Benedikt Rechner ist Rechtsanwalt bei Luther. Erst war er am Düsseldorfer Standort und seit Anfang des Jahres am Berliner Standort beschäftigt. Er berät umfassend zum gesamten Energiewirtschaftsrecht mit einem Schwerpunkt im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere Wind- und PV-Anlagen. Anfang des Jahres arbeitete er im Zuge eines Kurz-Secondments im Büro der unyer-Partnerkanzlei FIDAL in Casablanca, Marokko. Im Interview berichtet er von seinem dynamischen Arbeitsalltag in der Beratung, wo Marokko touristisch und kulinarisch überzeugen kann und wie Squash, helfen kann, den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken.
Ich bin ganz klassisch durch eine Stellenanzeige im Internet auf eine freie Stelle als Rechtsanwalt für Kartell- und Energierecht bei Luther in Düsseldorf im Team Antitrust, Competition & Regulatory aufmerksam geworden. Nachdem ich zuvor im Referendariat u.a. beim Bundeskartellamt schon erste Erfahrung im Kartellrecht sammeln konnte, reizte mich an der Beschreibung der Stelle vor allem die Kombination von Kartell- und Energierecht. Konkretere Vorstellungen vom Energierecht hatte ich damals nicht. Nach dem Vorstellungsgespräch mit Dr. Holger Stappert und Dr. Angelo Vallone war mir dann aber schnell klar, dass ich die mir später angebotene Chance, in diesem Team anzufangen, unbedingt nutzen wollte.
So richtig ins Energie- und Kartellrecht bin ich dann allerdings erst über den Umweg und nach einiger Zeit als Rechtsanwalt im „Diesel-Team“ gekommen, das damals (nicht nur bei Luther) in erheblichem Umfang personelle Ressourcen gebunden hatte. Für mich als jungen Berufseinsteiger war das ein Glücksgriff. Ich konnte in kurzer Zeit extrem viel lernen und durfte vor allem vergleichsweise früh viel Verantwortung übernehmen. Nicht zuletzt habe ich in dieser Zeit auch eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen kennengelernt, mit denen ich bis heute immer wieder zusammenarbeite. Nach ca. einem Jahr bin ich dann aber voll ins Team Antitrust, Competition & Regulatory gewechselt und habe es bis heute nicht bereut.
Offiziell bin ich Kartell- und Energierechtler und zu einem gewissen Grad spielen kartellrechtliche Fragestellungen auch immer wieder eine Rolle in unseren Mandaten. Der Schwerpunkt liegt bei mir jedoch ganz klar im Bereich des Energiewirtschaftsrechts und dort vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien.
Wir beraten das ganze Spektrum von Mandanten – von Einzelpersonen bis hin zu Industriekonzernen – zu diversen Fragestellungen. In den letzten Jahren ging es oft um Fragen im Zusammenhang mit der EEG-Umlage. Aktuell stehen aber insbesondere die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise bzw. die dadurch gestiegenen Energiepreise sowie die daraufhin erlassenen Gesetze zur Einführung von Energiepreisbremsen im Vordergrund. Der zunehmende Druck auf Unternehmen, ihre Energieversorgung und Produktionsprozesse zu dekarbonisieren, führt zudem dazu, dass auch die Energiewende immer mehr Fahrt aufnimmt. Wir beraten in diesem Zusammenhang viele Projektentwickler, also Unternehmen, die Solar- und Windprojekte entwickeln, aber auch große Stromverbraucher, die über langfristige Stromlieferverträge (sog. Power Purchase Agreements – PPA) ihre Stromversorgung „grüner“ aufstellen wollen.
Neben sehr viel Vertragsprüfung und -gestaltung macht dabei vor allem die Beantwortung von Fragestellungen im Anwendungsbereich der vielfältigen energierechtlichen Spezialgesetze einen Großteil meiner Arbeit aus. Oft geht es hier um viel Geld, z.B. wenn über Zeiträume von 20 Jahren die Vergütung nach dem EEG für Strom aus einer PV- oder Windenergieanlage gesichert werden soll.
