08.04.2020
Die Auswirkungen der Virus-Pandemie COVID-19 („Coronavirus“) auf Gesellschaft und Wirtschaft sind nach wie vor und zunehmend deutlich spürbar. Neben den gesundheitlichen Folgen für die zahlreichen Erkrankten sind in Deutschland immer noch flächendeckend private und öffentliche Einrichtungen (Theater, Museen, Kinos, etc.) geschlossen, zahllose Veranstaltungen abgesagt worden und mittlerweile für die Bevölkerung sogar Ausgangsbeschränkungen beschlossen worden. Dies hat auch deutliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, wie die zwischenzeitlich eingebrochenen Aktienwerte zeigen. Viele Unternehmen befürchten ihre Insolvenz wegen ausbleibender Nachfrage und fehlender Zahlungen ihrer Abnehmer. Wir berichteten bereits, wie sich die kartellrechtliche Praxis an die aktuelle Ausnahmesituation anpasste. Nach unserem ersten Beitrag haben sich nochmals wesentliche Ereignisse auf dem Gebiet des Kartellrechts zugetragen. International haben Regierungen und Behörden bislang mit teils unterschiedlichen Signalen auf die Herausforderungen, welche die Ausbreitung des Coronavirus mit sich bringt, reagiert. Die Ankündigungen und Maßnahmen reichen von der Lockerung kartellrechtlicher Bestimmungen in bestimmten, unmittelbar versorgungsrelevanten Bereichen, über verstärkte finanzielle Hilfen bis hin zu einer besonders verschärften Überwachung des Kartellverbotes. Auch augenscheinlich verbraucherfreundliches Verhalten kann derzeit die Kartellrechtshüter auf den Plan rufen, Untersuchungen wegen des Vorwurfs marktmissbräuchlichen Verhaltens aufzunehmen. Für Unternehmen ergeben sich derzeit Chancen und Risiken gleichermaßen, die es – auch und gerade in der jetzigen Ausnahmesituation – sorgfältig zu prüfen und abzuwägen gilt.
Als Reaktion auf die momentane Ausnahmesituation tendieren viele Kartellbehörden und Regierungen – gerade in Europa – zunehmend zu einer Auflockerung der Wettbewerbsregeln in dafür geeigneten, unmittelbar Pandemie-relevanten Fällen:
Entgegen der dargestellten Lockerungen kartellrechtlicher Vorschriften lässt sich allerdings auch zeitgleich der genau gegenläufige Ansatz einiger Wettbewerbsbehörden beobachten, nämlich die Ankündigung, das Kartellverbot in Krisenzeiten besonders rigoros zu überwachen:
Neben oder als Alternative zu einer großzügigeren (bzw. strengeren) Anwendung des Kartellverbotes scheinen vor allem die Lockerung der Regelungen für Staatsbeihilfen das momentan bevorzugte Mittel zur Abmilderung der wirtschaftlichen Belastungen durch COVID-19 zu sein:
Für weitere Einzelheiten siehe den Webseitenbeitrag zum Thema „Staatliche Beihilfen und die Corona-Pandemie“.
Das Coronavirus zeigt aber auch darüber hinaus im kartellrechtlich relevanten Transaktionsbereich erste Auswirkungen und Einschränkungen. Neben einem zum Teil zögerlichen Investitionsverhalten einiger Beteiligungsgesellschaften ist insbesondere auch eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Behörden bei Transaktionen zu befürchten:
Etliche Regierungen und Behörden haben das Kartellrecht bzw. die Änderung bestehender Vorschriften als ein Mittel zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus für sich entdeckt. Mit zunehmender Dauer der Corona-Pandemie mehren sich auch kartellrechtlich relevante Themen in der Krisenzeit und ein besonderer Umgang mit ihnen. Einerseits sollen Kartellverbote vereinzelt (temporär) aufgelockert, andererseits bestehende Wettbewerbsregeln verschärft durchgesetzt werden. Für Unternehmen ergeben sich daraus Chancen und Risiken gleichermaßen.
Unternehmen sollten rechtzeitig prüfen, ob, in welchem Umfang und wie lange sie die neu geschaffenen Rechtsräume im Kartellrecht nutzen können. Die fehlerhafte Einschätzung der aktuellen Rechtslage könnte im schlimmsten Fall sogar dazu führen, dass aus der zunächst erhofften wirtschaftlichen Entlastung eine Belastung (z.B. durch Bußgelder aufgrund von nachträglich festgestellten Kartellverstößen) werden könnte. Wie das Beispiel von Expedia und Booking.com zeigt, können Unternehmen unmittelbar in den Fokus von Kartellbehörden geraten – auch wenn sich ihr Handeln zunächst als durchaus verbraucherfreundlich darstellt. Auch im Transaktionsgeschäft ist mit Blick auf die derzeitige Sondersituation mit gebotener Umsicht zu agieren.
Die Einholung von kartellrechtlicher Beratung ist daher in Zeiten des Coronavirus – und bei mitunter ähnlichen Ausnahmezuständen in der Zukunft – von besonderer Relevanz.
Dr. Sebastian Felix Janka, LL.M. (Stellenbosch)
Partner
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David Wölting
Senior Associate
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