Trang Phan arbeitet bei Luther LLP in Singapur. Was sie bewegt hat, nach Asien zu gehen, wie sie dort lebt und arbeitet und mehr im Interview.
Ich bin ein in der Expat Community nicht selten anzutreffender Fall des „hängen gebliebenen Secondees“. Ich bin zweimal nach Singapur entsendet worden. Aus dem zweiten Secondment, das ursprünglich auf acht Monate ausgerichtet war, sind mittlerweile 12 Jahre geworden.
Mich hat die Idee, im Ausland zu arbeiten, schon immer fasziniert. Die Neugierde war bereits im Studium und Referendariat vorhanden. Meine Praktika und Wahlstation habe ich dementsprechend ausgerichtet und konnte erste Erfahrungen in New York und London sammeln. Obwohl es mir immer im Ausland gefallen hatte, konnte ich mir ein permanentes Arbeiten und Leben in diesen Städten nicht vorstellen. Mit dem Luther Büro in Singapur war es anders. Zum einen war es ein „deutsches Büro“, nicht nur ein German Desk in einer ausländischen Kanzlei. Zum anderen lag mir die Kultur, das Klima, die Menschen und die Nähe zu Vietnam. Das Gesamtpaket hat für mich gestimmt.
Ehrlich gesagt war es keine bewusste Entscheidung, sondern es gab zu dem Zeitpunkt nur zwei Luther Standorte in Asien: Shanghai und Singapur. Zur gleichen Zeit war eine andere deutsche Kollegin bereits nach Shanghai entsandt worden, sodass die Entscheidung dann auf Singapur fiel. Im Nachhinein war dies eine glückliche Fügung. Singapur ist der perfekte Einstiegsplatz, wenn man vorher noch nie in Asien gelebt und gearbeitet hat. Die Infrastruktur ist auf einem sehr hohen Niveau. Englisch gehört zu einer der vier offiziellen Amtssprachen und erleichtert damit die Kommunikation mit den lokalen Kollegen und Behörden.
Im Vergleich zu meiner damaligen Arbeit in Deutschland werden mehr strategische Beratung und kreative Lösungen abgefragt, die fundiertes Wissen über das operative Geschäft und die Produkte des Mandanten voraussetzen. Seitenlange Gutachten über ein spezielles Rechtsproblem sind nicht mehr mein Alltag. Ein anderer Aspekt, der sich sehr von meinem Arbeitsleben in Deutschland unterscheidet, ist der Umstand, dass das Arbeiten definitiv nicht am Arbeitsplatz aufhört. Es ist wohl kein Geheimnis, dass –egal wo auf der Welt – Anwälte ihre Arbeit mit nach Hause nehmen. Mal mehr, mal weniger. Dieser Umstand erhält in Singapur, da es im Grunde nur eine Stadt ist, noch eine andere Qualität. Es ist nämlich unausweichlich, dass man in seiner Freizeit auf einen Mandanten trifft. Das kann gute und schlechte Seiten haben. Versteht man sich gut, entstehen Quasi-Freundschaften, die natürlich vorteilhaft für die Mandantenbindung sind. Allerdings kann dies auch schief gehen. Daher ist es ein Drahtseilakt, die richtige Balance zwischen professioneller Mandantenbeziehung und die Abgrenzung zu seinem Privatleben zu finden.
Was den Standort angeht, bin ich natürlich voreingenommen, weil Asien/Singapur mir persönlich sehr liegt und ich meine Entscheidung nicht bereue. Am Ende ist es eine sehr persönliche Entscheidung, die gut überlegt sein soll. Denn gerade Asien/Singapur ist sehr weit weg von Deutschland. Das haben die letzten zwei Pandemiejahre einem wieder gut vor Augen geführt. Auch muss man sich bewusst machen, dass man in einem fremden Rechtsystem arbeiten wird. Das hat seine Herausforderungen, aber es ist auch spannend, weil man nicht aufhört, sich weiterzuentwickeln.
Vielen Dank für das Interview!