Torsten Schneider, Director HR bei Luther, zeigt auf, wie Künstliche Intelligenz (KI) den juristischen Alltag umkrempelt. Von schnellerer Recherche bis zur Vertragsanalyse - die Zukunft des Rechtsberufs wird digital.
Die Diskussion rund um die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) zeigt eindrucksvoll, welches Potenzial in der Technologie steckt, um auch die tägliche Arbeit im Anwaltsberuf grundlegend zu verändern.
Vorab wollen wir an eine Erkenntnis erinnern, die Roy Charles Amara, ein renommierter Zukunftsforscher, sehr treffend formulierte und heute als Amara´s Law zitiert wird: “We tend to overestimate the effect of a technology in the short run and underestimate the effect in the long run.” Frei ins Deutsche übersetzt: “Wir neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen und auf lange Sicht zu unterschätzen.”
Obwohl der Einsatz dieser fortschrittlichen Technologie im Moment noch gewissen Restriktionen unterliegt, zeichnen sich konkrete ab. Aufgaben wie das intensive Studium von Akten oder die umfangreiche Vertragsrecherche, die viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen können, lassen sich zunehmend automatisieren. Diese Technologien bieten bereits heute beeindruckende Fähigkeiten, insbesondere wenn es um die Zusammenfassung und strukturierte Aufbereitung juristischer Texte und Dokumente geht, was einen Paradigmenwechsel in der Effizienz und Qualität der juristischen Arbeit signalisiert.
Die Recherche ist ein wichtiger Bestandteil des juristischen Arbeitsalltags. Aufgrund der unüberschaubaren Menge an Daten, die es vor allem bei komplexen Vorgängen zu durchsuchen gilt, kann dies jedoch sehr zeitaufwendig sein. Unterschiedliche Quellen wie Gesetzestexte, Gerichtsentscheidungen oder wissenschaftliche Abhandlungen müssen durchsucht und die Ergebnisse nach Relevanz sortiert und aufbereitet werden. Die Vorteile, die sich mit KI erzielen lassen sind offensichtlich: eine schnellere und effektivere Recherche, umfassende Analyse von großen Datenmengen und die effiziente Organisation der Ergebnisse.
Auch die Dokumentenanalyse ist eine häufige Tätigkeit in der juristischen Arbeit. Mit Hilfe von KI können Anwälte komplexe juristische Dokumente durchforsten, indem sie gezielte Fragen zu spezifischen Themen oder Klauseln stellen. KI-Tools können innerhalb kürzester Zeit automatisch hunderte von Dokumenten analysieren, um relevante Informationen zu identifizieren. Die Technologie kann dabei helfen, relevante Passagen zu identifizieren, Schlüsselbegriffe hervorzuheben und den Gesamtinhalt übersichtlich zusammenzufassen. Dies beschleunigt nicht nur den Analyseprozess, sondern minimiert auch das Risiko menschlicher Fehler, da KI-Systeme bei Routineaufgaben nicht ermüden, anders als Menschen. Im Ergebnis kann so eine umfassende und fundierte Entscheidungsfindung deutlich schneller und umfassender vorbereitet werden.
KI-Systeme können auch dabei unterstützen, Risiken in Verträgen zu identifizieren und zu minimieren. Sie können Zeit und Kosten sparen, indem sie hunderte von Seiten Vertragsdokumentation in Minuten scannen, relevante Informationen extrahieren und Risikobereiche markieren.
Mit Hilfe eines KI-Tools können auch Vertragsbedingungen in Schriftstücken in Echtzeit überwacht und Anwälte benachrichtigt werden, wenn zuvor definierte Bedingungen nicht eingehalten werden, etwa weil sich die Rechtslage geändert hat. Dies spart Zeit und Ressourcen, indem unnötige manuelle Überprüfungsprozesse vermieden werden.
Eine weitere Option ist, mit Hilfe von KI bestimmte Muster in Vertragsdokumentationen zu erkennen. Auf diese Weise können Anwälte schnell feststellen, ob ein Vertrag mit den gewollten Anforderungen übereinstimmt oder nicht. Auch fehlende Klauseln oder wichtige Informationen können so schnell identifiziert und ergänzt werden.
Auch in der Verhandlungsphase kann der Einsatz von KI zusätzliche Vorteile bieten. Anwälte können die Risiken von bestimmten Klauseln bewerten und sich Alternativvorschläge machen lassen. Dadurch lässt sich die Vorbereitung auf Verhandlungen beschleunigen und Anwälte können sich auf die strategische Entscheidungen und die Entwicklung ihrer Argumentation konzentrieren.
Insgesamt kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu einer erheblichen Beschleunigung und Effizienzsteigerung anwaltlichen Arbeit führen. Anwälte haben dann mehr Zeit, sich auf anspruchsvolle Fragen und Beratungen zu konzentrieren.
Juristen müssen sich hierfür jedoch mit der neuen Technologie vertraut machen und lernen, wie man belastbare Ergebnisse mit Hilfe von KI-Systemen erlangt, diese interpretiert und weiterverwendet. Außerdem müssen Datenschutz, Datensicherheit und die Einhaltung berufsrechtlicher Verschwiegenheitspflichten gewährleistet sein, da Dokumente oft geschützte Informationen enthalten. Erst dann kann sichergestellt werden, dass die Technologie richtig eingesetzt wird, um das bestmögliche Ergebnis für den Mandanten zu erzielen.
Als Kanzlei hat Luther diese Herausforderungen früh erkannt. Wir haben einerseits in die KI-Technologie investiert, als auch in die Schulung unserer Mitarbeiter. Im Bereich der Schulung haben wir ein umfassendes Weiterbildungsangebot für unterschiedliche Zielgruppen geschaffen. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Schulungen zur Anwendung von ChatGPT für wissenschaftliche Mitarbeiter und Referendare, ebenso wie für Anwälte und im Bereich der Business Services. Interne entwickeln wir eine Bibliothek mit Praxistipps bei der Anwendung der Tools.
In Zukunft wird es voraussichtlich mehr und mehr Anwendungen an der Schnittstelle zwischen Anwälten und KI-Systemen geben. Anwälte werden KI als Hilfsmittel nutzen, um zeit- und kostspielige Arbeit zu automatisieren. Die Zukunft der Rechtspraxis mit Künstlicher Intelligenz wird spannend sein und wir können gespannt sein, wie sich das Thema in unserer Branche weiterentwickeln wird.
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