„Wer Verständnis für seinen Gegenüber aufbringt, lernt immer dazu“ - Interview mit Christiane Kühn, Partnerin bei Luther

Christiane Kühn, LL.M. (Hong Kong) ist Partnerin in München und berät in Fragen des Handels- und Vertriebsrecht sowie im Insolvenzrecht.

Ein Austausch über den beruflichen Sprung ins kalte Wasser und eine Rechtsberatung, die wie ein Maßanzug sitzen muss

Sie haben in Köln und Hongkong studiert. Wie kam es zu dieser Kombination?

Köln war mein Wunschort für das Studium, weil ich in der Nähe aufgewachsen bin. Später durfte ich Hong Kong kennenlernen und war begeistert von dieser Stadt, so dass ich mich dort für den Master mit Schwerpunkt im internationalen Wirtschaftsrecht beworben habe. Das war eine spannende Zeit.

Asien ist ja ein ganz anderer Kulturkreis. Hat Sie diese Zeit dort geprägt? Haben Sie etwas mitgenommen?

Ja, da prallen Welten aufeinander, wenn man unsere Kulturen vergleicht. Ich erinnere mich noch an eine Diskussion mit Kommilitonen zum Thema Urheberrecht. Dabei habe ich für mich selbst mitgenommen, immer Verständnis für anderes Denken und Handeln aufzubringen bzw.um  die dahinterstehenden Interessen zu betrachten. Das hilft mir bis heute.

Erinnern Sie sich auch noch an das erste Gespräch bei Luther?

Oh ja und ob. Nach dem Referendariat wollte ich nach München ziehen. Luther hatte dort eine Stelle ausgeschrieben, auf die ich mich dann bewarb. Das Bewerbungsgespräch fand dann bei Luther in Köln mit Partnern statt, mit denen ich heute noch zusammenarbeite. Ich würde sagen, dass die  Chemie zwischen uns gleich gepasst hat, aber ich hatte damals keine Ahnung von Insolvenzrecht.

Autsch. Und dann?

Naja ich habe mich in dieses Fachgebiet dann mit der Zeit hineingefuchst. Es ist ja so, die Ausbildung ist so angelegt, dass wir zu Volljuristen ausgebildet werden. Was aber z.B. ein Insolvenzverwalter in der Praxis so macht, lehrt uns niemand. Daher ist es wichtig, dass man das fachliche Handwerkszeug aus dem Studium nutzt, also weiß wie man Gesetze auslegt und Verträge gestaltet, um in der Praxis darauf aufzusetzen. Deshalb sollte ein Jurist immer auf sein solides fachliches Handwerkszeug zurückgreifen können, um die vielfältigen Mandatsanfragen zu beherrschen. So bin ich es auch im Bereich Insolvenzrecht angegangen und mit der zunehmenden Erfahrung folgte die Spezialisierung. Jeder kann bei Luther seine Nische finden, aber es ist am Ende des Tages natürlich auch Arbeit.

Wie würden Ihre ehemaligen Kommilitonen Sie beschreiben?

Sie würden vermutlich sagen: ich sei aufgeschlossen und selbstbewusst aber keine Streberin

Stimmen diese Persönlichkeitsmerkmale heute auch noch und setzen Sie sie bewusst ein?

Ja, allerdings würde ich hinzufügen, dass ich etwas pedantischer geworden bin.

Also diese erste Lockerheit ist weg. Warum?

Weil ich bei Luther relativ schnell Verantwortung für das was ich abliefere bekommen habe.

Ist das denn etwas Schlechtes?

Aus meiner Sicht nicht. Denn man muss sich immer vergegenwärtigen: der Mandant erhält von uns  eine qualitativ hochwertige Leistung . Wir werden hier nicht für juristische Besinnungsaufsätze bezahlt. Im Gegenteil, wir müssen unsere Ergebnisse so verpacken, dass ein Mandant gut damit arbeiten kann. Diese Transferleistung macht einen erheblichen Mehrwert aus.

Und diese Transferleistung schaffen Sie heute auch für das Insolvenzrecht?

Ja, denn mein Chef mit seiner Erfahrung hat mir stets geholfen, mich dorthin zu entwickeln. Er hatte den praktischen Bezug, war immer ansprechbar für mich. Das funktioniert natürlich im Team mit den Kollegen am Standort oder auch an anderen Standorten genauso. Niemand hält dem anderen Händchen, aber wenn es um den Austausch geht, sind wir füreinander da.

Was lieben Sie an Ihrem Job?

Ich mag die Vielfalt der Tätigkeit an sich und die Zusammenarbeit mit Mandanten aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturkreisen. Aber man kann schon auch sagen, dass ich gerne Gerichtsverfahren führe.

Gibt es auch etwas, das Sie stört?

Es stört mich, wenn ein Anwalt nur als Bedenkenträger und nicht als Problemlöser auftritt. Im Projektgeschäft kann das zu sehr zähen Verhandlungen führen. Bei streitigen Auseinandersetzungen kann es dazu führen, dass man vor Gericht landet obwohl man dies eigentlich – wenn man sich auf die Sache und eine vernünftige wirtschaftliche Lösung konzentrieren würde – vermeiden könnte.

Verstehen Sie sich als Vorbild?

Mir persönlich ist das nicht so wichtig, weil ich glaube, jeder muss seinen eigenen Weg finden.

Wie sollte man die Kanzlei von morgen denken?

Ich glaube im Kanzleiportfolio ist es wichtig, neben der fachlichen Expertise die Branchenexpertise aber auch digitale Fitness mitzubringen. Bei den klassischen Industrien wie dem Maschinenbau kann man aber nicht nur mit der Button-Lösung kommen. Die Rechtsberatung ist hier eher wie ein Maßanzug. Der kostet zwar etwas mehr, dafür sitzt er dann aber auch richtig gut. Die nachfolgende Generation wird vermutlich stärker auf digitale Profile und Identitäten setzen. Da geht es am Ende vor allem darum, wer schafft es, am Mandanten dran zu bleiben. Dies dürfte auch weiterhin eine Frage der Persönlichkeit bleiben.

Und eine letzte Frage: Wie schaffen Sie es, aus einer Niederlage einen Sieg zu machen?

Aufstehen, Krönchen richten und Berufung einlegen.

 

 

Interviewer: Silvia Hänig, iKOM strategische Kommunikation

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