Die Tätigkeit im Energierecht ist extrem schnelllebig und geprägt von sich zum Teil selbst vor Inkrafttreten überholende Gesetzesnovellen. In diesem Bereich ist also viel im Fluss und es gibt nur ganz selten klare Antworten. Insoweit unterscheidet sich meine Tätigkeit teilweise sehr von der Art zu denken und zu arbeiten, die im Studium und Referendariat vermittelt wird. Neben der Arbeit am Gesetz selbst spielen die Gesetzesmaterialien eine große Rolle. Oft gibt es zu Vorschriften (noch) keinerlei Literatur, geschweige denn gerichtliche Entscheidungen. Hier hilft jeder Monat Erfahrung im Umgang mit den entsprechenden Gesetzen.
Um für Mandanten verwertbare Lösungen zu finden, ist es im Energierecht essenziell, einerseits das Geschäftsmodell der Mandanten wirklich zu verstehen und andererseits ein gewisses technisches Verständnis zu entwickeln. Im Energierecht geht es vielfach um die Erzeugung von Strom und/oder Wärme, z.B. Dampf, in zum Teil hochkomplexen technischen Anlagen. Ohne zumindest zu einem gewissen Grad zu verstehen, was in diesen Anlagen passiert, können wir Mandanten in unserem Feld nicht beraten.
Ganz wichtig war hier in den letzten Jahren unsere Squashrunde am Standort in Düsseldorf. Ein Kollege und ich haben zunächst zu zweit angefangen, einmal die Woche in eine Squashhalle zu fahren und mit großem Spaß den kleinen Gummiball gegen eine Wand zu schlagen. Wer da keinen Stress abbaut, spielt das Spiel nicht richtig. Mittlerweile hat sich eine feste Runde etabliert, die auch ehemalige Kollegen mit einschließt. Wer also Lust auf Squash hat und einmal in Düsseldorf vorbeischauen möchte, ist herzlich eingeladen.
Mein Wechsel nach Berlin hat meine Teilnahme natürlich weitgehend unmöglich gemacht. Wann immer ich allerdings in Düsseldorf am Standort bin, versuche ich, möglichst keine Squash-Runde zu verpassen. In Berlin gab es zuletzt aber auch eine Laufrunde zur Vorbereitung auf einen Firmen-Staffellauf und wenn Wetter und Arbeit es zulassen, spiele ich in einer Freizeit-Gurkentruppe Fußball.
Unverzichtbar ist für mich aber auch, im Urlaub in andere Länder zu reisen. Mein Steckenpferd sind dabei vor allem Länder, in denen sich archäologische Überreste vergangener Zeiten, bevorzugt aus der Antike, finden lassen. Insoweit kam mir das Secondment in Marokko gerade recht.
Ich gehe aber auch sehr gerne mit Freunden und Familie auf Konzerte, in Museen und ins Theater. Gerade Berlin hat da natürlich einiges zu bieten. Unter der Woche verbringe ich zudem gerne den Abend einfach auf der Couch mit meiner Frau und einem guten Buch (Lesetipp: Kyle Harpers „Fatum“ zu den Auswirkungen von Klima und Pandemien auf die Entwicklung des römischen Reiches) oder einer spannenden Serie.
Die Initiative kam zunächst von FIDAL. Im Herbst des Vorjahres trat FIDAL über das Luther Management an Holger Stappert heran. Gesucht wurde eine Person aus unserem Energy Team mit Interesse, einige Wochen im Büro der FIDAL-Kollegen am Standort Casablanca zu arbeiten. Die vor allem im Afrikageschäft tätige Partnerin Julie Claude sah hier potenzielle Synergieeffekte für beide Seiten. Ich war sofort begeistert von der Idee und wollte mir die Chance nicht entgehen lassen.
Der Arbeitsalltag sah ehrlicherweise vielfach ziemlich ähnlich zu dem in Deutschland aus. Ich habe im FIDAL-Büro direkt im international geprägten Bürobezirk von Casablanca gearbeitet. Casablanca insgesamt ist zudem eine vergleichsweise moderne und westorientierte marokkanische Stadt. Primär habe ich in meiner Zeit bei FIDAL weiter auf den Mandaten aus Deutschland gearbeitet. Einziger Unterschied zum Arbeiten in Deutschland war, dass es zwischendurch immer wieder Termine mit Ansprechpartnern vor Ort in Casablanca bzw. im ca. 1-2 Autostunden entfernten Rabat sowie mit den Kolleginnen und Kollegen von FIDAL gab.
