Welche Möglichkeiten gibt es eigentlich, um als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt mal einen Blick über den Tellerrand zu werfen? Michelle Petruzzelli arbeitet bei Luther im IP/IT-Recht. Neben der Arbeit engagiert sie sich ehrenamtlich beim ambulanten Kinder- und Jugendhospiz in Köln. Eine Arbeit, die viel Mut erfordert, da das Thema „Tod“ oft noch ein Tabuthema ist. Die Arbeit kann aber nicht nur den Horizont für die Arbeit als Anwältin oder Anwalt erweitern, sondern auch dazu beitragen, die persönliche Perspektive und Erwartungen zu verändern. "Wir sollten also hin- statt wegsehen" meint Michelle.
Mein Name ist Michelle Petruzzelli, ich habe in Köln Rechtswissenschaften studiert und anschließend mein Referendariat mit Stationen in Köln, Bonn und Barcelona absolviert. Meinen Berufseinstieg als Anwältin im IT-Recht hatte ich Anfang 2016. Das war so ziemlich das Gegenteil von dem, was der Plan zu Beginn meines Studiums war. Da war ich fest davon überzeugt, später als Anwältin in einer NGO oder einem sonstigen Programm für Entwicklungshilfe „Gutes“ zu tun. Manchmal entwickelt sich die Karriere doch anders, als man sich ursprünglich vorgestellt hat – mittlerweile bin ich seit mehreren Jahren bei Luther als Anwältin tätig.
Ich bin ehrenamtliche Mitarbeiterin im Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Köln. Dort unterstütze ich das Team der Öffentlichkeitarbeit. Wir nehmen mit Infoständen an Veranstaltungen teil, organisieren Spendenaktionen und -übergaben sowie Veranstaltungen für die Familien, die wir begleiten. Dazu darf ich im Rahmen der Ausbildung der neuen Ehrenamtler und Ehrenamtlerinnen die Kurseinheit „rechtliche Grundlage“ halten.
Ein Teil unserer Arbeit ist es, das Tabuthema „Tod“ zu enttabuisieren. Ich finde dies enorm wichtig, denn alles andere führt dazu, dass ein Teil unserer Gesellschaft ausgegrenzt wird. Die Kinder, die wir begleiten, sind lebensverkürzend erkrankt. D.h. anders, als im Erwachsenenhospizdienst, der nur die letzten 4 Lebenswochen erfasst, haben Kinder einen Anspruch ab Diagnosestellung. Bis zum Ableben können viele Jahre vergehen. Jahre, die mit vielen schönen Momenten gefüllt werden können und in denen Unterstützung benötigt wird. Wir sollten also hin- statt wegsehen.
Das geht in beide Richtungen. Als Anwältin gebe ich recht häufig Seminare und Schulungen und bin es daher gewohnt, vor Menschen zu sprechen und Themen zu platzieren. Das hilft natürlich sehr bei der Tätigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit. Umgekehrt befassen wir uns beim ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst sehr viel mit den Themen (nonverbale) Kommunikation und Grenzen setzen und einhalten. Dabei fällt mir häufig auf, dass man einiges davon im Anwaltsalltag berücksichtigen kann und sollte. Außerdem erinnern mich unsere Themen dort auch immer wieder daran, dass es noch Probleme außerhalb einer Wirtschaftskanzlei gibt, was den Fokus zwischendurch wieder gerade rückt.
Ich empfinde es als herausfordernd, wenn wir im Rahmen unserer Arbeit mit Negativität konfrontiert werden. Wenn uns Menschen am Infostand sehen und uns zurufen, dass das doch alles viel zu traurig sei oder warum ein Kinder- und Jugendhospizdienst mitten in der Stadt sein muss, das würde man den eigenen Kindern nicht erklären können. Eine derartige Intoleranz und Ausgrenzung – wenn auch wahrscheinlich zum Selbstschutz – kann ich nur schwer hinnehmen.
Stolz bin ich darauf, dass wir jedes Jahr viele engagierte Kolleginnen und Kollegen motivieren können, bei unserem jährlichen Spendenlauf in Köln mitzumachen und das Luther die Kolleginnen und Kollegen dazu auch noch in Form einer Spende an den Kinder- und Jugendhospizdienst sponsort.
Auf jeden Fall! Ich glaube, wir kommen als Gesellschaft nur weiter, wenn wir uns umeinander kümmern und darauf achten, dass niemand zurückgelassen wird. Jeder Mensch ist wichtig und sollte die Unterstützung erfahren, die er oder sie gerade braucht. Wir haben häufig die Erwartungshaltung, dass wir etwas bekommen sollten. Aber warum nicht auch mal etwas zurückgeben?
Schaut verschiedene Optionen an und macht, was das Herz euch sagt.