergrund nimmt der regulatorische Druck auf Unternehmen, ihre Verantwortung in der Lieferkette wahrzunehmen, weiter zu. Immer mehr Rechtsakte verpflichten Unternehmen dazu, ökologische und soziale Aspekte in ihren Geschäftsmodellen und Lieferketten umfassend zu berücksichtigen.
Diese Entwicklungen sind ein wesentlicher Baustein zur Umsetzung der Klimaziele und zur Förderung nachhaltiger Wertschöpfung. Sie tragen dazu bei, ökologische Herausforderungen wie den Schutz von Ökosystemen, die Reduktion des Ressourcenverbrauchs und die Einhaltung von Klimaschutzstandards zu bewältigen. Gleichzeitig wird den sozialen Dimensionen Rechnung getragen, etwa durch die Stärkung von Arbeits- und Menschenrechten entlang globaler Lieferketten.
Jedoch ist das rechtliche Regelwerk vielfältig und komplex: Während einige Rechtsakte den Fokus auf direkte Geschäftspartner legen, verpflichten andere Unternehmen dazu, ihre gesamte Lieferkette zu analysieren und Risiken bis hin zur Rohstoffgewinnung zu adressieren. Wiederum andere Vorschriften beziehen sich auf spezifische Sektoren oder kritische Rohstoffe, etwa im Bereich der Entwaldung oder der Einhaltung von Standards für emissionsarme Produktion.
Für Unternehmen bedeutet dies: Eine rechtssichere und nachhaltige Gestaltung der Lieferkette erfordert nicht nur ein tiefes Verständnis der rechtlichen Vorgaben, sondern auch eine strategische Integration von Klima- und Umweltzielen in die Unternehmensprozesse. 2025 wird somit nicht nur ein Prüfstein für die Einhaltung bestehender Regelungen, sondern auch eine Chance, sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaverantwortung zu positionieren.
Die jeweiligen und wesentlichen Rechtsakte unterscheiden sich bereits in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich voneinander.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und EU-Lieferkettenrichtlinie
Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hat Deutschland 2023 einen bedeutenden Schritt unternommen, um menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken entlang globaler Wertschöpfungsketten zu adressieren. Seit 2024 sind Unternehmen und Unternehmensgruppen mit über 1.000 Mitarbeitenden verpflichtet, ihre Lieferketten auf Risiken hin zu überprüfen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Eine weitere Absenkung des Anwendungsbereichs in Bezug auf die Mitarbeiterzahl ist in 2025 nicht vorgesehen.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), die im Juli 2024 in Kraft trat, erweitert diese Anforderungen auf gesamteuropäischer Ebene. Sie erfasst zunächst Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von über 1,5 Milliarden Euro, darunter auch Drittstaatenunternehmen. Neben Menschenrechten rücken hier insbesondere Klimaziele wie die Reduktion von Treibhausgasemissionen in den Fokus (Verpflichtung zur Erarbeitung eines Klimaschutzplans).
Die Umsetzung in nationales Recht muss innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie erfolgen. Eine Anwendung in nationales Recht sollte daher spätestens im Sommer 2026 erfolgen.
EU-Entwaldungsverordnung
Die Bekämpfung globaler Entwaldung ist ein zentraler Baustein des European Green Deals. Mit der EU-Entwaldungsverordnung, die im Juni 2023 in Kraft trat, setzt die Europäische Union verbindliche Maßstäbe für nachhaltige Handelspraktiken. Der Handel mit bestimmten Rohstoffen wie beispielsweise Kakao, Kaffee, Soja, Holz und deren Erzeugnissen ist untersagt, wenn diese zur Entwaldung beigetragen haben oder nicht den rechtlichen Standards der Erzeugerländer entsprechen.
Ursprünglich sollte der zeitliche Anwendungsbereich bereits Ende 2024 für große Unternehmen gelten. Aufgrund einer Verschiebung um ein Jahr gelten die Verpflichtungen ab dem 30. Dezember 2025 für große Marktteilnehmer und Händler, ab Mitte 2026 auch für kleine und Kleinst- und Kleinunternehmen.
Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsystems
Mit der Verordnung zur Schaffung eines CO₂-Grenzausgleichssystems (CBAM) setzt die Europäische Union einen weiteren Meilenstein im Klimaschutz. Ziel ist es, „Carbon Leakage“ – also die Verlagerung emissionsintensiver Produktion in Länder mit niedrigeren Umweltstandards – zu verhindern und die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu sichern. Seit Oktober 2023 sind Unternehmen in der EU verpflichtet, Importe von Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemitteln, Wasserstoff sowie bestimmter Vor- und Nachprodukte aus Drittstaaten quartalsweise zu melden.
Ab 2026 wird dieses System schrittweise ausgeweitet: Importierte Waren mit hohem CO₂-Ausstoß aus Nicht-EU-Staaten unterliegen dann einer Abgabe, die den Kosten der EU-Emissionszertifikate entspricht.