In der Freizeit, vor allem am Wochenende bot sich die Gelegenheit, Casablanca und das Umland zu erkunden. Mit dem Zug ließen sich z.B. Marrakesch, Rabat und Fès sehr gut erreichen. Zwar gab es in Casablanca selbst nicht so viele Sehenswürdigkeiten, aber dafür ganz hervorragende Restaurants. Die marokkanische Küche kann ich nur empfehlen.
Man sollte sich auch in seiner Freizeit mehr mit Fremdsprachen beschäftigen. In Marokko wird neben Arabisch und Berberisch bekanntlich vor allem Französisch gesprochen. Ich hatte Französisch zuletzt in der Oberstufe als Schulfach und war auch damals weit davon entfernt, die Sprache zu beherrschen. Vor meinem Secondment habe ich daher – zugegebenermaßen etwas nervös – die wenigen Wochen genutzt, die mir blieben, um meine früheren Kenntnisse bestmöglich wieder aufzufrischen. Mit dem Sprechen hat es dann vor Ort mehr schlecht als recht funktioniert, aber verstehen konnte ich doch erstaunlich viel. Auch wenn man in Marokko mit Englisch weit kommt, hätte ich mich gerne noch besser auf Französisch verständlich machen wollen. Als Konsequenz habe ich mir vorgenommen, regelmäßig meine Fremdsprachenkenntnisse aufzupolieren und besuche deshalb seit Anfang August einen Spanisch-Sprachkurs.
Durch die relative kurze Laufzeit des Secondments stand weniger die tägliche Arbeit im Fokus, sondern es ging primär um das Kennenlernen von Ansprechpartnern vor Ort. Auch wenn es sicher spannend gewesen wäre, in einem der vielen großen PPP-Projekten („public–private partnership“) von Julie Claude mitzuarbeiten, stand eher der Besuch von Partnerkanzleien und Veranstaltungen im Vordergrund. Hier ergaben sich Gelegenheiten, mit verschiedenen interessanten Personen vor Ort ins Gespräch zu kommen.
Marokko befindet sich mit Blick auf das eigene Energieerzeugungspotential in einer hervorragenden Ausgangslage. Es gibt dort ganzjährig viel Sonne und an der Atlantikküste zudem teilweise sehr gute Windverhältnisse. Zusammen mit der relativen Nähe zu Europa besteht das Potenzial, dass Marokko zu einem der wichtigsten Erzeuger und Exporteure von Strom aus Wind und Sonne sowie grünem Wasserstoff aufsteigen könnte. In Gesprächen vor Ort in Casablanca und Rabat wurde schnell deutlich, dass dieses Potential erkannt wurde und genutzt werden soll. Spannend fand ich dabei, dass in Marokko ganz klar die Wichtigkeit der eigenen Weiterentwicklung insbesondere der Energieversorgung und Infrastruktur gesehen wurde. Marokko hat keineswegs vor, „nur“ die Rolle als Energielieferant für Europa einzunehmen, sondern strebt eine echte Energiepartnerschaft an.
Am meisten Freude hat es mir bereitet, vor Ort Gelegenheit zu haben, Einblicke in den Arbeitsalltag von französischen und marokkanischen Juristen zu erhalten. Zudem habe ich unmittelbar miterleben können, welche Aufbruchsstimmung im Bereich Wasserstoffwirtschaft vor Ort herrschte. Die Begeisterung, mit der an dieses und weitere Zukunftsthemen in Marokko herangegangen wird, war ansteckend.
Machen! Wenn mich noch einmal jemand fragt, bin ich sofort dabei.
Absolut, die Chance sollte meiner Meinung nach jeder wahrnehmen, wenn sie sich bietet. Wer schon einmal zeitweise im Ausland studiert oder gearbeitet hat, wird bestätigen können, dass es in vielen Situationen herausfordernd sein kann, unter ganz anderen, unbekannten Rahmenbedingungen zu arbeiten. Auch wenn es nur drei Wochen waren, fand ich es unheimlich spannend zu sehen, wie Rechtsberatung in einem anders tickenden Land funktioniert. Ich würde es wieder machen; gerne auch für längere Zeit.