Batterieverordnung
Die Verordnung (EU) 2023/1542 vom 12. Juli 2023 über Batterien und Altbatterien (BattVO) ist am 17. August 2023 in Kraft getreten. Als Verordnung gilt die BattVO nach weiteren sechs Monaten nun unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU. Während die EU-Batterierichtlinie (Batt-RL) vor allem die Verwertungsphase von Batterien regelte, stellt die BattVO die Themen Nachhaltigkeit, Kreislauforientierung, Leistungsstärke und Sicherheit von Batterien über ihren gesamten Lebenszyklus in den Vordergrund. Gleichzeitig steht der Schutz der Umwelt und der Gesundheit des Menschen im Vordergrund. Deshalb zielt die BattVO darauf ab, die schädlichen Auswirkungen bei der Produktion und Verwendung von Batterien zu minimieren. Aus diesem Grund werden in der BattVO für jeden Abschnitt der Batteriewertschöpfungskette – von der Herstellung bis zur Verwertung spezielle Anforderungen festgelegt. Korrespondierend hierzu sieht die BattVO eine neue Sorgfaltspflicht für die Lieferkette vor. Diese gilt ab dem 18. August 2025 und soll dazu beitragen, die Verantwortung der Wirtschaftsakteure im Batteriesektor zu stärken und sicherzustellen, dass Batterien unter Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards hergestellt und gehandelt werden.
EU-Zwangsarbeitsverordnung
Die EU-Zwangsarbeitsverordnung wurde im Jahr 2024 verabschiedet – gilt jedoch erst ab dem 14. Dezember 2027 in jedem Mitgliedstaat. Sie sieht ein generelles Verbot des Inverkehrbringens und Bereitstellens auf dem Unionsmarkt sowie der Ausfuhr von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten aus dem Unionsmarkt vor. Die Verordnung verpflichtet zukünftig alle Wirtschaftsakteure, die Produkte auf dem Unionsmarkt in den Verkehr bringen, bereitstellen oder Produkte ausführen – unabhängig von ihrem Sitz, ihrer Unternehmensgröße oder ihrer Branche. Die von den Mitgliedstaaten benannten Behörden oder die Kommission kontrollieren zukünftig, ob die Wirtschaftsakteure die Pflichten aus der Verordnung erfüllen.
Unternehmen, die unter die jeweiligen Rechtsakte der EU und Deutschlands fallen, sind verpflichtet, spezifische Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Diese variieren je nach Rechtsgrundlage und legen unterschiedliche Anforderungen an die betroffenen Unternehmen fest.
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen dazu, ein effektives Risikomanagement zu etablieren. Eine zentrale Maßnahme ist die regelmäßige Durchführung von Risikoanalysen. Diese Analysen dienen der Identifikation, Bewertung und Priorisierung von Risiken, die sich aus der Geschäftstätigkeit und der Lieferkette ergeben. Unternehmen müssen dabei insbesondere menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken berücksichtigen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese zu minimieren oder zu beseitigen. Darüber hinaus sieht das Gesetz die Benennung eines sogenannten Menschenrechtsbeauftragten vor, der insbesondere für die Überwachung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten zuständig ist.
Darüber hinaus müssen erstmalig zum 31. Dezember 2025 alle Unternehmen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, einen Bericht über die Erfüllung der im Gesetz verankerten Sorgfaltspflichten veröffentlichen.
EU-Lieferkettenrichtlinie
Die EU-Lieferkettenrichtlinie sieht ähnliche Anforderungen wie das LkSG vor. Unternehmen sind verpflichtet, anlassbezogene und jährliche Risikoanalysen durchzuführen, um potenzielle Risiken entlang ihrer Lieferkette zu bewerten. Ziel ist es, menschenrechtliche und ökologische Standards zu stärken. Die Risikoanalyse der EU-Lieferkettenrichtlinie ähnelt stark derjenigen des LkSG, wodurch Unternehmen, die bereits die deutschen Vorgaben erfüllen, hier oft Synergien nutzen können.
Darüber hinaus müssen bestimmte Unternehmen künftig Pläne entwickeln, die den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft unterstützen und mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens vereinbar sind. Dazu gehören konkrete Emissionsreduktionsziele, sofern dies als zweckmäßig angesehen wird, eine Beschreibung der geplanten wichtigsten Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele, eine Erläuterung der Investitionen und Finanzmittel sowie Ausführungen zur Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane bei der Umsetzung des Plans.
EU-Entwaldungsverordnung
Im Gegensatz zum LkSG verlangt die EU-Entwaldungsverordnung spezifische Verantwortlichkeiten auf der Führungsebene. Unternehmen müssen einen Compliance-Beauftragten benennen, der sicherstellt, dass keine Produkte aus entwaldeten Gebieten auf den europäischen Binnenmarkt in den Verkehr gebracht werden. Aber auch die EU-Entwaldungsverordnung sieht vor, dass Unternehmen im Rahmen einer Risikobewertung sicherstellen müssen, dass in Verkehr gebrachte Rohstoffe oder einschlägige Produkte nach Anhang 1 der Verordnung entwaldungsfrei und mit den nationalen des Erzeugerlandes im Einklang stehen. Darüber hinaus muss das verpflichtende Unternehmen eine Sorgfaltserklärung einreichen, bevor sie die Produkte auf den Markt bringen.
Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsystems
Die CBAM-Verordnung fokussiert sich auf die Überwachung und zukünftig die Bepreisung von CO2-Emissionen importierter Waren. Die CBAM-Verordnung sieht keine spezifischen Verantwortlichkeiten innerhalb der Unternehmen vor. Stattdessen liegt der Schwerpunkt auf der Einhaltung von Berichts- und Meldepflichten sowie der korrekten Deklaration von Emissionswerten. Darüber hinaus können finanzielle Implikationen bei dem Import von den in der Verordnung deklarierten Produkten ab 2026 bestehen.
Batterieverordnung
Die Sorgfaltspflichten der BattVO zielen darauf ab, eine menschenrechtskonforme und verantwortungsvolle Lieferkette im Zusammenhang mit Mineralien und Metallen für Batterien zu gewährleisten. Die Sicherstellung der Sorgfaltspflicht erfolgt durch die Erfüllung von festgelegten Verpflichtungen, etwa:
Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht trifft Unternehmen, die Batterien in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen und einen jährlichen Nettoumsatz von 40 Mio. Euro oder mehr im vorletzten Geschäftsjahr hatten. Bei Konzerngesellschaften gelten die Pflichten, sofern auf konsolidierter Basis der Nettoumsatz 40 Mio. Euro betrug. Mit Inverkehrbringen ist die erstmalige Bereitstellung einer Batterie auf dem Unionsmarkt gemeint. Eine Inbetriebnahme, beschreibt die erstmalige Nutzung einer Batterie, die nicht zuvor in Verkehr gebracht wurde. Unternehmen mit einem Jahresnettoumsatz von weniger als 40 Millionen Euro oder ohne Zugehörigkeit zu einer aus Muttergesellschaft und untergeordneten Gesellschaften oder Stellen bestehenden Gruppe, die diesen Wert überschreitet, sind von der Sorgfaltspflicht ausgenommen. Gleiches gilt für Akteure, die Batterien wiederverwenden oder umnutzen.
EU-Zwangsarbeitsverordnung
Die EU-Zwangsarbeitsverordnung ergänzt bestehende Regelungen im Bereich der Lieferkette, ohne neue spezifische Pflichten zu schaffen. Nach der Verordnung sollen die EU-Kommission und Behörden der Mitgliedstaaten Ermittlungen bei Unternehmen anstellen und überprüfen, ob ein Produkt aus Zwangsarbeit stammt. Die Unternehmen selbst sind jedoch angehalten, das Risiko von Zwangsarbeit innerhalb ihrer Lieferketten kontinuierlich und konsistent zu monitoren und entsprechende Maßnahmen – falls erforderlich – zu ergreifen. Bei Feststellung eines Risikos müssen entsprechende Risikominderungsschritte eingeleitet werden.
Die Vielfalt der gesetzlichen Anforderungen macht es für Unternehmen zunehmend herausfordernd, ihre Verpflichtungen zu überblicken und umzusetzen. Besonders die unterschiedlichen Schwerpunkte und Sorgfaltspflichten – von Risikoanalysen bis hin zu spezifischen Verantwortlichkeiten – erfordern ein fundiertes Verständnis der Regelungen.
Allen Rechtsakten ist gemein, dass sie bei Nichtbeachtung Bußgelder vorsehen. Unternehmen sollten sich daher intensiv mit den bestehenden Regelungen auseinandersetzen und ihre internen Prozesse kontinuierlich anpassen. Dies ist nicht nur notwendig, um rechtliche Sanktionen zu vermeiden, sondern auch, um einen aktiven Beitrag zur Klimaneutralität bis 2050 zu leisten – ein Ziel, das sowohl Deutschland als auch die EU fest im Blick haben.
Die Entwicklungen in diesem Bereich sind dynamisch. Es ist absehbar, dass weitere gesetzliche Rahmenwerke folgen werden, die insbesondere ökologische und soziale Standards entlang der Lieferkette stärken sollen. Unternehmen sollten daher proaktiv handeln, um langfristig wettbewerbsfähig und rechtskonform zu bleiben – sowie zugleich der dynamischen Entwicklung zuvorzukommen.
Die Einhaltung der vorgenannten Verpflichtungen setzen eine fortlaufende Überwachung voraus. Dafür ist der Aufbau eines entsprechenden Prozesses empfehlenswert – auch um Haftungsrisiken für den Geschäftsführer oder Ihr Unternehmen zu vermeiden.
Luther kann Sie dabei unterstützen, zu prüfen, ob Ihr Unternehmen dem Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes unterliegt, die Einhaltung der gesetzlichen Sorgfaltspflichten sicherzustellen und gemeinsam mit Ihnen geeignete Überwachungs- und Umsetzungsprozesse zu etablieren.
Christoph Schnoor
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